Kapitel 16

♠Neo♠

"Hast du denn nichts zu tun?"

"No?"

Frech grinse ich Paul an, der an seinem Tresen steht und arbeitet, während ich mit meinem Kaffee und meiner Zeitung im Wartebereich auf einem der bequemen Sessel sitze.

"Komm schon mi querido, das macht mich ganz nervös, wenn du hier rumsitzt."

Habt ihr das gehört? Mi querido , mein Liebster nennt er mich. Seit ich ihm einen kleinen Crashkurs in spanischen Kosenamen gegeben und einige Grundkenntnisse vermittelt habe, sucht er jeden Tag nach einem anderen Wort.

Gestern war ich noch sein 'conejo de terciopelo' also sein Kuschelhase, was sich im Englischen (Cuddle Bunny) weitaus besser anhört als im Spanischen. Einen Tag davor war ich 'mi dulce' also sein Süßer und davor war ich sogar sein 'amorcito', sein Herzblatt. Gerne nennt er mich auch 'mi media naranja', was wörtlich übersetzt 'meine halbe Orange' heißt, aber im Grunde nennt er mich auf diese Weise seine bessere Hälfte.

Paul hat sichtlich Spaß daran, immer wieder Neues zu finden und ich lasse ihn und unterstütze es, ich liebe das so sehr.

Einige Monate ist es jetzt schon her, als Paul in meinem Club auftauchte und mich aufs Klo zerrte. Erst dachte ich damals, oh verdammt was soll der Scheiß. Doch als ich sah wer es ist, schrie alles in mir, dass er mich einfach ficken sollte, so wie er es im Clubzimmer getan hatte. Schnell besann ich mich jedoch wieder. Ich wollte nicht mit Paul auf einer öffentlichen Toilette einfach nur Spaß haben. Ich wollte ihn zuhause in meinem Bett haben und Liebe mit ihm machen. Er sollte begreifen, dass er nicht nur ein Spiel für mich ist oder ein schneller Spaß, sondern mehr.

Und ich bin so froh, dass er damals auf mich gehört hat.

Nach unserem Gespräch im Bett erzählte ich ihm, dass er mir die ganzen Wochen, die wir getrennt waren, auch gefehlt hat und ich ihn schrecklich vermisst hatte. So sehr, dass ich mir überlegt hatte nach Windington zu ziehen, wenn aus uns doch noch etwas werden würde. Rein informativ hatte ich sogar schon die hiesige Highschool angerufen und nach einem Job gefragt. Paul war total erleichtert und begeistert von der Idee, denn er wollte seinen Job nicht aufgeben, das aber auch nicht von mir verlangen. Was ich total verstehen kann, denn die Menschen, mit denen er hier zu tun hat, sind großartig und das Resort einfach atemberaubend. Wer würde hier seinen Job aufgeben wollen?

Ja genau, niemand.

Natürlich wollte ich das Schuljahr mit meiner aktuellen Klasse noch zu Ende bringen, mich von allen gebührend verabschieden und meinen Nachfolger einarbeiten. Die Monate der Fernbeziehung waren nicht leicht, aber auch nicht so schlimm, wie Paul es befürchtet hatte. Ich bin an vielen Wochenenden schon am Freitag direkt nach der Schule hergefahren und erst am Sonntagabend wieder zurück. Meine Schüler hatten viel Spaß über meine neue Montagmorgen Müdigkeit aber ich habe mit ihnen gelacht.

Paul hat dafür einige seiner Urlaubstage verbraucht, die sich in den Jahren bei ihm angesammelt hatten, um mich auch länger zu besuchen. In beiden Fällen konnten wir schon üben, wie es ist, gemeinsam zu leben, denn natürlich hatten wir nur wenige gemeinsame Tage frei.

Den Rest der Zeit haben wir überbrückt, indem wir uns über E-Mails, Chatprogramme und Video Calls ausgetauscht haben. Das war für Paul umso schöner, weil ich - anders als Nick - auf seine Mails eingegangen bin und seine Gefühle erwidert habe. Heute lachen die beiden darüber, aber es hat einige Zeit und noch mehr Vermittlung durch Ulani und mich gebraucht, bis die beiden ihre Freundschaft wiedergefunden haben. Wir sind übrigens demnächst auf deren Hochzeit eingeladen und Paul soll als sein bester Freund auch sein bester Mann dabei sein.

Zum Beginn der Sommerferien bin ich mit Sack und Pack bei Paul eingezogen und ich muss sagen: Ich liebe es hier. Pauls Häuschen ist ein richtig gemütliches Zuhause mit Wohlfühlfaktor. Vor allem sein Kamin hat es mir angetan. Wir hatten nicht nur einmal Sex davor und es war mehr als Heiß. Haha, dieses Wortspiel. Noch mehr liebe ich es allerdings, dass er mich in seinem Haus gerne mal überfällt. In der Sache harmonieren wir wirklich perfekt miteinander. Und Blair und ich sind auch Freunde, seit Paul und ich öfter mal einen Abend im Club verbringen und er mich dann irgendwann irgendwo hinziehen muss. *Zwinker zwinker!*

"Neo Sanchez, hörst du mir nicht zu?", höre ich Paul rufen, hebe meinen Kopf und sehe ihn lächelnd an.

