~Twentysix~
Mit aufsteigender Wut starrte ich zu dem Auto, das soeben auf den Parkplatz einbog und einige Meter von mir entfernt zum stehen kam.
Als ich Sky den Rücken zukehrte und duschen ging, empfand ich Erleichterung und auch Glücksgefühle machten sich in mir breit, da ich sie endlich bei mir hatte. Es war als würde eine tonnenschwere Last von meinen Schultern fallen, wodurch ich zum ersten Mal seit knapp zwei Wochen wieder richtig Luft bekam.
Doch nachdem ich das Badezimmer verlassen hatte und vor mir das leere Bett betrachtete, wurde mir schnell bewusst, dass Sky erneut die Flucht ergriffen hatte. Neben der Sorge, was alles hätte passieren können, stieg in mir allmählich auch die Wut.
Ich hatte eine Menge Verständnis aufgebracht und hatte es ihr mit viel Geduld versucht deutlich zu machen, dass sie sich nicht zu fürchten hatte. Bei mir wäre sie in Sicherheit, denn ich wollte schon immer nur das Beste für sie.
Jedoch schien es ihr regelrecht am Arsch vorbeizugehen ...
Ich lief eilig nach unten zu dem Angestellten des Hotels, um ihn auf russisch zu fragen, ob eine Blondine an ihm vorbei und das Hotel verlassen hatte. Er erklärte mir daraufhin auch, dass Sky wohl vollkommen aufgelöst auf ihn eingesprochen hatte, jedoch verstand er kein einziges Wort, bis auf Polizei.
Bei dieser Information hätte ich am liebsten den Kopf ganz kräftig auf den harten Tresen vor mir geknallt, allerdings hätten mir Kopfschmerzen in der Situation nicht sonderlich weitergeholfen.
Eilig nahm ich mein Handy und rief umgehend meinen Vater an, denn wenn jemand in Russland Einfluss hatte, dann er. Das ich jemals freiwillig bei ihm anrufen und ihn um Rat bitten würde, hätte ich bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht gedacht.
„Hallo Sohn, bitte sage mir, dass dein Anruf nicht dahergehend ist, dass du weitere Leichen für mich hast, die mir mein Leben schwerer machen, als es ohnehin schon ist", witzelte er.
„Nein, Sky ist weg. Der Hotelportiere sagte, sie wolle die Polizei verständigen", erklärte ich ihm zügig. In dem Moment betraten auch Max und Dawson das Hotel. Die beiden wirkten erschöpft und als sie mich telefonierend erblickten, konnte ich förmlich sehen, wie sie innerlich fluchten und an liebsten das Weite gesucht hätten.
„Du solltest deine Kleine wirklich mal an die Leine nehme", hörte ich meinen Vater sagen, als ich Max deutete mit mir zu der kleinen Sitzecke zu folgen.
„So langsam hast du mich wirklich überzeugt", murmelte ich. „Aber hast du einen Rat, was ich jetzt tun soll?"
„Mit Sky?", lachte mein Vater dreckig, weshalb ich mir ein genervtes Augenverdrehen nicht verkneifen konnte. Wie er solche Probleme löste, wusste ich, wobei ich mittlerweile nicht einmal abgeneigt wäre, Sky ernsthaft einmal Manieren beizubringen.
„Wegen der Polizei", antwortete ich dennoch genervt.
„Sie wird zu dem Revier in der Stadt fahren. Die Polizei dort ist von mir geschmiert und wird ohnehin mich sofort kontaktieren. Ich hole sie ab und bringe sie dir, aber nur unter einer Bedienung", sprach er mit ruhiger Stimme.
Seine Bedienungen gefielen mir bisher allesamt nicht, aber er half mir in dem Moment, nicht nur was Sky anging. Denn mein Name sollte bei der Polizei ein Unbekannter bleiben und dies schien meine unartige Prinzessin zu dem Zeitpunkt gehörig zu verkacken!
„Welche Bedienung?"
