~Six~
Einige Zeit zuvor
Es war bereits ein Tag her, dass mein rachsüchtiger Vater und sein ebenso teuflischer Bruder mir Sky einfach weggenommen hatten.
Obwohl ich innerlich wusste, dass dieser Tag kommen würde, traf es mich doch härter als gedacht. Nur was hätte ich dagegen tun sollen?
Ich konnte Sky schließlich nicht in einen Turm sperren, um sie vor meiner Familie zu schützen. Jedoch hatte ich zugegebenermaßen wirklich geglaubt, ich hätte es zivilisiert mit meinem Vater regeln können. Alles, was ich wollte, war, sie zu schützen!
Wie hätte ich damals erahnen sollen, dass dieses kleine Mädchen mir so viele Jahre später völlig den Kopf verdrehte? Damals ging es mir nur darum, dass sie eine halbwegs normale Kindheit hat. Ich hatte mir mit 19 keine Gedanken darüber gemacht, was wäre, wenn sie volljährig wird und Artjom sie sich zu sich holt, um die Schulden ihres Vaters zu begleichen.
Allerdings ließ es mir all die Jahre keine Ruhe. Ich schickte ihrer Tante zwar Geld, da es eine ihrer Bedingungen war, damit sie Sky aufnahm, jedoch minderte es meine Schuldgefühle nicht. Denn nur meinetwegen, hatte Sky keinen Vater mehr.
Und dann sah ich, wie sie bei Giovanni nach Extraschichten bettelte, weil sie kein Geld hatte. Ich sah es als meine Gelegenheit, ihr etwas von dem zurückzugeben, was sie wegen meiner Fehler verpasst hatte.
Frustriert stand ich auf und ging mit schweren Schritten in ihr Zimmer. Mein Penthouse war viel zu leer und kalt, ohne die Anwesenheit von Sky. Ich hatte mich bereits so sehr an ihre Gegenwart gewöhnt, dass mir ihr wunderschönes Lachen jede Minute mehr fehlte.
Ihr Duft lag noch immer in ihrem Zimmer und dieses betrachtend ging ich wenige Schritte hinein. So leer wie dieser Raum war, fühlte sich auch mein Inneres an.
Ihr großes Bett war noch immer genauso unordentlich, wie sie es den vorherigen Tag auch verlassen hatte und auch einige Kleidungsstücke lagen noch auf dem Boden verteilt. Mrs. Bennett sorgte zwar für Ordnung in meinem Penthouse, jedoch hatte sie von mir die Anweisung bekommen, Sky's Zimmer nicht zu betreten. In diesem konnte und sollte sie eigenständig aufräumen. Immerhin musste sie dennoch eigenständig werden.
Mein Blick fiel zum Ankleidezimmer, wo ich direkt das Chaos erkannte. Es lagen etliche Papiere auf dem Fußboden und ein brauner Karton, der mir bekannt vorkam. Zögerlich trat ich an diesen heran und erkannte, dass es der Karton war, den ich hatte wegschließen lassen.
All meine Beweise lagen verteilt auf dem Boden.
„Fuck!" Sky sollte es erfahren, aber ganz sicher nicht so!
Ein kleiner Zettel mit ordentlicher Schrift fiel mir ins Auge, weshalb ich diesen aufhob.
»Zum Geburtstag verdient man die Wahrheit. K.J.«
Diese Initialen konnten nur Kirill's sein, weshalb ich wutentbrannt den Zettel zerriss und laut fluchend gegen die Wand boxte. Dieser Hurensohn hatte sich doch tatsächlich Zugriff auf mein Schließfach in der Bank verschafft!
Dafür würde er noch leiden!
Mein Handy klingelte plötzlich und riss mich so aus meinen Mordgedanken. Flüchtig schaute ich auf das Display und erkannte, dass es Demjan war. Ohne ein Zögern nahm ich den Anruf entgegen.
„Da", sprach ich mit gepresster Stimme. „Wie geht es ihr?"
„Den Umständen entsprechend", entgegnete Demjan kühl. Diese Information war nicht sonderlich hilfreich, weshalb ich ihn am liebsten direkt durch das Telefon gezogen hätte!
„Welchen Umständen?", knurrte ich. „Was ist vorgefallen?"
„Unser Vater will, dass sie die Schulden mit Prostitution begleicht", erzählte Demjan emotionslos. Mein Griff um mein Handy verstärkte sich und mein gesamter Körper spannte sich an.
„Das kannst du nicht zulassen!", schrie ich wütend in das Mikrofon.
„Was sollte ich denn dagegen unternehmen? Sie hatte die Chance zu tanzen, aber wenn sie wie eine Schaufensterpuppe auf dem Tisch steht, ist doch klar, dass Artjom sie nicht als Tänzerin haben will!"
Meine Liste für meine zukünftigen Morde wurde gefühlt von Minute zu Minute länger!
„Djoma!", knurrte ich abermals, woraufhin ich ihn versöhnlicher ausatmen hörte.
