Kapitel 23
♠Bent♠
Während Topher mit Orion und Pres telefoniert, befürchte ich fast, vor Eifersucht zu platzen.
Es ist so wahnsinnig schwierig seinen Lebensstil zu akzeptieren. Mehr als einmal bin ich versucht, ihn anzuschreien und zu verlangen, dass er sich von Orion trennen soll. Doch jedes Mal sagt mein Hirn mir, dass das ein Fehler wäre. Denn ich denke, Stonie hat schon recht, Chris wird sich irgendwann von mir zurückziehen oder mich sogar verlassen, wenn ich ihn unter Druck setze. Diese Resortchefin hatte ja recht, es ist unübersehbar, dass Chris und Orion sich nach wie vor lieben. Aber wenn das immer so war, dann ist all die Liebe und Zuneigung, die er mir im letzten Jahr geschenkt hat, auch jetzt noch da. Und ich kann nicht leugnen, dass sie sich echt anfühlt, besonders, da er sie nicht vor seinem Mann geheim hält. Er war vielleicht eine Weile nicht so offen und ehrlich wie es sein sollte, aber ich war auch nicht sein schmutziges Geheimnis, ebenso wenig wie Orion. Er steht zu uns beiden.
Und vor allem stimmt es ja auch, dass mein Topher bald mit mir zurück nach New York geht und Orion hier bleibt, dann wird das Ganze auch einfacher. Natürlich darf ich nicht vergessen, dass er einen Mann hat, den er liebt und den er weiterhin besuchen will, aber ich glaube, ich will auch weiterhin lieber nicht alles bis ins Detail wissen. Etwas bewundere ich den kleinen Kerl schon, wie er das alles erträgt und ich bin fest entschlossen zu beweisen, dass ich Chris nicht weniger liebe als er.
Ich hoffe, ich halte dieser ganzen Belastung stand.
Wie das alles funktionieren soll, wenn Stonie jetzt mit Orion zusammen sein sollte, habe ich allerdings noch nicht herausgefunden. So viele Fragen sind da noch offen, die die Wohnsituation der beiden betreffen. Vielleicht klärt sich das ja auch gleich beim Frühstück, zu welchem wir gerade auf dem Weg sind.
Wir waren gerade für eine Nachuntersuchung bei Dr. Snyder und ich muss zugeben, das war augenöffnend. Zunächst bin ich natürlich enorm stolz, dass er mich mitgenommen hat. Das zeigt mir, dass seine Beziehung zu seinem Mann nicht wichtiger ist, als die zu mir. Dann hat er mit dem Doc geflirtet was das Zeug hält, was mich normalerweise verrückt gemacht hätte. Aber jetzt erkenne ich Unterschiede und weiß, dass er ihn nicht angemacht hat. Er hat einen gewissen Abstand nie unterschritten und ihn nicht wirklich angemacht, so wie Orion. Oder mich.
Mein Blick wandert an meinem Arm herunter, wo sich meine Hände immer wieder zu Fäusten ballen und wieder öffnen, während ich im Geiste verarbeite, was ich sehe und fühle. Plötzlich drängt sich ein kleines Pony zwischen uns und bringt erst Chris und dann mich zum Lachen, weil es seinen Hals mal gegen meine und mal gegen seine Hand drückt und so Streicheleinheiten einfordert. Als wir gleichzeitig unsere Finger in seiner Mähne vergraben, berühren sich unsere Hände und plötzlich nimmt das Pferdchen den Kopf runter, als ob es sich unter unseren Händen wegducken will, macht ein paar Schritte vorwärts bis es wie unter einem Bogen hindurch an uns vorbei ist und trabt dann laut schnaubend und wiehernd den Pfad Richtung Hauptgebäude voraus. Erstaunt sehen wir erst uns an und dann auf die miteinander verschränkten Finger unserer Hände. Chris grinst breit, drückt etwas fester zu und küsst mich kurz auf die Wange, bevor wir uns ebenfalls wieder auf den Weg machen. Es ist ein so wunderbares Gefühl.
Auch wenn ich noch sehr jung bin, wusste ich sofort, als ich ihn das erste Mal sah, dass es etwas für ewig werden könnte, sofern er das auch wollte. Eigentlich ging es mir wie Preston, Liebe auf den ersten Blick. Vielleicht war es deshalb so ein Schock zu erfahren, dass da noch andere sind. Aber im Grunde ist es doch wirklich kein Problem, denn ich will ja nicht mehr von ihm, als ich bisher schon bekommen habe. So schwer ist teilen vielleicht doch nicht.
Als wir das Resort betreten, kommen wir an den beiden Resort-Inhaberinnen vorbei, deren Geschnatter augenblicklich aufhört, als wir uns nähern. Ihre Blicke begegnen uns neugierig, aber auch wohlwollend und Heya nickt mir sogar aufmunternd zu. Beide lächeln freundlich und begrüßen uns. Was Chris und ich natürlich erwidern.
