6. Kapitel
Björgvin war eine kleine Stadt mit einem sehr großen Hafen, an dem leicht vier Langboote landen konnten. Momentan war aber nur ein Boot anwesend und Fara erkannte das Schiff, das mit ihnen los gesegelt war. Es war das Boot von Ragnar. Sie würde also Harald wieder sehen. Kurz vor ihrer Abreise hatten sie sich nicht lange genug unterhalten können und sie wollte wissen, ob es dem alten Mann, der wie ein Vater zu ihr gewesen war, auch gut ging.
Egil war ein guter Steuermann, wie sie feststellen musste. Es dauerte nicht lange und die Männer konnten den Anker werfen. Fara rief die Kinder zu sich, aber kaum wurden die Planken befestigt, rannte Norien zu Egil und nahm seine Hand. Fara blieb fast das Herz stehen und machte sich auf einen bösen Blick von ihm gefasst. Der kam aber nicht. Das Gegenteil war der Fall. Egil störte sich nicht an dem kleinen Mädchen, sondern hob sie auf seine breiten Schultern und ging mit ihr zusammen an Land. Dort setzte er sie ab, beugte sich zu ihr hinunter und sie sprachen eine ganze Weile miteinander. Dann tätschelte er ihre Wange und ließ sie in der Obhut einer seiner Männer.
Fara wurde nervös, weil sie befürchtete, nicht schnell genug zu Norien zu kommen und das Mädchen davon laufen könnte. Doch sie machte sich umsonst Sorgen. Einer der Männer, Fara meinte, er hieß Randulf, nahm Godric zu sich und half erst ihm, dann Fara über die Planke. Sie dankte ihm, aber er winkte ab und ging wieder seiner Arbeit nach.
„Fara!"
Wie sie schon gehofft hatte, stand Harald in der Nähe und hob seine Hand. Norien und Godric rannten auf den alten Mann zu und hielten sich stürmisch an seinen Beinen fest, so dass er fast zu kippen drohte. Er lachte jedoch und strich den Kindern über die Köpfe.
Fara fand, dass Harald nie besser ausgesehen hatte. Sein Haar und sein Bart waren ordentlich gestutzt und er hatte in der kurzen Zeit, in der sie sich nicht gesehen hatten, schon etwas an Gewicht zugelegt.
„Komm her, Mädchen! Geht es dir gut? Haben sie dich gut behandelt?"
Er sah an ihr herunter und schnalzte missbilligend mit der Zunge.
„Wie kann man einer Frau nur Hosen geben?", fragte er unwirsch.
Fara lachte und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Schimpf nicht, alter Mann! Ich bin froh, dass ich den stinkenden Kittel losgeworden bin. Und etwas anderes gab es auf dem Boot nicht. Es ist trocken und hält warm. Wie ergeht es dir unter Magnus?"
Harald grinste.
„Ich glaube, der Bengel wusste nicht, auf was er sich eingelassen hat, als ich ihn überredete, mich zu seinen Sklaven zu machen. Er traut sich kaum, mir in die Augen zu schauen, wenn er mir einen Befehl erteilt. Und selbst das klingt eher wie eine Bitte. Aber ich werde gut versorgt. Sein Vater ist ein guter Mann und auch Magnus wird einmal ein stolzer Krieger!"
Da niemand sich um sie kümmerte, unterhielt sie sich noch eine ganze Weile mit Harald. Auch die Kinder erzählten ihm von ihren Erlebnissen auf dem Langboot. Es wunderte sie schon etwas, dass keiner der Wikinger sie bewachte, aber Harald versicherte ihr, dass sie beobachtet wurde. Er wirkte aber zufrieden und als sie nachhakte, erklärte er, dass sie wohl eine Sonderstellung als Sklavin hätte. Sonst würde man sie nie so frei herum laufen lassen!
Er schien sich aber Sorgen gemacht zu haben, welche aber verflogen, denn nach und nach hellte sich seine Miene auf und er entspannte sich.
„Was haben Magnus und Ragnar vor? Warten sie auf Egil?"
Harald schüttelte den Kopf.
