Kapitel 12
♠Paul♠
"Guten Tag meine Herren, was kann ich für sie tun?", frage ich das Pärchen meinem Tresen gegenüber.
"Mister und Mister Steinbeck, wir haben reserviert", erklärt der offensichtlich ältere Herr. Sein Partner, ziemlich versteckt hinter dem wirklich breiten Kreuz seines Partners, lugt um ihn herum und grinst mich an, bevor er mir ungeniert die Zunge herausstreckt.
Heya hat mich auf die beiden vorbereitet und so weiß ich natürlich um ihre ganz besondere Beziehung, doch da ich in solchen Situationen nie weiß wie ich reagieren soll, lächle ich ihn einfach nur mit meinem Geschäfts-Lächeln an und widme mich wieder dem älteren Mister Steinbeck.
Wir gleichen die Daten ab und ich händige ihm die Schlüsselkarten aus. Dem jungen Mister Steinbeck scheint das zu lange zu dauern, denn er zupft die ganze Zeit an dem Mantel seines Partners herum, der ihn vollkommen ignoriert.
Schmollend schiebt der Kleine daraufhin die Unterlippe nach vorne und drückt seine Zunge schon wieder dazwischen hindurch.
Aus dem Augenwinkel sehe ich eine schnelle Bewegung und höre es klatschen.
"Autsch", schimpft der junge Mister Steinbeck.
"Was haben wir darüber gesagt, anderen die Zunge rauszustrecken, Junge?", fragt Mister Steinbeck streng.
Der Kleine senkt seinen Kopf und nuschelt :"Das macht man nicht, Daddy."
"Ganz richtig und nun entschuldige dich bei Paul, deine Strafe bekommst du später."
Dann legt er seine Hand auf die Schulter des Jungen und schiebt ihn vor sich.
"Tut mir leid, Mister Paul, ich mach es nie wieder, ich verspreche es", entschuldigt er sich und Tränen treten ihm in die Augen.
"Schon gut, ich verzeihe dir", antworte ich ihm ehrlich, doch schwenkt mein Blick immer zu Mister Steinbeck, um zu prüfen, ob ich es richtig mache.
Ich habe nichts gegen diesen oder auch andere Lebensstile, aber ich kenne mich halt nicht gut genug aus.
Der fürsorgliche Blick von Mister Steinbeck beruhigt mich aber.
"Dann wünsche ich ihnen einen wunderschönen Aufenthalt."
Ich schiebe Mister Steinbeck einen Flyer unserer App und einen für die Eröffnungsfeier unserer Villa Kunterbunt zu. Beides nimmt er lächelnd an sich, wobei der junge Mister Steinbeck ihm, den von der Villa Kunterbunt aus den Fingern zieht, sein Gepäck schnappt und auf die Aufzüge zueilt.
Mister Steinbeck sieht mich an, schnauft und schüttelt mit dem Kopf.
"Manchmal ist er wirklich anstrengend, aber ich liebe ihn deswegen nicht weniger."
Dann dreht er sich um und folgt seinem Mann, der schon wie wild auf dem Knopf des Aufzugs herumdrückt.
Kurz sehe ich den beiden noch hinterher, bevor ich mich wieder meiner Arbeit widme.
Doch irgendwie fehlt mir jetzt die Konzentration, denn trotz der kleinen Frechheiten des jungen Mister Steinbeck konnte man genau sehen, was für ein Sonnenschein er ist und das erinnert mich stark an Mister Sanchez.
Der Gedanke an ihn macht mich traurig.
Zwei Wochen ist es jetzt schon her, dass er abgereist ist. Und auch wenn er es nicht sollte, hat er damit ein riesiges Loch in mein Herz gerissen. Nein okay, ich muss mich verbessern, nicht er hat das getan, sondern ich selbst, wenn auch vollkommen unerwartet.
Mister Sanchez hat die letzten Tage, die er hier verbracht hat, alles dafür getan, um näher an mich heranzukommen und ich habe ihn einfach abgeschmettert.
