~Fiftytwo~

"Sky, was machst du?", fragte ich und ging die letzten Schritte auf sie zu. Ihr Kopf war nach unten geneigt und ich verstand, dass sie mir, solange ich es nicht erlaubte, nicht antworten würde.

"Sieh mich an", befahl ich daher und umgehend hob Sky ihren Kopf, um in meine Augen zu schauen. "Und jetzt verrate mir, was genau du vorhast."

"Na ja, was, wirst du dir sicherlich denken können", antwortete sie schüchtern. Auch entstand auf ihren Wangen eine Röte, die mir verriet, dass es ihr nicht leicht fiel mir zu sagen, wie sie sich das vorgestellt hatte.

"Okay, dann formuliere ich es anders. Warum ausgerechnet hier?", hakte ich weiter nach. "Und könntest du bitte aufstehen?"

"Nein, keine Fürsorge. Befehle es mir."

In meinem Kopf entstand die maximale Verwirrung und ich wollte sie am liebsten schütteln und sagen, dass sie aufhören sollte. Allerdings war sie endlich bereit, mit mir zu reden. Das konnte ich nicht aufs Spiel setzen, indem ich ihren Wunsch abschlug.

"Steh auf!", befahl ich ihr daher und sie kam dies umgehend nach. "Beantworte meine Frage. Warum hier?" Aus einem Impuls heraus griff ich nach ihrer Hand, jedoch entzog sie mir diese und schüttelte mahnend mit ihrem Kopf.

"Weil hier neutrales Gebiet ist", erklärte sie, woraufhin ich meine Stirn in Falten zog. "Ich fühle mich hier wohl. In diesem Raum gibt es einzig Erinnerungen von dir und mir."

"Ich habe dir hier Schmerzen zugefügt", entgegnete ich verwirrt und schaute ihr hinterher, als sie zu der Kommode ging.

"Aber nie Schmerzen, die ich nicht auch wollte." Sky öffnete eine der Schubladen und ich verschränkte abwartend meine Arme vor der Brust. "Nate, verstehe doch, dass es genau darum geht! Du hast mich an meine Grenzen gebracht, aber genau das brauchte ich, um mich dir zu öffnen. Ich vertraue dir blind und ich weiß, dass du einschätzen kannst, wie weit du gehst."

"Okay. Ich verstehe leider trotzdem nicht, was du von mir erwartest. Denkst du wirklich, ich würde dich auch nur ansatzweise noch so behandeln, wie ich es vorher getan habe?"

"Wieso nicht? Was hat sich geändert?", fragte sie und ich hörte ihre Wut heraus, als sie sich auch zu mir herumdrehte und mich mit einem geknickten Blick ansah. "Bin ich dir zu zerbrechlich?"

"Eher nicht zurechnungsfähig. Sky, du kannst nicht wirklich von mir erwarten, dass ich dir körperliche Schmerzen zufüge, während wir über deine seelischen Schmerzen sprechen", sagte ich und bekam genau in dem Moment von ihr Manschetten in die Hand gedrückt.

"Ich habe nie etwas von Schmerz gesagt", meinte sie und hielt ihre Handgelenke vor ihrem Körper, um mir damit zu signalisieren, dass ich die Manschetten daran befestigen sollte.

"Dann kläre mich bitte auf! Was soll das hier werden?", fragte ich ungeduldig und etwas lauter.

"Das habe ich dir in der Nachricht doch bereits erklärt. Ich möchte nicht mehr davonlaufen, aber solange du mir eine Wahl lässt, werde ich mich immer für das Laufen entscheiden", sagte sie und legte ihre Hände fordernd an meine Brust. "Nimm mir diese Alternative."

Mit einem letzten Blick in ihre Augen befestigte ich die Manschetten an ihre Handgelenke und gab ihr anschließend einen sanften Kuss. Mit meinem Kopf deutete ich in die Mitte des Raumes, wo auch die Haken an der Decke waren. Sie folgte meiner stummen Aufforderung und ich befestigte sie mit den Manschetten an einer Kette, sodass sie mit gestreckten Armen vor mir stand.