„Wir sind schon seit Tagen hier. Aber so wie ich gehört habe, seid ihr in mehrere Stürme geraten. Ragnar hat es eilig nach Hause zu kommen. Er hat hier Handel getrieben und sein Boot ist nicht beschädigt. Er wird morgen früh den Anker lichten. Wir werden uns also erst wieder in der neuen Heimat sehen!"
Fara seufzte.
„Für dich ist es ja schon Heimat, alter Mann. Ich fühle mich fremd unter den Wikingern, auch wenn sie genau die Ehrenmänner sind, die du beschrieben hast. Zumindest zu den Kindern und mir. Seit Corwin und dir habe ich keine so fürsorglichen Männer gesehen. Aber manchmal...es fällt mir schwer, mich an ihre Gebräuche zu gewöhnen. Ich habe Angst, dass ich irgendetwas tun werde, was ihren Zorn erregt!"
Sie meinte besonders Egil, aber sie sprach es nicht laut aus.
Harald tätschelte mitfühlend ihre Wange.
„Ich kenne dich nun schon so lange, Fara. Ich kann mich noch erinnern, wie Corwin mein verletztes Bein behandelt hat und du ihm dabei geholfen hast. Ich kenne deine Geschichte und du bist mir wie eine Tochter ans Herz gewachsen. Du hast mir auch erzählt, dass es für dich schwer war, als Corwin dich gekauft hat. Du wusstest nichts von den Sachsen. Weder Gebräuche noch die Sprache. Aber du hast sehr schnell gelernt. Corwin hat es in dir gesehen, dass du ein außerordentlich kluges Mädchen warst. Und nun bist du eine außergewöhnliche kluge Frau. Auch die Wikinger werden es erkennen. Und wenn nicht, halten wir uns an den ursprünglichen Plan und ich nehme dich mit, sobald ich dich frei gekauft habe!"
Wieder tätschelte er ihre Wange und Fara wusste, dass er Recht hatte. Corwin hatte es ihr immer wieder gesagt, dass sie sehr klug sei. Auch an ihrer Abstammung, welche die Sklavenhändler preisgegeben hatten, zweifelte er. Doch Fara konnte sich nicht mehr erinnern, woher sie eigentlich stammte. Ab und zu kamen Erinnerungsfetzen, aber die zeigten ihr nicht Sklavenhütten bei den Franken, sondern meist eine Hand, die ihr liebevoll durch das Haar strich. Sie konnte sich sogar noch an den Duft erinnern, der diese Hand umgab. Lavendel und Honig. Und sie wusste, dass diese Hand gepflegt wurde. Manchmal sah sie einen Jungen in ihren Erinnerungen und einen stattlichen Mann, der sie liebevoll anlächelte und in die Luft warf. Diese Erinnerungen waren aber verschwommen. Sie konnte das Gesicht zu dem Mann nicht sehen.
Aber sonst hatte sie keinerlei Erinnerungen an ihre Vergangenheit.
Ein Wikinger, den sie Heimir nannten, kam auf sie zu und unterbrach sie in ihren Gedanken.
„Egil hat mich gebeten, dich und die Kinder ins Badehaus zu bringen."
Fara nickte und verabschiedete sich von Harald, der Heimir böse anstarrte. Doch Heimir schien sich nicht daran zu stören.
„Sag deinem Herrn, dass es sich nicht gehört, eine Frau in Hosen zu stecken. Es ist unanständig! Und das er sie ja gut behandelt!", blaffte Harald den wesentlich größeren Wikinger an. Doch dieser lachte nur.
„Es ist für alles gesorgt, alter Mann. Keine Sorge, Egil wird sie wohlbehalten nach Hause bringen!"
„Das will ich auch hoffen!", rief Harald ihm hinterher.
Heimir nahm Godric auf seine Schultern und befahl Fara, Norien auf den Arm zu nehmen.
„Es dauert eine Weile, bis wir angekommen sind. Aber wir wollten nicht in das erstbeste Badehaus am Hafen. Die wechseln nur einmal am Tag das Badewasser. Wenn du Pech hast, bist du derjenige, der den letzten Durchgang erwischt. Und dann stinkst du mehr als vorher!"
