1.4
Agnes schlich irgendwie wieder zurück in das Krankenzimmer und niemand hatte sie gesehen oder mitbekommen, dass sie überhaupt verschwunden war.
Es war grundsätzlich unbekannt, wie Agnes das schaffte, immerhin waren wirklich viele Patienten und Heiler auf den Gängen unterwegs, aber hätte man im Nachhinein jemanden gefragt, ob sie Agnes Tripe außerhalb ihres Bettes gesehen hätte, hätten alle verneint.
Niemand, außer Sirius, der von seiner Lektüre aufblickte, als Agnes den Raum betrat.
Agnes war sich nicht ganz sicher, ob sie das in Sirius' Händen überhaupt „Lektüre" nennen wollte, immerhin war es eine neuere Ausgabe von der Hexenwoche und Agnes hätte ihm verziehen, dass er das las, wenn es das einzige gewesen wäre, das da war, aber Agnes wusste ganz sicher, dass Sirius Black sich dieses Magazin selbst gekauft hatte und es auch noch genoss, es zu lesen.
„Oh, hallo Agnes!", flötete Sirius zuckersüß und schloss das Magazin, „Wie war dein Ausflug? Muss ich ein paar Leichen für dich loswerden?"
„Nope, sie haben es alle überstanden", versprach Agnes und warf ihm seinen Zauberstab zu, den er nur mit Mühe auffing, „Sie haben nachgegeben – ich habe ehrlich gesagt erwartet, dass sie sich einen Kampf liefern würden, aber ich habe nicht einen Knochen brechen müssen!"
„Das freut mich", bemerkte Sirius und stand auf, streckte sich sodass seine Knochen knackten und er seufzte zufrieden, „Du schuldest mir etwas! Es ist qualvoll gewesen, hier zu sitzen und Heilern zu sagen, dass du schläfst! Du hättest sie sehen sollen – ich glaube, sie hätte mir eher geglaubt, wenn ich ihnen gesagt hätte, dass ich dich gezwungen habe einen Schlaftrunk zu schlucken. Sie sind alle zusammen ganz aus dem Häuschen gewesen, dass du ohne Hilfsmittel mehrere Stunden durchschläfst! Für die ist heute ein Wunder passiert."
„Ich bin schon immer wundervoll gewesen", schnaubte Agnes und zog ihre Bettdecke zurück. Darunter befanden einige Kissen, die sie so drapiert hatte, dass sie so aussahen, als wäre es ein menschlicher Körper.
„Klar", schnaubte Sirius, „Wirst du jetzt wirklich schlafen?"
„Natürlich nicht", lachte Agnes, als hätte Sirius gerade einen wirklich guten Witz erzählt, „Ich habe noch viel zu erledigen! Mit Andromeda wird Tonks bestimmt keine Probleme haben, also muss ich wohl überlegen, wie mich die Heiler hier entlassen und mir auch noch zutrauen, wieder einen Zauberstab zu tragen."
„Agnes, ich habe dir meinen Zauberstab geliehen und das erste, das du damit gemacht hast, ist die Malfoys zu bedrohen. Man sollte dir eindeutig keinen Zauberstab in die Hand drücken", erinnerte Sirius sie und Agnes zischte ihn wie eine Katze an.
„Da drin ist es langweilig", beschwerte Agnes sich und ließ sich dramatisch auf ihr Bett fallen, „Ich halte es nicht aus! Jeden Tag passiert absolut gar nichts!"
„Ich glaube die Heiler behaupten genau das Gegenteil", vermutete Sirius nachdenklich, „Du bist wohl das Spannendste, das im Moment hier ist."
„Sonderlich spannend kann ihr Leben nicht sein, wenn sie es schon so atemberaubend finden, dass ich schlafe", schnaubte Agnes abfällig.
„Jaah, da hast du wohl Recht", stimmte Sirius ihr zu, „Aber ich denke, sie würden es spannend finden, wenn sie herausfinden würden, dass sie nur gedacht haben, dass du schläfst."
