~Two~

Vollkommen verwirrt über diesen seltsamen Geburtstagsgruß, legte ich die Karte beiseite und musterte neugierig das Paket. Mit einer geschickten Handbewegung öffnete ich die Schleife, ehe ich den Deckel anhob und einen Blick hineinwarf.

Holy fucking shit!

Vor mir lag die Sterbeurkunde meines Vaters, die mir augenblicklich die Tränen in die Augen trieb. Mit zittrigen Fingern nahm ich diese heraus und spürte, wie mein Brustkorb sich schmerzlich zusammenzog.

Ich legte diese beiseite und betrachtete die weiteren Dokumente. Als nächstes hatte ich ein Schriftstück von der Rechtsmedizin in den Händen und ich überflog die Zeilen des Autopsieberichtes.

Todesursache: Tötungsdelikt

Dem Bericht zufolge hatte mein Vater nie einen Unfall, sondern wurde mit einem Schuss durch die Leber getötet. Er starb ungefähr drei Stunden nach dem Angriff an inneren Blutungen.

Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ich einen kleinen Zettel fand.

»Die Hände, die dir das Leben gaben, haben auch das deines Vaters genommen!«

Verzweifelt rang ich nach Luft. Das konnte nicht wahr sein!

Als nächstes fand ich eine Art Kaufvertrag. Ich las schnell heraus, dass es sich dabei um den Kauf eines Menschen handelte. Allerdings nicht von irgendeinem Menschen, sondern meiner Mutter!

Ebenso war ein Schriftstück in dem Paket, das eine Aufstellung von Schulden hatte, die mein Vater augenscheinlich bei der Bravta machte, um die Kosten des Hauses und seiner Kredite abzudecken.

Enttäuscht von all diesen Informationen schüttelte ich meinen Kopf, wobei meine Tränen von meinen Wangen perlten und auf das teure Kleid fielen. All die Jahre hatte ich geglaubt, meine Eltern wären bei einem Unfall gestorben, dabei hatte mein Vater Schulden bei der russischen Mafia!

Um seine Schulden zu begleichen hat er nicht nur meine Mutter an die Russen verkauft, sondern auch mich, wie ich bei dem nächsten Dokument feststellen musste.

So schnell ich konnte fegte ich mit meinen Händen alles zusammen. Ich wollte von alldem nichts mehr wissen, weshalb ich auch alles wütend zurück in das Paket stopfte. Eilig stand ich auf und wollte diese grausamen Beweise so schnell wie möglich loswerden. Jedoch stolperte ich und ließ dabei den Karton fallen.

All die Schriftstücke flogen durch mein Ankleidezimmer, weshalb ich mich abermals zu diesen herunterbeugte und sie einsammelte.

Dabei stachen mir plötzlich Kontoauszüge in die Augen und mit zittrigen Händen nahm ich diese von dem Fußboden. Ich erkannte Zahlungseingänge von Yonathan, welche monatlich von ihm getätigt wurden. Die Summe war immer die gleiche. $3000

Eine Broschüre eines Kinderheimes fiel ebenso vor meine Füße, ehe ich plötzlich Schritte hinter mir wahrnahm. Ich glaubte, dass es Yonathan war. Allerdings wusste ich nicht, wie ich ihm nach diesen Informationen noch unter die Augen hätte treten sollen, weshalb ich mich nicht herumdrehte und bedrückt zu Boden starrte.

Ein Fehler, wie ich später herausfinden sollte.

Mir wurde etwas auf das Gesicht gepresst. Die Panik ergriff mich sofort und ich schrie gedämpft in den Stoff hinein. Mit meinen Händen versuchte ich die auf meinen Mund pressende Hand wegzuschieben.

Innerhalb weniger Sekunden wurde alles schwarz vor meinen Augen. Ich fühlte, wie meine Beine nachgaben und mich zwei Arme auffingen, bis mein Bewusstsein vollends davonsegelte.