„Du hältst dein Spielzeug in Schach! Und damit meine ich nicht während eures Aufenthalts in Russland. Auch in Boston wird sie keinen Fuß ohne dich vor die Tür setzen. Du weißt, dass jemand, wie sie, die so viel mitbekommen hat eigentlich nicht mehr am Leben wäre", sagte er streng. Als einzige Reaktion blieb mir nur frustriert tief Luft zu ziehen.
Denn Nikolaj zwang mich, Sky zu meine Gefangene zu machen, allerdings hatte sie es selbst provoziert. Ich war vielleicht wütend über ihr Verhalten, aber ich hätte sie in Boston niemals gezwungen weiterhin bei mir zu bleiben. Nun blieb ihr aber keine Wahl mehr, denn Nikolaj würde uns beobachten und er würde es nicht dulden Sky außerhalb meiner Wohnung zu sehen.
„Okay", presste ich widerwillig hervor. „Bring sie zu mir und ich kümmere mich um alles andere."
Ohne noch etwas zu erwidern beendete mein Vater das Gespräch und genervt warf ich mein Handy auf den kleinen runden Tisch vor mir. Max gegenüber von mir musterte mich fragend und stützte seinen Kopf in seine Hand.
„Wenn sie so weiter macht, bekomme ich graue Haare", murmelte ich frustriert und strich mir einmal über mein müdes Gesicht. Wir waren alle über 24 Stunden auf den Beinen. Ich konnte Max und Dawson nicht noch mehr zumuten, wenn ich wollte, dass sie auch weiterhin wachsam waren und auf meine und Sky's Sicherheit achten sollten.
„Die habe ich bereits. Wie ist der Plan?", fragte Max und nachdem er tief durchatmete und anscheinend neue Kräfte zog, sprang er auf und schien bereit für neue Anweisungen, die er jedoch nicht bekam.
„Wir warten. Mein Vater wird sie herbringen", antwortete ich und konnte es ihm nicht verübeln, als er mich vollkommen verwirrt musterte.
Dennoch setzte Max sich umgehend wieder und auch Dawson kam auf zu, um sich ebenfalls zu setzen, während wir gemeinsam schwiegen und ich innerlich die Sekunden zählte.
„Ihr könnt euch auch ausruhen", sagte ich nach einer gefühlten Ewigkeit der Stille.
„Ich traue Ihrem Vater nicht", antwortete Max umgehend, weshalb ich nur nickte und mir wieder bewusst wurde, warum ich Max vor 10 Jahren eingestellte hatte. Er war mir gegenüber immer loyal und stellte sein eigenes Leben hinter meins.
„Wir müssen ganz dringend die Sicherheitsvorkehrungen verschärfen", sagte Dawson mit ernstem Blick in meine Richtung. Auch daraufhin nickte ich, denn ich wusste am ehesten wie unberechenbar die Russen waren.
Und ich hatte mir in dieser Nacht eindeutig zu viele von ihnen zu meinen Feinden gemacht!
„Ich kümmere mich morgen sofort darum, damit Sie und Sky in Boston umgehend geschützt sind", teilte Max mir mit, woraufhin ich ihm dankte, ehe mein Handy klingelte. Ich hatte eine Nachricht von meinem Vater, dass er in wenigen Minuten mit Sky ankommen würde, weshalb ich aufstand und das Hotel verließ.
Max und Dawson folgten mir unaufgefordert und gemeinsam warteten wir, bis wir Lichter der Scheinwerfer erkannten. Das Auto parkte unmittelbar vor uns und ich wartete darauf, dass mein Vater ausstieg. Die Tür ging auch bereits auf, jedoch stieg keiner der beiden aus, weshalb ich die Situation missmutig betrachtete und meine Hände in meine schwarze Anzughose steckte.
Dann endlich stieg Sky aus und trat mit gesenktem Blick und unsicheren Schritten näher. Ich fixierte sie noch immer wütend und wollte sie am liebsten direkt in unser Zimmer schleifen, als jedoch mein Vater nochmals meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Warte hier", sagte ich streng, als Sky bei mir ankam und ich mit eiligen Schritten auf das Auto zuging.