Agnes sah ihn unbeeindruckt an. Sirius grinste verschmitzt. Agnes überlegte sich, ob sie ihn doch noch umbringen sollte, entschied sich aber dagegen. Das würde im Moment wohl mehr Probleme mit sich bringen, als sie zu lösen.
Sirius war gerade einmal zehn Minuten weg, als Fred Weasley den Raum betrat, um Agnes zu besuchen.
In seiner Hand war ein Brownie für Agnes und er hoffte, dass die Mischung aus Zucker, Schokolade und Kuchen Agnes dazu bringen würde, ihrem inneren Lupin freien Lauf zu lassen und ihn zu essen.
„Hey Agnes!", begrüßte Fred sie. Agnes war in ihrem Bett und las, aber Fred war sich sicher, dass sie ihn schon lange gehört oder gerochen hatte und trotzdem sah sie nicht auf, was bedeutete, dass sie etwas verheimlichte und obwohl Agnes immer so tat, als würde sie es beherrschen, eine kalte, neutrale Maske zu tragen, so konnte Fred mit amüsanter Leichtigkeit direkt hindurch sehen und er wusste immer, was wirklich in ihr vorging.
„Ich habe gehört, du hast heute lange geschlafen", erzählte Fred und trat an ihr Bett, „Die Heiler sind ganz begeistert von dir."
Agnes stockte und atmete einmal tief durch, bevor sie das Buch zusammenklappte und Fred anlächelte und er wusste sofort, dass sie nicht geschlafen hatte. Natürlich hatte Agnes auch Augenringe, wenn sie geschlafen hatte, aber Fred wusste einfach, dass die Heiler ausgetrickst worden waren.
„Verstehe", grinste Fred amüsiert, „Also... was hast du heute so gemacht, außer zu schlafen?"
Agnes sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Das willst du nicht wissen."
„Ich interessiere mich für alles in deinem Leben, Agnes", versicherte Fred ihr.
Agnes schüttelte trotzdem den Kopf. „Nein, das Wissen würde dich zu einem Mittäter machen und ich würde es bevorzugen, wenn ich dich da außen vor halten könnte."
„Uhh, etwas Illegales", hauchte Fred begeistert und schmunzelte Agnes an, „Ich steh' drauf. Ziemlich heiß."
Fred zwinkerte ihr zu und Agnes Tripe wurde tatsächlich rot und sie wurde noch roter, als Fred ihr auf die Wange küsste – vielleicht einen Moment zu lange.
„Idiot", grummelte Agnes schmollend und Fred hätte sie in diesem Moment wohl am ehesten mit einem beleidigten Hamster verglichen und fand es eher niedlich, als bedrohlich, aber das hätte er Agnes niemals sagen können, außer er hätte sich von seinen Nieren verabschieden wollen.
„Weißt du, was auch noch illegal sein sollte?", fragte Fred sie, wartete aber nicht auf eine Antwort, sondern schob Agnes einfach zur Seite, damit er ebenfalls noch auf dem eigentlich nur für eine Person gedachte Bett Platz fand und er sich neben sie kuscheln konnte, „Wie wenig du schläfst."
„Geh weg!", maulte Agnes und versuchte Fred halbherzig wieder aus dem Bett zu stoßen und wenn sie es wirklich versucht hätte, hätte sie es wohl auch geschafft, aber natürlich wollte sie ihm nicht wehtun, „Da ist kein Platz für deinen Hintern!"
„Willst du damit sagen, ich bin fett?", fragte Fred sie beleidigt.
„Ja."
Fred sah Agnes mit überraschtem Gesichtsausdruck und offenem Mund an und Agnes' Augen glitzerten verspielt von diesem kleinen Sieg – sie sah lebendig aus und Fred verliebte sich schon wieder in sie.
„Tja, wenn das so ist –", mit einem dramatischen Seufzen rollte er zur Seite und genau auf Agnes, die einen keuchenden Laut ausstieß, als Fred sie unter seinem viel größerem Körper begrub.
