Kapitel 2

Sicht des fremden Kriegers

Kaltes Wasser rann über meine Stirn und lief mir über den Kopf den Nacken hinunter. Ein Schauer durchlief mich und belebte meine Geister. Nur mit Mühe bekam ich meine Augen geöffnet und blickte gegen die Sonne in ein Gesicht.

„Bleibt ruhig liegen - mein Herr! Ihr habt einige Verletzungen und ich habe es gerade so geschafft dass sie nicht mehr ständig aufreißen und bluten. Ihr habt sicher durst - hier trinkt!"

Ich hob langsam mein Kopf und trank das Wasser aus ihrer Hand. Ich sah zunehmend klarer und erkannte die Frau langsam. Ich rettete sie vor einem Orkangriff. Ich gab ihr Rückendeckung während sie zu ihrem Haus rannte. So lange ich konnte bewachte ich die Eingangstür und verteidigte sie vor etlichen Angreifern, um den Bewohnern Zeit zu verschaffen. Letztendlich wurde ich verwundet - so stark, dass ich mich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. In meiner Not hämmerte ich an der Tür, die ich so verzweifelt zu schützen versuchte.  Was danach geschah konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Wortfetzen hallten in meinem Kopf. Ich erinnere mich noch an warmes Blut, was über meinem Gesicht lief. 

„Habt Dank! Ich habe so viele Fragen... " Ich war zugedeckt bis zum Hals. Vorsichtig tastete ich mich unter der Decke ab und stellte fest, dass ich vollkommen nackt war.  „Warum bin ich nackt?" fragte ich verwundert.

Sie kicherte leise. „Das ist Eure erste Frage?"

Ich musste ebenfalls lachen, es war schmerzhaft und heilsam zugleich. Wir waren Fremde doch durch den heiteren Einstieg war das Eis schnell gebrochen.

Die Frau, selbst nur in einer Decke gehüllt, beantwortete meine Frage „Ich musste an alle Wunden heran kommen und dazu waren eure Sachen im Weg. Außerdem habe ich sie gewaschen – morgen werden sie trocken sein. Sagt, habt ihr auch einen Namen?"

Ich war überrascht und mir fehlten zunächst die Worte. Nahezu jeder in Rohan kannte mich – immerhin war ich seit einigen Wochen der König Rohan's, gekrönt nach dem Fall Saurons, deren Anhänger ich mit meiner Armee in Altburg gegenübertrat. 

„Edmund." sagte ich nur schlicht, obwohl das gelogen war. Ich konnte nicht erklären, warum ich ihr meinen wahren Namen – Eomer – nicht nannte.

„Es freut mich, Euch kennenzulernen, Edmund." sagte sie freudestrahlend und reichte mir ihre Hand. Ich ergriff sie, wobei mir der goldenen Ring an ihrem Ringfinger auffiel – ein Ehering. 

„Verratet Ihr mir auch Euren Namen?!" fragte ich und küsste ihren Handrücken. Sie war eine wirklich hübsche Frau, dafür das man Frauen aus Altburg nachsagte, dass sie recht stämmig und plump waren.

„Althea. Mein Herr ... Ihr braucht mich nicht so förmlich ansprechen... ich bin keine Hochgeborene oder Adlige ..." erwidert sie mit geröteten Wangen.

„Ich bestehe darauf, dass du auch die Höflichkeiten weg lässt! Du hast mein Leben gerettet und dein eigenes riskiert - Wieso? Ich habe noch nie eine so mutige Frau getroffen!"

Sie winkte mit inzwischen hochroten Kopf ab. „Ach was ... ihr habt ebenso mein Leben gerettet, wofür ich euch sehr dankbar bin!" Ich schüttelte mit dem Kopf. „Du... bitte ..." erinnerte ich sie freundlich.

„Edmund, du hast sicher noch mehr Fragen an mich... außer warum du nackt bist... Du solltest zunächst schlafen! Dein Körper braucht Ruhe, damit deine Wunden heilen können. Morgen werde ich mich um deine Verbände kümmern und dir alle Antworten geben, die du suchst und ich beantworten kann... ."

Ich nickte einverstanden und ließ den Schlaf gewinnen.

Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als ich mit neuer Kraft erwachte. Ich sah mich um und konnte Althea nirgends ausmachen. Zeit, um meine Gedanken zu ordnen. Niemand wusste wo ich bin, dass ich lebte .... Was geschah mit meinen Männern? Konnten wir Altburg retten? Wo waren wir? Mein Körper fühlte sich zermürbt an, nun wollte ich sehen in welchen Zustand ich war. Langsam zog ich die Decke zurück und betrachtete das Unheil... Mein Oberschenkel war verletzt, was mir erklärte, wieso sich das Bein taub anfühlte. An meiner Flanke brannte es wie Feuer - der Verband war großzügig gewickelt - das verhieß nichts gutes. An meinem Hals ziepte es... Vorsichtig tastete ich danach. Krustigen Schorf konnte ich spüren.

„ Nicht aufkratzten!" mahnte mich aus der Ferne eine mir bekannte Frauenstimme . Althea war zurück. Es war mir unangenehm, so entblößt vor ihr zu liegen. Normalerweise hätte ich damit kein Problem ... bisher erntete ich bewundernde Blicke von Frauen - für meine männliche Statue und mein bestes Stück... Doch so kraftlos, hilflos wie ein Kind auf dem Boden zu legen - fernab von meiner gewohnten Männlichkeit, bereitete mir Unbehagen. Möglichst unauffällig griff ich nach dem Tuch und zog es über meine Lenden.

„ Du hast mich gewaschen." stellte ich beschämt fest.

„Nur die Stellen, an denen ich ran kam. Möchtest du dich gerne richtig reinigen?" 

Ich machte Anstalten, mich aufzurappeln, um zum Fluss zu gelangen. 

„ Lass mich dir helfen!" die Heilerin half mir auf, was mir sehr missfiel, doch ohne Ihre Unterstützung wäre es mir nicht gelungen. Als meine Füße im Wasser standen, entfernte die Heilerin meine Verbände und auch mein Tuch. Zu meiner Überraschung knotete sie selber ihr selbst gewickeltes Kleid auf und ging mit mir gemeinsam nackt ins kühle, wohltuende Nass.

Neugierig schielte ich zur Seite, doch erkennen konnte ich nichts von ihr. Ich war ein lustvoller Mann, doch kein Respektloser! Konzentriert setzte ich einen Fuß vor dem anderen, bis mein Gemächt nicht mehr zu sehen war. Althea brachte mich zum Stehen und trat vor mich. Ihr langes, braunes Haar fiel über ihre wohlgeformten Brüste und verdeckten ihre Knospen. Sie beugte sich vor und betastete vorsichtig meine Wunde an der Flanke. Die Berührungen waren sanft aber schmerzhaft. Ich hielt still so gut ich konnte, doch ein reflexartiges Zucken  konnte ich nicht verhindern. 

Besänftigend legte sie eine Hand auf meine Bauchmuskeln, bis dahin hatte ich gar nicht gemerkt, wie heftig ich atmete. Sie beruhigte mich mit der Berührung. Vorsichtig spülte sie die Wunde aus - versucht mir keine weiteren Schmerzen zuzufügen. 

„Lasst dich ins Wasser gleiten ... es wird dir gut tun." ermutigte sie mich. 

Ich ließ mich sinken, mein Kopf tauchte unter und mich umgab Stille. Meine Augen öffnete ich - das klare Wasser ermöglichte mir einen Blick auf den restlichen Körper der Heilerin - sie war schwanger.

Ihre Hände tauchten in das Wasser und zogen mich an den Schultern hoch. Geräuschvoll sog ich tief die Luft in meinen Lungen - es schmerzte und der Husten brach aus. Erneut tauchte mein Kopf unter Wasser - nur dieses Mal unfreiwillig. Schnell zog meine Begleiterin mich hoch - drehte mich auf den Rücken und hielt meinen Kopf in ihren Händen.

„Atme ruhig! Das geht gleich vorbei! Hab keine Panik - ich passe auf dich auf." 

Sie ließ eine Hand in meinem Nacken und legte die andere auf meine Brust. Betont atmete sie langsam und tief ein und ebenso aus - ich folgte ihrem Rhytmus und kehrte in einen angenehmen zustand zurück. Ich blickte auf und sah in ihre blauen Augen. „Danke" brachte ich mit leiser Stimme raus. Sie schenkte mir ein beruhigendes lächeln.