„Hier für dich", sagte mein Vater und reichte mir daraufhin Handschellen und einen kleinen Schlüssel. Ich nahm ihm diese ab und gleich darauf fuhr das Auto schon an, weshalb ich eilig einen Schritt zurückwich.
Mit den Handschellen in der Hand schaute ich den Rücklichtern dabei zu, wie sie kleiner wurden, ehe ich mich herumdrehte und abermals Sky ins Visier nahm.
„Wir gehen hoch!", befahl ich mit fester Stimme. Ihr Schluchzen ignorierend, schob ich Sky vor mich her, als sie keine Anstalten machte sich zu rühren. Meine Geduld war wirklich am Ende, was sicher auch meiner Übermüdung zu verdanken war.
Sky lief zu ihrem Glück in einem eiligen Tempo zu unserem Zimmer hinauf und zügig öffnete ich die Tür mit der Zimmerkarte.
„Setz dich!", befahl ich erneut, woraufhin Sky sich jedoch zu mir wandte und bereits flehend ihren Mund öffnete.
„Nate, ich-."
„Setz dich auf das Bett!", knurrte ich erneut, nur wesentlich langsamer und bedrohlicher. Ihre glasigen Augen musterten mich noch eine kurze Zeit, ehe sie sich dann in Bewegung setzte und auf dem Bett niederließ.
Meine aufsteigende Wut war kaum zu bändigen und einzig ihre Verletzungen hielten mich nur noch davon ab, meiner angestauten Wut freien Lauf zu lassen.
„Ich kann es einfach nicht verstehen" sprach ich mit einem strengen Ton in die Stille „Wieso läufst du vor mir weg? Habe ich dir in der ganzen beschissenen Zeit je das Gefühl gegeben, Angst vor mir haben zu müssen?", wurde ich noch lauter, während ich einmal tief Luft hole, um mich selbst zu beruhigen. Sky sitzt noch immer schluchzend auf der Bettkante und blickte weiterhin auf den Boden, wobei sie ihre Hände nervös in ihrem Schoß knete.
„Schau mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede", kam es mir mit fester und bedrohlicher Stimme aus meiner Kehle. Sie zuckte leicht zusammen und hob ihren Blick nur widerwillig in meine Richtung.
"Nate, ich ..." schluchzte sie, doch ich unterbrach sie umgehend.
„Ich habe dir nicht die Erlaubnis gegeben zu reden! Hast du eine Ahnung davon, in was für Schwierigkeiten du mich mit deinem absolut leichtsinnigen Verhalten bringst? Nicht nur, dass du einfach abhaust in einem fremden Land, sondern du zur Polizei fährst – ohne Führerschein wohlgemerkt! Um dann was, Sky? Mich zu verraten und mir meinen Ruf zu nehmen? Ich habe jahrelang darum gekämpft, aus der Bruderschaft herauszukommen und mir einen eigenen Namen zu machen! Mir ein eigenes Standbein aufgebaut, das du mir innerhalb von kürzester Zeit einfach ausgerissen hast!"
„Ich habe deinen Namen nicht erwähnt", hauchte Sky kaum hörbar, allerdings beruhigten mich ihre Worte kaum.
„Denkst du, das macht es besser? Es ist nicht nur die Polizei, die mein beschissenes Problem ist! Ich musste mich an meinen Vater verkaufen, um dich zu befreien." Ich gestikulierte wild umher und hatte das Gefühl, meine Wut würde mir meine Luft aus den Lungen pressen. Sky traute sich keinen Millimeter zu bewegen, einzig ihre Tränen liefen ihren roten Wangen herab.
„Ich habe so viel auf mich genommen und finde es ehrlich gesagt nicht gerecht, dass du mir dennoch so sehr misstraust", sagte ich leiser und mit geknicktem Ton. Sky sah während meiner kurzen Pause zu mir auf und ich erkannte all die Angst und den Schmerz in ihren Augen.
