74
Rückblick letztes Kapitel (Für weiteres bitte selber nachlesen):
Ethan und El gehen zusammen frühstücken. Das Wort „Mitglieder" fällt in einem Gespräch vor, weshalb El nachfragt was damit gemeint ist. Ethan erklärt ihr, dass Charles eine Geheimorganisation hat und dessen Anhänger „Die Mitglieder" genannt werden. El erfährt, dass Charles seine geheimen Pläne und Besprechungen immer an dem Ort hält, an dem Ethan und El frühstücken sind. Woraufhin El sich überlegt bald wieder an diesen Ort zu gelangen und den Mitgliedern zu lauschen. (PS: Der Ort an dem Kapitel 75 abspielt ist ein anderer, also nicht verwechseln!)
***
>> Hast du es ihr gesagt? <<
>> Das habe ich. <<
>> Sehr gut. <<
>> Denkst du sie ahnt etwas? <<
>> Ich denke nicht, sonst hätten wir es längst zu spüren bekommen. <<
>> Ja, das denke ich auch. <<
>> Das war's dann also? <<
>> Ja. <<
>> Gut. Ich melde mich dann <<, sagte die Person am anderen Ende des Telefons schließlich und legte auf.
***
Selbst er hat ihr gebeichtet, dass es bei ihr nicht funktioniert hätte. Er hat keinen Grund zum Lügen, warum also sollte es nicht die Wahrheit sein? Es bestätigt nur mein Wissen. Ich komme meinem Ziel immer näher. Dennoch muss ich jetzt anfangen selbst aktiv dagegen etwas zu tun. Auch wenn ich es ungern zugebe... sie ist gut...zu gut. Elisabeth weiß wie sie ihre Spuren zu verwischen hat, wie sie ihre Pläne geheim zu halten hat. Ich frage mich woher sie all das gelernt hat. Sie kann das alles nicht alleine geschafft haben. Nein. Da muss es jemanden geben, oder vielleicht mehrere? Früher oder später werde ich es herausfinden „Eliza". Dein Untergang naht.
***
Es waren nun ein paar Tage vergangen seitdem Ethan mich an den mehr oder weniger geheimen Versammlungsort gebracht hatte, an dem sich die „Mitglieder" Charles' Geheimorganisation befanden. Ich hatte mir einen kleinen Plan ausgedacht wie ich dorthin kommen würde, ohne bemerkt zu werden. Ethan durfte davon nichts mitkriegen, genauso wenig wie sein Vater oder irgendjemand anderes in diesem Höllenhaus. Oder sollte ich lieber Höllenpalast sagen?
Ich hatte in den letzten Tagen sehr oft mit Harper telefoniert. Er hielt mich über die Fortschritte unseres Plans auf dem Laufenden und gab mir detaillierte Informationen über die Lage. Wir warteten nur noch darauf, dass Ethan auf eine Geschäftsreise oder dergleichen musste. Dann konnte die Versammlung stattfinden.
Ich war mir zwar immer noch nicht wirklich sicher, ob wir dem Volk mitteilen sollten, dass ein Anhänger des Erzengel Azraels, also ich, unter ihnen weilte. Sie würden natürlich nicht erfahren, dass ich diejenige war, aber es würde, laut Harper, Hoffnung in ihnen wecken und sie dadurch motivieren. Ich war bereit ein Symbol für sie oder für die bevorstehende Rebellion zu sein, aber nicht bereit als eine Heldin gefeiert zu werden. Ich wollte nicht, dass Menschen zu mir aufsahen. Nichts Heldenhaftes schlummerte in mir. Warum also zu mir aufsehen und mich zu Jemandem machen die ich nicht war?
Während der Versammlung würde ich mich im Hintergrund aufhalten. Sicher unter meiner Kapuze, sodass niemand mein Gesicht sah oder vielleicht sogar erkannte. Mittlerweile gab es überall Bilder von der Königsfamilie und mir. Natürlich hatte ich auf den genannten Bildern blaue Augen, aber nur ein Blinder würde mich dennoch nicht erkennen. Es gab zwar bloß wenige die mich kannten, aber dennoch...man konnte nicht vorsichtig genug sein.
Daher würde ich mich versteckt halten, nichts sagen, bloß zuhören. Wir wussten auch bereits wo wir die Versammlung halten würden. Wir hatten uns für nichts Zentrales entschieden, da dies viel zu einfach für mögliche undercover C-Dolls war dorthin zu gelangen.
Nein. Es gab ein heruntergekommenes und verlassenes Gebäude außerhalb der Stadt. Es war ungefähr fünf Kilometer entfernt. Natürlich mussten die meisten zu Fuß kommen, jedoch würden wir dadurch wenigstens verstehen, wer unsere versteckte Nachricht auf unserem Flyer verstanden hatte und wer nicht.
