5. Kapitel
Die Grotte der Seehexe entgegen aller Gerüchte hell und offen. Die Wände erstreckten sich in unermeßliche Höhen und in den kleinen Nischen standen abertausende Bücher. Der Boden war überstreut mit allem möglichen Krims-Krams, welches nicht selten bunt glitzerte. Helle Girlanden, die das Licht der Sonne, das von draußen herinschien, reflektierten.
In der Mitte des Raumes auf einem großen gatten Stein lag die Meerhexe. Ihre Augen waren geschlossen, aber dennoch war sich Aereva sicher, dass sie alles mitbekam. Um ihren Kopf schwebte wie in eine besonders feine Koralle, die zwischen zwei kleinen Strömungen hin und hergerissen wurde, das dunkle Haar der jung aussehenden Meerjungfrau. Ihre Schuppen hatten diesen intensiven Rotton, den gerade alle jungen Mädchen in der Stadt haben wollte. Über ihren ganzen Körper hingen kleine goldene Ketten, die ihren Hauptschmuck, die Brosche, die sie als Hexe auszeichnete, nur umso mehr verdeutlichte.
,,Guten Morgen", begrüßte sie ihre zwei Gäste. Ein kleines Kratzen in ihrer Stimme veriet, wie wenig sie sie in letzte Zeit genutzt hatte.
,,Guten Morgen, Lady Roxanna", ergriff der König das Wort, nachdem sich die Seehexe erhoben hatte.
,,Lady Roxanna? So ehrenvoll hat mich noch nie ein König angeredet", kam es spöttisch von ihr, während sie elegant auf die beiden zuschwamm. ,,Vor allem du nicht."
,,Du weißt, wieso wir heute hier sind", ignorierte der Regent die Sticheleien. Augenblicklich schossen die Augen der Hexe auf Aereva und zum ersten Mal bemerkte die Chefin der Sirenen die gelben Augen, die einen geradezu durchstachen.
,,Du willst also ein Mensch werden?"
,,Na ja, von wollen kann hier nicht-"
Mit einem lautem Lachen unterbrach sie sie.
Roxanna, wie die Meerhexe Aereva schnell aufforderte sie zu nennen, war tatsächlich nicht so schlimm wie die Sagen über die schrecklichen Meereshexen andeuteten. Sie erkannte Aerevas Sorgen schnell und versuchte sie zu beruhigen. So wurde ihr ständig irgendein Kraut zum darauf herumbeißen angeboten und ständig fand sie einen neuen Grund um den tatsächlichen Zauber aufzuschieben. Und jeden Moment davon genoss die junge Meerjungfrau. Schließlich jedoch wurde es dem König genug.
,,Roxanna, ich habe heute auch noch ander Dinge vor? Beispielsweise einen Staat leien. Wenn du also...", merkte er irgendwann an.
,,Ja ja, hetz doch nicht so", seufzte die Angesprochene und forderte schließlich die beiden auf, ihr zu eben jenem Boot, dass Aereva sicher an Land bringen sollte, zu folgen. Die Chefin der Sirenen war froh noch ein letztes Mal ihre Flosse nutzen zu können. Allein der Gedanke an Beine tat ihr weh. Nun gut, Augen zu und durch.
Aereva in das kleine Anglerboot zu hieven war nicht sonderlich leicht. Natürlich war vorher keiner auf die Idee gekommen das Boot an irgendwas festzubinden, aber nach einigen Versuchen schaffte sie es doch.
Das eigentliche Ritual war eine ziemlich langweilige Angelegenheit. Die Hexe schwam mehrere Male um das Boot herum und sang dabei in irgendeiner seltsamen Sprache einige Worte. Der König schwamm daneben und beobachtete alles interessiert. Er fand es schon immer interessant wie Magie funktionierte, wobei er zugegeben nicht wirklich was verstand von dem, was gerade passierte.
Aereva bemerkte, während Roxanna ihre Kreise zog, dass sie immer nervöser wurde. Nach we vor glaubte sie nicht an den Pan, aber ihr König tat es und genau deshalb musste es klappen. Andernfalls war's das in naher Zukunft mit dem Meervolk.
Als der Zauber zu wirken begann, fühte Aereva eine unangenehme Hitze ihre Schwanzflosse heraufwachsen. Etwas ängstlich sah sie zum König, der noch gar nicht bemerkt hatte, dass die Wirkung des Zaubers losging. Sein Blick lag nach wie vor fasziniert auf der Seehexe und blieb dort auch, bis Aerevas Schuppen schließlich in der grünlichen Farbe, die sie innehatten, zu leuchten begannen. Erschrocken sah der König erst ihre Schwanzflosse an, dann sie und für einen kurzen Moment konnte man Zweifel in seinen Augen entdecken.
Das Leuchten breitete sich auf Aerevas ganzen Köper aus und färbte sich langsam in ein helles beige. Sie spürte, wie die Kiemen an ihre Hals verschwanden und sie das erste Mal durch den Mund atmen musste. Sie spürte, wie sich die Schwimmhäute an ihren Händen schmeruhaft zurückbildeten und ihre Schuppen einzeln abfielen.
Aereva begann zu zittern, ebenfalls etwas ungewohntes für das Meervolk. Sie kannten soetwas wie Kälte nicht.
Der König schwamm näher an das Boot heran, als er den tatsächlichen Schmerz der jungen Meerjungfrau bemerkte.
,,Es tut mir leid", flüsterte er ihr zu. ,,Aber es muss sein. WIr können unser Volk nicht einfach untergehen lassen."
Er ergriff die Decke, die im Boot lag und legte sie seiner zitternden Beraterin um. Dabei bermerkte er nicht, dass der Gesang der Seehexe aufgehört hatte und sie sich leise davon geschlichen hatte. Er wusste, dass ihn Verpflichtungen in den Palast zurück refen, aber sein Gewissen verlangte von ihm, dass er Aereva noch so weit wie möglich Richtung Land begleiten musste.
Die wiederrum wollte eigentlich nichts lieber als alleine zu sein. Sie hasste schon jetzt das Gefühl, Beine zu haben, denn es tat weh und fühlte sich irgendwie... unangemessen an.
Dennoch sagte sie nichts, als der Köng begann, langsam das Boot vor sich her zu schieben. Wenn er jetzt gehen würde, dann würde sie nie an Land ankommen. Dafür hatte sie nicht die Kraft. So ließ sich sich durchs Wasser schieben, eine Hand hing dabei immer noch im kühlem Nass. Ihre letzte Verbindung, zu ihrem altem Leben. Auch wenn sie eigentlich wusste, dass sie zurückkehren würde.
Schweigen herrschte über den beiden Niemand wollte wirklich reden. Und so legten sie Meile um Meile zurück.
Schließlich kamen die beiden an einer Sandbank an. In der Ferne sah der König mehrer Schiffe und Segler. Ab hier musste Aereva also allein weiter.
,,Ich muss Sie jetzt verlassen", flüsterte er.
Sie antwortete nich. Er warf einen traurigen Blick auf sie. Er wusste, dass sie sauer auf ihn war und er hasste es, aber was sonst hätte er tun sollen? So drehte er sich nach einem Seufzen um und wollte in die Dunkelheit des weiten Meeres verschwinden, als noch eine letzte Frage durch seinen Kopf schoss.
,,Glauben Sie, wir können irgendwas ändern?"
,,Ihr kennt meine Antwort, Majestät", antwortete sie endgültig.
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