"Du fühlst dich also wohl hier?", grinste ich und fand es wirklich amüsant. Immerhin hatten wir damit eine weitere Gemeinsamkeit.

"Ja, ist ein wenig wie mein Safeplace", erwiderte sie ebenso lachend. "Klingt komisch, aber hier gibt es nur dich und mich. Und ich vertraue dir, wieso sollte ich mich also unwohl in diesem Raum fühlen?"

"Ja, geht mir genauso", erwiderte ich nur nachdenklich. Mein Blick schweifte über ihren nackten Körper und ich konnte es nicht vermeiden, mit meinen Fingerspitzen sanft über ihre Seite zu streichen.

"Warum bist du für ein Gespräch nackt?", fragte ich und hoffte, sie hatte dafür eine plausible Erklärung. "Ich hätte dich auch angezogen anketten können."

"Vielleicht wollte ich dich etwas reizen", gestand sie und sah mir dabei ebenso reizvoll in die Augen.

"Hast du definitiv geschafft." Meine Konzentration stimmte mir voll und ganz zu, denn es war schwer, mit dem Kopf zu denken, wenn das Blut eher andere Körperteile versorgte.

Ebenso war meine Fantasie bereits auf Hochtouren dabei mir Bilder in den Kopf zu pflanzen, was ich mit ihr in dieser Situation alles anstellen könnte. Wie ich ihren perfekten Lippen die schönsten Klänge entlocken könnte und wie ihre weiche Haut unter meinen Händen zu glühen beginnt.

"Woran denkst du?", fragte Sky und erst da riss ich meinen Blick von ihrem nackten Körper und schaute in ihre Augen.

"Nur daran, wie ausgeliefert du mir gerade bist", schmunzelte ich. "Und wie gern ich dich an die Grenzen bringe."

Ich zwinkerte ihr verspielt zu und erkannte, wie ihr Blut abermals in ihr Gesicht schoss und sie verlegen auf ihrer Lippe kaute. "Und woran denkst du?"

"Daran, dass ich dich vermisse", meinte Sky mit einer Traurigkeit in der Stimme, die mein Herz schneller schlagen ließ.

"Ich bin hier und war auch nie weg."

"Aber du hast dich von mir distanziert, was ich auch verstehe. Ich habe es genauso getan. Ich habe nur ständig das Gefühl, ich verdiene deine Aufmerksamkeit nicht, ebenso wie deine Zärtlichkeiten. Da ist noch immer diese Wut in mir, die ich auf dich habe, weil du mich belogen und im Stich gelassen hast. Und mit dieser Wut kann ich einfach keine Nähe zu dir akzeptieren."

"Ich habe dich nie belogen. Nur wie hätte ich deiner Meinung nach dir sagen sollen, dass mein Onkel Ansprüche auf deinen Körper stellen wird? Ich wollte dich immer nur beschützen. Schon als du im Heim warst. Mir war natürlich auch bewusst, dass du, sobald du 21 Jahre alt wirst, mit meinem Onkel konfrontiert wirst. Vielleicht habe ich dich aus diesem Grund angesprochen, um bessere Kontrolle darüber zu haben", erklärte ich ihr.

"Erzähle mir von damals. Wie das mit meinen Eltern zustande kam und warum du dich so sehr für mich eingesetzt hast, obwohl ich nur ein kleines Mädchen war. Was geschah mit meinem Vater? Ich möchte es endlich verstehen", forderte Sky. Mir war bewusst, dass ich bei diesem Gespräch alle Karten auf den Tisch legen musste, weshalb ich sogar darauf vorbereitet war.

Ich atmete einmal tief ein und Sky verlagerte ihr Gewicht auf beiden Beinen, ehe sie ihre Hände um die Ketten schlang, um mehr Halt zu haben.

"Sicher, dass ich dich dafür nicht befreien sollte?" Ihr musste bereits jetzt das Blut aus den Händen gewichen sein, dennoch schüttelte sie ihren Kopf.