Meine Hand wandert zu meinem Hals. Unter dem Kragen meines Hemdes trage ich die Kette, die er mir geschenkt hat. Ich nehme das kleine Glas zwischen Daumen und Zeigefinger und drehe es hin und her, so wie ich es die letzten Wochen mehrmals täglich getan habe. Immer, wenn meine Gedanken zu ihm wandern.
Ich liebe diese Kette und ich liebe die Geste dahinter. Doch ich wollte und konnte es Mister Sanchez nicht zeigen, denn, mal ehrlich. Was hätte das werden sollen? Ich wohne hier und er ist so viel weiter weg. Dank meiner Arbeitszeiten und dieser Entfernung hätten wir uns kaum gesehen und ich kann mir vorstellen, dass es für ihn sicher auch nicht so einfach ist, seinen Beruf als Lehrer an einer Schule eben mal aufzugeben, besonders wenn man sich dort schon ein Standbein gesetzt hat.
Ich würde hier niemals weggehen, das ist für mich einfach ein no go, selbst wenn es mich - wie in diesem Fall - einschränkt. Aber ich kann schließlich auch nicht einfach verlangen, dass er alles stehen lässt und hierher zieht. Also eine Fernbeziehung?
Folglich war es besser, Mister Sanchez gleich auf Abstand zu halten, damit die Gefühle erst gar nicht überkochen konnten.
Doch mir scheint, ich war zu naiv, mal wieder, denn die letzten zwei Wochen hatte ich das Gefühl, mir fehlt etwas hier. Und das ziemlich stark. Dauernd denke ich an Mister Sanchez und den Sonnenschein, den er mitgebracht hat, sobald er die Lobby betreten hatte. Sobald ich zuhause bin, driften meine Gedanken zu seinen Augen, seinem Körper, seinem ganzen Auftreten. Und dann lande ich unweigerlich bei meinem ersten Mal mit ihm, auch wenn es wirklich nicht hätte passieren sollen.
Am Ende flüchte ich jedesmal ins Bad, weil ich befürchtete, in meine Hose zu kommen, wenn ich darüber nachdachte, wie sich mein Schwanz in ihm angefühlt hatte. Seine süßen Geräusche, die er von sich gegeben hatte.
Doch am Meisten vermisse ich seine kleinen Gesten und seine Vehemenz, mich zu umwerben. Erst jetzt, wo er weg ist, erkenne ich, wie unaufdringlich und liebevoll er war. Er hat nie aufgegeben, aber er hat mich auch nie unwohl fühlen lassen. So aufmerksam.
Was er wohl gerade macht? Denkt er auch an mich?
"Ganz bestimmt."
Erschrocken sehe ich auf und in die funkelnden Augen von Damon, unserem Barkeeper.
"Was?", rutscht mir heraus, was Damon zum Lachen bringt.
"Man, Paul, was ist denn los mit dir? Dich sieht man wirklich selten aus der Fassung, doch die letzten vier Wochen häuft es sich ja regelrecht."
"Nene, was hast du gerade gesagt? Also was ist 'ganz bestimmt'?", frage ich ihn und ignoriere seine Frage.
"Naja du fragst dich gerade, was Neo jetzt macht und ob er an dich denkt. Und ich habe es beantwortet."
Habe ich meine Überlegung laut ausgesprochen oder ahnt er es nur? Und selbst wenn:"Aber woher willst du das wissen? Und vor allem, woher willst du wissen, um wen es geht?"
"Paul. Wir beide wissen ganz genau, um wen es geht. Und da meine Männer und ich Kontakt zu Neo haben, wissen wir auch, was er so denkt, doch ich glaube, das musst du selbst herausfinden. Ich verrate dir nur eins. Er wartet jeden Tag darauf, dass sein Handy klingelt."
Dann dreht er sich weg und eilt die Treppen hinunter in den Club.
Was! Was? Wie jetzt?
Verwirrt beginnt sich mein Gedankenkarussell wie wild zu drehen. Was Damon da gerade von sich gegeben hat? Ich glaube es nicht, oder doch? Egal, ich muss es erstmal verdauen und mir durch den Kopf gehen lassen.
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