Kapitel 16

♠Chris♠

Seit ich denken kann, kämpfe ich immer und immer wieder mit mir selbst um meinen Lebenstil. Manchmal stehe ich kurz davor, ihn einfach aufzugeben. Einfach hinzunehmen, dass ich in meinem Leben nie richtig glücklich werden kann.

Oh, nein, denkt nicht, ich sei mit Orion nicht glücklich, das bin ich. Das bin ich wirklich sehr. Seine Liebe und Unterstützung haben mir durch viele schwierige Zeiten geholfen und seine Treue verdient es, von mir erwidert zu werden.

Doch ich habe so viel Liebe in mir, die ich geben möchte. Meine Haut ist so eng, ich würde sie am liebsten abstreifen. Ihr denkt nun sicher, Orion würde mir nicht reichen. Damit habt ihr vielleicht sogar recht, es fehlt eben immer etwas. Aber das geht vermutlich jedem normalen Paar auch so und das ist nicht der Grund, der mich zu anderen Männern hintreibt. Es ist einfach so, dass es so viele interessante, liebenswerte Männer auf dieser Welt gibt und ich mich, sobald ich ihnen näher komme, in sie verknalle. Seit wir diese Seite von mir erkannt und akzeptiert haben, bin ich bereit für einen weiteren Partner und mehr Männer, mit denen ich mich fest verbinden kann.

Immer, wenn ich an der Klippe zur Aufgabe stehe und springen möchte, kommt jemand in meine Welt, von dem ich denke, es könnte klappen. Ich setze alles auf eine Karte und stecke alles hinein, was ich zu geben habe, nur um am Ende ausgelacht oder mit Ekel überhäuft zu werden. Manchmal glaube ich, die haben gar keine Gefühle, so wie sie mit meinen oder denen von Orion umgehen.

Ja okay, auch ich durfte mir das schon oft genug anhören. Ich würde nur mit ihnen spielen. Oder, ich würde mir so nur einen Freibrief geben, um meinen Mann zu betrügen. Oder auch: "Mein armer Mann, was er mit mir Scheusal alles durchmachen muss." Manchmal wird auch Orion beschimpft. Wie dumm er doch sei, das mitzumachen, er sollte mal aufwachen und sich trennen. Und so weiter und so fort. Viele Dinge habe ich Orion gar nicht erzählt. Er ist sensibel und reagiert manchmal ziemlich schnell ziemlich heftig. Ich wollte ihm das nicht antun. Er hat das auch noch weniger verdient als ich.

Für eine Zeitlang habe ich es gut sein lassen. Doch ich konnte das Kribbeln in meinen Fingern nicht verleugnen, welches in den Rest meines Körpers vordrang und mich anfeuerte, sobald ich wieder auf jemanden stieß, der mein Interesse weckte. Es war einfach nicht mehr auszuhalten. Ich wollte wieder mehr, ich wollte es versuchen. Scheiß auf die ganzen Niederlagen. Wer nichts versucht, kann nicht gewinnen, oder? Genau. Und dann kam Bent.

Süße 22 Jahre alt. Damals. Vor einem Jahr. Auch wenn er das totale Gegenteil von Orion ist, habe ich mich sofort in ihn verknallt. Ich wollte unbedingt, dass es klappt. Doch ich wollte ihn auch nicht verschrecken, indem ich ihm von meinem Lebensstil und vor allem von meinem Mann erzähle. Also blieb ich ruhig und genoß den Sex. Morgen sag ich es ihm, dachte ich ein paar Monate später. Doch aus Morgen wurde Übermorgen, oder Überübermorgen, bis dann letztendlich das Jahr vorbei war und ich immer noch nichts erzählt hatte. Je länger ich wartete, desto größer wurde die Angst vor der Ablehnung, die vielleicht kommen würde.

Und jetzt? Ich bin selbst schuld, dass es so ausgeartet ist. Orions Angst macht mich fertig, genauso wie die Gedanken von Bent.

Dass Orions Vertrauen in mich einen Knacks bekommen hat wollte ich nie und doch ist es passiert. Darum auch seine Angst. er vertraut nicht mehr darauf, dass ich mich immer, wirklich immer, für ihn entscheiden würde. Und das ist kein Wunder. Ich habe so auf offene Ehrlichkeit gepocht und mich jetzt selbst nicht daran gehalten. Also ist es nachvollziehbar, wenn er alles andere an unserer Beziehung auch in Frage stellt. Dabei liebe ich ihn so sehr. Er steht immer mit seiner vollen Liebe und Akzeptanz an meiner Seite und er wird immer ein wichtiger Teil meines Herzens sein. Wirklich immer!

