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>> Wiederhole was ich dir gesagt habe. <<, forderte ich Rubin auf und streckte mein Kinn hervor.
>> Ich bin deine Dienerin seit du sechszehn bist und seit ich acht bin. <<, fing sie mit der Lüge an. >> Meine Eltern haben schon zuvor in deinem Haus gearbeitet, aber meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben und mein Vater wurde wegen Diebstahls hingerichtet. Ich komme aus einer viertklassigen Familie, das heißt aus einer armen Familie, die nichts besitzt. Du bist eine Zweitklassige, also reich, aber hast keine Verwandten mehr auf der Erde, da alle gestorben sind. Wie zum Beispiel dein Onkel Pablo Diáz, an Krebs. Seitdem bist du auf der Suche nach einem Adeligen oder wenigstens einem Zweitklassigen, der dir Sicherheit und Geborgenheit schenkt. Du bist, wenn sie mich ausquetschen, ein geheimer Anhänger von Iblis' also somit von Charles und bist mit ganzem Herzen loyal. Du bist im Jahre 2120 geboren und bist bereits 24 Jahre alt, hast die Uni in Madrid besucht und hast einen Durchschnitt von 1,2 in Sprachwissenschaften und Wirtschaft. Du bist 1,72m groß, hast gefärbte schwarze Haare und blaue Augen. Du hasst arme Menschen und bist total eingebildet. <<, wiederholte sie alles was ich ihr beigebracht hatte.
>> Den letzten Satz hast du erfunden. <<, sagte ich bloß.
Sie atmete laut aus. >> Ja, hat zu der Fake-Beschreibung von Eliza Diáz gepasst. <<
>> Stimmt. <<, gab ich ihr recht und schmiss dann meinen dunkelgrauen Rucksack auf mein Bett. Ich öffnete meinen Kleiderschrank und fing an alles in die Koffer vor mir zu packen. Ich holte alles was ich brauchte aus verschiedenen Verstecken und sah wie Rubin große Augen macht.
>> Woher hast du das alles? <<
>> Von einem Freund. <<, antwortete ich knapp und pustete mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich bemerkte, dass sie mich beobachtete.
>> Hast du deine Haare eigentlich wirklich gefärbt? <<, fragte sie mich dann.
Ich hob meine linke Augenbraue und sah sie mit einem Ist-das-dein-Ernst-?-Blick an.
>> Also ist es deine echte Haarfarbe. <<, stellte sie schließlich fest und ich wandte mich wieder den bunten Kleidern vor mir zu.
>> Die hier sind deine. <<, sagte ich zu Rubin und schmiss die Kleider auf die rechte Seite des Bettes.
Sie machte große Augen. >> W-was? <<
>> Zieh eins an und zeig mir wie es an dir aussieht. <<, forderte ich sie streng auf. Ich hatte jetzt keine Zeit für Drama. Wir hatten es eilig. In einer halben Stunde war es soweit. Ich spürte einen komischen Druck in der Magengrube. Fühlte sich Nervosität so an? War ich wirklich nervös?
Calm down, dachte ich mir. Ich war schon in schlimmeren Situationen und endlich kann ich mit meiner Rache beginnen! Ich sollte mich freuen!
Erst da bemerkte ich, dass mich Rubin immer noch anstarrte.
>> Was ist? Wir haben keine Zeit. Beeil dich. <<
Sie öffnete kurz ihren Mund, doch schloss es gleich wieder. Dann suchte sie sich ein langes Kleid heraus, das die Farben braun und beige trug. Es würde ihr definitiv stehen, das war sicher.
Während sie sich umzog, blickte ich über die Kleider und suchte mir das Königsblaue heraus. Ich hatte dunkelblaue Augen...naja, anscheinend. Dieses Kleid würde sie hervor heben.
Ich beschäftigte mich zwar nicht wirklich mit Mode, da ich wichtigere Dinge im Kopf hatte, aber ich musste zugeben, dass man meinem Geschmack vertrauen konnte.
Ich sah auf als Rubin das Schlafzimmer betrat und mich dann verschämt anlächelte. Wow. Sie sah bezaubernd aus. Kleider machen Leute, dachte ich mir. Der Spruch war wohl doch nicht so falsch.