"Mir fällt es so leichter", meinte sie und ich versuchte meinen Fokus einzig auf ihrem Gesicht zu belassen, denn mir fiel es definitiv nicht leichter, wenn sie nackt und gefesselt vor mir stand.

"Okay. Also ich weiß nur, dass dein Vater Schulden bei Artjom hatte. Warum er sich ausgerechnet bei einem Russen von der Mafia Geld lieh, kann ich dir nicht sagen. Er konnte es jedoch nicht zurückzahlen, weshalb Artjom mit Demjan, Timofey und mir das Geld anders beschaffen wollte. Es war schon immer so, dass Artjom die Frauen mitnahm, als Gegenleistung und diese dann das Geld für ihn erarbeiteten."

"Indem er sie anschaffen ließ", schlussfolgerte Sky nüchtern. Ich nickte nur und seufzte, ehe ich mit meiner Erzählung fortfuhr.

"Du warst erst 5 und ich geriet mit Artjom in eine Auseinandersetzung, weil ich verhindern wollte, dass er dich über den Menschenhandel verkaufte. Ich versuchte ihn davon zu überzeugen, dass er mehr Geld mit dir machte, wenn er wartete bis du erwachsen wärst. Er war da vollkommen anderer Meinung und in meiner Verzweiflung zog ich meine Waffe und schoss auf ihn. Ich konnte es nicht mehr verhindern, dass Artjom zu deinem Vater griff und diesen vor sich zog. Es tut mir leid."

Sky entkam ein leises Schluchzen und ich ging einen Schritt auf sie zu. Ich verharrte jedoch in meiner Bewegung, als sie ebenso einen Schritt zurückwich.

"Du musst mir glaube, dass es nie meine Absicht war."

"Hättest du nicht geschossen, wäre ich nicht ins Heim und dann zu meiner Tante gekommen, sondern hätte weiterhin bei meinem Vater leben können?", hakte sie traurig nach und ich konnte ihr nur wehmütig mit einem Nicken zustimmen.

"Und aus diesem Grund hast du mich auch im Heim besucht? Aus Schuldgefühlen?"

"Sky", seufzte ich, doch sie sah mich nur mit einem fordernden Blick an. Sie wollte natürlich die Wahrheit hören und ich musste in den sauren Apfel beißen und riskieren, dass sie mich danach endgültig hasste.

"Natürlich habe ich mich schlecht gefühlt. Immerhin habe ich dir innerhalb von wenigen Sekunden beide deine Eltern genommen. Wäre dein Vater am Leben gewesen, wäre deine Mutter nicht in den Menschenhandel gekommen", erklärte ich und hob dabei angespannt meine Brust.

"Sie wäre zurück zu meinem Vater und mir gekommen, hätte sie alle Schulden beglichen?"

"Ja, in den meisten Fällen ist das so", erwiderte ich und bekam von ihr nur einen fragenden Blick. "In dieser Akte von Kirill ist herauszulesen, dass Artjom sie gekauft hat. Es ist vollkommen unlogisch, wenn auch er es war, der sie in diese Situation gebracht hat."

"Wieso? Es ist dasselbe, wie du getan hast", entgegnete Sky.

"Ich habe es aus Liebe zu dir getan, aber welchen Grund hatte Artjom?" Sie sah mich schockiert an und ließ sich meine Worte einige Zeit durch den Kopf gehen.

"Liebe?", fragte sie schlussendlich und ich konnte nur meine Stirn in Falten ziehen. "Aber bedeutet das, meine Mutter könnte noch am Leben sein?"

"Es gab zumindest keine Sterbeurkunde. Es ist nicht auszuschließen, dass sie noch lebt", antwortete ich. "Aber das finde ich noch heraus, was das alles zu bedeuten hat."

"Erfahre ich davon dann auch, oder lässt du mich wieder im Unwissen, weil du meinst, ich wäre dadurch sicherer?", fragte sie mit einem patzigen Ton.

"Sobald ich genügend weiß, erzähle ich es dir natürlich", erwidere ich. Sky nickte und sah zum Boden, weshalb ich langsam auf sie zuging und ihr Kinn umfasste. "Was brennt dir noch auf der Seele? Es ist doch nicht nur deine Vergangenheit, die dich quält."