Fara lachte und folgte ihm. Sie gingen langsam durch die Häuserreihen und Fara betrachtete das Treiben in den Straßen. Björgvin war wirklich eine nette Stadt mit vielen verschiedenen Einwohnern, die sich wohl auf die ankommenden Reisenden konzentriert hatten. Es gab einen großen Marktplatz, der momentan aber wenig besucht war.
„Morgen wird hier mehr los sein! Jeder kennt Egil und weiß, dass er gute Ware hat. Dann werden auch die anderen Händler kommen. Wir sind dafür bekannt, dass wir nicht gerade geizig sind.", erklärte er ihr.
Das konnte sich Fara gut vorstellen. Sie hatte die Waren gesehen, die Egil teils erbeutet oder durch Handel erworben hatte. Sie waren reichlich. Sie selbst war auf einen Ballen Pelz gestoßen, der nicht von Bodobert stammte. Das Fell war gut verarbeitet und sehr weich. Frauen würden sich darum reißen, diesen Pelz als Mantel zu bekommen.
Sie überquerten den Markt und Heimir wurde respektvoll gegrüßt. Doch er kümmerte sich kaum um die Leute. Fara fand das arrogant, doch das war wohl die Art eines Kriegers. Und sie hatte Heimir gesehen, wie er ohne mit der Wimper zu zucken, einem Mann den Kopf abgeschlagen hatte. Egil hatte sie zwar dann weggezogen, aber sie war sich sicher, dass jeder von Egils Krieger so kämpfen konnte. Und Egil...nun, sie hatte von seinem Ruf gehört. Er schien der Schlimmste von allen zu sein. Aber das merkte man nicht, wenn man ihn auf seinem Boot beobachtete.
Sie hing weiter ihren Gedanken nach, während sie Heimir folgte. Der Krieger unterhielt sich die ganze Zeit mit Godric und Norien schlief beinahe in ihren Armen ein.
Es dauerte wirklich lange, bis sie endlich angekommen waren.
Sie standen vor einem massiven Haus aus Stein, was selbst hier ungewöhnlich war. Es war nicht nur ein Badehaus, sondern auch ein Gasthaus. Schon von außen konnte man sehen, dass es ordentlich und sauber war. Auch innen war es so, wie das Haus es außen versprach. Die Wirtsleute kamen ihnen entgegen und verbeugten sich sogar vor Heimir, der nur kurz nickte.
„Die Wirtsfrau wird dich ins angrenzende Badehaus bringen. Es ist nicht das Badehaus, dass wir Wikinger sonst gewohnt sind, aber es hat eine Zuber und saubere Tücher. Lasst euch Zeit. Wenn ihr fertig seid, wird man euch in euer Zimmer bringen, dass ihr die nächsten Tage bewohnt!"
Fara wollte protestieren, aber Heimir hatte sich schon umgedreht und das Gasthaus verlassen, ehe sie den Mund aufmachen konnte.
Die Wirtsfrau führte sie in das Badehaus.
Es war schon ordentlich eingeheizt und das Wasser im Zuber dampfte. Die Wirtsfrau zeigte in eine Ecke, wo ordentlich Kleider aufgestapelt waren.
„Der Herr Egil hat veranlasst, dass ich euch Kleidung zur Verfügung stelle. Ich hoffe, sie behagt euch, Herrin!"
Fara stutzte einen Moment. Die Wirtsfrau hatte sie tatsächlich mit Herrin angesprochen. Egil hatte der Frau nichts davon gesagt, dass sie Sklavin war? Warum hatte er das getan?
Sie zog zuerst die Kinder aus und die Wirtin half ihr. Sie nahm das stinkende Bündel und verzog angewidert das Gesicht.
„Wenn ihr erlaubt, werde ich die Lumpen hier verbrennen! Sie haben nun beide etwas Besseres."
Fara nickte und die Wirtin ließ sie alleine.
