7. Kapitel

Die Kälte war das erste, was Aereva von dieser schrecklichen Welt mitbekam. Zitternd wachte sie auf. Sie lag auf einer weichen Oberfläche, die sie an die Seegrasbewachsenen Felsen auf dem Meeresgrund erinnerte. Das nächste, was sie wahr nahm, war ein schrecklicher Geruch. So etwas hatte sie noch nie gerochen und sie hoffte, dass das das letzte Mal sein würde.
All diese Sinne waren ungewohnt und abstoßend, aber nichts davon konnte mit dem Schock mithalten, als Aereva ihre Augen öffnete. Noch nie hatte sie etwas so Helles gesehen, wie diesen Raum, die Sonne strahlte durch ein weit geöffnetes Fenster herein, als wollte sie alle hier erblinden lassen. 
Die weißen Wände verbesserten diesen Eindruck nicht wirklich.

Die junge Meerjungfrau war schon wieder ohnmächtig geworden. Zumindest war das die einzige Erklärung, wie sie später nochmals aufwachen konnte, ohne vorher wieder eingeschlafen zu sein. Der schreckliche Geruch war immer noch da, aber diesmal war der Raum etwas dunkler. Die Sonne war wohl schon untergegangen und am Fenster stand eine Person und schloss es gerade.
Aereva wollte etwas sagen, aber verschluckte sich am Sauerstoff und begann einfach zu husten. Die Frau am Fenster drehte sich erschrocken um und eilte auf sie zu.
Schweigend griff sie nach einem Glas Wasser und reichte es ihr. Dankend begann Aereva zu trinken und verschluckte sich schon wieder. Das Wasser war...süß!
,,Ganz ruhig. Einen Schluck nach dem anderem", murmelte die Fremde. Sie sah seltsam aus. Ihre Haut war irgendwie verschrumpelt und sie lächelte, wobei ihre Augen gleichzeitig traurig aussahen.

,,Wo bin ich?", schaffte es Aereva schließlich nach mehreren Anläufen zu fragen.
,,Im Krankenhaus. Sie wurden kurz vor der Küste auf einer Insel gefunden", erklärte die Frau nachsichtig. Dann begann das, wovor sich die Meerjungfrau am meisten gefürchtet hatte: Die Fragen.
,,Wie heißen Sie? Wissen Sie, wie Sie auf die Insel gekommen sind?"
Natürlich wusste Aereva die Antworten auf die Frage, aber sie wusste auch, dass sie ihren Auftrag am Besten erfüllen konnte, wenn niemand wusste, wer sie war. Leider war Aereva kein typischer Menschenname. Somit schüttelte sie einfach den Kopf, was die Frau wohl als: ,Ich weiß es nicht' auffasste.

Sie wurde den ganzen Abend noch von mehren anderen Leuten befragt. Sie fand außerdem heraus, dass die Frau Dr. Lois Nekenhoff und dieses Krankenhaus, von dem sie vorher erzählt hatte, war eine Institution, die dem Haus der Heiler nah kam. Hier kamen also kranke Menschen her, um sich behandeln zu lassen. Das klang ja schon nach einer vernünftigen Idee, wahrscheinlich war die von dem Meervolk geklaut.
Nach der ganzen Befragung fiel Aereva schließlich in einen tiefen Erschöpfungsschlaf.

Am nächsten Tag wachte sie sehr früh auf. Ein ungewohnter Druck auf ihrem Unterleib, den sie dank Bücher als Zeichen zum 'Wasserlassen', wie die Menschen es nannten, erkannte. So zwang sich Aereva erst in eine sitzende Position - sie hasste die Schwerkrat jetzt schon - dann stämmte sie sich an ihrem Bett hoch - jetzt hasste sie die Schwerkraft noch mehr - und versuchte den einen Fuss vor den anderen zu setzten. Wie schafften das Menschen den ganze Tag lang?!
Mehrer Male verlor Aereva das Gleichgewicht, aber nach einigen Minuten hatte sie den Trick doch recht gut drauf. So ging sie langsam und immer nur Zentimeterweise in Richtung des angrenzenden Bads. Erschöpft kam sie schließlich bei deser seltsamen Schüssel an, die die Menschen für ihr Geschäft nutzten.