>> Dreh dich mal um. <<
Sie tat wie geheißen und wandte mir ihren Rücken zu, dann drehte sie sich wieder zu mir.
Man sah nun gar nicht mehr, dass sie so dünn war. Das Kleid stand ihr. Sie sah aus wie ein Model. Das Kleid war lang und bestand aus zwei Schichten. Die erste Schicht fing am Oberteil an und endete an ihren Füßen. Der Rock umhüllte somit die zweite Schicht, die beige war und an Rubins Bauch anfing bis hinunter zu den Füßen. Die braune, also die erste Schicht, war wie ein Dreieck geschnitten, sodass an der Spitze des Dreiecks, also an Rubins Bauch, die zweite Schicht begann und somit den beige-farbenen Rock wiedergab.
Sie hatte kein Dekolleté. Stattdessen umhüllte der braune Stoff ihren ganzen Oberkörper bis zur Spitze des Dreiecks und hinten bis hinunter zu ihren Füßen. Außerdem waren die kurzen braunen Ärmel, die ihr nur bis zum Anfang der Oberarme gingen, etwas abstehend und schmiegten sich somit nicht an ihre Arme, da die erste Schicht, also der braune Stoff, ein etwas härterer Stoff war.
Ich wusste nicht warum ich das alles so genau wahrnahm und es in meinem Kopf beschrieb. Wahrscheinlich lag es daran, dass es mir so gefiel. Es brachte ihre braunen Haare hervor. Rubin sah wirklich schön aus. Schade, dass sie die Rolle meiner Dienerin übernehmen musste. Auf die Schnelle hatte ich leider nichts anderes gefunden.
>> Du siehst... <<, setzte ich gerade an als es plötzlich an der Tür klopfte.
Rubin zuckte kurz zusammen doch ich hob meine Hände beruhigend nach oben.
>> Es ist ein Freund. <<, versicherte ich ihr und berührte sie kurz an der Schulter bevor ich ins Wohnzimmer lief und die Tür aufmachte.
>> Hey. <<, begrüßte mich Harper und lächelte mich an.
>> Hey Harper. <<
>> Ich habe alles da was du brauchst. <<, sagte er dann.
Ich betrachtete ihn von oben bis unten. Er hatte eine schwarz weiße Chauffeur-Uniform an, die sich elegant an seinen Körper schmiegte und seine muskulöse Brust hervor hob. Mein Blick blieb an seinem Lächeln hängen.
>> Du siehst gut aus. <<, sagte ich mit einer ernsten Miene. Jetzt strahlte er noch mehr. Der Kerl war unglaublich. Wann war er mal nicht fröhlich?
>> Hast du mir gerade ernsthaft ein Kompliment gemacht? <<, fragte er mich gespielt schockiert und trat schließlich ins Wohnzimmer ein, sodass ich die Tür abschließen konnte.
>> Kein Grund zur Übertreibung. <<, sagte ich bloß und schüttelte leicht den Kopf. Ehrlich gesagt, grinste ich innerlich. >> Warte hier, ich muss mich umziehen. <<
>> Alles klar, Chef! <<
>> Hast du Rubin schon ins System gehackt? <<, rief ich ihm zu während ich zum Schlafzimmer lief.
>> Jep! <<, antwortete er mir.
>> Ich muss mich umziehen, solange kannst du Harper kennenlernen. <<, sagte ich leise zu Rubin als ich sie neben dem Türrahmen stehen sah.
Ich bemerkte, dass sie wie angewurzelt da stand und mich aus angsterfüllten Augen anblickte.
Scheiße, das hatte ich völlig vergessen. Klar hatte sie Angst vor Männern. Was auch sonst.
>> Okay, bleib hier. <<, sagte ich dann und sah wie sich ihre Schultern ein wenig entspannten.
>> Aber dreh dich um und wehe du guckst! <<
>> Ich werde nicht gucken. <<, versicherte sie mir und drehte mir den Rücken zu. Ich hatte zwar nichts zu verbergen, aber ich mochte es nicht wenn Leute mich nackt sahen. Vor allem wenn ich diese Leute nicht wirklich kannte.
Ich zog mir meine Alltagskleidung aus und sah meine schwarzen Boots sehnsüchtig an. Ich würde ihren Komfort definitiv vermissen.