Bring Brot mit, lautete der altbekannte Code unter dem Volk. Auf dem Flyer würde stehen >> Fröhlicher Abend unter Freunden und Familie! Essen und Getränke erwünscht. Bring Brot mit! << Dann würden das noch unbekannte Datum und die Uhrzeit folgen. Diese Kodierung wurde immer und überall unter dem Fußvolk benutzt, wenn man etwas Geheimes zu besprechen hatte. Fast niemand hatte nämlich Brot zu Essen, daher war klar was damit gemeint war. Nur die Reichen besaßen Brot und wenn jemand so etwas tatsächlich zum Treffen brachte wusste man, dass sie Spione waren.
Ich seufzte als ich schließlich nachgab und in mein Spiegelbild starrte. Ich hatte gerade eben geduscht und mich umgezogen. Die Bewegungen meines Spiegelbildes, die ich aus dem Augenwinkel wahrnahm, hatten mich jedoch dazu gezwungen mich selbst zu betrachten. Jedoch nur für einen kurzen Moment. Dann wandte ich mich davon ab und verließ das Badezimmer. Heute mussten Ethan und ich an einem Essen teilnehmen, welches Charles und seine Geschäftspartner einschloss. Jedes wichtige Mitglied der Königsfamilie musste erscheinen.
Ich konnte es ehrlich gesagt kaum abwarten, denn wer wusste schon was ich alles durch diese Gelegenheit in Erfahrung bringen würde?
Ich hatte noch ungefähr eine Stunde bis ich Ethan in seinem Büro treffen würde. Er hatte mich danach gefragt. Ich war überrascht gewesen, dass er dies wollte, aber ich versuchte nicht viel zu viel da hinein zu interpretieren.
Vor meinem großen Kleiderschrank stehend, betrachtete ich all die Kleider die sich darin befanden. Letzte Woche war eine neue Ladung an Kleidung angekommen. Ich hatte sie nicht bestellt, aber es war ein Geschenk von irgend so einer Spießerin die der Königsfamilie wichtig war. Also musste ich die Kleider höflich entgegennehmen und zeigen, dass ich sie auch tatsächlich anzog. Zum Glück waren sie nicht alle hässlich. Einige waren nun wirklich nicht mein Stil, aber es befanden sich auch ein paar wirklich schöne Outfits und Kleider darunter.
Da es ein schickes Geschäftsessen war an dem wir heute Abend teilnehmen mussten, entschied ich mich für einen klassischen schwarzen Stiftrock und eine dunkelblaue Bluse, welche ohne Ärmel war. Ich schminkte mich sehr dezent, aber dennoch mit dunklen Farben, und steckte mir die Haare danach hoch.
Ich entschied mich dazu wenig Schmuck zu tragen. Ohrringe und ein Armband reichten vollkommen aus.
Als ich mich wieder im Spiegel ansah musste ich aus irgendeinem Grund an Hayley denken. Ich fragte mich wie es ihr ging und was sie wohl machte. Seit der Nacht an dem sie mich blutverschmiert und in meiner dunkelsten Gestalt, nach dem Kampf zwischen den C-Dolls und Harpers Crew, gesehen hatte, hatte ich mich nicht gewagt wieder in ihre Nähe zu gehen. Immerhin hatte ich die Angst in ihren Augen gesehen, die Furcht vor dem Blut welches an meinem Gesicht und an meinen Händen klebte...
Ich schüttelte den Kopf um die Erinnerung daran loszuwerden, vor allem aber wollte ich die Schuldgefühle loswerden die an mir nagten. Hayleys große unschuldige Augen die mich angsterfüllt anblickten.
Ich atmete ein Mal tief durch bevor ich auf die Uhr sah und mich dazu entschloss Ethan zu treffen. Alles Wichtige befand sich in meiner Handtasche, ebenfalls ein paar kleine Waffen die in alltäglichen Gegenständen integriert waren, wie zum Beispiel in einem Kugelschreiber und in einem Lippenstift. Außerdem war mein Armband auch nicht ganz ohne.
Ich warf noch einen letzten Blick in die Wohnung bevor ich sie verließ und die Tür hinter mir schloss. Mit meinen hochhackigen Schuhen lief ich Richtung Aufzug und machte mich auf den Weg zu Ethans Büro. Einige Minuten später kam ich dort an und klopfte an seine Tür, bevor ich sein Büro betrat.
>> El <<, sagte er mit einem strahlenden Grinsen und stand sofort auf um mich zu begrüßen.
