hot chocolate
„Professor Dumbledore", stammelte ich, als ich auf ihn zulief, immerhin war dies eine ziemlich ungünstige Situation, da es strengstens verboten war, um diese Uhrzeit auf dem Schlossgelände umherzustreifen. Dazu kam, dass ich völlig verdreckt war, Äste und Blätter hingen in meinen Haaren und an meiner linken Wange prangte ein Striemen, den mir eine der Wurzeln verpasst hatte. Verunsichert drehte ich mich um, ob Sirius noch bei mir war, doch von dem fehlte jede Spur und mich beschlich das Gefühl, dass Dumbledore nichts von diesem nächtlichen Ausflug wissen sollten.
„Miss Paris, würden Sie mir bitte in mein Büro folgen", zu meiner Verwunderung konnte ich ein Lächeln auf seinem Gesicht erkennen und die blauen Augen blickten mich verständnisvoll an, was mich ein wenig beruhigte. Es fühlte sich komisch an dem Direktor durch das stille Hogwarts zu folgen, vor allem da ich noch nie zuvor zu seinem Büro gerufen wurde. Vor einem steinernen Wasserspeier hielten wir inne, ehe Dumbledore: „Sahnebonbon", sagte, woraufhin dieser sich zur Seite bewegte und den Blick auf eine Wendeltreppe freigab. „Nach Ihnen", bat er mich und mit zittrigen Beinen erklomm ich die Stufen, die mich zu einer verzierten Tür führten, die ich öffnete.
Dahinter erstreckte sich ein kreisrunder Raum, der wirklich sehr beeindruckend war. An den Wänden schliefen die ehemaligen Schulleiter von Hogwarts, oder zumindest taten sie so. Und in den Regalen stapelten sich unzählige Bücher, sowie abstrakte Instrumente, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Das Beeindruckenste war allerdings ein scharlachroter Phönix, der auf einer goldenen Stange saß und bei unserem Eintreffen neugierig seinen Kopf reckte.
„Setzen Sie sich", forderte er mich höflich auf und ich nahm auf einem bequemen Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz, während er sich auf der anderen Seite niederließ. Mit einem Schlenker seines Zauberstabes rief er eine große Tasse mit heißer Schokolade herbei mit viel Sahne und kleinen Marshmallows. „Trinken Sie erstmal einen kräftigen Schluck und dann würde ich gerne wissen, was genau heute Abend vorgefallen ist". Meine Hände fühlten sich taub an, als ich nach der warmen Tasse griff und ich ließ mir möglichst viel Zeit beim Trinken, da ich nicht genau wusste, wie ich diese Geschichte erklären sollte.
Nachdem ich meine Tasse wieder abgestellt hatte, atmete ich einmal tief durch und fing an mit meiner Erzählung, wie ich schon seit einigen Monaten die Vermutung hatte, dass hinter Remus Verschwinden ein Muster stecken musste, aber das meine Freundin der Überzeugung war, dass ich mir das alles nur einbildete. Danach erzählte ich von meinem Gespräch mit Severus Snape, der mir nichts sagen wollte und dass ich letztendlich selbst auf die Lösung gekommen war, als ich das Kapitel über Werwölfe gesehen hatte. An dieser Stelle hielt ich einen Augenblick inne, da ich nicht genau wusste, wie ich meinen Weg zur heulenden Hütte erklären sollte, ohne dabei die Rumtreiber zu verraten. Ich war mir sicher, dass Dumbledore nicht wusste, dass sie Animagi waren, aber glücklicherweise nahm mir der Schulleiter diese Stelle ab. „Wie bereits der junge Severus im vergangenen Sommer, sind auch Sie auf die Geheimnisse der peitschenden Weide gestoßen und ich nehme an, dass Sie zukünftig einen großen Bogen um diesen Baum und um die heulende Hütte machen werden", er sah mich streng an, aber als ich schwach nickte, lächelte er wieder und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Nun gut, ich werde Sie nicht bestrafen, da Sie sich nur Sorgen um einen Mitschüler gemacht haben und ich denke Sie haben heute Abend genug erlebt. Dennoch muss ich Sie um einen Gefallen bitten, nämlich um denselben wie Severus Snape und zwar das Sie Ihre Entdeckung für sich behalten", wieder wartete er auf meine Antwort. „Ich werde niemandem etwas sagen", entgegnete ich ihm, tatsächlich hatte ich keineswegs vorgehabt irgendeinem Schüler davon zu berichten und da Remus Krankheit offensichtlich mit Dumbledore abgesprochen war, sah ich keinen Grund zu Beunruhigung.
