Kapitel 24
♠Daryll♠
"Mhm, was könnte ich erzählen?", unsicher darüber was die Beiden hören wollen rutsche ich in Wallace Armen hin und her.
"Ganz ruhig. Erzähl mir etwas aus deiner Kindheit oder Jugend", sagt Sebastian dann.
"Okay. Also ich....", gerade als ich beginnen will zu erzählen kommt der Kellner und bringt uns die Cocktails und Tapas. Er stellt alles auf den kleinen niedrigen Tisch neben unserer Sitzlounge, bevor er sich umdreht und wieder geht.
"Über meine Kindheit kann ich nicht so viel sagen, nur dass ich sie nicht so erlebt habe wie andere Kids. Ich war in keinem Sportverein oder sonstiges. Ziemlich früh kam ich ins Internat...."
"Du warst in einem Internat?", fragt Wallace und ich nicke, bevor ich weiter erzähle.
"In der Elementaryschool stellte man fest dass ich überdurchschnittlich Intelligent war, also steckte mein Vater mich in ein Internat für Hochbegabte, da war ich dreizehn....."
Wenn ich versuche mich an diese Zeit zu erinnern, kommen nur minimale Bruchstücke. Zu dem Zeitpunkt ging schon einiges an mir vorbei.
"Mit vierzehn fing plötzlich ein Zucken mit dem linken Auge an. Das weiß ich noch ganz genau", lache ich, weil ich mich ausgerechnet daran so genau erinnern kann. Auch Sebastian grinst und ich würde nur zu gerne wissen was er gerade denkt.
"Das war nämlich mein Geburtstag und eigentlich sollte ich da nach Hause, aber Dad wollte es nicht. Er meinte er habe eh viel zu tun und keine Zeit sich um mich und meine Wünsche zu kümmern. Ich war damals echt traurig."
Gedankenverloren nehme ich das Cocktailglas und trinke einen Schluck, stelle es als ich fertig bin wieder zurück und nehme mir ein frittiertes Kartoffelstück das wie zu dick geratene Pommes aussieht und dippe es in die grüne Avocadocreme, die in einer der kleinen Tapas Schüsseln bereit steht. Oh, das ist lecker. Dann erzähle ich weiter.
"Ich bekam schlimme Kopfschmerzen irgendwann. Der Arzt meinte es seien Migräneanfälle, ganz normal bei Hochbegabten die nur lernen und sich zu viel anstrengen. Er gab mir Medizin, aber die half kaum. Es tat so sehr weh. Ungefähr ab da habe ich angefangen vergesslich zu werden und durcheinander. Konnte mich nicht mehr konzentrieren und wurde zunehmend schlechter in der Schule. Mein Vater war so sauer, als man ihn bat mich von der Schule zu nehmen, dass er anfing mich zu beschimpfen und zu bestrafen."
Mir läuft bei der Erinnerung ein Zittern durch den Körper, aber die beiden Männer um mich herum helfen mir, einfach weil sie da sind und mit zärtlichen Berührungen.
„Des öfteren sperrte er mich in meinem Zimmer ein und gab mir einmal am Tag durch die Haushälterin etwas zu essen. Den einzigen Ausgang den ich hatte, war die Schule. Doch in der öffentlichen Highschool wurde ich gemobbt und ausgelacht. So brachte ich dann die Schule mit achtzehn endlich hinter mich. Doch anstatt zu studieren oder arbeiten zu gehen oder mich anderweitig auf ein Leben vorzubereiten, kam ich zu Calvin, meinem Master. - Exmaster."
Sebastian beugt sich etwas zu mir vor und gibt mir mitfühlend einen Kuss auf die Stirn.
"Was war mit deiner Mum?", fragt mich dann Lace. Ja meine Mum, was sollte ich über sie erzählen? Ich kenne sie nicht. Ich nehme noch so eine Kartoffelspalte und dippe sie dieses Mal in eine rote Sauce, oh, das ist scharf. Schnell trinke ich einen Schluck hinterher.
"Meine Mutter hat mich gleich nach der Geburt bei meinem Vater gelassen und ist abgehauen. Als ich mal danach gefragt habe erzählte er mir das und meinte im selben Atemzug, ich solle nie wieder nachfragen, sonst würde er mich enterben." Ich zucke mit den Schultern und presse die Lippen zusammen. Doch jetzt wo ich weiß, dass es für andere nicht so aussieht wie ich es spüre, lasse ich es sofort wieder sein.
"Oh man, es tut mir wirklich leid dass du soviel Schlechtes hast erleben müssen. Dennoch danke ich dir, dass du so ehrlich warst und uns das erzählt hast. Das hast du gut gemacht", lobt Sebastian mich und ich spüre wie ich rot werde vor Verlegenheit. Doch macht mich sein Lob auch sehr glücklich.
"Danke, es tut mir wirklich gut sowas zu hören. Leider muss ich dir noch sagen, dass ich nicht mehr genau weiß wann das mit meinem Arm und meinem Schenkel anfing. Bemerkt habe ich es bei der ersten Session mit Calvin", ergänze ich noch, falls das noch wichtig ist. Sebastian nickt und wirkt dann plötzlich nachdenklich.
Lace knabbert an meinem Hals, was ich genieße weshalb ich meinen Kopf etwas zur Seite lege um ihn richtig dran zu lassen. Brummend zieht er mich näher an sich und lehnt sich zusammen mit mir im Arm wieder entspannt nach hinten so wie am Anfang, bevor das ernste Gespräch begonnen hatte.
"Ich muss mal eben telefonieren!" Sebastian steht auf, zieht sein Handy aus seiner Hosentasche und geht etwas weiter weg von uns. Ich sehe ihm hinterher, wie er beginnt mit dem Arm herumzufuchteln, dann wirkt er sehr ernst und am Ende lächelt und lacht er. Ich mag sein Lachen. Es ist tief und klar. Man kann genau hören wie es aus der Tiefe seiner Brust kommt und nicht nur oberflächlich gehalten wird.
Als er aufgelegt hat kommt er etwas entspannter zu uns zurück und setzt sich wieder vor mich hin.
"Ich habe eben mit unserem Neurologen telefoniert. Er hatte für morgen noch einen Termin für dich frei. Ich möchte dass er dich untersucht, ich hoffe das ist okay für dich. Du willst sicher genauso wissen was Sache ist wie ich und wenn du tatsächlich einen Schlaganfall hattest können wir eine Therapie anstreben die deine Lebensqualität mit Sicherheit erheblich steigern wird. Das ist doch sicher auch in deinem Interesse oder nicht?"
"Ja da hast du recht", stimme ich ihm zu, stehe auf und setze mich rittlings auf seinen Schoß. "Vielen Dank dass du das getan hast. Alles. Dass du mir geholfen hast einzusehen, dass nicht jeder Dom gleich Calvin ist, dass nicht alles mit einer Bestrafung einhergeht und dass ich meine Wünsche aussprechen kann und auch angehört werde. Und danke dass du dich um mich sorgst und solche Termine für mich machst wie den beim Psychologen und die Untersuchung. Danke."
Bevor ich dann doch anfange zu weinen lege ich meine Lippen auf seine und verliere mich kurz darauf in einem tiefen Zungenspiel mit ihm. Er ist wirklich ein toller Mann. Und Wallace auch.
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