Die letzten Tage waren sehr schwer. Für mich, wie auch für Orion und ich bin so unheimlich froh, dass Orion sich Pres anvertrauen und mit ihm über alles sprechen kann. Dass sich mein lieber Pres in mein Heiligtum verknallt hat, macht mich umso glücklicher. Ich freue mich darauf Orion teilen zu dürfen und Orion ist ebenfalls voller Liebe. Ich bin mir sicher, dass eine Beziehung der beiden nichts an meiner Ehe ändern würde, falls es zwischen den beiden klappt. Ich wünsche es mir und den beiden so sehr.

Doch jetzt muss ich mich erstmal um Bent kümmern. Es macht mich wütend und gleichzeitig unheimlich traurig zu wissen, was er denkt und mit welchen Tricks er arbeitet, um mich für sich alleine zu bekommen. Ich bin niemand, den man in einen Käfig sperrt und für sich alleine haben kann. Da würde ich eingehen und das muss er begreifen oder gehen.

Nur mit einem "Hallo" kam er herein und setzte sich gleich mit gesenktem Kopf auf den Sessel, wo vor ihm schon Pres saß.

"Bevor du irgendwas sagst, bitte lass mich als erstes etwas sagen", bittet er mich und mit einer Handbewegung gebe ich ihm zu verstehen, dass er loslegen soll. Er wirkt regelrecht eingeschüchtert und ich habe keine Ahnung, wohin das führen wird, aber ich bin bereit ihn anzuhören, so viel schulde ich ihm.

"Danke."

Seine Hände knetend rutscht er auf dem Sessel hin und her und scheint nicht zu wissen wo oder mit was er anfangen soll.

"Komm her."

Ich strecke meine Hand aus und warte bis er seine hineingelegt hat, bevor ich ihn zu mir auf die Couch ziehe.

Nachdem wir einigermaßen gemütlich sitzen, seufzt Bent und beginnt zu reden.

"Es tut mir wahnsinnig leid Topher. Ich weiß, das hast du in den letzten Wochen schon zur Genüge gehört, aber diesmal meine ich es so, wie ich es sage."

Er macht eine Pause und greift nach meinen Händen, wo er seine Finger mit meinen verschränkt.

"Ich habe gestern ein interessantes Pärchen kennengelernt. Besser gesagt zwei. Die leben so wie du. Und sie haben mir so viel erzählt. Den ganzen Abend und fast die ganze Nacht haben wir geredet."

Und dann erzählt er mir von der Dynamik von den drei Männern, von denen zwei Daddys sind und der jüngste ein Little.

Während er erzählt, wird er immer aufgeregter, aber im positiven Sinne. Irgendwann spricht er mit Händen und Füßen und lacht dabei. Er hat in diesem Little so viel Liebe gesehen, für jeden einzelnen seiner Daddys, dass er sie einfach nicht bezweifeln konnte. Und er hat die Zufriedenheit der beiden älteren Männer gesehen, die nicht den geringsten Zweifel an der Liebe ihres Partners hatten. Seine Augen leuchten und ich bekomme Hoffnung. Hoffnung darauf, dass er endlich verstanden hat was ich gerne mit ihm und Orion hätte und er sich darauf einlassen kann, ohne Orion als seinen Feind zu betrachten.

"...und ich glaube, ich kann das auch. Wirklich, ich kann und will das. Ich liebe dich Topher und ich weiß ich bin noch jung, aber ich bin lernfähig und ich werde es schaffen meine Eifersucht und meinen Egoismus ganz weit nach unten zu schrauben. Bitte, gib mir noch eine Chance, dir das zu beweisen."

Seine flehenden Augen sehen mich an und ich kann nichts anderes tun als dämlich zu grinsen und zu nicken. Dann beuge ich mich ein wenig zu ihm und lege meine Lippen sanft auf seine. Ich muss daran denken, mich bei Heya zu bedanken, dafür dass sie meinem jungen Trotzkopf diese drei Männer vorgestellt hat.

"Aber versprich mir, dass du Orion ab jetzt in Ruhe lassen und aufhören wirst, mich ganz für dich zu vereinnahmen. Du musst lernen zu teilen", mahne ich ihn dennoch und er nickt heftig.

Mein Herz platzt fast vor Glück und Hoffnung und Freude. Und Dankbarkeit dafür, dass mir ein Ultimatum zu stellen erspart bleibt. Ich nehme ihn in den Arm und ziehe ihn über mich, als ich mich auf den Rücken lege. Wir versinken in einem herrlichen Zungenkuss. Doch als Bent Anstalten macht, in meine Hose zu kommen, ziehe ich seine Hand weg, was ihn unzufrieden brummen lässt.

"Nicht in Orions Wohnung", mahne ich ihn und zu meinem Erstaunen nickt er, legt seine Hand dafür an meine Wange und küsst mich wieder.

Ich hoffe wirklich, es ändert sich etwas. Ich wünsche es mir so sehr.

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