10. Kapitel
Die Reparaturen an der Hütte zogen sich in die Länge. Das hatte vor allem damit zu tun, dass Egil Randulf immer wieder mit nichtigen Arbeiten davon abhielt, bei ihr in der Hütte zu arbeiten. Besonders wenn Bente oder Harald nicht bei ihr in der Hütte sein konnten. Das war dann immer ein Zeitpunkt, in dem irgendein Sklave im Auftrag von Egil kam und um ihm irgendeinen Auftrag zu geben.
Irgendwann hatte Fara genug davon und beschwerte sich bei Magnus, der ein Machtwort sprach.
Leider war es dann Egil, der kein Wort mehr mit ihr sprach. Selbst bei den abendlichen Essen setzte er sich lieber zu seinen Männern, als zur Familie auf der Plattform.
Fara störte es nicht, dass er nicht neben ihr saß. Sie störte das kindische Verhalten. Bei den Göttern, er war ein erwachsener Mann und benahm sich wie ein verwöhnter Junge, der sie so bestrafen wollte. Und das nur, weil sie mit seinem Bruder sprach.
So blieb es einige Tage. Sie gingen sich aus dem Weg, trafen sich höchstens abends beim Essen mit den anderen. Aber auch da ignorierte er sie. Glaubte sie zumindest. Harald erzählte ihr, dass er beobachtet hatte, wie Egil sie immer wieder verstohlen beobachtete. Außerdem soll er bei den den Kampfübungen brutaler mit den Männern umgehen, als sie es sonst von ihm gewohnt waren. Fara lachte nur darüber. Sollte er doch!
Nach dem heutigen Essen unternahm sie ihren gewohnten Spaziergang. Sie wurde immer von jemanden begleitet. Meistens war es Harald, aber auch Heimir oder Bente kamen manchmal mit. Bei Heimir war sich Fara aber sicher, dass er es nicht freiwillig tat, sondern das Egil ihn mitschickte, damit niemand sich ihr nähern konnte. Heimir sagte zwar nichts, aber er war eigentlich lieber mit seiner Familie zusammen und nun lief er manchmal mit ihr durch das Gut.
Am heutigen Abend schlich sie sich alleine hinaus. Sie brauchte etwas Zeit für sich. Nicht das ihr die Gesellschaft nicht gefallen würde, aber manchmal erschlugen die Freundlichkeiten sie regelrecht. Sie lief in Richtung ihrer Hütte.
„Sie ist genau so eine Sklavin wie ich! Nur du hast sie zu deiner Schwester gemacht! Aber warum, das frage ich mich!"
Sie hörte die Stimme schon von weitem.
„Das hat nichts mit dir zu tun, Susanna. Und es geht dich auch nichts an!"
Egils Stimme drang leise zu ihr vor. Fara blieb stehen und lauschte.
„Und ob es etwas mit mir zu tun hat! Schließlich war ich deine Geliebte!"
Er lachte leise und spöttisch.
„Hast du dir Hoffnung gemacht? Ich habe schon lange vor meiner Reise gesagt, dass ich mein Lager nicht mehr mit dir teilen werde! Du wusstest es von Anfang an und hast mich trotzdem gedrängt! Ich will kein Weib!"
Sie lachte laut auf.
„Und doch starrst du sie immer wieder an, wie ein waidwundes Tier! Und sie beachtet dich nicht einmal. Hast du ihr auch gesagt, dass du kein Weib willst? Weiß sie es?"
„Sie weiß es! Genau wie du! Ich habe Spaß mit dir gehabt, doch jetzt langweilst du mich! Wie ich schon gesagt habe, es war schon lange zu Ende. Das habe ich dir in aller Deutlichkeit erklärt!"
Susanna schluchzte laut auf.
„Das hast du nicht ernst gemeint! Ich kann dich glücklich machen!"
Es herrschte eine Weile Stille und Fara wollte schon gehen, als sie wieder Egils Stimme hörte.
„Du solltest dir klar werden, wo dein Platz ist, Susanna! Und der ist gewiss nicht an meiner Seite. Ich habe dich schon mehrmals gewarnt! Mach so weiter und ich verkaufe dich an den Erstbesten, der hier vor den Toren steht!"
„Das ist die Schuld der Schlampe, die du mitgebracht hast! Willst du so jemanden wirklich? Sie hat dem Greis zwei Kinder geboren und ich habe gehört, dass sie oft bei dem Than gelegen hat! Mit dir will sie es bestimmt auch so machen. Sie teilt mit dir dein Lager, bis sie etwas Besseres gefunden hat. Und ob sie eine Heilerin ist, kannst du auch nicht sagen! Bisher hat sie doch noch nichts getan, außer das sie stundenlang mit Randulf in dieser Hütte war! Wahrscheinlich treibt sie es mit ihm. Hinter deinem Rücken! Und du verteidigst sie auch noch! Ja, Egil, starr mich nur an. Dein Bruder hat sie dir wahrscheinlich schon weg geschnappt und du..."
Sie hörte ein lautes Klatschen und dann Susannas Wimmern. Egil musste sie geschlagen haben.
„Vorsicht, Susanna! Reize mich nicht! Halte dich von Fara fern! Sollte ich etwas anderes hören, mache ich meine Drohung war. Hast du mich verstanden?"
Man hörte nur das Wimmern.
„Ich frage dich nur noch einmal: hast du mich verstanden?"
Unter weiteren Wimmern konnte man ein Ja verstehen. Fara hörte energische Schritte, die näher zu ihr kamen. Erschreckt versteckte sie sich hinter einer Hauswand, doch Egil hatte sie entdeckt. Er blieb stehen und starrte sie an. Sein Brustkorb hob und senkte sich stark. Er war wütend, dass konnte man an seinen Augen erkennen. Doch er sagte nichts zu ihr.
Sie drückte sich weiter in die Hauswand. Sie musste zugeben, dass sie genau in diesem Moment Angst vor ihm hatte. Genau dies war Egil Magnusson, von dem die Sachsen sprachen. Gefährlich, skrupellos und vor allem gnadenlos. Bisher hatte sie ihn noch nie so gesehen, aber das wollte sie auch nicht mehr.
Sein Gesichtsausdruck änderte sich. Er war nun nicht mehr wütend, sondern er sah traurig aus. Langsam kam er näher und hob eine Hand. Erschreckt zuckte sie zusammen, was ihn mitten in der Bewegung inne halten ließ. Seine Hand wurde zur Faust, er atmete noch einmal tief ein, dann drehte er sich um und verschwand.
In der Ferne konnte sie noch das Wimmern von Susanna hören.
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