Althea umsorgt mich so gut, dass es mir zunehmend unangenehmer wurde. Sie selbst hatte eine frische Schnittwunde in ihrer Handfläche, die sicher bei jeder Bewegung weh tat ... und dennoch wusch sie meine Haare. Später durchkämmte sie diese auch mit ihren Fingern - das machte mich ganz wuschig. 

Gemeinsam stiegen wir aus dem Wasser - nebeneinander her. Doch es kam wie es kommen musste ... sie plazierte mich an der Feuerstelle vor einem großen Feldstein, an dem ich mich anlehnen konnte. Sie beugt sich dabei vornüber, um mir zu helfen und ihr Körper zeigte sich mir in voller Pracht. 

Ich starrte sie ungeniert an – sie war wunderschön ... und schwanger,... und verheiratet - erinnerte ich mich immer wieder selbst. Sie hatte wohlgeformte Brüste, wunderschöne Kurven, weibliche Formen und einen schönen schwangeren kleinen Bauch. Weit war sie noch nicht. Ich fühlte mich ihr so seltsam nah, als kannten wir uns schon eine halbe Ewigkeit.

Sie war eine Frau nach der ich mich ein Leben lang sehnte. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in mir breit. Sie war ein guter Mensch, soweit ich das beurteilen konnte. Gute Menschen waren die Schönsten, sie hatten eine Ausstrahlung, welche vermeintlich Schöne mit einem hässlichen Charakter nicht hatten ... ich wusste nur zu gut wovon ich sprach. 

Durch meine Umtriebigkeit hielt man mich für Oberflächlich, kaum einer wusste was in mir vor ging, was meine Sehnsüchte waren oder ich wirklich brauchte... zugegeben wusste ich es selbst nicht unbedingt. Doch sie ist jemand ganz besonderes - so viel wusste ich.

„Verzeihung!" sprach ich entsetzt aus, als ich dabei ertappt wurde, wie meine Augen über ihre Formen wanderten. Ich wiederholte meine Entschuldigung hunderte Male. Es gehörte sich nicht, eine Dame so unverschämt anzustarren.

Beklommen griff sie schnell nach einem Tuch, welches sie sich schnell um den Körper wickelte. 

Ich sog scharf die Luft ein, als ich spürte, dass sich in meiner Lendengegend etwas rührte. „Althea, ich brauche eine Pause..." bat ich sie Zähneknirschend. Fragend blickt sie mich an. „Eine Pause wovon?"

Ein schiefes Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. „Von dir..." und sah nach unten. Sie folgte mein Blick. Ihre Wangen glichen der Farbe eines roten, knackigen Apfel. „Edmund ich...." ihr fehlten die Worte. Sie wand sich peinlich berührt um. Auf keinen Fall wollte ich als ein primitiver Lustmolch dastehen. 

Sie kehrte zurück in ihren gewaschenen Kleidern mit meinen gewaschenen Sachen in der Hand und frischem Verbänden. Sie kniete sich zu mir und widmete sich ganz ihren Künsten ... schweigend.

 „Es tut mir leid Althea. Du bist eine unglaubliche Frau und du hast meinen allerhöchstens Respekt. Doch ich kann nicht verleugnen, dass du begehrenswert bist. Ich werde dir nichts tun! Du bist verheiratet und schwanger und definitiv viel zu schlau für jemanden wie mich." scherzte ich am Ende. Sie wand ihren Kopf zu mir um. „Du hast Humor ... was sollte ich noch über dich wissen? Du hast mich ja scheinbar schon vollkommen durchschaut." Sie zog eine Augenbraue hoch.

Ich legte meine Hand auf ihre. „Was willst du wissen?" Es schadete nicht eine gewisse Vertrauensbasis aufzubauen. Wir werden sicher noch eine weile alleine unterwegs sein. Außerdem wollte ich sie schlicht weg nicht verärgern.

„Hast du eine Frau und vielleicht auch Kinder? Wie ist dein Stand? Von wo kommst du?"

Nickend wog ich ab, was ich ihr antwortete. „Ich bin verlobt und habe keine Kinder. Ich bin Hauptmann in Edoras - woher ich auch komme. Was tust du? Bist du Hausfrau und Mutter? Dein wievieltes Kind ist das?"