Ohne zu zögern sprang Godric in das warme Wasser. Fara lachte und setzte Norien zu ihm. Sie planschten ausgelassen miteinander und Fara ließ sie gewähren. Dann nahm sie ein kleines Tuch und wusch die beiden kräftig mit der Seife, die bereit lag. Godric verzog das Gesicht.
„Das riecht nach Blumen, Mama! Ich bin ein Mann und will nicht nach Blumen riechen!"
Sie lachte, nahm aber eine andere Seife, die nicht nach Blumen roch.
Kaum waren die Kinder aus dem Zuber, klopfte es an der Tür und Heimir streckte seinen Kopf hinein.
„Sind die Kinder fertig?"
Sie nickte und war froh, dass sie sich noch nicht ausgezogen hatte. Sie zog die Kinder an und bewunderte die Kleider, die Egil wohl für alle besorgt hatte. Godric sah nun wirklich wie ein kleiner Wikinger aus. Die Bruche und die Tunika waren aus feinem Stoff und selbst an die Lederstiefel hatte Egil gedacht. Norien hatte ein hübsches blaues Kleid an, das ihre Augen zum Leuchten brachten. Nur die Haare waren verfilzt, wie eh und je. Fara seufzte.
Heimir nahm die Kinder bei der Hand und wollte den Raum verlassen.
„Wo bringst du die Kinder hin?", fragte Fara ihn. Sie spürte Entsetzten in sich aufsteigen. Sie hatte den Sklavenstand sehr wohl gesehen, doch Heimir lächelte sie an.
„Wir dachten, es wäre für dich ruhiger, wenn du ohne die Kinder baden könntest! Keine Sorge, ich verspreche dir, dass ich sie bald zurück bringe!"
Fara glaubte ihm. Wenn ein Wikinger etwas versprach, dann hielt er sich daran. Soviel hatte sie schon gelernt.
Als Heimir mit den Kindern gegangen war, zog sie sich aus und legte die Tunika und Hose ordentlich auf einen Stuhl. Sie fuhr sich über die Wunde, die ihr Bodobert beschert hatte. Durch das Salzwasser und den dreckigen Kittel, hatte sich die Wunde etwas entzündet. Eigentlich sollte sie eine Kräuterpackung darauf legen, aber sie traute sich nicht, Egil danach zu fragen. Seufzend stieg sie in den Zuber und ließ sich wohlig stöhnend zurück sinken. Eine Weile blieb sie ruhig liegen und genoss das warme Wasser, bevor sie das Tuch nahm und sich ordentlich ab schrubbte. Irgendwie hatte sie aber das Gefühl, dass sie nie den Gestank des Sachsendorfes abbekommen würde. Sie wusch sich die Haare und kämmte sie danach durch.
Erst dann ließ sie sich wieder zurücksinken und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange und sie fiel in einen tiefen Schlummer.
„Du siehst bald aus wie ein alter Apfel, wenn du weiter im Wasser schläfst!"
Erschreckt fuhr sie hoch. Egil stand mit nacktem Oberkörper vor dem Zuber. Hektisch nahm sie das Waschtuch und versuchte ihre Blöße zu bedecken.
Er grinste sie schelmisch an.
„Zu spät, Fränkin! Du hättest die Tür schließen sollen, wenn du nicht willst, dass jemand ungefragt hier herein kommt."
Er drehte sich dennoch um und Fara kletterte schnell aus dem Zuber. Sie fand ein großes Tuch und wickelte sich darin ein.
„Was willst du hier?"
Er grinste und zog sich komplett aus. „Was denkst du denn?"
Verschämt drehte sich Fara um, was ihn zum Lachen brachte.
„Ach komm schon, du hast bestimmt schon mehr nackte Männer gesehen. An mir ist nichts anderes!"
Wohlig seufzend ließ er sich in den Zuber gleiten. Fara blieb in der Ecke und versuchte ihn nicht an zu sehen.
„Jetzt komm schon her. Ich brauche deine Hilfe!"
Sie knotete das Handtuch fest vor ihrer Brust zusammen und ging zum Zuber. Natürlich hatte sie schon nackte Männer gesehen. Corwin war schließlich Heiler. Aber an Egil war einiges anders als an denen. Das würde sie ihm natürlich nicht sagen.
