Kapitel 9
♠Neo♠
Nachdem ich das Zimmer verlassen hatte, setzte ich mich erstmal kurz in den Club an die Bar.
"Hey, du siehst aber ziemlich durchgevögelt aus."
Der Barkeeper, Damon, wie auf seinem Schild steht, sieht mich grinsend an und schiebt mir ein Glas Wasser zu. Ist das so offensichtlich?
"Oh, gracias, das ist aber lieb", bedanke ich mich, ohne auf seine vorherige Aussage einzugehen, setze das Glas an und nehme einen riesigen Schluck.
"Das tat gut, danke nochmals."
Ein Zischen entfährt mir, als ich vom Barhocker herunterrutsche in den Stand. Da war Paul nicht zimperlich. Mein Hintern wird die Tage wohl noch ein wenig brennen.
"Da hat es dir jemand aber wirklich richtig besorgt"; gluckst Damon und ich frage mich, seit wann Barkeeper so frech zu den Gästen sind. Seine lockere Art mich zu necken ist genau das, was ich jetzt brauche.
"Ich glaube, ich muss mal ein Wörtchen mit Eric sprechen, da braucht wohl jemand eine Tracht Prügel für seine frechen Worte." Drohend hebe ich den Zeigefinger, was Damon lauthals lachen lässt. Ich stimme in sein Lachen mit ein.
"Süßer, Eric liebt mein freches Mundwerk, genauso wie Leon und es gibt so viel Besseres als eine Tracht Prügel, wie die beiden mir meine Frechheiten austreiben können."
"Das glaube ich glatt."
"Geh ich richtig in der Annahme, dass du Neo bist?", fragt er mich dann und ich nicke.
"Eric hat von dir gesprochen. Du musst wissen, wegen seiner Zwangsneurose hat er es schwer neue Menschen kennenzulernen, darum war er sofort von dir begeistert. Er sagte, du hättest dich nicht um seine Ticks geschert, keine dummen Kommentare abgegeben und ihn auch nicht verwirrt oder gar verständnislos angesehen."
"Wieso auch? Wir haben doch alle unsere Macken, oder nicht? Das macht uns doch umso liebenswerter und Eric ist ein toller Mann."
"Haha, ja das sagen wir ihm auch immer, aber es ist eben ein Unterschied ob wir als Partner das sagen oder ein Fremder."
"Da magst du recht haben. Ich mag Eric wirklich und wollte mich sowieso mal mit ihm hier treffen, wie sieht es morgen Abend aus?"
"Ich werde ihn fragen, aber ich glaube er wäre begeistert davon. Morgen Abend gegen zehn hier?"
"Klar. Dann bis morgen, freu mich."
Lächelnd klopfe ich zweimal auf die Theke und winke kurz, bevor ich mich umdrehe und zu meinem Zimmer gehe.
Weit komme ich jedoch nicht, denn im Foyer werde ich von einer der Chefinnen abgepasst.
"Mister Sanchez, einen Moment bitte?", ruft mir Phedoka hinterher. Ist euch auch schon aufgefallen, dass man die Damen wirklich nur Phedoka und Heya anspricht? Keine Nachnamen, keine normalen Vornamen. Einfach nur Phedoka und Heya. Das macht sie gleich noch viel sympathischer als beide eh schon sind. Und woher die immer gleich genau wissen wer man ist, obwohl man sich vorher noch nie gesehen hat, wundert mich auch. Googlen sie einen? Kichernd schüttel ich den Kopf und drehe mich Phedoka zu.
"Hola señorita Phedoka." Zu meiner Ehrenrettung muss ich sagen, ich weiß wer welche Dame ist, denn im Gegensatz zu mir kann man sie ja beide tatsächlich googlen.
"Ich möchte mich entschuldigen", sagt sie dann, mit Blick auf den Boden, wo sie mit ihren Hausschlappen, ungelogen, sie rennt mit Hausschlappen durchs Resort, am Boden entlang kratzt. Ihre Hände hinter ihrem Rücken verschränkt, schwingt sie ihren Oberkörper nach rechts und links. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man meinen, sie sei submissiv. Ah, no, kein Thema für im Moment.