***

Leider war das alles, woran ich mich erinnern konnte, ehe ich in der absoluten Finsternis aufwachte.

Meine Tränen liefen unaufhörlich über mein Gesicht und blinzelte diese weg, um irgendwie etwas erkennen zu können, allerdings war alles um mich herum komplett finster. Mein Kopf dröhnte noch immer, während ich an mein mir überschlagendes Herz griff.

"Hilfe!", sagte ich vorsichtig und mit brüchiger Stimme, während ich erneut versuchte einen Schritt vorzugehen. Die Fessel um meinen Knöchel hinderte mich jedoch und ich schrie etwas lauter, in der Hoffnung, jemand könnte mich hören.

"Hilfe!"

"Versuche es gar nicht erst", ertönte eine ruhige weibliche Stimme von der Seite. Hastig drehte ich mich zu dieser herum, erkannte nur leider noch immer nichts. "Sie kommen erst, wenn der Tag anbricht."

"Wer sie?", fragte ich umgehend und rieb meine Augen, ehe ich nochmals kräftig blinzelte. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich erkannte, dass ich in einem winzigen Raum war.

"Die Russen", antwortete das Mädchen. Mein Atem verschnellerte sich abermals und in mir breitete sich Panik bei dem Gedanken aus, von den Russen entführt worden zu sein. Ein stechender Schmerz zog durch meine Brust, als ich realisierte, dass Yonathan mich so geblendet hatte.

"Was haben die mit uns vor?", frage ich und erkenne die Gitterstäbe direkt vor meinen Augen. Ich wurde nicht nur von denen entführt, sondern sie sperrten und fesselten mich auch noch in eine Zelle.

"Nichts Gutes, vermute ich mal." Es hörte sich an, als wäre sie einige Zellen weiter von mir entfernt. Abermals schaute ich mich hektisch um und versuchte eine Möglichkeit zu finden hier zu entkommen. Mein Blick fiel dabei auf etwas gegenüber von mir.

Es war ein kleines rotes Lämpchen, welches in einem immer gleich wiederkehrenden Rhythmus aufblinkte. Dies musste eine Überwachungskamera sein, welche meine Chance auf eine Flucht deutlich verringerte.

Ich ließ mich erschöpft auf die Bettkante sinken und legte mein Gesicht in meine Hände, um unterdrückt in diese hineinzuschluchzen.

Warum tat Yonathan mir das alles an? Hatte er diesen Vertrag nur, um mich dann den Russen auszuliefern?

Immerhin wurde ich vor 15 Jahren an Artjom verkauft. Nur wieso hatte Yonathan meiner Tante monatlich Geld überwiesen?

Es ergab alles absolut keinen Sinn!

Wenn er wusste, dass sie mich holen würden, wieso kümmerte er sich um mich?

Mein Schluchzen wurde lauter und hallte von den kahlen Kellerwänden wider.

Eine eisige Kälte durchzog meinen Körper und ich schlang meine Arme schützend um diesen. Dabei fiel mir auf, dass ich noch immer das Kleid trug, welches Yonathan mir geschenkt hatte. Einer der Träger war zerrissen und allgemein schien das Kleid sehr in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein.

Ich fühlte mich hintergangen und einsam und hasste es mich überhaupt auf die Vereinbarung mit Yonathan eingelassen zu haben. Das Armband an meinem Handgelenk mit der Gravur »Daddy« fühlte sich plötzlich tonnenschwere an.

Ich konnte es nicht mehr an meiner Haut ertragen, weshalb ich dieses mit einem schnellen Ruck von meinem Handgelenk riss und es wütend auf den Boden warf.

„Wie lange bist du schon hier?", fragte ich leise und wusste, dass das Mädchen sich auch angesprochen fühlen würde.

„Etwas über eine Woche", antwortet sie mir mit brüchiger Stimme. „Egal, wo ich hinkommen werde, alles wird besser, als hier."

Ich verstand nicht, was sie damit meinte, weshalb ich sie auch umgehend danach fragte.

