Kapitel 17

♠Thomas♠

Diesen Blick werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen, so ungläubig und überrascht, aber auf der anderen Seite voller Sehnsucht nach etwas. Am Liebsten hätte ich Bernard um den Verstand geküsst. Doch meinen Mut in allen Ehren, beim Rausgehen aus der Suite habe ich gezittert und musste erst einmal tief durchatmen, denn so leicht wie es rüberkam war es für mich nicht. Ich habe noch nie jemanden aus eigenem Antrieb geküsst und dann gleich jemanden von dem ich mir nicht sicher war, ob er es auch möchte oder nicht.

Die letzten zwei Monate waren einerseits sehr schmerzhaft und andererseits habe ich sie sehr genossen. Warum schmerzhaft? Ich habe mich in Bernard verliebt, so richtig. Doch von seiner Seite aus kamen nie irgendwelche Annäherungsversuche.

Ich weiß ich habe keine Erfahrung, aber ich habe immer gehofft, dass, wenn mich mal jemand so mag wie ich ihn, wird derjenige mir das bestimmt zeigen. Doch Bernard ist so zurückhaltend, dass ich weiß, er sieht mich wirklich nur als Bild, als jemanden dem er helfen kann. Kurz gesagt ich bin für ihn nichts besonderes, nur ein weiterer Junge den er beobachten kann.

Trotzdem wollte ich immer und immer wieder in seiner Nähe sein.

Sein Angebot nahm ich sofort an, auch wenn ich ein wenig Bedenken hatte. Doch die meisten hat Bernard mit einem Vertrag ausgeräumt, in dem unter Anderem festgelegt ist, dass die Rechte der Bilder allesamt bei mir liegen. Im Prinzip leiht er sich die Bilder nur für seine Cover, oder für Illustrationen im Buch. Da bin ich ihm so dankbar dafür.

Bis zum heutigen Zeitpunkt hätte ich nie gedacht dass mein Leben mal bergauf gehen würde. Auch wenn ich Bernard nicht haben kann, habe ich mehr dazugewonnen wie noch vor ein paar Monaten.

Nachdem ich mit Heya und Phedoka über den Wunsch einer Ausbildung sprach, kümmerten sie sich sofort darum Informationen zu bekommen. Und auch wenn es mit diesem sogenannten Stipendium nicht klappen sollte spar ich einfach etwas um mir die Ausbildung in ein paar Jahren finanzieren zu können. Mit dem Job bei Bernard verdiene ich tatsächlich mehr wie in diesem Nachtjob, da wird es nicht so schwer sein Geld zur Seite zu legen.

"Thomas? Würdest du Miss Foster bitte in den Aufenthaltsraum schieben?", holt mich Schwester Agathe aus meinen tiefen Gedanken. Erschrocken sehe ich sie an, doch reagiere dann schnell.

"Ja natürlich, ich nehme sie mit", antworte ich, biege in das Zimmer von Miss Foster ab, die schon in ihrem Rollstuhl sitzt und bugsiere sie zur Türe hinaus.

"So Miss Foster, gleich können sie ihren Liebsten wieder ärgern", sage ich lachend zu ihr.

"Oh Thomas vielen Dank, du bist so ein lieber und netter Junge. Erzähl mal wie ist es in dem neuen Resort?"

"Sehr schön. Die Chefinnen sind super toll, die Angestellten nett und ich arbeite wirklich sehr gerne in der Küche", erzähle ich ihr zum wiederholten mal, aber das stört mich nicht. Miss Foster vergisst immer viel, doch so haben wir immer etwas worüber wir uns unterhalten können.

Im Aufenthaltsraum angekommen schiebe ich sie an einen der Tische wo schon ihr Mann sitzt. Die beiden sind so niedlich und ich finde es schön dass sie zusammen hier sind.

Ich sehe mich um und entdecke Oma an ihrem Lieblingstisch, wo sie wie immer mit ihren Freundinnen Bridge spielt.

Heute ist eine Spendenaktion im Pflegeheim.

Wir geben Kaffee und Kuchen aus und die Menschen, die spenden wollen, dürfen das tun. Mit den erbrachten Spenden, werden neue Betten, Medikamente oder auch medizinische Geräte gekauft. Jedes Jahr wird so eine Aktion gemacht.

Viele Senioren basteln kleine Dinge die man kaufen kann und andere, wie meine Oma und ihre Freundinnen, sitzen rum und spielen Karten.

Lachend gehe ich auf den Tisch zu und lege Oma meine Hände auf die Schulter, beuge mich hinunter und gebe ihr einen Kuss auf die Wange.

"Hallo Oma", begrüße ich sie.

"Lenk mich nicht ab Junge, ich muss mich konzentrieren", meckert sie gleich, doch kann ich ein Grinsen aus ihrer Stimme heraushören.

Kopfschüttelnd drehe ich mich wieder weg und beschließe etwas durch das Heim zu laufen und mich umzusehen.

Als ich um eine Ecke laufe kann ich durch ein offenes Fenster Stimmen hören. Ich bleibe stehen und lausche. Eigentlich ist das nicht meine Art, aber eine der Stimmen kenne ich. Lizzy steht draußen vor dem Fenster mit einem älteren Mann der sie am Handgelenk festhält. Da ich den Mann nicht kenne werde ich hellhörig.

