midnight walk

„Das kann nicht dein Ernst sein?", zischte ich Samantha zu, während ich gleichzeitig versuchte den Erläuterungen von Professor Flitwick zu folgen. Seit der Szene im Gemeinschaftsraum waren mehr als zwei Wochen vergangen und Sam hatte sich wirklich Mühe gegeben, um ihren Fehler wieder gut zu machen und spätestens, nachdem ich ein Ohnegleichen von Professor Slughorn für meinen Aufsatz bekommen hatte, der bei seinem abendlichen Dinner in höchsten Tönen gelobt wurde, war auch ich in der Stimmung gewesen mich wieder mit ihr zu versöhnen.

Allerdings hatte sie mir soeben eröffnet, dass sie mit James Potter eine Wette abgeschlossen hatte, wofür sie nun meine Hilfe benötigte. „Also wenn du gerne nachts im Verbotenen Wald umher spazieren möchtest, dann tu dir keinen Zwang an, aber ohne mich", erwiderte ich ihr und vollführte die schwungvolle Bewegung, die uns der kleine Professor soeben vorgemacht hatte. „Aber die Wette besteht ja daraus, dass du zusammen mit mir und den vier Jungs einen nächtlichen Spaziergang durch den Wald machst", erklärte sie mir, woraufhin ich die Augen rollte. Offenbar hatte James sich mal wieder darüber lustig gemacht, dass ich ständig nur Zeit mit meinen Büchern verbringen würde und nie für einen Spaß zu haben wäre, woraufhin Sam wohl erwidert hatte, dass ich durchaus bereit für ein kleines Abenteuer wäre. Jedoch war ich nicht sonderlich begeistert von dem Gedanken zwei Dutzend Schulregeln zu brechen und dazu noch mein Leben zu riskieren, denn wer wusste schon was in dem dunklen Wald alles lauerte. „Niemals", entgegnete ich ihr kühl und murmelte daraufhin leise: „Avis", wodurch ein bunter Vogelschwarm aus der Spitze meines Zauberstabes hervorbrach.

„Oh, sehr schön Miss Paris, zehn Punkte für Gryffindor für diese hervorragende Leistung", lobte Flitwick meinen Zauber, denn augenscheinlich war ich die erste, die den Zauber erfolgreich gemeistert hatte, obwohl Lily Evans ihn kurz darauf ebenfalls ausführte und mir ein anerkennendes Lächeln zuwarf. Bei den anderen lief es nicht ganz so, wie erwartet. Aus Marlene McKinnons Zauberstab kamen nur Federn, während Peter Pettigrew sein Buch in Brand gesteckt hatte, weshalb Professor Flitwick dies mit einem tadelnden Blick löschen musste. Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen sah ich, dass es den anderen drei Rumtreibern auch nicht besser erging. James Potter schaffte es zwar kurzzeitig einen Vogel hervorzubringen, allerdings löste sich dieser augenblicklich in Luft auf und Sirius Black versuchte nicht einmal den Zauberspruch aufzusagen, da er in ein Gespräch mit einem hübschen Mädchen aus Ravenclaw vertieft war, was meinem Herz einen ungewohnten Stich versetzte.

„Sirius Black wäre auch mit von der Partie", wisperte mir Sam zu, die offenbar meinen Blick gefolgt war. Inzwischen hatte sie auch einen kleinen Vogelschwarm hervorgebracht, weswegen sie nun wieder mich bearbeitete. „Sicherlich fände er es sehr beeindruckend, wenn du dich uns anschließend würdest und außerdem könnte er dich ja vor Werwölfen beschützen", verspielt zog sie ihre Augenbrauen nach oben, was mich scharf die Luft einziehen ließ, allerdings wanderte mein Blick zurück zu dem Mädchen aus Ravenclaw, die eine Strähne ihres braunen Haares um ihren Finger wickelte und verführerisch zu Sirius sah, der inzwischen von unzähligen bunten Vögeln umgeben war. „Na gut, ich komme mit, aber nur am Wochenende, ich will nicht tot müde im Unterricht hängen, bloß weil du deine Klappe nicht halten kannst", nachdem ich zugestimmt hatte, breitete sich ein zufriedenes Lächeln auf Sams Gesicht aus, die mir hoch und heilig versprach, dass ich keine einzelne Sekunde des wertvollen Unterrichts wegen ihr versäumen würde.

