Kapitel 16

♠Mikis♠

Jasper stößt mir unter dem Tisch gegen mein Bein, als Dad und Blair anfangen sich anzuschreien. Ich schaue Jasper an, der mit seinen Lippen ein "komm" formt. Also stehe ich auf und folge ihm. Vielleicht ist es besser, wenn ich nicht dabei bin, während die Zwei sich streiten. Oder wäre es vielleicht besser, wenn ich da wäre? Irgendwie habe ich Angst, dass sie sich schlagen.

"Das werden sie schon nicht", antwortet Jasper.

"Hab ich das laut gesagt?", frage ich und Jasper lächelt mir verständnisvoll zu.

"Dad hat Blair schon einmal auf die Nase gehauen.", gestehe ich besorgt.

"Im Club?"

Ich nicke.

"Siehst du, jetzt sind sie in der Öffentlichkeit, ich glaube nicht, dass sie das riskieren"; beschwichtigt Jas mich und ich bete im Stillen, dass er recht behält.

Wir betreten den Kram- und Geschenkeladen neben der Eisdiele und stöbern durch die Regale. Neben neuen Sachen werden in dem Laden auch alte gebrauchte Sachen verkauft, die ich durchstöbere.

"Mik schau mal hier, wäre das nicht etwas für deinen Dad?", ruft mich Jas und ich laufe zu ihm, um zu schauen was er gefunden hat.

"Eine alte Kaminuhr, meinst die funktioniert noch? Wenn nicht, dann können wir sie deinem Dad mitbringen, oder?"

"Auja, das ist eine super Idee", freue ich mich, schnappe die Uhr unter meinen Arm und gehe Richtung Kasse, da erhascht etwas anderes meine Aufmerksamkeit. Ein Bücherregal mit alten Büchern.

Ich stelle mich davor und schaue mir die einzelnen Bücher an, bis mir der Einband eines der Bücher bekannt vorkommt. Ich ziehe es raus und muss lächeln. Heute habe ich dann doch noch wenigstens ein bisschen Glück.

Als wir das erste Mal in unserem neuen Wohnzimmer standen, fiel mir gleich Blairs Bücherregal auf und die Sammlung eines Autors. Dieser schreibt in zwei verschiedenen Genres, Science Fiction und Romance. Blair hat alle Romanzen des Autors, bis auf diesen ersten Band. Ich weiß nicht ob er den vielleicht im Schlafzimmer hat, oder sonst wo, aber so wie ich ihn kenne, würde er doch die Lücke, in die es gehört, nicht zuschieben, wenn er das Buch hätte. Oder?

Ich drehe das Buch in meiner Hand. Es scheint schon vieles mitgemacht zu haben, genauso wie Blair und Dad. Kein Grund es auszusondern.

"Hast du noch was gefunden?"

Jas taucht neben mir auf und lächelt mich an.

Entschlossen nicke ich.

"Ich nehme das für Blair mit."

"Okay."

Zusammen gehen wir zur Kasse. Trotz dass wir so viel verloren haben und Dad jetzt eigentlich jeden Cent braucht, bekomme ich weiter mein Taschengeld. Ich sagte zu Dad, dass ich es nicht bräuchte, weil ich mach doch sowieso nichts, aber Dad bestand darauf. Also kann ich ihm ja jetzt etwas zurückgeben. Und ich weiß dass er sich über die Uhr freuen wird, denn Dad bastelt furchtbar gerne an kaputten Uhren herum. Vor dem Brand hatte er zuhause eine ganze Sammlung. Auch die ist dem zum Opfer gefallen.

Vielleicht beruhigt ihn das Basteln an der Uhr ja und er streitet sich weniger mit Blair.

An der Kasse sehe ich den Verkäufer verwundert an, denn ich muss für beide Sachen gerade mal zehn Dollar bezahlen. Auf die Frage wieso es so billig ist, meinte er nur, dass er froh ist, wenn das alte Zeug aus seinem Laden verschwindet.

Also entweder weiß der Mann nicht, dass die Uhr, wenn sie funktionieren würde, weit über tausend Dollar kosten würde und das Buch hat sicher auch mehr Wert als fünf Dollar.

