~Fiftysix~
Direkt im Anschluss des Telefonats ging ich nach unten und erkannte an dem Esstisch Yonathan. Er aß das gekochte Curry von Mrs. Bennett, während er auf seinem Tablet etwas las. Bedacht näherte ich mich dem Tisch und setzte mich gegenüber von ihm an das kurze Ende.
Nur flüchtig hob er seinen Kopf. "Was verschafft mir denn die Ehre, dass du zum Essen erscheinst?"
"Ich muss nochmals mit dir reden", erwiderte ich und sah, wie seine Brust sich angespannt hob.
"Und ich dachte, es hätte sich etwas geändert und du würdest wegen des Essens mit deiner Anwesenheit glänzen." Mir fiel sein abwertender Ton in der Stimme deutlich auf, jedoch ignorierte ich es. Er hatte jedes Recht dazu sauer zu sein, weshalb ich es ihm nicht einmal verübeln konnte.
"Ich würde gern meine Tante besuchen", sagte ich und ignorierte seinen feindseligen Kommentar. Yonathan entkam ein Lachen, ehe er sich räusperte und seine hellen, blauen Augen unmittelbar auf meine trafen.
"Und jetzt wirklich?", meinte er noch immer belustigt. Ich hob nur resigniert meine Augenbrauen, woraufhin er sich mit der Hand über das Gesicht strich, um seine noch immer belustigten Gesichtszüge zu glätten. "Okay, warum genau solltest du das wollen?"
"Sie ist meine einzige Familie." Abgesehen von ihrem angeblichen Sohn. Diesen Kommentar verkniff ich mir allerdings. Yonathan musste nicht wissen, dass Stenja sich verplappert hatte. Zumal es mich ebenso enttäuschte, dass Nate es mir all die Zeit einfach verschwiegen hatte.
"Wo war diese angebliche Familie, als du zur Highschool gingst und sie dir nicht einmal das Geld für ein Kleid für den Abschlussball geben konnte? Was ist mit deinen Studiengebühren passiert? Wo war sie all die Tage und Nächte, in denen du allein in dem Trailer gesessen und für dich selbst gesorgt hast? Was nennst du daran Familie?"
"Sie hat ihre Probleme", nuschelte ich. Vollkommen aufgelöst stand Nate auf, wobei der Stuhl laut nach hinten kippte. Wütend nahm er mich ins Visier, weshalb ich mich eingeschüchtert von seiner Präsenz ungewollt kleiner machte.
"Richtig, aber du hättest sie nicht haben müssen! Ich habe ihr jeden verfickten Monat mehrere tausend Dollar überwiesen, damit du es gut hast und sorgenfrei aufwachsen kannst! Und sie hat alles verzockt und versoffen!"
Ich verstand seine Wut, denn an seiner Stelle wäre ich es genauso.
"Nate, sie hat vieles falsch gemacht, aber dennoch bin ich bei ihr aufgewachsen. Sie ist meine Tante und mir stückweise wichtig. Ich möchte einfach wissen, wie es ihr geht", erklärte ich. Es war nicht einmal gelogen. Mir ging es hauptsächlich zwar nur darum mehr Informationen zu bekommen, aber ich musste mir auch eingestehen, dass ich sie wirklich vermisste. Auch wenn das Leben bei ihr nicht leicht war, war es meine Konstante im Leben und mein Zuhause.
"Entschuldige bitte", sagte er, hob den Stuhl auf und setzte sich mir erneut gegenüber, ehe er tief Luft holte. "Ich habe natürlich kein Recht dazu, so über sie zu reden und ich würde dir solch einen Wunsch auch niemals abschlagen. Nur kann ich dich nicht allein gehen lassen."
"Du darfst sauer sein. Ich verstehe das, genauso wie die Regel, dass ich allein nicht raus darf. Und genau darüber wollte ich mit dir reden", erwiderte ich so ruhig, wie es mir möglich war. Ich wollte ihm keinen weiteren Grund geben, wütend zu werden.
"Ich begleite dich", schlug er daraufhin vor. Mit schief gelegten Kopf signalisierte ich ihm, dass mir diese Idee absolut nicht gefiel. „Willst du nicht, okay. Ich habe mich ehrlicherweise noch nicht um einen Personenschützer gekümmert. Also entweder fährst du mit mir oder du musst dich noch einige Tage gedulden."
"Ich warte. Ab nächste Woche beginnen auch die Vorlesungen in der Uni. Also benötige ich bis dahin ohnehin einen Babysitter", antwortete ich, wobei ich meinen Argwohn bei dem Wort »Babysitter« nicht verstecken konnte.
"Ich gebe dir Bescheid", nickte Yonathan, weshalb ich aufstand, um zurück auf mein Zimmer zu gehen.
"Möchtest du nicht essen?", hörte ich ihn fragen. Augenrollend drehte ich mich herum und rang mir ein künstliches Lächeln ab.
"Ich habe keinen Hunger. Aber sage Mrs. Bennett, sie kann für mich etwas zurückstellen. Ich esse es dann morgen."
Natürlich sah ich Yonathan an, dass ihm meine Antwort nicht gefiel, allerdings sagte er zu meinem Erstaunen nichts dazu, sondern nahm es lediglich so hin. Warum konnten wir zuvor unsere Auseinandersetzung nie so friedlich beenden?
"Du musst dich nicht ausschließlich in deinem Zimmer verkriechen. Das weißt du, oder?", sprach er erneut, als ich mich zum Gehen wandte. "Du kannst dich auch hier im Wohnzimmer aufhalten, oder in der Bibliothek."
