Kapitel 2

♠Yves♠

Ich sitze gerade in meinem Büro am Schreibtisch, als das Telefon klingelt.

Stirnrunzelnd sehe ich auf das kleine Display. Das ist die Nummer vom Empfang. Normalerweise haben alle meine Durchwahl, keiner muss über den Empfang anrufen.

"Mister Moreau?", fragt die Empfangsdame.

"Ja Victoria, was kann ich für sie tun?"

Sie räuspert sich und seufzt dann, als müsse sie sich auf etwas Größeres vorbereiten.

"Die Polizei ist am Telefon und fragt nach ihnen, soll ich sie durchstellen?"

"Wissen sie denn um was es geht?"

"Der Herr am Telefon meinte, es würde um ihren Mann gehen."

"Verdammt. Okay, stellen sie ihn bitte durch. Aber Victoria, ich bitte sie, das für sich zu behalten, es muss niemand davon wissen, ja?"

"Aber natürlich Mister Moreau. Ich stelle den Herren dann durch."

Ein paar Sekunden später meldet sich Detective Flatt. Mit ihm hatte ich früher ab und zu mal zu tun, wenn ich meine Mandanten im Verhörzimmer besuchte. Das war alles bevor ich für George anfing zu arbeiten. Flatt erklärte mir die Sachlage und dass Phoenix gebeten hat, mich als seinen Anwalt dazu zu holen.

Seufzend lege ich auf und kneife mir in meine Nasenwurzel.

Dieser Mann macht mich noch fertig.

Ich liebe ihn wirklich, aber manchmal weiß ich nicht, wo sein Hirn gerade steckt und ob er überhaupt eins hat.

Ich schiebe mich mit meinem Stuhl zurück und stehe vom Schreibtisch auf. Meine Jacke greife ich mir im Gehen vom Kleiderhaken und verlasse mein Büro.

"Eve, ich verlasse das Haus, ich kann aber noch nicht sagen, wann ich zurückkomme", informiere ich meine Sekretärin.

"Was soll ich dem Senator sagen, wenn er nach ihnen fragt?"

Ich schaue auf meine Uhr und schürze die Lippen.

"Sagen sie ihm, dass ich über mein Handy erreichbar und Mittagessen gegangen bin."

Eve nickt und schreibt es sich nebenher auf.

Auf dem Weg nach draußen laufe ich noch kurz durch das Großraumbüro in dem unsere ganzen Anwaltsgehilfen arbeiten um zu sehen ob alles läuft. Alle Plätze sind belegt, nur einer nicht. Der chaotischste von allen. Ich schüttel den Kopf und laufe daran vorbei. Wenn wir später zuhause sind, sollte ich Phoenix vielleicht mal nahelegen, seinen Arbeitsplatz sauber zu halten, dieser Chaot.

Seit vielen Jahren arbeite ich zusammen mit zwei anderen Anwälten für den Senator. Doch seit fast einem Jahr ist auch Phoenix mit dabei. Für den Wahlkampf brauchten wir mehr Anwaltsgehilfen und da Phoenix zu diesem Zeitpunkt nichts zu tun hatte, ließ ich ihn von der Personalabteilung einstellen. Blöd war nur dass die Kapazitäten an Gehilfen bei meinen Kollegen ausgeschöpft waren und Phoenix in mein Team kam. Ich bin nicht gerade glücklich darüber gewesen, doch nun ist es nunmal so und Phoenix leistet klasse und saubere Arbeit. Was man bei seinem Schreibtisch nicht behaupten kann, aber nunja. Ist ja nichts, worüber man nicht reden könnte.

Am Polizeirevier angekommen, nehme ich gleich zwei Stufen auf einmal um die Treppe hochzuspringen. Am Empfang werde ich sofort freundlich begrüßt, denn hier kennt mich auch jeder. Dann erkläre ich, dass ich meinen Mann vertrete, der wohl wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Filmaufnahmen angezeigt wurde. Die Empfangsdame weist auf die Tür, die durch einen Knopfdruck von ihr geöffnet wird und ruft mir hinterher, dass man sich auf der anderen Seite um mich kümmern würde. Wie immer eben.

"Moreau, schön dich mal wieder zu sehen, auch wenn die Umstände nicht wirklich prickelnd sind."

"Gleichfalls. Ja, ich muss mich entschuldigen, egal was mein Mann angestellt hat, ich glaube dennoch, dass er seine Gründe hatte."

Flatt lacht und schüttelt den Kopf.

"Wenn ich gewusst hätte, dass er dein Mann ist, hätte ich dafür gesorgt, dass er besser behandelt wird."

Mhm, da haben wir es mal wieder. Bist du jemand, sind sie nett, bist du niemand, dann musst du dich in Acht nehmen. Kurz straffe ich meine Schultern und atme tief durch, bevor ich den Verhörraum betrete, den Flatt nun öffnet.

"Bärchen. Oh Gott du bist da, endlich wird alles gut. Bitte glaub mir, da war kein Schild wo drauf stand, dass ich nicht filmen darf. Schatz, du weißt, dass ich noch nie gegen irgendwelche Regeln verstoßen habe. Bitte glaub mir. Ich kann es auch beweisen. Ich..."

"Sschh", fordere ich ihn auf, indem ich einen Finger auf seinen Mund drücke.

"Setz dich."

"Aber..."

"Phoenix, bitte setz dich."