Beim Mittagessen setzte ich mich allein an den großen Tisch, da Sam noch eine Skizze für Pflege magischer Geschöpfe fertigstellen musste, die sie am Nachmittag abgeben sollte. Allerdings blieb ich nicht lange ungestört, denn bereits wenige Minuten nach meiner Ankunft setzten sich Sirius und Remus zu mir, wobei Black mir ein begeistertes Lächeln zuwarf. „Ich habe gehört, dass du dabei bist, echt klasse, hätte ich dir nicht zugetraut, obwohl es natürlich kindisch ist, dass du nur am Wochenende mitgehen möchtest, immerhin ist die Müdigkeit im Unterricht die wahre Belohnung für solchen Mut", meinte Sirius, der sich einen großen Schöpfer Kürbissuppe genehmigte, während sein Freund nur gelangweilt in seinem Hühnerfrikassee herumstocherte. Wie üblich sah er ziemlich erschöpft aus, dunkle Ringe zeichneten sich unter seinen grauen Augen ab und seine Haut hatte einen fahlen Ton angenommen.

Schon öfter hatte ich mich gefragt, was mit ihm nicht stimmte, zumal er eine große Anzahl an Fehltagen hatte, die aber anscheinend mit den Lehrern abgesprochen waren, da sich nie jemand darüber beschwerte. Sam meinte, dass ich mir irgendetwas einbilden würde und Remus Lupin eben zu jenen Menschen gehörte, die mit einer schlechten Gesundheit bestückt waren und er wohl deswegen einfach oft krank wurde und auch ständig krank aussah. Allerdings wollte ich mich mit dieser Erklärung nicht zufriedengeben, schon allein die Tatsache, dass er oft mit frischen Wunden aus seinen Krankheitstagen zurückkam, fand ich mehr als nur auffällig. Und dazu kam, dass ich das Gefühl hatte, dass sein Verschwinden nach einem gewissen Schema erfolgte, nur hatte ich noch nicht herausgefunden nach welchem.

„Sei froh, dass ich überhaupt mitkomme und wenn du es noch lauter umherbrüllst, dann überlege ich mir die ganze Sache nochmal, ich habe nämlich keine Lust erwischt zu werden", grummelte ich und schöpfte mir ebenfalls etwas auf meinen Teller. „Keine Sorge, dass wird spitzenmäßig, also wir haben beschlossen morgen Abend loszugehen. Freitagabende sind immer besser als die am Samstag und außerdem, haben wir am Wochenende sowieso schon etwas anderes vor", Sirius warf einen verschwörerischen Blick zu Remus, der allerdings nur die Augen verdrehte und sich wieder lustlos seinem Essen zu wandte. Ich kniff die Augen zusammen, wollte ihm aber nicht den Gefallen tun und nachfragen, was denn ihre großartigen Pläne für das kommende Wochenende waren. „Nun gut und was habt ihr vor im Verbotenen Wald?", fragte ich mit gedämpfter Stimme, um ja keine Aufmerksamkeit auf unser Gespräch zu lenken. „Ach das Übliche halt", meinte Sirius gutgelaunt. „Das Übliche?", verunsichert zog ich eine Augenbraue nach oben, zwar wusste ich, dass die Rumtreiber für ihre nächtlichen Wanderungen berühmt waren, allerdings hätte ich nicht gedacht, dass irgendein Schüler so lebensmüde sein konnte regelmäßig in den verbotenen Wald zu gehen. „Naja, wir schleichen uns raus, drehen eine kleine Runde durch den Wald und dann geht es auch schon wieder zurück. Der Star dieser Show bist ja du und nicht der Wald", er zwinkerte mir zu, was mich nicht sonderlich beruhigte. Trotzdem hoffte ich, dass dieser Ausflug einfach schnell vorüber gehen würde und ich mich danach wieder meinem langweiligen Leben widmen konnte.