"Komm schon Kleines. Letztes Jahr hast du dich nicht so geziert. Da war es dir egal wer dich fickt Hauptsache jemand entjungfert dich. Also hör auf die Unnahbare zu spielen. Du bist und bleibst eine Schlampe. Ich will gar nicht wissen wie viele du auf deiner Uni schon hattest."

"Lass mich los Martin. Du widerst mich an", versucht sie sich zu wehren, doch scheitert. Er langt ihr ohne weiteres unter den Rock, sie haut ihm auf den Arm, damit er seine Hand wegnimmt, doch er wird immer aufdringlicher und sein Griff wird fester.

Ich muss etwas tun, das kann ich nicht zulassen, doch einfach durch das Fenster kann ich auch nicht steigen. Also lehne ich mich etwas hinaus und rufe:"Lizzy, schön das du es geschafft hast, warte einen Moment, ich komme raus."

So schnell ich kann stoße ich mich vom Fenster ab und renne durch den Flur und zur Türe hinaus, bis ich bei ihnen bin. Dieser ekelhafte Mann hat sie immer noch fest am Oberarm, doch wenigstens seine Hände unter ihrem Rock hervorgeholt.

Beide sehen mich an als sei ich verrückt. Doch das stört mich nicht, ich habe nur ein Ziel. Lizzy vor diesem ekelhaften Typen zu retten.

"So, jetzt noch einmal, Hallo Lizzy. Das ist so toll, dass du es hierher geschafft hast. Ich begleite dich hinein. Drin gibt es Kaffee und Kuchen. Käsekuchen, den du so gerne magst", fordere ich sie gespielt fröhlich auf, nehme ihren anderen Arm sanft in meine Hand und ziehe leicht daran. Dieser Martin lässt sie endlich los und sie fällt mir um den Hals.

"Thomas, es ist so schön dass du da bist. Wir haben uns schon so lange nicht mehr gesehen", spielt sie mit, doch daran wie sie sich festklammert merke ich, dass ich das Richtige getan habe.

Sie dreht sich nicht einmal zu diesem Typen um, als ich mich in Bewegung setze um wieder in das Gebäude hineinzulaufen.

"Danke Thomas", bedankt sie sich, als wir an der Kuchentheke stehen.

"Nicht dafür, Gott der Typ war ja wirklich aufdringlich und ekelhaft", bemerke ich und sie nickt.

"Was machst du eigentlich hier wenn ich fragen darf?"

"Ich komme jedes Jahr her wenn die Spendenaktion ist."

"Du bist eine der Gönnerinnen?", frage ich erstaunt, da ich das kaum glauben kann nach dem was sie beim Barbecue von sich gegeben hat.

"Ja."

Mehr sagt sie dazu nicht und ich will sie auch nicht nerven oder ausfragen.

"Woher wusstest du dass ich Käsekuchen mag?", fragt sie jetzt und legt sich ein Stück davon auf ihren Teller.

"Bernard hat es mir erzählt", antworte ich ihr ehrlich.

Nachdenklich nickt sie und steuert auf einen leeren Tisch zu. Ich folge ihr einfach und setze mich dann zu ihr.

"Geht es ihm gut?", fragt sie leise und ich sehe sie nachdenklich an.

"Solltest du ihn das nicht selbst fragen?"

"Ja eigentlich schon, aber ich trau mich nicht. Ich war so geschockt als er sich einfach so von Papa getrennt hat und bin deshalb mitgegangen. Ich dachte Dad kommt uns nach, ich wollte das er uns folgt, deshalb hab ich nicht auf seine Anrufe und Nachrichten reagiert. Dann kamen die Scheidungspapiere und ich hatte Angst, dass ich es verkackt habe", erklärt sie bedrückt. Man kann sehr gut sehen, dass es ihr damit auch nicht gut geht. Eigentlich sollte ich mich ja nicht einmischen, aber man sieht doch wie sehr beide leiden.

"Weißt du, er vermisst dich sehr und kann nicht verstehen wieso du ihm keine Chance gibst sich zu erklären. Er liebt dich und leidet sehr darunter. Lizzy, ich habe kein Recht dir sowas zu sagen, aber du weißt nie wie lange du deine Eltern noch hast. Du könntest sie von heute auf morgen verlieren. Ich wünschte ich hätte meine noch. Verschwende die Zeit nicht damit zu schmollen oder sauer zu sein. Setz dich mit ihm zusammen und sprich mit ihm", rate ich ihr und sie sieht mich mitfühlend an.

"Deine Eltern leben nicht mehr?", fragt sie traurig und ich nicke.

"Einzig und allein meine Oma ist mir geblieben."

Ich zeige auf die Dame am Bridge Tisch die sich gerade halb totlacht, weil sie mal wieder gewonnen hat.

"Vielleicht hast du recht. Vielleicht sollte ich nachher zu ihm gehen. Ich vermisse ihn auch sehr weißt du?"

In Ruhe isst sie dann ihren Kuchen. Als der Teller leer ist steht sie auf, sieht mich an und sagt: "Danke noch einmal Thomas. Du bist ein toller Mann und ich finde Papa hatte Unrecht. Er hätte dich nicht so beleidigen dürfen. Es tut mir leid wie er dich behandelt hat. Ich mag dich."

Sie dreht sich auf dem Absatz herum und geht. Lässt mich grinsend und mit roten Wangen zurück. 

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