Doch ich setze ihm nichts entgegen, schnappe die Tüte und bedanke mich bei dem Verkäufer.

Als Jas und ich den Laden verlassen, sehen wir Blair, wie er nachdenklich an unserem Tisch sitzt. Alleine. Ohne Dad.

"Wo ist Dad?", frage ich ihn als wir bei ihm ankommen und Blair zuckt mit den Schultern.

"Wahrscheinlich nach Hause gegangen."

Dann steht er auf und sieht uns abwartend an.

"Soll ich dich nach Hause fahren, Jasper? Oder möchtest du noch mit zu Mikis?"

"Nein, es wäre nett wenn sie mich einfach zu Hause rauslassen, vielen Dank."

Blair nickt und setzt sich in Bewegung. Jas und ich folgen ihm zum Auto. Wir sind zwar nicht gemeinsam gekommen, aber es gibt keinen Grund, nicht zusammen heimzufahren.

Nachdem wir Jasper nach Hause gebracht haben, ist es im Auto ganz still. Das bin ich von Blair nicht gewohnt. Ich öffne den Mund und will etwas sagen, doch lass ich es gleich wieder sein. Aber irgendwas in mir drin will, dass Blair weiß, dass Dad kein schlechter Mensch ist. Also öffne ich wieder meinen Mund.

"Er ist kein böser Mensch, Blair."

"Wer?"

Verwirrt sieht er mich kurz an, bevor er sich wieder der Straße zuwendet.

"Dad. Er ist nur....ich denke....er hat Angst. Er hat nur noch mich. Okay und Yaya und Papou, aber die leben in Griechenland und wir telefonieren vielleicht nur einmal in der Woche. Als Paps uns verlassen hat, ist Dad zusammengebrochen und hat sich eingeschlossen. Viel weiß ich nicht mehr ich war gerade fünf, aber ich hab seinen Schmerz gefühlt. Durch die Türe habe ich ihn schreien und weinen gehört. Zum Glück waren Yaya und Papou bei uns. Und jetzt? Wir haben alles verloren Blair und ich fühle es wieder...."

Tränen laufen mir über das Gesicht und ich kann sie nicht aufhalten.

"Ich hab Angst, dass es wieder passiert. Er ist so sehr verletzt. Ich merke das. Deswegen legt er sich auch immer mit dir an."

Blair hat die ganze Zeit ruhig zugehört, einzig und alleine seine weißen Fingerknöchel um das Lenkrad zeigen eine Reaktion.

"Ich versuche nochmal in Ruhe mit ihm zu reden wenn wir zuhause sind, okay?"

Er langt mit einer Hand zu mir rüber und streicht mir die Tränen von meiner Wange.

"Danke."

"Schon gut."

Kurz darauf laufen wir gemeinsam zu unserer Wohnung. Nachdem er die Türe geöffnet hat, ziehe ich ihn noch einmal zurück und greife in meine kleine Einkaufstüte.

"Ich habe deine Bücher im Regal gesehen und bemerkt, dass eins fehlt. Der erste Band. Als Jas und ich in diesem Geschenkeladen waren, fiel mir das Buch auf und ich dachte, ich bringe es dir mit. Es ist zwar alt und ein wenig kaputt, aber ich hoffe es macht dir trotzdem eine Freude", sage ich und strecke ihm das Buch entgegen.

Perplex sieht er zwischen dem Buch und mir hin und her.

"Und weißt du was lustig ist? Dad mag denselben Autor, doch steht er mehr auf seine Science Fiction Bücher", plappere ich weiter und werde ungläubig angestarrt. .

"I...ich...also...wow. Ich habe den ersten Band schon ewig gesucht, doch neu wird er gar nicht mehr verkauft und gebraucht habe ich ihn auch nirgends gefunden. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll."

Ich lächle ihn an und freue mich, dass ich ihm eine kleine Freude machen konnte.

"Danke Eini. Ich danke dir so sehr."

Er beugt sich zu mir runter und zieht mich fest in seine Arme, bis ein Keuchen aus dem inneren der Wohnung ertönt. Ich hebe meinen Blick und sehe Dad, wie er wutentbrannt in sein Schlafzimmer rennt und die Türe zuknallt.

Oh nein!

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