Kapitel 2

♠Ion♠

Mischka.....Mischka....Bär. So nannte mich Adam, nachdem wir eine Affäre angefangen hatten. Er hat kein Recht mehr mich so zu nennen. Er hat mich fallen lassen und ignoriert. Dieser.....ach..

Aufgebracht laufe ich in meinem Büro auf und ab. Als ich vorhin in meinem Label ankam, war ich immer noch zu wütend, um mich auch nur einem anderen Menschen zu stellen. Ich eilte an meiner Sekretärin vorbei ohne auf ihre Rufe und Gesten zu achten. Adam hat mich kalt erwischt. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass er je wieder einen Schritt auf mich zukommt.

Die Leute um mich herum kennen mich als angenehmen und geruhsamen Zeitgenossen, den nichts aus der Bahn wirft und der seit fast einem Jahrzehnt nichts anderes tut als seinen Hausherren Wünsche von den Augen zu lesen. Doch so war ich nicht immer und so bin ich, tief in mir, auch nicht wirklich. Es ist eine Maske die ich mir zugelegt habe, eine Fassade, die ich mit viel Geduld und noch mehr Übung aufgebaut habe, um nicht an der Vergangenheit zu zerbrechen.

Fünf Jahre habe ich dafür gebraucht. Fünf Jahre, bis ich mich wieder unter Menschen wagte. Und jetzt, wo ich meine Füße endlich wieder fest in meinem eigenen Leben habe, kam diese Nachricht via Email von Adam, mit der Bitte um ein Treffen. Erst wollte ich nicht zustimmen. Ich nahm mir ein paar Tage Bedenkzeit. Doch letztendlich siegte meine Neugier. Nach dem, was er nach dreizehn Jahren von mir will, aber auch nach dem, was aus ihm geworden ist.

Ich wählte bewusst die Eröffnungsfeier des neuen Resorts für unser Treffen aus. Viele Menschen, man fällt nicht auf und im Notfall habe ich dort Leute die ich kenne, die mir in jeder Situation helfen würden. Zum Glück brauchte ich diese Hilfe nicht.

Diese hin und her Lauferei macht mich nur noch verrückter. Ich muss mich wieder in den Griff bekommen. Deshalb setze ich mich an meinen Schreibtisch, nehme die kleine Fernbedienung, die vor mir auf dem Tisch liegt, in die Hand und schalte meine Musikanlage ein. Zu den Klängen von Chopins Nocturnes lege ich meinen Kopf zurück und schließe die Augen. Mein Geist beruhigt sich langsam und ich verliere mich in den Tönen des Opus.

Tiefenentspannt beginne ich mir nun in Ruhe noch einmal Gedanken zu dem Treffen vorhin zu machen. Ich frage mich, wieso ich Adam damals meinen richtigen Namen verraten habe. Doch da dachte ich noch, dass zwischen uns etwas ernsthaftes stattfindet und wir eine gemeinsame Zukunft haben.

Als ich Adam kennengelernt habe, war ich 30 und schon 5 Jahre im Haushalt von Egor Popow beschäftigt. Doch vielleicht sollte ich erst einmal von Anfang an erzählen.

Mit 18 begann ich eine Ausbildung als Polizist. Da ich schon als Kind überdurchschnittlich Intelligent war, stand sehr schnell fest, dass es nicht bei einer normalen Polizeiausbildung bleiben würde.

Nach einem Jahr kam das FBI auf mich zu und gab mir eine neue Herausforderung. Im örtlichen College gab es Verbrechen auf unterschiedlichen Ebenen denen auf den Grund gegangen werden musste. Nicht nur ein kleiner Dealer oder eine bewaffnete Gang, es ging um mehr, organisiertes Verbrechen im College-Format und vielleicht sogar mit einer Verbindung zu einer größeren Organisation.

Ich brachte die richtigen Voraussetzung für den Job mit. Jung genug um als Student durchzugehen, intelligent genug um tatsächlich als Student mitzuhalten und als Polizist bereits mit einigen Erfolgen ausgezeichnet. Also schleuste man mich Undercover ein und ich durfte neben meiner Ausbildung und Arbeit als Polizist auch noch Betriebswirtschaft studieren.

Als die Fälle alle abgeschlossen und die Drogendealer, Vergewaltiger und Betrüger, alle hinter Gitter saßen, durfte ich das angefangene Studium zu Ende bringen und erhielt die Ernennung zum Polizisten. Danach wechselte ich dann endgültig zum FBI und übernahm noch ein paar kleine Undercover Fälle, bis zu dem Tag als sie mich als Butler in Egon Popows Haushalt einschleusten - Amerikas berüchtigster Kunsthändler, Geldwäscher und Menschenhändler, der überall seine Finger drin zu haben schien aber dem man nie etwas nachweisen konnte.

Ich war nicht nur Butler, sondern auch Nanny und persönlicher Berater, bis Egor mich fast ganz für sich vereinnahmte. Ich wurde in die Geschäfte eingeweiht, erfuhr seine größten Geheimnisse und war nach kurzer Zeit seine rechte Hand in fast jedem Bereich. Doch selbst in meiner Position war es schwer, Beweise zu beschaffen die vor Gericht gegen diesen Mann stand halten würden.