Viel zu schnell floss der Donnerstag dahin und auch der Freitag brachte mir nur wenig Ablenkung, da ich sowieso die meiste Zeit damit verbrachte über meinen bevorstehenden Ausflug nachzudenken. James und Sirius warfen mir den ganzen Tag verschwörerische Blicke zu, was Sam als Zeichen deutete, dass sie mich endlich als cool empfanden, worauf ich nichts gab. Kurzzeitig hatte ich sogar überlegt ihnen abzusagen, da mir die ganze Sache einfach zu heikel war und ich nicht meinen guten Ruf riskieren wollte. Doch dann hatte ich schon wieder Sirius mit dem hübschen Mädchen aus Ravenclaw gesehen, weswegen ich noch entschlossener war als zuvor ihm zu zeigen, dass ich nicht nur eine spießige Streberin war.

Völlig am Ende mit den Nerven schälte ich mich am Freitagabend, nach dem Abendessen, aus meinem Umhang und schlüpfte in eine Jeans und einen warmen Pullover, da es inzwischen sehr herbstlich und dementsprechend auch kühl geworden war. Zusätzlich zu meinen Stiefeln, zog ich auch noch ein Paar kuschelige Wollsocken an und kramte meinen Gryffindorschal aus meinem Koffer, ehe ich meinen wärmenden Wintermantel über meinen Arm warf und Sam signalisierte, dass ich fertig war. Ein Kichern entwich ihr, als sie merkte, wie viele Schichten aus Kleidung ich angezogen hatte, jedoch war mir inzwischen nicht mehr zum Lachen zu Mute. Schon beim Essen hatte ich kaum einen Happen herunterbekommen und beim Gedanken daran, in wenigen Minuten durch das Geäst des verbotenen Waldes zu laufen, musste ich mich konzentrieren, um meinen Mageninhalt bei mir zu behalten.

Als wir den Gemeinschaftsraum betraten, stellte ich erleichtert fest, dass dort nur noch die Rumtreiber auf uns warteten, die ebenfalls warme Sachen angezogen hatten. Niemals hätte ich es ausgehalten noch mehrere Stunden zu warten, bis wir loskonnten, denn mein Mut schien von Minute zu Minute weniger zu werden. „Gut, da wir ja jetzt alle hier versammelt sind, können wir los", stellte James begeistert fest und zog ein altes Stück Pergament aus seiner Tasche, ehe er mit kräftiger Stimme sagte: „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut", und dabei tippte er einmal auf das Papier, auf dem sich sofort kleine Linien bildeten, die sich rasch ausbreiteten und eine Karte bildeten. „Was ist das?", fragte ich neugierig und trat etwas näher an ihn heran, jedoch zog er das Pergament geheimnistuerisch zurück, sodass ich nicht mehr erkennen konnte, was dort abgebildet wurde. „Nun, wir schätzen zwar einen aufgeweckten Charakter, aber wir können nicht gleich unsere gesamten Geheimnisse ausplaudern", erklärte mir Sirius und die anderen stimmte ihm mit einem stummen Nicken zu. „Wir sollten wirklich losgehen", kam es nun von Remus, der ziemlich ungeduldig wirkte und immer wieder ein paar hektische Blick nach draußen warf, fast so als befürchtete er Professor McGonagall würde durch die Turmfenster hereinblicken, doch dort war nur der runde Mond zu sehen, denn morgen Abend war schon wieder Vollmond, wie ich dank des Astronomie Unterrichts wusste.

Leise schlichen wir uns aus dem Gemeinschaftsraum und vernahmen noch die mahnenden Worte der fetten Dame, ehe wir durch die Korridore des Schlosses liefen. Hier und da wechselten wir die Richtung, nachdem James mal wieder einen Blick auf das mysteriöse Blatt Pergament geworfen hatte. Einmal mussten wir uns hastig in ein verlassenes Klassenzimmer flüchten, da Filch durch einen der Gänge streunte, dicht gefolgt von seiner nervigen Katze und ein anderes Mal hätte uns beinahe Peeves gesehen, da James gerade damit beschäftigt war seinen Schuh zu binden und sicher gewesen war, dass wir in einem vollkommen verlassenen Korridor unterwegs waren. Allein diese beiden Eskapaden hatten meinen Puls in unbekannte Höhen getrieben, weswegen ich am liebsten wieder zurück in den Schlafsaal gegangen wären. Denn beim besten Willen konnte ich mir nicht vorstellen, wie ich einen Spaziergang durch den Verbotenen Wald überstehen sollte.


Da hat sich unsere liebe Ivy auf etwas eingelassen. Hoffentlich geht alles gut bei ihrem nächtlichen Ausflug in den Verbotenen Wald...

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