„Ich werde Sie in den Krankenflügel begleiten. Madam Pomfrey sollte einen Blick auf Ihre Wunde und ich denke, dass ein Schlaftrunk heute wahre Wunder bewirken könnte. Trinken Sie noch einen Schluck", folgsam leerte ich meine Tasse und spürte, wie die heiße Schokolade meine Lebensgeister erneut weckte. „Sir? Dürfte ich noch eine Frage stellen?", kam es leicht heiser von mir, als sich Professor Dumbledore erhob. „Selbstverständlich", entgegnete er mir freundlich und betrachtete mich aus seinen Halbmondgläsern heraus. „Wie...wie lange leidet Remus schon unter Lykanthropie?", das letzte Wort sprach ich möglichst leise aus, da ich befürchtete die Gemälde an der Wand könnten uns belauschen. „Nun ich denke, dass sollten Sie ihn selbst fragen. Allerdings kann ich Ihnen sagen, dass er bereits in diesem Zustand nach Hogwarts kam, Sie haben also nichts zu befürchten und nun kommen Sie". Ich empfand Mitleid für Remus, denn die Antwort des Schulleiters ließ vermuten, dass er noch sehr jung gewesen war, als er gebissen wurde. Gleichzeitig empfand ich eine gewisse Beruhigung, denn ich hatte befürchtet, dass er bei einem nächtlichen Spaziergang durch den verbotenen Wald gebissen wurde, was wirklich schrecklich gewesen wäre.
Das Kitzeln eines Sonnenstrahls weckte mich am nächsten Morgen und zunächst wusste ich nicht genau, wo ich mich befand, da es nicht der Mädchen Schlafsaal oben ich Turm der Gryffindors war. Doch dann strömten die Bilder der vergangenen Nacht zurück in mein Gedächtnis. Nachdem Dumbledore mich zu Madam Pomfrey gebracht hatte, gab mir diese einen starken Schlaftrunk durch den ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen war, aus dem ich nun gestärkt erwachte. Außerdem hatte sie sich um den Kratzer an meiner Wange gekümmert, da der Schulleiter befürchtet hatte, er könnte von Remus stammen, dies war glücklicherweise nicht der Fall und inzwischen war auch, dank Diptamserum, nur noch ein schwacher, roter Strich zu erkennen.
Meine Augen wanderten zu meinem Nachttisch, auf dem ein Blumenstrauß stand, der stark an den erinnerte, den wir in Verwandlung hervorbringen sollten. Davor standen zwei Karten, eine war sehr schlicht gehalten, ein Blatt war darauf gezeichnet worden und ich war mir ziemlich sicher, dass sie selbstgemacht war, auf der anderen waren Rosen abgebildet, die allmählich wuchsen, bis sie schließlich verwelkten und dann wieder als Keimling von vorne anfingen. Außerdem gab es noch einen kleinen Korb mit Süßigkeiten aus dem Honigtopf und ich erkannte die teure Schokolade, die Remus immer so gerne aß.
Gerade als ich mich fragte, woher diese ganzen Geschenke stammten, immerhin sollte fast niemand von meiner nächtlichen Eskapade wissen, räusperte sich jemand neben mir, was mich zusammenzucken ließ. Drei Betten weiter saß Remus am Rand seines Bettes und blickte mich mit traurigen Augen an. Er sah schrecklich aus, so als hätte er seit Tagen nicht geschlafen, seine Haare waren verfilzt und sein Gesicht hatte eine unnatürliche graue Färbung angenommen. Sein rechter Arm war komplett einbandagiert und auch an seiner Wange konnte ich erkennen, dass Madam Pomfrey sich daran zu schaffen gemacht hatte. Die Tatsache, dass er nur ein zerschlissenes, graues T-Shirt und eine alte schwarze Jeans trug, verstärkte den erbärmlichen Anblick, den er abgab umso mehr und ich empfand großes Mitleid für ihn.
„Hey", entgegnete ich ihm sanft und zwang mich zu einem aufmunternden Lächeln, das er nicht erwiderte. „Ivy, es tut mir ja so leid, ich wollte nicht...", seine Stimme war kratzig und brüchig und sofort als er anfing zu sprechen, schossen Tränen in seine grauen Augen, weswegen er sich die Haare nach oben raufte, vermutlich, um von diesem Gefühlsausbruch abzulenken. Offensichtlich wusste er von den Geschehnissen der Nacht, vermutlich hatte Professor Dumbledore es ihm erzählt oder die Rumtreiber, obwohl ich eher auf ersteren setzte. „Ich habe Professor Dumbledore gebeten mich heimzuschicken, aber er wollte nichts davon hören und meinte stattdessen, dass ich mit dir reden soll, was ich natürlich sowieso vorhatte", für einen Moment kam er ins Straucheln, da seine Stimme zu versagen drohte, woraufhin er innehielt und wohl hoffte ich würde ihm das Weitere abnehmen. Allerdings konnte ich ihn nur entsetzt ansehen, da auch ich keinen vernünftigen Satz zustande brachte. „Wenn ich nur daran denke, was hätte passieren können. Du hättest von mir getötet werden können oder gebissen, was vermutlich schlimmer gewesen wäre, als der Tod", wieder stockte er und ich sah, wie sehr ihn die Vorstellung quälte. Doch anscheinend hatte ich genau das gebraucht um meine Stimme wieder zu finden. „Nein Remus, hör mir zu, ich hätte niemals in die heulende Hütte gehen sollen, schließlich hatte ich schon davor eine Vermutung, was los sein könnte. Ich war einfach zu neugierig, es war meine Schuld, nicht deine. Ich mache dir keinen Vorwurf, ehrlich nicht", wieder lächelte ich ihn aufmunternd an, woraufhin er mich mit offenem Mund anstarrte.