Schließlich nahm ich das königsblaue Kleid in die Hand und zog es an. Es hatte nur einen dicken Träger an meiner linken Schulter, sodass meine rechte Schulter nackt blieb. Das Kleid war lang und reichte bis zum Boden. Es hatte eine leichte Schleppe und einen Schnitt auf der linken Seite, der bis zu meinem Oberschenkel reichte, sodass man mein linkes Bein nackt sehen konnte.
Ich machte mir zwei silberne Ohrringe dran und noch einen silbernen eleganten Armreif. Ich wusste zwar, dass Harper im Wohnzimmer auf mich wartete aber ich hatte keine Zeit mehr und musste mich deshalb jetzt sofort schminken.
>> Du darfst dich wieder umdrehen. << informierte ich Rubin, woraufhin sie genau das tat und mich anstarrte.
>> Du siehst... wunderschön aus. <<, sagte sie schließlich.
>> Danke. Genau dasselbe wollte ich vorhin zu dir auch sagen, bevor Harper gekommen ist. <<
Sie lächelte mich an. >> Danke. <<
Und ich wusste, dass sie es ernst meinte. Dann kam sie zu mir herüber und umarmte mich plötzlich. Ich erstarrte kurz und erwiderte die Umarmung nach ein paar Sekunden.
>> Danke, für all das. <<, sagte sie mit leiser Stimme. >> Danke, dass du mich aus meiner persönlichen Hölle gerettet hast. <<
Ich strich Rubin über den Rücken.
>> Du brauchst nicht zu weinen. <<, tröstete ich sie und spürte wie der Stoff meines Kleids ein wenig nass wurde. >> Du hast von Anfang an ein tolles Leben verdient und ich dachte mir bloß jetzt wird's Zeit. <<
Rubin lachte kurz auf und löste sich dann von der Umarmung. Sie strich sich mit dem Handrücken die Tränen weg und sah mir in die Augen.
>> Danke. <<
>> Nichts zu danken. <<
Sie lächelte mich kurz an, dann öffnete sie die Schlafzimmertür und ging überraschenderweise ins Wohnzimmer. Wieso hatte sie sich umentschieden?
>> Ich bin Rubin. <<, hörte ich sie sagen.
>> Ach du bist also die wunderschöne Rubin. <<, hörte ich Harper ihr schmeicheln. Oder eher schleimen? Ich lachte innerlich.
>> Das sind deine falschen Dokumente. <<, sagte Harper. Wahrscheinlich hatte er ihr die Unterlagen überreicht.
Während ich den Beiden zuhörte schminkte ich mich nebenbei. Ich trug leichtes Make-Up und Rouge auf, um meine Wangenknochen hervorstechen zu lassen. Dann tuschte ich mir die Wimpern und trug schließlich Eyeliner und Kajal auf. Meine Wimpern schienen enorm lang zu sein, was so ungewohnt aussah. Meine Augen wirkten größer.
>> El? Wird's bald? <<, hörte ich Harper nach mir rufen. Er grinste dabei.
Ich antwortete ihm nicht, nahm meine dunkelgraue Tasche mit all meinen Waffen, den Laser-Ring trug ich an meinem rechten Ringfinger, und schnappte mir noch meine silberne Klatschtasche. Die Koffer würde Harper später tragen. Ich würde ihm dabei helfen, da es ziemlich viele waren. Immerhin musste ich wie eine reiche eingebildete Zweitklassige wirken.
Im Flur machten meine Stöckelschuhe jedes Mal Geräusche, was mir auf die Nerven ging. Ich hasste Stöckelschuhe. Rubin hatte ich beige-farbene Ballerina gegeben.
Meine Haare hatte ich offen gelassen, sodass sie mir über die Schultern fielen. Sie waren bereits ganz glatt, was mir kostbare Zeit ersparte.
>> Pack die Tasche in den Kofferraum, bitte. <<, sagte ich zu Harper und reichte ihm die Tasche. Als er sie nicht entgegen nahm, sah ich von meinem Ring auf und blickte ihm ins Gesicht.
Sein Mund stand offen und er betrachtete mich von oben bis unten. Da das Kleid ziemlich eng anlag, war es mir sehr unangenehm.