„Mir tut es auch unglaublich leid, was dir alles in dieser Zeit angetan wurde, Sky. Wenn ich könnte, würde ich dir all den seelischen Schmerz und die Erinnerungen nehmen, aber ich kann es leider nicht."
„Du hast mir versprochen, mich immer zu beschützen, aber du warst nicht für mich da! Keiner war für mich da! Ich war vollkommen allein!", redete nun auch Sky sich in Rage. „Du hast mich im Stich gelassen, als ich dich so sehr brauchte!"
„Nein! Du möchtest nur so über mich denken, aber du weißt, dass ich in der Situation nicht mehr tun konnte", entgegnete ich abermals lauter.
„Du meinst nicht mehr, als mir deinen Bruder auf den Hals zu hetzen?", zischte Sky mir plötzlich selbstbewusst entgegen, weshalb ich sie mit großen Augen ansah.
„Denkst du, ich hätte ihn gebeten, dich so zu behandeln?", fragte ich ungläubig. Die Wut verwandelte sich in Enttäuschung und mein Herz machte einige schmerzhafte Sprünge, während ich auf eine Antwort von ihr wartete.
„Ich weiß nicht, was ich noch denken und glauben soll! Wieso erzählst du mir nicht einfach endlich die Wahrheit?", fragte Sky, weshalb ich meinen Kopf zur Seite neigte und sie voller Unglauben musterte. „Wobei ... Dies hat dein Bruder ja bereits für dich übernommen."
„Und du glaubst ihm nach fucking 8 Tagen schon mehr, als mir?", brüllte ich vollkommen außer mir. Jedoch galt mein erneuter Zorn eher weniger Sky, sondern mehr Demjan, der ihre Schutzlosigkeit ausgenutzt und so abartig missbraucht hatte.
„Ich glaube niemanden! Aber Tatsache ist: Er war da, du nicht!", fauchte sie mich an, wodurch mein Puls stetig stieg und ich drohte von all dem Hass in mir durchzudrehen.
„Was er dir in der Zeit, als er "da war" angetan hat, siehst du ja selbst", erwiderte ich kühl und deutete dabei auf den Hämatomen an ihrem Hals.
„Das wäre aber nie passiert, hättest du ihn nicht provoziert." Mein sarkastisches Auflachen konnte ich nicht verhindern und bekam von Sky auch umgehend einen warnenden Blick.
„Es freut mich, dass du es allem Anschein nach auch noch so amüsant findest, dass er mich wegen deiner Provokation beinahe zu Tode gewürgt hat, Arschloch!", meinte Sky ebenso sarkastisch. Einen Schritt auf sie zugehend, zuckte sie kaum merklich zurück, weshalb ich auch umgehend innehielt.
„Das einzige, was ich amüsant finde, ist deine Naivität! Ich konnte nichts tun, solange du-."
„Doch das konntest du! All das, was du heute getan hast, hättest du auch vor 8 Tagen tun können! Bevor man mich eingesperrt, geschlagen und misshandelt hat", schrie Sky mich unter Tränen an, während sie sogar aufstand und mit ihrem zierlichen Körper direkt vor mich trat. „Aber das hast du nicht. Du hast zugelassen, dass dein Onkel mich prostituieren wollte und einzig dein Bruder hat dies verhindert. Nur er hat mich nicht wie eine Hure behandelt."
„Nein schlimmer. Er hat dich, wie letzten Ab-."
„Er hat mir in dem verfickten Keller die Angst ge-."
„Er hat dich belogen und dir Märchen er-."
„Er war für mich da! Und du-."
„Ich würde dir nur zu gerne jede einzelne Erinnerung an ihn aus deinem sturen Kopf ficken", knurrte ich, da ich es Leid war, mit ihr darüber zu reden, was mein Bruder angeblich für sie getan hätte.
„Dann tue es!"
😳😳😳
Das nächste Kapitel könnte feurig werden 😏❤️🔥
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