>> Hey Ehemann <<, erwiderte ich grinsend. Er schloss mich daraufhin in seine Arme und gab mir einen Kuss. >> Wie geht es dir? <<, fragte Ethan mich. Seine grünen Augen leuchteten vor Freude was ein Kribbeln in meinem Bauch verursachte. Wieso war er bloß immer so glücklich mich zu sehen? Ich war doch nichts Besonderes und würde es auch nie sein. Er verdiente jemand viel Besseres als mich. Jemanden der ihn nicht tagtäglich anlog und hinterging.
Mein Herz tat bei dem Gedanken weh. Aber bevor weitere negative Gedanken sich einen Weg in meinen Kopf bahnen konnten, zwang ich mich, mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, indem ich Ethan wieder vollkommen wahrnahm und seine Frage beantwortete.
>> Mir geht's gut, danke. Und dir? <<
>> Besser, da ich dich jetzt gesehen habe <<
>> Schleimer <<, neckte ich ihn grinsend auch wenn seine Worte in mir erneut ein Kribbeln auslösten.
>> Ein Schleimer der die Wahrheit sagt <<, meinte er. >> Wir sollten los <<, sagte Ethan dann und wir lösten uns von unserer Umarmung. Dennoch konnte ich noch seine Berührungen auf meiner Haut spüren, die eine Wärme hinterlassen hatten.
Mein Mann packte sich sein Jackett und wir machten uns schließlich auf den Weg.
>> Wie viele werden anwesend sein? <<, fragte ich ihn als wir im Parkhaus ankamen.
>> Ich denke so um die zwanzig Schnösel <<, antwortete er. Ich lachte leise aufgrund seiner Wortwahl und grinste ihn dann an. >> Ich hoffe das Treffen geht nicht allzu lang <<
>> Wahrscheinlich drei Stunden <<
>> Drei Stunden? <<, wiederholte ich und seufzte. >> Na das kann ja was werden <<
>> Es wird ziemlich langweilig <<, hörte ich meinen Mann sagen. >> Aber wenigstens bist du bei mir. Früher musste ich das alles alleine durchstehen <<
Ich lächelte ihn daraufhin an und nahm seine Hand in die meine. >> Jetzt musst du nichts mehr alleine durchstehen <<
Ethans grüne Augen leuchteten fast schon vor Freude als ich dies sagte. Seine Lippen formten sich zu einem herzerwärmenden Lächeln. >> Und du musst auch nichts mehr alleine durchstehen <<, erwiderte er schließlich.
Wenn das doch bloß möglich wäre, ging es mir durch den Kopf, bevor ich ihm einen schnellen Kuss gab und er mir danach die Autotür öffnete. Heute hatte er sich für einen schwarz weißen Sportwagen entschieden, welches über 250 km/h fahren konnte...was Ethan aber wahrscheinlich eh nie machen würde.
Wir beide schnallten uns an und das Tor öffnete sich automatisch, damit wir aus dem Parkhaus konnten.
>> Kommen deine Eltern nach? <<, fragte ich.
>> Wir fahren alle zusammen. Sie müssten in ein paar Minuten hier sein <<
>> Oh okay <<, erwiderte ich bloß und starrte aus der Windschutzscheibe.
Es vergingen einige stille Sekunden bevor Ethan sich räusperte und etwas sagte.
>> Du würdest es mir sagen wenn etwas nicht stimmt, richtig? <<
Ich versuchte nicht allzu auffällig zu reagieren, weshalb ich mich völlig ruhig zu ihm wandte und meine Stirn runzelte.
Mein Herz klopfte jedoch etwas schneller als üblich, nicht jedoch weil ich nervös war... sondern weil das was ich als nächstes sagte eine Lüge war.
>> Natürlich Ethan <<
Mein Mann sah mich jedoch gar nicht an. Er starrte immer noch nach vorne, während er mit seiner rechten Hand leise auf das Lenkrad trommelte.
>> Warum die plötzliche Frage? <<
>> Nur so <<, meinte er. Ich betrachtete ihn von der Seite und versuchte die aufkommenden Gedanken beiseite zu schieben. Ahnte er etwas? Und falls ja...warum kam diese Frage jetzt so plötzlich?
>> Okay <<, erwiderte ich bloß und wandte mich dann ebenfalls nach vorne.
>> Ich vertraue dir El <<, hörte ich meinen Mann leise sagen. Abermals warf ich ihm einen Blick zu, wobei er mich aber immer noch nicht ansah. Sehr wohl wusste ich jedoch, dass er meine Blicke auf sich spürte.