„Das hier ist nur eine Zwischenstation für uns. In zwei Wochen werden wir wie Kühe auf dem Schwarzmarkt verkauft", erklärte sie mir.

Natürlich verkaufte Artjom uns, denn er war ein Menschenhändler, weshalb ich auch eher weniger überrascht war von ihrer Aussage.

„Wie heißt du?", fragte ich weiter. Ich versuchte mich von den geraumen Gedanken abzulenken und nicht darüber nachzudenken, was mich noch erwarten würde.

„Was spielt es für eine Rolle?", entgegnet sie mir mit einer Gegenfrage. Ich erwischte mich dabei wie ich mit den Schultern zuckte, obwohl sie dies nicht sehen konnte.

„Kann nie schaden Verbündete zu haben, oder?", fragte ich leise und setzte mich dabei weiter auf das Bett, bis mein Rücken an die kalte Wand stößt. Ich bekomme keine Antwort mehr und lausche noch eine gefühlte Ewigkeit, ehe meine Augen immer schwerer werden.

Mein Körper zitterte von der Kälte und meine Zähne fingen unkontrolliert an leise zu klappern. Dies hinderte mich auch daran einzuschlafen und erneut flossen warme Tränen meine Wangen herab.

Plötzlich blitzte ein grelles Licht kurz auf und ich schreckte viel zu eilig von dem Bett auf. Nach kurzer Zeit erschien abermals das Licht, jedoch flackerte nun über mir mehrere Male eine der alten Neonröhren. Dabei ertönte ein Knistern und ich schaute abwartend zu dem Licht über mir.

„Zieh das an!", ertönte eine tiefe Stimme mit russischen Akzent, welche mich zusammenschrecken ließ. Meinen Kopf ließ ich eilig nach vorne fallen und erkannte einen großen breiten Mann, welcher mit einem teuren Anzug vor mir stand. Er hatte kurze dunkle Haare und sein Gesicht sah mich mit einem wütenden Ausdruck an.

Er hatte mir einen Stofffetzen vor die Füße geworfen, welchen ich argwöhnisch betrachtete.

„Du wirst erwartet", sagte der Gorilla vor mir. Ich konnte mich jedoch keinen Millimeter rühren und sah ihn weiterhin nur ängstlich an. „Der Boss wartet nicht, also los bevor ich dich zwinge!"

Ich war mir sicher, dass er seine Drohung wahr machen würde und wirklich in die Zelle kommen und mich zwingen würde. Daher beschloss ich eilig das dünne Kleid vom Boden aufzuheben. Zu meiner Verwunderung drehte sich der Gorilla um und ich zog mich hastig um.

Es glich einem dünnen Nachthemd und war beinahe durchsichtig, sodass es nicht einmal meine intimen Stellen wirklich bedecken konnte. Ich hörte, wie er mit einem Schlüssel die Zelle aufschloss und ging reflexartig einige Schritte zurück. Er entfernte die Kette von der Wand, an der ich an meinen Knöcheln gefesselt war und befreite mich von dieser.

Unerwartet trat er einen weiteren Schritt auf mich zu und ich wich mit meinem Oberkörper nach hinten lehnend vor ihm zurück. Seine Arme schossen nach oben und er legte diese plötzlich an meinen Hals, ehe nur ein Klacken ertönte.

Der Gorilla entfernte sich und ich fasste mir panisch und mit weit aufgerissenen Augen an meinen Hals, wo ich nun ein dickes, metallisches Halsband hatte, wie ein Hund. Mein Herz schlug kräftig, als ich nicht verstand, was das sollte.

„Eine falsche Bewegung und du bekommst über das Halsband einen Stromschlag", erklärte er mir. Sie behandelten mich also wirklich wie einen unerzogenen Hund!

Seine riesige Hand streckte er abermals nach mir aus, ehe er die Kette an dem Halsband befestigte und mich mit diesen Zwang hinter ihm herzugehen.

„Komm mit!"

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