Auch wenn alle denken, ich sei ein unerzogener unfreundlicher Rüpel, habe ich dennoch Anstand und weiß mich auch zu benehmen, wenn ich will.
Wir erreichen das Restaurant, wo wir vom Kellner an einen Tisch geführt werden.
Kaum sitzen wir, stoßen Preston und Orion auch zu uns. Chris steht wieder auf und zieht seinen Mann in seine Arme, wo dieser leise vor sich her schluchzt. Genervt verdrehe ich die Augen. So viel Gefühlsduselei, nur weil Chris glücklich ist, was, wie ich finde, kein großes Wunder ist.
Noch einmal verdrehe ich die Augen und schüttle den Kopf, als Chris sich nach unten beugt und den Kleinen küsst.
Die Nase rümpfend nehme ich die Wasserflasche, die auf dem Tisch steht und schenke mir was ein, als mich jemand unter dem Tisch tritt. Mein Blick schießt zu Preston, der mit dem Kopf schüttelt und mich warnend ansieht.
Schon gut, schon gut, denke ich mir, stelle die Flasche wieder hin und nehme einen Schluck aus dem nun vollen Glas. Ich sage ja nichts, aber dieses Heititei muss mir doch nun nicht unbedingt gefallen oder? Beste Freunde werden er und ich mit Sicherheit nicht.
"Besser?", höre ich Chris mit einer Sanftheit, die mir unter die Haut geht, fragen. Ich wünsche mir, dass er mit mir auch irgendwann so spricht. Vielleicht sollte ich auch mal ein paar Tränen verdrücken.
Orion lächelt ihn an, nickt und setzt sich dann neben Preston, gegenüber von Chris.
Chris und Preston beginnen sich zu unterhalten. Während Orion interessiert zuhört, schalte ich ab. Manche Themen, da muss ich nicht zuhören.
♠Preston♠
Kurz hätte ich Bent vorhin echt eine reinschlagen können, so ein Idiot manchmal. Genauso wie jetzt. Wir alle unterhalten uns, nur er ist mit seinen Gedanken ganz woanders. Bekommt nicht einmal mit, dass Chris mit ihm spricht. Erst als ich ihn erneut unter dem Tisch trete, "wacht" er auf.
Er lacht kurz auf und entschuldigt sich, bevor Chris sauer wird. Doch ich denke, das ist er schon. Oder zumindest angepisst. Ein wenig.
Ansonsten läuft das Frühstück eigentlich ganz gechillt. Als würden wir uns schon ewig kennen und vor allem schon ewig zusammen sein. Auch Chris scheint das aufzufallen, denn er entspannt sich mehr und mehr. Ich meine nicht, dass er richtig angespannt gewesen ist, aber er war etwas steif. Ich denke, er weiß auch noch nicht so recht, wie er reagieren muss, da es für ihn das erste Mal ist, dass er Orion teilen muss. Sonst war dieser immer ganz für ihn alleine da.
Doch wie gesagt, verliert er mehr und mehr seine Anspannung. Macht weiter Witze und lächelt, wenn Orion und ich uns küssen. Genauso wie ich es gerne sehe, wenn Orion und Chris sich küssen. Nur Bent ist etwas außen vor, obwohl auch er hin und wieder ein Küsschen von Chris bekommt. Vielleicht liegt es daran, dass mir das egal ist und Orion dem Braten noch immer nicht ganz traut. Wirklich vorwerfen kann man Bent eigentlich nichts, denn auch wenn er sich nicht so recht an den Gesprächen beteiligt und nicht mal wirklich zuhört, so schießt er auch nicht mehr quer.
"Ich wollte euch noch etwas sagen und etwas fragen", beginnt Chris, was unsere Aufmerksamkeit zu ihm lenkt.
"Bent und ich würden morgen gerne zurückfliegen, der Doc hat soeben zugestimmt."
Orion nickt und lächelt, doch sein Lächeln ist eher traurig. Viel hat er von seinem Mann dieses Mal nicht gehabt.
"Ich verstehe, dass du langsam wieder nach Hause möchtest, aber ich werde dich trotzdem ultra vermissen."
Seine Hand rutscht über den Tisch und legt sich auf die von Chris.
"Ich dich natürlich auch Liebling, doch ich denke, es ist besser so. Wir alle müssen uns erstmal in diese neue Situation einleben. Und du musst vor allem Pres richtig kennenlernen. Er ist ein super toller Typ", zwinkert er dann in meine Richtung, was mich lachen lässt.
"Pass mir gut auf meinen Liebling auf, ja?"
"Natürlich", antworte ich ihm, denn nichts anderes habe ich vor.
Ich weiß noch, wenn Chris bei mir in Boston war. Diese Abschiede taten alle weh und brachen unsere Herzen ein winziges Stück, doch jedesmal, wenn man sich wieder gesehen hat, war es, als wären die Risse niemals dagewesen. Ich kann genau nachvollziehen, wie Orion sich gerade fühlt und es tut mir unendlich weh zu wissen, wie er sich fühlen wird, wenn mein Urlaub vorbei ist und ich zurück nach Boston muss.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top