Kapitel 7
♠Preston♠
Am Tag des Absturzes...
Immer wieder wandert mein Blick nervös zur Uhr. In nicht einmal drei Stunden kommt Christopher und ich freue mich so sehr auf ihn. Es ist schon eine Weile her, als wir uns das letzte Mal gesehen haben.
Natürlich schreiben und telefonieren wir viel, zumindest wenn es die Zeit zulässt, doch das ist was ganz anderes als sich zu sehen.
Ich rubbel mit meinem Handtuch über mein vom Duschen noch nasses Haar, nehme die Fernbedienung in die Hand und starte den Fernseher.
Ich bin gespannt, was wir in den Tagen machen, wenn Christopher erstmal angekommen ist. Ich habe schon einiges geplant, allerdings weiß man bei Christopher nie auf was er gerade Lust hat.
Ich mache ihm auf jeden Fall ein paar Vorschläge und lasse den Rest auf mich zukommen. Es kann auch sein, dass er nur chillen und relaxen will. Pilot zu sein ist nicht einfach. Mal abgesehen von der Verantwortung, die er jedes mal zu tragen hat, wenn er in die Lüfte geht.
Ich habe Christopher vor drei Jahren kennengelernt, als er zwei freie Tage Aufenthalt in Boston hatte. Er kam in meinen Laden, um sich die Haare schneiden zu lassen.
Sofort hatten wir einen Draht zueinander und ich habe doppelt so lange gebraucht, diesem Kerl die Haare zu schneiden, als es dauern sollte, nur damit er nicht aufsteht und geht. Im Nachhinein war meine Angst gänzlich unbegründet, denn als wir fertig waren, setzte er sich bei jedem Kunden auf den Stuhl daneben und unterhielt sich weiter mit mir, bis ich dann am Abend den Laden schloss.
Wir gingen noch etwas trinken und zum Schluss landeten wir zusammen im Bett.
Dort erfuhr ich dann auch von seiner Kunst, mehrere Menschen gleichzeitig zu lieben. Er erzählte mir von seinem Mann und seinen vielen gescheiterten Beziehungen. Er wünschte sich schon damals nichts sehnlicher, als dass er seine Liebe verteilen kann. Doch irgendwie hat es nicht sein sollen.
Auch nicht mit mir, denn ich mag Christopher sehr. Er ist ein wahnsinnig toller Mann, doch ich kann mit einem Mann der mir mehr als ähnlich ist, im Aussehen und auch von der Art, nicht viel anfangen.
Ich liebe ihn, allerdings nur wie ein Freund, vielleicht sogar wie ein Bruder.
Oh nein, das ist komisch. Man schläft nicht mit seinem Bruder und im Laufe der Jahre hat sich zwischen Christopher und mir eine Art Freundschaft Plus entwickelt. Also würde ich behaupten, dass er zu meinem besten Freund geworden ist, den ich bald vom Flughafen abholen kann.
Nochmal sehe ich auf die Uhr und knöpfe dann meine Jeans zu, die ich eben übergestreift habe.
"Sondermeldung....ein furchtbarer Anblick. Die Trümmer der Trieb- und Fahrwerke verteilen sich auf der Landebahn....New York nach Boston.....Flugnummer 830"
Mein Blick schnellt zum Fernseher, wo der Airbus der New York Airways eingeblendet wird, der einem Wrack gleicht.
Ich schnappe die Fernbedienung und mache den Fernseher lauter. Schockiert lasse ich mich auf mein Sofa fallen und verfolge aufgeregt die Nachrichten.
Das ist Christophers Flug. Fuck.
Ich schnappe mein Handy und wähle seine Nummer. Es klingelt, doch keiner nimmt ab. Verdammt. Was mach ich jetzt? Mir wird heiß und kalt und unglaublich schlecht. Sie erzählten von einem Toten, hoffentlich ist das nicht er, bitte bitte lass das nicht Christopher sein. Noch einmal wähle ich seine Nummer, doch auch jetzt geht niemand ran.
Die nächsten Stunden sind Horror. Bei der Fluggesellschaft, die ich zwischenzeitlich angerufen habe, bekomme ich keine Auskunft, da ich kein Familienangehöriger bin. Bleibt mir nur abzuwarten, doch das fällt mir so schwer. Ich bin so unruhig. Die Nacht über kann ich kaum schlafen und die Uhren scheinen alle stehen geblieben zu sein. Die Nachrichten bringen auch keine neuen Hinweise.