„Sorry. Allerdings wäre es für sie besser gewesen, hätte sie einfach getanzt. Wie soll ich jetzt verhindern, dass sie jede Nacht angefasst wird!", meinte Demjan und ich hörte heraus, dass ihn diese Tatsache mehr als nervte. „Ich habe dir mein Wort gegeben, aber wenn Sky alles verweigert, wie soll ich sie schützen, ohne dass unser Vater Verdacht schöpft?"
Ich wusste, dass es für ihn sicherlich schwer war und es auch gefährlich war, was er für mich tat. Hätte Nikolaj es herausbekommen, wäre Demjan sicherlich seinen Kopf losgeworden für seinen Verrat an die Bruderschaft.
„Ich bin dir wirklich dankbar, was du auf dich nimmst. Aber du musst es irgendwie verhindern!", sagte ich mit bittender Stimme. Niemals hätte ich zulassen können, dass Sky sich irgendwelchen widerwärtigen Männern hätte hingeben müssen.
„Wie stellst du dir das vor? Ich kümmere mich nur um die Drogengeschäfte und nicht um die Prostituierten!"
Meine Wut stieg erneut, als er meine Prinzessin so betitelte, weshalb ich ihn abermals knurrend zurechtwies.
In meinem Kopf rotierten die Gedanken und ich suchte verzweifelt eine Lösung.
„Habt ihr die tape2pay schon in Gebrauch?", fragte ich, als ich mich daran erinnerte, diese für Artjom entwickelt zu haben.
„Ja. Aber auf was möchtest du hinaus?"
„Was wäre, wenn Sky's Armband Geld aufgeladen bekommt, ohne, dass sie dafür Sex haben muss", grübelte ich laut und lief dabei eilig in mein Büro. Ich schaltete den PC an und öffnete die Datei von diesen Armbändern, um mir die Software noch einmal genauer anzusehen.
„Kannst du denn mit deinen Hackerfähigkeiten da Geld aufladen?", hörte ich Demjan fragen, als ich den Lautsprecher anstellte und das Handy auf den Schreibtisch warf. Ich verdrehte meine Augen wegen seiner ziemlich dämlichen Frage.
„Nein natürlich nicht! Die Dinger sind besser geschützt als dein Zuhause!", sagte ich genervt. Ich entwickelte schließlich keine halben Sachen, somit waren selbst diese kleinen Armbänder vor digitalen Übergriffen geschützt.
„Wie soll denn sonst Geld auf ihr Armband kommen?"
„Herrje! Die tape2pay's sind nur mit den Karten aufladbar!", herrschte ich ihn ungeduldig an.
„Was habe ich mit der Sache denn zu tun?", schrie er zurück, weshalb meine Geduld allmählich dahin schwand.
„Du besorgst dir solche Karten und lädst diese auf, um sie dann in regelmäßigen Abständen gegen das tape2pay von Sky zu halten. Dann sieht es so aus, als hätte Sky wirklich Geld von anderen Männern bekommen", erklärte ich Demjan meinen Plan.
„Dann muss ich die ganze Nacht in dem Club bleiben!", erwiderte er beinahe genervt. „Und auch noch mein Geld dafür ausgeben!"
„Ernsthaft? Dich juckt das wenige Geld? Ich zahle dir von mir aus das Zehnfache dafür, aber sorge einfach dafür, dass niemand Sky anfasst!", brüllte ich. Immerhin hatten die in dem dreckigen Club keine Edelnutten, somit kostete eine Stunde mit den Sklaven nicht sonderlich viel.
„Ist ja gut!", stöhnte Demjan genervt. „Ich kann das aber nicht zwei Wochen lang machen! Es würde zu sehr auffallen."
„Vorerst bleibt uns nichts anderes übrig, aber ich überlege mir etwas", sagte ich.
Natürlich hatte Demjan damit recht, denn er war für den Drogenhandel zuständig und aus diesem Grund immer unterwegs. Es würde auffallen, wenn er zwei Wochen jeden Abend im Club rumhängt. Nur leider hatte ich vorerst keine andere Lösung.
Wir verabschiedeten uns und ich fuhr mit meiner Hand gestresst über mein Gesicht. Wie sollte ich die zwei Wochen bis zur Versteigerung aushalten? Mich reizten bereits wenige Stunden und meine Nerven fühlten sich an, als lägen sie vollständig blank.
Nicht zu wissen, wie es Sky ging, zerrte ungemein an mir. Ich wollte mir nicht ausmalen, wie sie dort von den Russen behandelt wurde.
Nur konnte ich auch nicht einfach nach Russland fliegen und versuchen, sie dort herauszuholen. Was hätte ich schon gegen die mächtigste Mafia allein anrichten sollen? Mir blieb nur die Chance, dass Demjan mir half und wir die zwei Wochen hoffentlich ohne Komplikationen überstanden.
Danach war die Versteigerung und es wäre mir egal, wie viel ich zahlen musste. Sky war mir jede Summe wert!
Jedoch brauche ich dennoch einen Plan, wie ich Artjom eventuell kontrollieren könnte. Vielleicht konnte ich mich irgendwie in meine eigens entwickelte Software hacken und so die Sicherheitssysteme von Artjom steuern.
Was wäre, wenn ich so möglicherweise auch seine anderen elektronischen Systeme übernehmen könnte?
Was Yonathan wohl für einen Plan hat? 🤔
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