Sein Körper war breit und muskelbepackt. Sie sah einige Narben, manche klein und kaum zu erkennen, andere groß und schlecht verheilt.
„Wie kann ich dir helfen, Herr?"
Er hatte die Augen geschlossen, öffnete sie aber jetzt. Er sah nicht so aus, als ob es ihm gefallen hätte, dass sie ihn Herr genannt hatte, doch er sagte nichts dazu.
„Am Rücken habe ich eine Wunde. Sie ist schon einige Tage alt."
Er beugte sich nach vorne und Fara sah sofort, was er meinte. Es war ein Schnitt, der genäht worden war. Sie fuhr leicht mit der Hand darüber. Die Wunde war schon gut verheilt.
„Ich soll dir die Fäden entfernen?"
Er nickte.
Sie nahm sein Messer, reinigte es sorgfältig und entfernte die Fäden.
„Wie kommst du an eine Wunde am Rücken?"
Er zuckte mit den Schultern. „Mein Gegner war wohl der Meinung, er könnte mich besiegen, wenn er mich hinterrücks angreift! Er hat falsch gedacht!"
Als sie alle Fäden weg hatte, fuhr sie noch einmal über die Narbe, die noch gerötet war.
„Sie ist gut verheilt, aber ich werde sie nachher noch verbinden. Deine Kleidung könnte darüber scheuern und dann wäre alles umsonst gewesen!"
Er nickte ihr zu und lehnte sich wieder zurück. Er betrachtete ihr Gesicht.
"Deine Wunden scheinen auch gut zu heilen, Fränkin. Sag mir, hast du noch andere Wunden? Welche, die ich nicht sehen kann?"
Konnte der Kerl Gedanken lesen?
Sie schüttelte den Kopf und gerade in dem Moment zwickte die Wunde an der Seite. Sie verzog keine Miene. Von Bodobert hatte sie gelernt, dass ein Sklave nichts zu verlangen hatte.
Er nickte und lehnte sich wieder zurück. Nach einer Weile schloss er die Augen.
Fara betrachtete sein Gesicht. Er hatte sich wohl den Bart entfernen lassen. Es war eine glatte Rasur und kein Schnitt war zu sehen. Auch die Haare waren nun kurz, sogar das geflochtene Deckhaar war verschwunden.
Um ihn nicht zu stören, ging sie in die hintere Ecke und zog sich um. Dann kämmte sie noch einmal ihr Haar, bis es in langen Wellen ihren Rücken herunterfiel.
Das Kleid, das sie nun anhatte, war genau vom gleichen feinen Stoff, wie das von Norien. Sie bezweifelte, dass sie damit arbeiten konnte.
„Was habe ich als deine Sklavin eigentlich zu tun?", fragte sie.
Träge drehte er sich zu ihr hin, nahm dann aber das Tuch, dass Fara liegen gelassen hatte und wusch sich ungeniert vor ihr.
„Das Übliche. Du reichst mir Essen und Met, wirst meine Kleidung in Ordnung halten und dafür sorgen, dass es mir gut geht!"
Sie rümpfte kurz die Nase.
„Das hört sich nicht nach Sklavenarbeit an. Das ist eher eine Aufgabe für ein Eheweib!"
Er hielt kurz inne. Dann lachte er schallend.
„Mach dir keine Hoffnungen. Ich habe weder ein Eheweib, noch werde ich mir eines anschaffen."
Erstaunt setzte sie sich auf einen Hocker. Das Gehörte musste sie erst einmal verarbeiten.
„Warum nicht?"
Er wrang das Tuch aus, tauchte einmal unter um sich die Seife herunter zu spülen und kam prustend wieder hoch.
„Warum sollte ich mir das antun, bei den Göttern? Ich habe genug Erben und ich habe gesehen, was diese so genannte Liebe alles anstellen kann. Sie macht einen Mann weich! Ich bin ein gefürchteter Krieger! Und das will ich auch bleiben."