Erst am nächsten Tag erreiche ich schließlich jemanden auf Christophers Handy und werde endlich wieder ruhiger. Sogar so ruhig, dass ich beginne mit Orion zu flirten. Gott, was bin ich nur für ein Mensch. Aber um ehrlich zu sein, bin ich nur erleichtert zu hören, dass es Chris den Umständen entsprechend gut geht und er bei seinem Mann in guten Händen ist. Ich verspreche ihm natürlich sofort, zu ihnen zu kommen und dass ich dafür nach Windington muss, ist nun wirklich keine harte Entscheidung.
Natürlich muss mir ausgerechnet in diesem Moment mein zweiter Hauptfriseur ausfallen und bis er wieder gesund ist, muss ich die unverschiebbaren Termine für ihn übernehmen, anstatt ihm meine aufzuladen. Mein Friseur Salon läuft gut, aber nicht so gut, dass ich ihn ohne Probleme für längere Zeit einfach schließen kann.
Immerhin halten mich Orion und Chris telefonisch auf dem Laufenden. 4 Tage nach dem Absturz kommt Chris erneut unters Messer und seine Operation verläuft perfekt und ohne jede Komplikation. Er hat auch keinen neuen Herzinfarkt und erholt sich schnell. Ganze zwei Wochen später sitze ich nun endlich im Flugzeug nach Windington und freue mich darauf, Orion kennenzulernen und Christopher unter die Arme zu greifen, der mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen wurde und nach Hause durfte.
Als ich im Resort ankomme, schmeiße ich meine Tasche aufs Bett und mache mich ohne zu duschen oder mich nach dem langen Flug auszuruhen auf den Weg zu den beiden Männern. Orion gab mir bei einem unserer Chats, die wir die letzten zwei Wochen geführt haben, die Nummer seiner Wohnung im Arbeitertrakt.
"Stonie!"
Als ich aus dem Aufzug komme, höre ich plötzlich jemanden meinen Spitznamen rufen, den ich schon lange nicht mehr gehört habe. Ich drehe mich um und kann es gar nicht glauben, wer da vor mir steht.
"Bent? Was machst du hier?"
In dem Moment, als ich die Frage stelle, will ich sie am Liebsten wieder zurückziehen, denn es ist doch sonnenklar, was er hier macht. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass Orion das gutheißen würde.
Christopher erzählte mir mal, dass Orion keine Gelegenheit hatte, einen seiner Verflossenen kennenzulernen, weil es vorher in die Brüche ging und von Bent hat Orion gar keine Ahnung. Ohje, wenn der Schuss mal nicht nach hinten losgeht.
"Ich muss zu meinem Toffifee. Ich halte das nicht aus, zu wissen wo er steckt und nicht zu wissen, was er da tut. Ich wäre ja schon viel eher gekommen, aber ich bekam erst jetzt Urlaub."
Meine Augenbrauen wandern nach oben und ich sehe Bent skeptisch an.
"Was genau meinst du?", frage ich, gespielt ahnungslos.
Ein kellertiefes Seufzen kommt aus Bents Mund.
"Wusstest du, dass Topher verheiratet ist? Und dieser Typ ist einfach unfassbar schön. So ganz anders als ich. Und wusstest du, dass er irgendwas...warte mal...wie heißt das?"
"Das Christopher polyamorös ist? Ja und ja."
"Schrecklich. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Er hat es mir erklärt, alles, aber irgendwie will das nicht in meinen Kopf. Doch ich will Topher auch nicht verlieren, ich liebe ihn so sehr, Stonie. Meinst du, ich schaffe es, ihn für mich alleine zu bekommen?"
"Ehm, was?", ungläubig sehe ich ihn an. Er will was? Christopher bekehren? Das ist doch nichts, was man einfach ablegen kann. Oh Gott, Bent hat keine Ahnung. Wenn er Aktionen bringt, die Christopher das Gefühl geben, nicht ernst genommen zu werden, geschweige denn ihn nicht akzeptiert wie er ist, dann ist Bent schneller weg, als er das Wort Hantel sagen kann.
Ich setze meine Bewegungen fort und laufe ohne einen Kommentar zum Angestelltentrakt.
Bent watschelt mir hinterher, wie ein Entenküken seiner Mum. An Orions Türe bleibe ich stehen und klopfe vorsichtig an.
Nach ein paar langen, wirklich langen Sekunden, öffnet sich die Türe und ich stehe einem wirklich schönen Mann gegenüber. Er scheint gerade mal knapp 1,70 groß zu sein und schlank. Seine wahnsinnig schönen Augen sehen mich sanft an und das Lächeln das sich auf seinen Lippen bildet ist einfach umwerfend.
Wow. Was für ein Typ. Da hat Bent nicht übertrieben.
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