"Nein, tut mir leid, ich war tief in Gedanken. Was wolltest du denn?"

"Du musst gleich los", sagt er nur und ich sehe auf die Uhr.

"Oh ja, stimmt.'' Schade, ich wäre dir gerne noch ein Weilchen auf die Nerven gegangen."

Lachend lege ich die Zeitung auf die Seite, nehme meine jetzt leere Tasse in die Hand und laufe zu Paul hinüber. Meine Lippen finden seine und ich ziehe ihn in einen sanften Kuss.

"Wir sehen uns später. Te quiero."

"Y yo", antwortet er mit einem Lächeln. Er ist so ein guter Schüler und ja, ich liebe ihn wirklich sehr. Ich brauchte keine Wochen oder Monate, um es zu wissen. Ich wusste es schon, als ich ihn das erste Mal gesehen habe.

Anfang September beginnt das neue Schuljahr an der Windington High School mit mir als Spanischlehrer. Mit der Lehrerin, die ich ersetzen werde, habe ich bereits gesprochen. Sie ist hochschwanger mit dem dritten Kind und will sich zukünftig nur noch auf ihre Familie konzentrieren und vielleicht ein paar Nachhilfestunden geben. Perfekter hätte es nicht kommen können. Oder vielleicht doch, denn leider ist es nur eine Teilzeitstelle, denn für mein zweites Fach ist aktuell kein freier Platz vorhanden. Finanziell ist das aber kein Problem, denn zusammen mit Paul und dessen vielen Vergünstigungen für Mitarbeiter im Resort verdienen wir immer noch genug. Und Heya und ihr Freund Dustin haben bereits ihre Fühler nach mir ausgestreckt. Die Möglichkeit, Gästen im Sommer einen Lehrer für Nachhilfe anbieten zu können, kam dabei ebenso zur Sprache wie der Spaß, den einige Gäste hatten, Paul und mich dabei zu beobachten, wie ich ihm Spanisch beibrachte. Phedoka meinte sogar, dass eine Unterrichtsstunde in der Villa Kunterbunt ein echter Renner werden könnte. Aber da bin ich mir noch nicht so sicher.

Bis das neue Schuljahr beginnt, muss ich mich also nur mit meinen Schülern und dem aktuellen Stoff vertraut machen und ein paar Termine für Eltern- und Lehrerversammlungen wahrnehmen. Ansonsten habe ich Urlaub und genieße diesen in vollen Zügen.

Mit meiner Tasse in der Hand betrete ich das Café, stelle sie auf der Theke ab und begebe mich dann auf das Resortgelände hinaus, wo ich mich gleich mit einigen Schülern der neuen Schule treffe, die sich für eine Ferienfreizeit im Resort angemeldet haben. Wir machen einen Ausflug zum Streichelzoo.

Am Eingang, oder auch Ausgang, je nachdem wie man es sieht, sehe ich das kleine Pony Checker grasen. Als ich den Weg betrete, hebt das Pony den Kopf und schnaubt mich wütend an, während ich ihn nur angrinse. Ich habe davon gehört, dass man ihm hier die Rolle des Cupido unterstellt, der die Paare zusammenbringt.

"Auch wenn du nicht verstehen wirst, was ich sage, aber du hast zu unserem Glück dieses mal nichts beigetragen. Ich wünsche dir viel Glück beim nächsten Paar.", lache ich leise und strahle mit der Sonne um die Wette.

Wiehernd dreht er sich weg und rennt davon. Sicher auf der Suche nach jemandem, der seinen Job hier mehr zu schätzen weiß als ich. Ich bin froh, dass er Paul nicht so geschubst hat, wie der es vielleicht gebraucht hätte. Aber wer weiß, ob er ihn damit nicht womöglich verletzt und es ihm so unmöglich gemacht hätte, mir nachzureisen?

Ich setze meinen Weg zum Streichelzoo fort und begrüße dort die bereits wartenden und noch ankommenden Kinder und ihre Eltern. Dieser Ausflug wird mir die Gelegenheit geben, schon mal ein Gefühl für die unterschiedlichen Charaktere zu entwickeln, aus denen sich Eltern und Schüler nunmal zusammensetzen. Ein Neuanfang ist immer schwer, aber ich habe ein gutes Gefühl und kein Arbeitstag ist zu schwer, wenn ich abends zu mi Amigo Pablo zurückkehren kann. Lo quiero de aquí a Marte. Y de regreso. A pasitos de tortuga - Ich liebe dich bis zum Mars. Und wieder zurück. In Schildkrötenschritten.

Das Leben ist doch einfach schön, oder? 

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Liebe fleißige Leserbienchen ✨

Es tut mir leid, aber hier endet Neos und Pauls Geschichte schon. Sie wurde leider etwas kurz, aber ich muss zugeben, diese Geschichte fiel uns wahnsinnig schwer. Manchmal bekommt halt auch ein Autor nicht den richtigen Bezug zu den Protagonisten.

Wir hoffen sie hat euch trotz der Kürze gefallen.
Vielen Dank an euch für eure vielen Votes und Kommentare und auch danke an alle Schwarzleser ❤️

Bald geht es weiter mit Resort de la Pheya - Orion, doch ein wenig Geduld müsst ihr leider haben. Ich weiß dass ihr geduldig sein könnt :)

Bis bald eure Pheya ❤️✨

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