>> Und ich vertraue dir <<, entgegnete ich. Was wusste Ethan? Was ging in ihm vor? Manchmal wünschte ich mir die Fähigkeiten eines Gedankenlesers zu besitzen. Das wäre in meinem Fall sehr nützlich.
>> Gut <<, sagte Ethan bloß. Wir schwiegen wieder einige Sekunden bevor er in den Rückspiegel sah und die Stille unterbrach. >> Wir können los, sie sind hier <<
Ich sah nach rechts und bemerkte, dass Charles und Maria gerade in ihr Auto stiegen. Maria lächelte mir freundlich zu, während Charles mich zu ignorieren schien.
Ich lächelte leicht zurück, dann bemerkte ich wie Ethan den Motor startete und dann losfuhr.
Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen Ethan und mir aus und um ehrlich zu sein verstand ich nicht genau warum. Ich meine, ja... natürlich wegen seiner seltsamen Frage vorhin, aber warum hatte er sie überhaupt gestellt? Wir hatten doch davor über nichts Ernstes geredet. Alles war völlig normal gewesen und dann kam plötzlich sowas? Es war seltsam.
Ich tat nichts um die Stille zu durchbrechen, da ich ehrlich gesagt nicht einmal wusste was ich sagen sollte, daher schwieg ich ebenso wie Ethan.
Als wir auf die Autobahn fuhren bemerkte ich, dass sich Charles' Auto nun neben uns befand. Die Sicherheitskräfte fuhren vor und hinter uns. Ich hielt mich jedoch davon ab in Charles' Richtung zu schauen und starrte deshalb weiterhin durch die Windschutzscheibe.
>> Denkst du unsere Geheimnisse werden uns auseinander reißen, El? <<, hörte ich Ethan plötzlich leise fragen und erschrak sogar ein wenig.
>> Wie bitte? <<
>> Unsere Geheimnisse <<, sagte er. >> Wir haben so viele voreinander. Denkst du sie werden unsere Beziehung sabotieren? <<
Verwirrt sah ich Ethan von der Seite an. Wieso fragte er denn jetzt sowas? Schließlich erwiderte er meinen Blick, jedoch nur kurz. Dennoch reichte es mir aus die Sorge und Trauer in seinen Augen zu sehen. Mein Herz fühlte sich plötzlich so schwer an, als würde etwas darauf lasten und mir den Atem rauben. Ich konnte es nicht ertragen Ethan traurig zu sehen. Ich wollte nichts anderes auf der Welt als dass er glücklich war.
>> Wieso denkst du das Ethan? <<, stellte ich ihm schließlich eine Gegenfrage.
>> Weil ich es wissen muss <<
Ich betrachtete ihn einige Sekunden lang bevor ich etwas erwiderte. >> Allein, dass du mich so etwas fragst impliziert doch, dass du tatsächlich denkst unsere Geheimnisse würden diese Beziehung im Endeffekt zerstören. <<
Mein Mann warf mir erneut einen kurzen Blick zu bevor er seufzte und sich durch die braunen Haare strich. Sie waren nun etwas länger und fielen ihm manchmal in die Stirn. Was ihn bloß attraktiver machte, meiner Meinung nach.
>> Ich will dich nicht verlieren El <<, hörte ich ihn schließlich nach einigen Sekunden sagen.
Mein Herz erwärmte sich durch seine Worte, die Last jedoch war dennoch da.
>> Ethan <<, sagte ich und nahm seine rechte Hand in die meine, da er bloß seine Linke benutzte um das Auto zu steuern. >> Ich werde immer an deiner Seite sein und dich lieben, egal was ist. Selbst wenn du mich irgendwann von dir stößt. <<
>> Wieso sollte ich das tun? Ich liebe dich, ich könnte mich niemals von dir abwenden. <<
Obwohl seine Worte als Trost gemeint waren und vielleicht der Wahrheit entsprachen, lösten sie eine Trauer in mir aus. Der Gedanke daran was uns in einigen Monaten bevorstand ließ weitere negative Gedanken zu. Ethan würde erfahren wer ich wirklich war. Im Moment wusste er es nicht, weshalb er diese Worte wahrscheinlich so leicht sagen konnte. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich sein Herz brechen würde. Wie könnte er mich danach noch lieben? Verzeihen würde er mir dies nicht, da war ich mir sicher. Denn wie konnte man jemandem so etwas Schreckliches verzeihen?
Als Antwort auf seine Aussage hin, drückte ich sanft seine Hand und lächelte ihn leicht an als Ethan mir einen Blick zuwarf. Er erwiderte es und sah dann wieder durch die Windschutzscheibe.
Den Rest der Fahrt über schwiegen wir, während wir weiterhin die Hand des anderen hielten.
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