"Weswegen sollten Sie sich bei mir entschuldigen?", frage ich neugierig und auch ein wenig verwirrt, denn mir ist nicht bekannt, dass etwas schiefgelaufen sein könnte.
"Naja wegen Paul....", beginnt sie, doch ich unterbreche sie gleich.
"Sie müssen sich doch nicht für Paul entschuldigen. Er hat mit ihnen geredet? Wo ist er? Und wie geht es ihm? Ich muss auch mit ihm reden. Es ist alles okay, wirklich", versichere ich ihr. Mit schräg gelegtem Kopf sieht sie mich von unten herauf an. Dann kneift sie die Augen ein wenig zusammen und grinst fech.
"Es ist also alles okay? Es hat ihnen nichts ausgemacht, dass er sie so überfallen hat? Sie sind nicht sauer auf Paul?"
Was ist heute mit den Leuten los? Alle sind frech, oder schelmisch. Liegt es an der Luft im Resort? Unauffällig schnuppere ich in die Luft, doch kann nur einen Hauch Vanille und Zimt riechen, der wohl von Phedoka herüberweht.
"Nein, ich bin nicht sauer auf ihn. Wirklich nicht. Er brauchte das und ich war derjenige, der es ihm geben konnte. Dennoch möchte ich mit ihm sprechen, denn ich mag ihn wirklich und würde ihn gerne näher kennenlernen, doch irgendwie geht er mir dauernd aus dem Weg. Schon bevor das passiert ist ....."
"Okay, okay. Morgen gegen drei in der Mall bei der Eisdiele. Seien sie pünktlich."
Dieses Mal ist sie diejenige, die mich unterbricht und sich dann einfach umdreht und geht.
Okay! Was ist morgen dort? Treffe ich da auf sie oder auf mi amigo Pablo? Wäre schön auf Paul zu treffen und am Besten mal mit ihm reden zu können.
Gut gelaunt mit wachsender Vorfreude gehe ich dann auf mein Zimmer und verschwinde endlich unter der Dusche. Wo ich eigentlich schon die ganze Zeit hin wollte.
***
Punkt drei Uhr sitze ich am nächsten Tag außerhalb des Eiscafés und warte. Nur weiß ich immer noch nicht, auf wen ich warte. Mein Blick huscht immer wieder durch die Menge, in der Hoffnung, Paul oder Phedoka zu sehen.
Als ich dann endlich einen dunklen Schopf mit grauen Schläfen erblicke, schlägt mir mein Herz bis zum Hals. Aufgeregt stehe ich von meinem Stuhl auf und winke Paul zu, der bei meinem Anblick abrupt stehen bleibt und mich erschrocken ansieht.
Sein Gesicht verliert die ganze Farbe und hinterlässt eine Spur des Grauens.
Bin ich so schlimm? Ist es so schlimm, mich zu treffen?
Ich versuche mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen und lächle ihn an, als er langsam einen Schritt vor den anderen zu meinem Tisch setzt.
"Mi ... Hola Paul. Bitte setz dich, schön, dass du gekommen bist", begrüße ich ihn freundlich. Unschlüssig steht Paul da und sieht sich um. Hofft er darauf Phedoka zu treffen? Ist es das, was sie getan hat? Oh Gott, sie sagte ihm sicher, dass er sie hier treffen wird. Und dass ich hier sitze, damit hat er nicht gerechnet. Der Arme. Kein Wunder dass ihn meine Anwesenheit so verschreckt hat.
Ich ziehe den Stuhl zurück, vor den ich mich gerade gestellt habe und warte, bis Paul sich hingesetzt hat, bevor ich mich auch hinsetze.
"Ich würde gerne mit dir über gestern reden. Ich hoffe, das ist okay?", beginne ich das Gespräch.
Paul nickt, sieht mich aber nicht an.
Das wird schon.
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