Ihr Blick veränderte sich. Sie wurde traurig. „Das ist mein erstes Kind ... ich bin im dritten Monat... Tja ich bin Ehefrau oder Witwe ... wer weiß das schon so genau. Viel schlimmer ist, dass ich nicht weiß, wo meine drei Geschwister sind und ob es denen gut geht ..... Ich bin eine Heilerin – das sagt meine Name ja schon – Althea." 

Das Letzte sagte sie freudestrahlend. Am traurigsten schien sie mir beim Thema – ihre Schwestern ... Ihr Mann hingegen schien ihr gleichgültig zu sein. Vielleicht hatten wir mehr gemeinsam als ich dachte.... Wir werden viel Zeit verbringen... sicher kam für dieses Thema ein geeigneterer Zeitpunkt.

Während meine Wunden neu verbunden wurden fragte ich sie über die Schlacht aus. Sie ging auf jede meiner Fragen genau ein und berichtete sehr ausführlich. Der ungewisse Ausgang war allerdings sehr entmutigend. 

Was mich aus den Grübeleien riss- die Heilerin schaute etwas besorgt auf meine Wunde an der Flanke. „Dieser Blick verheißt nichts gutes." Bemerkte ich. Sie schüttelte ihren Kopf wobei Wassertropfen aus ihren Haaren auf meine Haut fiel. Ich bekam Gänsehaut. „Sag mir ehrlich, wie du dich fühlst." Bat sie mich.

„Mir ist etwas schlecht ... und es fröstelt mich." Gab ich wahrheitsgemäß zu.

„Verdammt!" fluchte sie, sprang auf und kramte in der Satteltasche. Sie schien nicht zu finden, wonach sie suchte. „Ich werde im Wald nach ein paar Kräuter suchen. Iss und trink in der Zeit! Dein Körper braucht das, um sich zu erholen." Ich hielt sie am Arm fest. „Du kannst nicht alleine durch den Wald laufen." Ich machte mir Sorgen und wollte sie beschützen, doch ich war zu schwach. Ich bat sie, den Dolch, den ich immer mit mir führte zu nehmen. Althea tat was ich verlangte und legte mein Schwert neben mich. 

Eilig machte sie sich auf dem Weg und ließ meine Wunde offen. Vorsichtig sah ich hinunter. Gelber Eiter trat aus und floss immerzu nach. Von dem Anblick und Geruch wurde mir ganz anders. Mein Frühstück kam hoch und ich übergab mich mit würgenden Geräuschen. Sofort kam die Heilerin zu mir und kniete sich neben mir. „Du musst trinken, auch wenn dir nicht danach ist! Ich beeile mich und komme so schnell ich kann zurück." Im Eilschritt verschwand sie endgültig im Gehölz des Waldes. Ich versuchte mich nützlich zu machen und arbeitete einen Plan aus, wie wir weiter vorgehen sollten. Wir mussten Nordwärts ziehen, ebenso wie ihre Schwestern es taten, zumindest ließen es einige Spuren vermuten. Doch wir würden den längeren Weg durch den Wald nehmen müssen, da er uns mehr Schutz bot. Würden wir Nordost entlang laufen, wären wir in deutlich kürzerer Zeit in Edoras aber der den Weg würden wir wahrscheinlich nicht überleben. Karges Land und Steppen boten einfach keinen Schutz und das eine Pferd konnte die Last von uns beiden nicht lange genug im schnellen Tempo ertragen. Meine Wunden waren noch zu frisch, als das ich Althea und mich vor Angreifern beschützen könnte. So viele Probleme die auf mir lasteten, doch das war nichts im Vergleich, was mich zu Hause erwarten würde ...

Wir hatten  keine Vorräte und müssten uns morgen aufmachen, um bald in ein Dorf zu gelangen, wo wir diese auffüllen konnten. Würde mich jemand dort erkennen und mich enttarnen? Wie würde meine Begleiterin reagieren, wenn sie darüber aufgeklärt wurde, dass sie mit dem König reiste? Es wäre weise ihr das vorher zu sagen, doch wir lernten uns erst kennen und ich mochte sie. Als Edmund ging sie normal mit mir um, doch wie würde sie mit Eomer umgehen und würde sie die Reise zu zweit mit ihm fortsetzen wollen? Ich entschied mich dazu, die Wahrheit vor ihr zu verbergen. Der richtige Moment würde schon noch kommen.

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