>> Guck nicht so. Sonst steche ich dir die Augen aus. <<, drohte ich ihm mit hochgezogener Augenbraue. Ich machte zwar nur Spaß, aber er wusste was ich meinte.
>> Du siehst so... so wunderschön aus. <<, sagte er plötzlich und ich sah wie seine Augen an meinen Lippen hängen blieben. Ich wusste nicht was ich erwidern sollte. Danke klang so banal. Dann fiel mir ein, dass ich noch keinen Lippenstift aufgetragen hatte. Schnell holte ich den Lippenstift aus meiner Klapptasche heraus und stellte mich vor den Spiegel.
>> Jeder wird sich in dich verlieben. <<, hörte ich Harper hinter mir sagen. Rubin kicherte.
Ich drehte mich zu ihm um. Was war los mit ihm? Seit wann machte er mir Komplimente?
>> Ich hoffe nicht. <<, sagte ich. >> Charles' Sohn reicht völlig aus. <<
Plötzlich verschwand Harpers Grinsen und er sah mich aus ernsten Augen an.
>> Pass ja auf dich auf, verstanden? <<
>> Daran musst du mich nicht erinnern. <<, sagte ich. >> Komm, wir müssen los. <<
Endlich nahm Harper die Tasche mit den Waffen, die ich auf den Boden gelegt hatte. Aber er sah mich immer noch an. Dann kam er auf mich zu und umarmte mich plötzlich.
Was war los?! Wieso umarmte mich heute jeder?
>> Rubin kannst du dich schon mal in die Limo setzen? <<, bat ich sie, während Harper mich jetzt fester umarmte.
>> Natürlich. <<, sagte sie und verschwand hinter der Tür.
Langsam und zögernd erwiderte ich Harpers Umarmung. Irgendwie fühlte es sich komisch an. Warum tat es das eigentlich? Es sollte sich nach all den Jahren doch eigentlich vertraut anfühlen oder nicht? Vielleicht lag es daran, dass er mich noch nie so fest und gefühlsvoll umarmt hatte.
Ich spürte wie er sein Gesicht in meiner Schulter vergrub.
>> Ich liebe dich. <<, flüsterte er plötzlich.
Ich erstarrte. Nein, nein, nein! Nicht jetzt Harper, verdammt! Warum ausgerechnet jetzt? Warum genau heute, zehn Minuten vor dem Beginn meines Racheplans?! Warum?
Harper löste sich von unserer Umarmung und ich konnte mich immer noch nicht bewegen. Hatte er damit jetzt eine geschwisterliche Liebe gemeint oder Verliebtheit? Geschwisterlich konnte es nicht sein, da ich ihn nie als einen Bruder und er mich nie als seine Schwester angesehen hatte.
Ich wollte etwas für ihn empfinden. Ich wollte es wirklich. Aber warum tat ich das nicht? Ich glaubte nicht an die Liebe... daran lag es. Fast jegliche Emotionen in mir waren ausgestorben, sodass ich nichts außer Hass, Wut und Rache empfand, abgesehen von meiner geschwisterlichen Fürsorge gegenüber Hayley.
Harper war ein so guter Mensch. Ich wollte ihn nicht verletzen, aber er wusste dass ich unfähig war zu lieben.
>> Ich... <<, setzte ich an.
>> Wir müssen los. <<, unterbrach er mich mit einem liebevollen Lächeln. Mit schnellen Schritten trug er so viele Koffer aus dem Schlafzimmer wie es nur ging. Ich half ihm dabei. Drei Mal mussten wir es wiederholen, bis alle Koffer endlich im Kofferraum verstaut waren.
Dann ging er voraus, mit der letzten Tasche in seiner Hand, und verließ das Haus. Ohne ein Wort über die Sache von vorhin zu verlieren. Überrascht sah ich Harper hinterher. Er war wirklich ein Engel. Dann schnaubte ich, weil ich die Metapher so zweideutig fand.
Er ist wie ein Engel, korrigierte ich mich in Gedanken und folgte ihm schließlich zur Limo, nachdem ich meine Haustür abschloss und es ein letztes Mal ansah, bevor ich mich in die Limousine setzte und wir zur Villa des Präsidenten fuhren.
Das Spiel kann beginnen.
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