„Geh runter, Fred!", schimpfte sie, aber ihre Stimme klang gedämpft, nachdem ihr Kopf irgendwo unter Freds Brust war.
„Muss ich dich ersticken, damit du schläfst?", fragte Fred sie, bevor er wieder von ihr rollte und wieder neben ihr lag.
Agnes' Haare standen in alle Richtungen ab und sie sah ihn beleidigt an, aber Fred kümmerte sich gar nicht darum, sondern strich nur sanft einige Haarsträhnen aus ihrem Gesicht, als wäre es eine meditative Übung.
„Ich habe für dich gebacken!", erinnerte Fred sich wieder und suchte nach dem Brownie, den er auf ihr Nachtkästchen gelegt hatte und hielt ihn ihr hin, „Für dich."
Agnes sah ihn künstlich erschrocken an. „Oh nein, du hast die Winkelgasse in die Luft gesprengt..."
„Ha, ha", machte Fred humorlos, „Du wärst überrascht – ich habe es geschafft, ohne etwas zu sprengen oder anzuzünden –"
„Ein Wunder!"
„– immerhin wäre meine starke Verlobte nicht zu Hause gewesen, um mich zu retten", erinnerte Fred sie.
Agnes hob unbeeindruckt eine Augenbraue. „Du brauchst mich nicht, um zu überleben und ich muss dich auch nicht retten. Das schaffst du auch sehr gut alleine."
„Ehh...", machte Fred unsicher, „Ich habe es ganz erträglich alleine geschafft, aber sehr gut nur mit dir."
„Das ist kitschig", bemerkte Agnes trocken.
„Ich bin eben Romantiker", grinste Fred, „Ich bin eine von diesen Charakteren in schlechten Büchern, die sich verlieben und dann nicht mehr ohne den anderen leben können."
„Ich hasse solche Bücher", bemerkte Agnes.
„Jeder tut das, aber trotzdem liest sie jeder heimlich", zeigte Fred auf, „Allein die Tatsache, dass du weißt, wovon ich rede, sagt mir schon, dass du mindestens eines gelesen hast!"
„Idiot", maulte Agnes und schlug ihm leicht gegen die Brust.
Fred lachte sie aus und Agnes wusste das ganz genau.
Kurz wurde es still, als sie jeweils die Nähe des anderen einfach in sich aufnahmen und nicht das Bedürfnis hatte, die Ruhe in ihrem Inneren mit Wörter zu unterbrechen, bis es Agnes zu leise wurde und es in ihrem Kopf wieder zu laut wurde.
„Ich habe mir etwas überlegt", unterbrach sie die Stille, „ich würde mich gerne aus dem Krankenhaus entlassen."
„Denkst du, es geht dir schon gut genug?", fragte Fred besorgt, „Wenn es dir noch nicht gut geht, solltest du nichts überstürzen. Heilung braucht Zeit."
„Ich brauche intellektuelle Stimulationen und Abwechslung – ich kann nicht von meinem Wahnsinn heilen, wenn ich vor Langeweile hier wahnsinnig werde", erinnerte Agnes ihn ernst.
„Guter Einwand", meinte Fred nur und Agnes sah ihn überrascht an.
„Solltest du mir das nicht ausreden?", fragte Agnes ihn misstrauisch.
„Ich denke, du weißt selbst, was gut für dich ist", sagte Fred und sah sie müde lächelnd an, „Wann hast du dir denn das letzte Mal von jemanden sagen lassen, was gut für dich ist? Wann hast du jemals Unrecht gehabt? Ich glaube, du kennst deinen Körper und deinen Geist am besten und selbst, wenn dir beides im Moment noch etwas fremd erscheint, so weißt du bestimmt einen Weg, wie du dich selbst wieder kennenlernen kannst – immerhin bist du wohl der genialste Mensch, den ich kenne."
„Seit wann bist du denn so philosophisch, Fred?", fragte Agnes ihn amüsiert und Fred warf ihr ein Kissen ins Gesicht.
„Halt die Klappe, ich verbringe eben viel Zeit mit Tia, da färbt wohl einiges von ihr ab!"
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