"Ich weiß, zurzeit fühle ich mich aber in meinem Zimmer wohl", erwiderte ich ehrlich.
"Okay", hauchte Yonathan, ehe ich anschließend nach oben ging und meine Serie weiter schaute.
***
Es vergingen drei weitere Tage. In diesen lenkte ich mich hauptsächlich mit den Vorbereitungen für die Uni ab, da ich einiges aufholen musste und nicht gänzlich unvorbereitet sein wollte. Es war Freitag, was bedeutete, dass mir nur noch das Wochenende blieb, ehe ich mich zum ersten Mal nach all den Geschehnissen wieder unter Menschen begeben musste.
Es machte mir zugegebenermaßen Angst, obwohl ich mich auch freute. Die Ungewissheit, was mich erwarten würde, weckte in mir ein Gefühl von Nervosität.
Ich saß zur Abwechslung nicht in meinem Zimmer. Stattdessen hatte ich es mir im Wohnzimmer auf dem Boden gemütlich gemacht. Umgeben von etlichen Büchern und meinem Laptop holte ich den Stoff auf, den ich die letzten Wochen verpasst hatte. Meinen Vorlesungsplan und den Lehrplan hatte ich von der Uni bereits erhalten, sodass ich mich zumindest etwas auf Montag vorbereiten konnte.
Aus dem Augenwinkel erkannte ich Yonathan, der mit einer dunklen Hose und ebenso schwarzen Hemd an mir vorbeilief. Er ging in die offene Küche, nahm sich ein Glas und füllte dieses mit Wasser, ehe er sich mit den Armen auf die Kochinsel stützte und gedankenverloren das Glas zwischen seinen Händen drehte. Mir fiel seine angespannte Miene auf, als er zusätzlich mit seinem Kiefer mahlte.
Ich verharrte weiterhin auf dem Boden und war mir sicher, dass er mich nicht einmal wahrgenommen hatte. Etwas beschäftigte ihn so sehr, dass er sein Umfeld vollständig ausblendete. Yonathan trank einen Schluck, bevor er sein Handy nahm.
Obwohl ich bereits länger hier saß, kam es mir vollkommen falsch vor ihn zu mustern, während er keinerlei Ahnung davon hatte, dass ich da war. Und doch konnte ich meinen Blick nicht von ihm abwenden. Seine Haare waren zerzaust und zeigten deutlich, wie oft er mit der Hand gestresst dadurch gestrichen haben musste. Unter seinen Augen erkannte ich seine Müdigkeit und auch die Falte zwischen seinen Augenbrauen, die ich so sehr liebte, zeigte, wie mitgenommen er war.
Er tippte auf dem Handy und hielt es sich kurz darauf ans Ohr. Kurz überlegte ich, ob ich mich mit einem leisen Laut erkennbar machen sollte, jedoch schwand der Gedanke, als Yonathan lächelte.
"Hey", sagte er liebevoll und weckte somit meine Neugier. "Hast du meine Nachricht bekommen?"
Es entstand eine Pause, während er der Person am anderen Ende der Leitung lauschte. "Ich brauche einfach eine Ablenkung", seufzte er.
"Es ist nicht nur die Arbeit, aber das erkläre ich dir am besten persönlich und nicht am Telefon." Yonathan richtete sich auf und lehnte sich mit dem Rücken zu mir gewandt an die Kochinsel. "Unter anderem. Also wann könntest du nach Boston kommen?"
Sein Lachen ertönte und missmutig presste ich meine Lippen fest aufeinander. Mein Herz raste schmerzlich, obwohl mir bewusst war, dass es mich nichts mehr anging. Immerhin hatte ich es aus freien Willen beendet und hatte nicht das Recht dazu verletzt zu sein.
"Ich hole dich dann ab", erwiderte Yonathan, ehe er wiederholt lachte. "Das hat er dir erzählt? Er war selbst schuld. Jetzt hat er immerhin einen guten Grund, sich ein vernünftiges zu kaufen."
Nach einer kurzen Verabschiedung beendete er das Telefonat, um daraufhin den restlichen Inhalt des Glases zu leeren. Yonathan verließ die Küche und ging durch das Foyer, wobei sein Blick unmittelbar meinen traf. Da er nicht sonderlich überrascht aussah, verstand ich, dass er die ganze Zeit über wusste, dass ich da war.
Seine Augen schweiften über meinen Körper und verharrten an meinen nackten Beinen, da ich nur eine kurze Hotpants aus dünnen, schwarzen Stoff trug.
"Zieh dir etwas Vernünftiges an. In 15 Minuten kommt der Personenschützer, um dich kennenzulernen."
Hey ihr Lieben, ich hoffe es geht euch allen gut ❤️
Ich bin leider noch immer vollkommen im Stress und habe täglich gefühlt 50 Burnouts hintereinander 🤣
Aaaaaber allmählich komme ich dem Ziel der Veröffentlichung näher und natürlich möchte ich allen, die Interesse haben, so viele Einblicke wie möglich geben 🥰 daher schaut gern einmal bei meinem neuen Insta Profil vorbei und folgt mir gern (j.t_shady)
Dort erfahrt ihr auch ab wann The lies between us verfügbar sein wird ❤️
Ich wünsche euch allen einen schönen Abend und vor allem eine wunderschöne Vorweihnachtszeit 🎅🎄❤️❤️
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