"Ich versuche zu verstehen, wie alles miteinander zusammenhängt. Du warst schon erwachsen, als du mich besucht hast und 15 Jahre später hast du Sex mit mir", sagte sie und obwohl sie versuchte es zu verstecken, hörte ich heraus, wie sehr es sie anwiderte. "Vermutlich kann ich sogar froh sein, dass du 15 Jahre gewartet hast."

In mir kochte eine solche Wut auf, dass ich meine Finger fester um ihr Kinn drückte und sie zwang mich anzusehen.

"Denkst du ernsthaft, ich hätte dich schon als Kind sexuell anziehend gefunden?", knurrte ich und umfasste sie noch stärker, als sie versuchte meinen Blick auszuweichen.

"Du hast auch Sex mit Frauen aus deiner Familie, wie abwegig wäre es also?", fragte sie weiterhin mit einem feindseligen Ton in der Stimme. Natürlich verstand ich, dass sie Raya ansprach.

"Ich hatte nur Sex mit meiner Cousine und das lässt dich schlussfolgern, ich wäre auch pädophil?", entgegnete ich und erkannte, wie sie ihren Kiefer fest zusammendrückte. "Da muss ich dich leider enttäuschen, denn mehr als Mitleid habe ich für das kleine Häufchen Elend nicht empfunden, dass du vor 15 Jahren warst."

"Viel mehr empfindest du doch jetzt auch nicht", zischte sie unter ihren Tränen und machte mich damit noch wütender. Ich ließ ihr Kinn los und entfernte mich einige Schritte von ihr, um meine Kontrolle nicht vollends zu verlieren.

"Ich habe mich wirklich in dich verliebt, Sky. Aber ich bin es Leid es mir anhören zu müssen, dass meine Liebe nur wegen unserer Vergangenheit existiert. Denn unabhängig davon, was dir widerfahren ist, bist du in meinen Augen perfekt. Glaube es mir, oder lass es, aber höre auf, mir Dinge zu unterstellen, die nicht der Wahrheit entsprechen!"

Enttäuscht von ihrem mangelnden Selbstvertrauen, drehte ich mich herum und atmete tief durch. War es nicht egal, was ich noch sagte? Sie würde nicht aufhören auf der Vergangenheit herumzureiten und mir ohnehin nicht glauben. Sollte ich es dann nicht dabei belassen?

"Und wenn ich es dir nicht glaube, lässt du mich dann gehen?", fragte sie so leise, dass ich es beinahe nicht verstanden hätte. Auf meinen Lippen entstand ein ungläubiges Grinsen, denn dies sprengte nun wirklich jegliches Verständnis, das ich für sie aufbringen konnte. Ich drehte mich zu ihr herum und ging abermals die wenigen Schritte auf sie zu.

"Nein und weißt du auch warum? Weil du laut Papieren mein Eigentum bist. Ich habe dich gekauft, also hast du genau zwei Möglichkeiten", knurrte ich und erkannte an ihrem Blick, dass sie inzwischen lieber nicht gefesselt gewesen wäre. Jedoch war es ihr eigener Wunsch, weshalb ich genüsslich über ihre weiche Haut strich. "Entweder gibst du dich dem hin und akzeptierst, dass ich dich immer auf Händen tragen werde, oder du provozierst mich weiter und ich werde dir anders zeigen müssen, dass du allein mir gehörst!"

Ich wollte ganz sicher nicht, darauf beharren, aber welche Wahl ließ sie mir? Sie wollte mir nicht glauben, egal, was ich sagte.

"Ich möchte einfach nur studieren und meine Zukunft in meine eigene Hand nehmen. Ich möchte mich mit Kommilitonen austauschen, mich mit Freunden treffen und Spaß haben. Einfach mein Leben so leben, wie es andere in meinem Alter tun!", sagte sie voller Verzweiflung. Ihre Stimme überschlug sich mehrere Male und ihre Brust hob und sank hastig, während sie mich außer Atem ansah.

"Okay."

Was da wohl noch alles folgen wird 👀😈

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