„Du...du bist nicht böse auf mich? Oder hältst mich für abscheulich?", stammelte er ungläubig, weshalb ich den Kopfschüttelte. „Nein, du bist immer noch Remus Lupin, der beste Rumtreiber, den es gibt und einer der nettesten Schüler hier in Hogwarts", meinte ich und sah wie sein Gesicht einen rötlichen Unterton annahm, was deutlich gesünder aussah. „Weißt du, wer mir die ganzen Sachen geschickt hat?", erkundigte ich mich, um endlich das Thema wechseln zu können, worüber wohl auch Remus sehr dankbar war. „Naja, also die Süßigkeiten sind zum Großteil von mir, die hässliche Karte mit dem Blatt ist von James und Peter und der Strauß und die andere Karte stammen von Sirius", ich war ziemlich erstaunt, als er geendet hatte und nahm mir zunächst eine Tafel Schokolade aus dem Korb und brach ein großes Stück davon ab. Mit einem einfachen Schwebezauber ließ ich es zu Remus gleiten, der es aus der Luft pflückte. „Danke", murmelte er daraufhin und nahm einen Bissen zu sich. Danach öffnete ich die Karte mit dem Blatt, allerdings gab es nicht viel zu lesen, denn darin stand nur:
Gute Besserung Ivy!
Und darunter standen die Namen Peter und James, sowie zwei Abdrücke, der einer Hirschklaue und der Pfote einer Ratte, was mich schwach grinsen ließ. Anschließend öffnete ich die andere Karte und spürte, wie ich nervös wurde, als ich die feinsäuberliche Schrift sah, offenbar hatte Sirius sich wirklich Mühe gegeben.
Liebe Ivy,
ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, aber ich möchte, dass du weißt, das es mir von Herzen leid tut, was gestern Abend passiert ist. Bereits damals in der Bibliothek, als ich dich zu Madam Pomfrey begleitet hatte, hatte ich die schreckliche Befürchtung, dass du hinter unser kleines Geheimnis gekommen bist. Allerdings hätte ich dich eher für eine Person gehalten, die Remus offen darauf ansprechen würde, aber da habe ich dich wohl unterschätzt – Naja wahrscheinlich hast du einfach Blut geleckt nach unserem Spaziergang durch den verbotenen Wald. Gestern Abend habe ich dich auf der Karte des Rumtreibers entdeckt, allerdings wusste ich, dass Professor Slughorn wieder eines seiner Abendessen veranstaltet hat und erneut hätte ich dir nicht zugetraut, dass du uns folgen würdest. Ein großer Fehler.
Ich kann dir nicht sagen, was in mir vorgegangen ist, als ich dich da in der heulenden Hütte gesehen habe. Und ich weiß auch nicht was schlimmer war, die Angst und Panik, die ich in deinem Gesicht erkennen konnte oder die Tatsache, dass Remus die beinahe umgebracht hätte. Noch nie zuvor in meinem Leben war ich so dankbar für dein schlaues Köpfchen und den Mut von James, da ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte, als ich dich dort gesehen habe.
Außerdem wollte ich mich dafür bedanken, dass du Professor Dumbledore nichts von unserem pelzigen Geheimnis erzählt hast. Denn er weiß nichts davon und es wäre schön, wenn es auch so bleiben könnte. Gerne würde ich dir alles genauer erklären, aber dafür ist wohl ein persönliches Gespräch fällig.
Ich hoffe du wirst schnell wieder gesund!
Sirius B.
Tränen waren über mein Gesicht gekullert, als ich seinen Brief gelesen hatte, die ich nun hastig wegwischte. Ich spürte, wie Remus Blick auf mir lag, wusste aber nicht, was ich zu ihm sagen sollte, weshalb ich stumm die Karte zurück an ihren Platz stellte. „James war heute Morgen kurz bei mir und hat mir erzählt, dass Sirius ziemlich ausgetickt sein muss, offenbar ist er ziemlich wütend auf uns, aber am meisten wohl auf sich selbst", erklärte er mir, was ich schweigend akzeptierte, ehe auch ich mir ein Stück der Schokolade genehmigte.
Dem lieben Remus kann man wohl einfach nicht böse sein, auch wenn diese ganze Aktion eine ziemlich knappe Kiste war :D
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top