Fünf Jahre später stand plötzlich ein Junge mit gerade zwanzig, vor der Türe und behauptete er sei Egors Bruder. Nach einem längeren und lautstarken Telefonat mit seinem Vater bestätigte dieser die Behauptung und Egor nahm Adam, auf dessen Bitte hin, vorübergehend bei sich auf. Allerdings war er nicht daran interessiert, dass jemand anders die Verbindung zwischen ihm und seinem Bruder zieht, zumal sich Adam in der Ausbildung zum Polizisten befand.

Da Adam den Nachnamen seiner Mutter besaß gab Egor ihm seine eigene kleine Wohnung und ließ ihm durch mich jeden Monat eine Art Taschengeld für Miete, Kleidung und Lebensmittel zukommen. Egor fand die Idee 'reizend' einen seiner Leute, intern, bei der Polizei zu haben. Doch ich war mir über Adams Loyalität gegenüber seinem Bruder nie sicher. Später sollte sich auch herausstellen, dass ich mit meinem Gefühl goldrichtig lag.

Adam hegte eigene Pläne, Egor zu Fall zu bringen und der Polizei auszuliefern.

Immer wieder, wenn ich sah dass Adam etwas Neues herausgefunden hatte, musste ich in mich hinein lachen und aufpassen, dass ich nicht zu ihm hingehe und ihm liebevoll den Kopf tätschle. Wenn er sich unbeobachtet fühlte, grinste er immer und vollführte einen Tanz wie bei einem Strike beim Bowlen. Zu süß war der Kleine damals.

Dummerweise war ich an einem Tag unaufmerksam und Adam erwischte mich dabei wie ich mit einem Prepaid-Handy meinen Boss anrief um ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Plötzlich stand er breitbeinig vor mir, die Arme vor der Brust verschränkt und eine Hand etwas nach oben gestreckt um mit dem Zeigefinger zu wackeln.

"Tztztz Du, du, du. Du bist ja mal ein schlimmer Finger", meinte er damals ernsthaft und ich kann mich noch erinnern, wie mich ein Lachanfall der Superlative überkam. Der war so schlimm, dass ich zum Schluss wirklich kaum mehr Luft bekam und in eine Tüte, die Adam mir besorgte, ein- und ausatmen musste, um mich wieder zu beruhigen.

Nachdem er vorbei war sah ich Adam in sein vor Verlegenheit gerötetes Gesicht und musste mich anstrengen nicht erneut zu lachen, oder ihn zu packen und zu knutschen. Denn etwas, was Adam super konnte, war: Hinreißend aussehen wenn er rot wurde. Und genau in diesem Moment spürte ich mein Herz fast zerbersten, als ich mich Hals über Kopf in ihn verliebte.

Nach einem wirklich ernsten Gespräch zwischen uns erzählte ich meinem Boss von Adam der sich wiederum mit dessen Vorgesetzten in Verbindung setzte und ihn kurzerhand mit ins Boot holte. Ab dann arbeiteten wir gemeinsam am Fall Egor Popow.

Neben unseren Ermittlungen und dem Alltag, näherten wir uns auch persönlich langsam an, bis wir schlussendlich miteinander im Bett landeten.

Es war schwer unsere Affäre geheim zu halten, da ich fast 24/7 mit Egor zu tun hatte, doch wir schafften es irgendwie. Ganze vier Jahre, nämlich genau bis zu dem Tag, als ich den Befehl für den Zugriff bekam und Egor in seiner Küche stellte. Natürlich mit Hilfe von unserer Einheit. Doch was auch immer damals schief gelaufen ist sorgte dafür, dass Egor es schaffte mich zweimal anzuschießen, bevor er flüchtete, und mich somit für Monate ins Krankenhaus beförderte.

Ich wurde von der Außenwelt abgeschirmt, auch von Adam. Als ich entlassen wurde, teilte man mir mit, dass ich vorerst außer Dienst sei um mich zu erholen und wieder auf die Beine zu kommen und das Adam ein Angebot vom FBI bekommen hätte. Er übernahm sozusagen meinen Platz als Spezialagent.

Versuche ihn zur Rede zu stellen verliefen sich im Wind. Er hatte eine neue Nummer und ich wurde gebeten mich von ihm fernzuhalten.

Ohne Chance an ihn ran zu kommen und ohne jeglichen Kontaktversuch von ihm zog ich mich nicht mehr nur körperlich verletzt zurück und leckte 5 Jahre meine Wunden, bis ich dann den Job bei Lyle Davis annahm.

Wenigstens habe ich einen Informanten, der weiterhin loyal zu mir ist und der mir immer wieder berichtet wie weit sie mit dem Fall Egor Popow sind. Doch böse Zungen behaupten er hätte sich bei der Bratva, die Russische Mafia, niedergelassen und nun steht Adam vor mir und behauptet er wäre zurück und sie bräuchten meine Hilfe. Er ist nicht gekommen um nach mir zu sehen oder weil er sich um mich sorgt, oder? Es ist nach wie vor der Job, der ihm alles bedeutet und für den er sich entscheidet. Aber nicht mit mir.

Ich werde ihnen meine Hilfe aber nicht kampflos geben. Vorher möchte ich Antworten. Ich möchte wissen, was genau bei dem Einsatz schief lief, warum ich einfach so ersetzt wurde und vor allem, wieso ich mich von Adam fernhalten sollte. Bevor ich diese Informationen nicht habe, werde ich gar nichts tun. Und selbst dann werde ich mein Leben hier nicht einfach aufgeben und meinen Posten verlassen. Entweder das FBI richtet sich nach meinen Regeln oder sie können es vergessen. 

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