Eigentlich mag ich es nicht, Phoenix gegenüber bossy zu werden. Es reicht, wenn ich auf der Arbeit sein Vorgesetzter bin. Doch hier sollte ich wie ein Anwalt funktionieren und nicht wie Phoenix Ehemann.

Endlich setzt er sich hin und sieht mich abwartend an. Auch ich setze mich und breite die Akte vor mir aus, die mir Flatt beim Reingehen übergeben hat.

"Erklär mir bitte von Anfang an, was passiert ist", bitte ich meinen Mann und ich beobachte ihn ganz genau, während er mir alles erzählt. Er ist wahnsinnig fertig. Auch wenn er laut und quirlig ist, merke ich ihm an, wie sich Erschöpfung in ihm breit macht.

"...und am Ende hat er mich in eine dunkle Kammer eingesperrt."

"Okay, danke."

"Bärchen, was passiert jetzt mit mir? Muss ich hierbleiben?"

"Sie sind nicht verhaftet. Wir wollten nur eine Aussage, um sie mit der Aussage des Ladenbesitzers zu vergleichen", beantwortet Detective Flatt, der die ganze Zeit neben mir sitzt, Phoenix Frage.

"Wir werden auch ihren Vorwürfen gegenüber dem Ladenbesitzer nachgehen. Sei es der Plagiatsvorwurf oder auch die Freiheitsberaubung. Auch wenn es nur 30 Minuten waren. Für jemanden, der an Panikattacken leiden würde, wäre das schon der Horror. Genauso werden wir anhand ihres Videos oder besser gesagt dem Stream abklären, ob sie verbotenerweise gehandelt haben oder nicht", erklärt er und Phoenix nickt.

"Wo hast du dein Auto?", frage ich ihn, als wir beide vom Tisch aufstehen um die Polizeistation wieder zu verlassen, denn mehr können wir jetzt auch nicht machen. Wir müssen nun abwarten.

"Im Parkhaus bei Ronjas Boutique", antwortet Phoenix und ich nicke. Nachdem wir uns von Flatt verabschiedet haben, fahre ich Phoenix in das Parkhaus, wo er sein Auto holen kann.

"Ich muss leider zurück zur Arbeit."

"Ich weiß, Bärchen, es tut mir unendlich leid, dass du jetzt so einen Ärger hattest."

Er lehnt sich an mich und sieht mich von unten herauf an.

"Mon petit Papillon. Ich hatte mehr Angst um dich als Ärger. Wir werden sehen, was dabei herauskommt, okay? Ich bin immer auf deiner Seite und für dich da", antworte ich sanft und streiche ihm mit dem Handrücken über seine Wange.

"Ich weiß."

Da er ein paar Zentimeter kleiner ist als ich, stellt er sich auf die Zehenspitzen und haucht mir einen Kuss auf die Lippen. Ich versinke tief in seinem Kuss, lege meine Arme an seine Hüfte und ziehe ihn näher an mich ran.

"Du musst doch wieder zurück Bärchen. Oder nicht?"

Phoenix unterbricht den Kuss und schiebt mich ein wenig von sich.

"Du hast recht, heute Abend machen wir da aber weiter."

Phoenix lacht sein herrliches Lachen und nickt heftig.

"Natürlich. Aber jetzt husch husch, lass den Senator nicht warten. Ich schaffe den Heimweg alleine und dann ruhe ich mich aus."

Ich streiche ihm zärtlich über seine Wange und gebe ihm noch einen sanften Abschiedskuss, setze mich dann zurück in mein Auto und fahre wieder ins Büro.

"Der Senator erwartet Sie in Ihrem Büro", informiert mich Eve, als ich an ihrem Schreibtisch vorbei laufen möchte. Verwirrt sehe ich sie an. Denn normalerweise kommt er nicht in mein Büro, entweder komme ich zu ihm oder er ruft mich an.

"Was möchte er?"

Eve zuckt mit den Schultern.

"Ich weiß es nicht, aber er scheint nicht gerade bester Laune zu sein."

Hm. Mal schauen.

Ich öffne die Türe und betrete mein Büro.

"George, was kann ich für dich tun?" , frage ich freundlich.

Doch George scheint auf freundliche Floskeln zu verzichten und kommt direkt auf den Punkt.

"Yves, du weißt ich schätze dich und deine Arbeit sehr. Aber das muss nicht sein, nicht hier in meinem Haus", beginnt er und ich stehe etwas auf dem Schlauch.

"Was genau meinst du?", frage ich deshalb.

"Dein Mann..."

Er betont das Wort Mann, als wäre es eine eklige Krankheit.

"Ich hab ihn wirklich versucht zu erdulden, dir zuliebe, aber ich sagte dir schon von Anfang an, dass er nicht gut für dich ist und siehe da, ich hatte recht. Er ist ein Störenfried und jetzt ist es sogar soweit, dass er von der Polizei abgeholt wird. Yves, du musst was unternehmen."

Fragend sehe ich George an.

"Also erstens war es nicht so schlimm wie du gerade denkst und zweitens was denkst du denn was ich unternehmen sollte? Mhm?"

"Schmeiß ihn raus, oder ich werde dich herabstufen!"

Ohne darauf zu warten, was ich antworte, stürmt er aus meinem Büro.

Habe ich das gerade richtig gehört? Ich soll.... sonst...bitte was? Was bildet der Mann sich eigentlich ein? Senator hin oder her. 

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