Fara nickte, auch wenn sie es immer noch nicht verstand. Gerade ein Krieger wie Egil brauchte doch jemanden, der ihn in stürmischen Zeiten Halt gab. Nicht, dass sie das sein wollte! Nein! Bestimmt nicht! Aber irgendjemand musste doch sein Herz erweichen!
„Schau nicht so betroffen drein, Fränkin! Ich habe es vor langer Zeit beschlossen und niemand wird meinen Entschluss ändern können!"
Sie stand langsam auf.
„Ich verstehe dich nicht! Es gibt doch bestimmt irgendwo eine Frau..."
„Nein!", fuhr er ihr ins Wort. „Es gibt keine mehr!"
Sie hob eine Augenbraue.
„Daher weht der Wind! Du hattest schon einmal dein Herz vergeben! Was ist geschehen? Ist sie gestorben?"
Er stand vom Zuber auf und ging zu seiner Kleidung. Sie wandte wieder den Blick ab.
„Du kannst es nicht lassen, habe ich recht? Bei den Göttern! Ja, es gab einmal eine Frau vor langer Zeit! Und sie ist nicht gestorben. Sie hat einen anderen genommen!"
Sie antwortete nicht. Er drehte sich um. Er hatte die Hose zwar schon an, aber sie hing ihm noch tief in den Hüften. Fragend reckte er den Kopf.
„Was denn? Du willst nicht mehr wissen?"
Mit nacktem Oberkörper kam er auf sie zu, als sie nicht antwortete. Er redete, als ob sie ihn nach seiner Vergangenheit gefragt hätte. Sie riss die Augen auf. Warum machte er das?
„Ich war noch ein Bengel in ihren Augen. Ich hatte gerade meinen siebzehnten Winter erlebt und war erfolgreich von einer Schlacht heimgekehrt. Ich machte ihr Geschenke, verwöhnte sie regelrecht und machte mich zum Schwachsinnigen. Als ich sie bat meine Frau zu werden, lachte sie mich aus. Zwei Tage später heiratete sie einen Jarl, der zwanzig Jahre älter als sie selbst war. Da schwor ich mir, dass nie wieder eine Frau mich so weich macht, wie diese!"
Sie antwortete immer noch nicht. Was sollte sie auch dazu sagen. Wenn er nach all den Jahren immer noch so verbittert darüber war, würde kein Wort von ihr daran etwas ändern.
Sie senkte den Kopf und ging von ihm weg.
„Dann werde ich also für dich sorgen. Soweit ich es als deine Sklavin tun kann."
Langsam ging sie zur Tür und öffnete sie. Er stand immer noch an derselben Stelle und sah sie merkwürdig an.
„Was anderes kann ich dir nicht bieten!", murmelte er.
Sie lächelte leicht.
„Das ist mir genug!"
Er nickte und ging wieder zu seiner Kleidung, um sich seine Tunika anzuziehen.
„In den nächsten Tagen werdet ihr hier bleiben. Mein Mast wird repariert und ich will nicht, dass die Kinder sich verletzen. Außerdem werde ich Handel treiben."
Sie nickte nur. Das hatte sie ja schon von Heimir erfahren.
„Ihr könnt euch natürlich frei bewegen, allerdings schicke ich dir immer einen meiner Männer, damit ihr nicht auf dumme Gedanken kommt."
Wieder ein Nicken.
Er nahm einen kleinen Lederbeutel und brachte ihn ihr.
„Hier sind einige Münzen. Kaufe, was du für nötig hältst. Für Essen und die Unterkunft wurden die Wirtsleute schon bezahlt."
Sie nahm den Lederbeutel entgegen. Es waren eindeutig mehr, als nur ein paar Münzen.
Zögernd hob sie eine Hand an seine Wange.
„Einen Rat gebe ich dir, Egil Magnusson! Wenn du eine Sklavin hältst, dann solltest du ihr nicht solche Privilegien gewähren. Das könnte sich schlecht auf deinen Schwur auswirken."
Sie strich ihm kurz über die Wange, verließ den Raum und ließ einen verdutzten Egil zurück.
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