Der Rückweg zum Bett lief schon um einiges einfacher und so entschied sie sich einen kleinen Umweg zum Fenser zu machen. Das was sie draußen sah, war mehr als nur überraschend. Ehrlich gesagt erwartete Aereva eine Landschaft, die noch zerstörter war als das schlimmste Riff, dass sie je gesehen hatte. Draußen war aber ein recht ansehnlicher Garten. Riesige Grünflächen durchzogen von einigen Wegen. Es war offensichtlich nicht natürlich; gerade die Hecken sahen zu perfekt dafür aus, aber es war sauber und die Farben leuchteten, wie nur wenig, was sie bisher gesehen hatte.
Sie öffnete das Fenster und ließ die frische, leicht salzig richende Luft ins Zimmer. Sanft strich der Wind über ihre Haut und für eine kurze Sekunde vergaß Aereva in welch ungewohnter Lage sie sich befand. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf das kreischen der Möwen in der Ferne und erwartete fast schon, dass sie jeden Moment die angenehme Kühle des Meeres auf ihrer Haut spüren konnte. Doch das Meer kam nicht und so wurde Aereva brutal und schonungslos in die Realität zurück geholt.

Als die Sonne langsam aufging, brachte man Aereva ihr Frühstück. Zwei 'Brötchen', wie man ihr erklärte, mit Käse. Die Sachen waren irgendwie seltsam. So weich. Aber trotzdem, soviel musste die Meerjungfrau sich eingestehen, schmeckte es gut.
Nach dem Frühstück wurde Aereva von einer Frau (nicht Dr. Nekenhoff) aus dem Zimmer in einen langen Gang geführt. Der Flur war lang, eng und roch noch schlimmer als ihr Zimmer. Die Meerjungfrau hatte sich shcon recht gut daran gewöhnt auf zwei Füßen zu laufen. Zwar schien der Frau de ganze Przedur nicht schnell genug zu gehen, zumindest sah sie immer genervter aus, wenn Aereva ihren Rollstuhl ablehnte. Aber dieses Ding, was die Frau vor sich her schob sah echt nicht bequem aus und es konnte ganz sicher nicht gesund sein den ganzen Tag nur zu sitzen oder zu liegen.

Die Frau führte Aereva in unterschiedlichste Räume, wo Dr. Nekenhoff irgendwelche Teste durchführte. Anfangs hatte Aereva sich ein bisschen gescheut, dann hatte ihr Dr. Nekenhoff aber erklärt, dass es sich nicht um Aufschneiden oder so handelte und dass diese Tests komplett sicher waren. So lag Aereva schließlich unter verschiedensten Maschinen und ließ sich durchchecken.
In der Zeit, in der sie nichts tun musste und sich ausnahmsweise mal leicht bewegen durfte, fragte sie die Ärztin aus. Es fing ganz harmlos an mit ihrem Job. Interessanterweise schienen die Menschen keine Magie zu haben, weshalb Leute wie Dr. Nekenhoff versuchten die Menschen auf andere Weisen zu heilen. Dabei machten sie Gebrauch von sogenannter 'Technologie'
Irgendwann schaffte Aereva es, das Gespräch auf Politik zu lenken. Sie fand viel heraus, besipielsweise, dass diese Stadt einen Bürgermeister hatte - der kam wohl den Herzögen des Meervolks gleich - und dass es einen Präsidenten gab. Der Präsident war das höchste Tier in diesem Land. Genau der, an den sich das Meervolk wenden musste.

Irgendwann jedoch stellte Aereva eine Frage, die wohl etwas risikobereit war: ,,Gibt es eigentlich viele Meerjungfrauen hier?"
Dr. Nekenhoff lachte: ,,Die in den Legenden?"

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