1.13
Draco Malfoy vermied es seit dem Ende des Krieges eigentlich, in die Öffentlichkeit zu gehen. Seine Familie und er hatten einige Zeit lang unter Hausarrest gestanden – als vorläufiges „Gefängnis" und wahrscheinlich zugleich zu ihrem Schutz. Danach hatte Draco sich noch immer nicht sicher gefühlt. Die Leute verachteten die Malfoys – früher waren sie eine angesehene Familie gewesen, selbst dann, als die meisten Leute gewusst hatten, dass Lucius Malfoy schon immer freiwillig einer der Todesser gewesen war. Aber das hatte sich geändert. Es war wohl zu viel Schreckliches passiert und deswegen beschmierten Leute nun die Mauern des Anwesens der Malfoys mit verachtenden Sprüchen, Flüchen oder Zeichnungen. Wenn sie auf den Straßen erkannt wurden, wurden sie bespuckt, beschimpft und einmal war Draco sogar mit einem Ganzkörperklammerfluch verhext worden. Seine Mutter hatte ihn befreien können, aber die Blamage auf offener Straße war beinahe noch schlimmer gewesen als der Zauber selbst.
Wer konnte es den Leuten schon verübeln? Lucius Malfoy war als Todesser angeklagt worden und nach Askaban gekommen. Narzissa und Draco waren da noch glimpflich davon gekommen mit einer Geldstrafe, die das Familienvermögen nicht wirklich drastisch verletzt hatte, und einigen Wochen ohne Zauberstab.
Mittlerweile trug Draco wieder einen Zauberstab und versuchte sich in dieser neuen, alten Welt zurecht zu finden, aber auch für ihn war wohl zu viel passiert.
Da waren diese Albträume zusammen mit der Angst vor Hass auf offener Straße und natürlich die Tatsache, dass das eine, auf das er sich sein ganzes Leben lang gestützt hatte – das Ansehen der Familie Malfoy – nun zerstört war, das es für Draco schlicht unmöglich machte, einfach nur zu leben.
Die letzten Monate hatte er vor sich hin vegetiert, hatte die Außenwelt ignoriert und vergessen, zurückgezogen in seinem Zimmer im nun schrecklich leeren und kalten Haus der Malfoys. Mehr überlebt, statt zu leben und selbst das hatte er nicht wirklich getan. Der Gewichtsverlust war seiner Mutter aufgefallen, aber Draco hatte es einfach nicht geschafft, mehr zu essen – überhaupt etwas zu essen. Jede Mahlzeit hatte ihm wie ein Stein im Magen gelegen, immer begleitet von einer seltsamen Übelkeit.
An schlechten Tagen schaffte er es meist nicht einmal aus dem Bett.
Heute aber war ein guter Tag. Er hatte ausnahmsweise einmal geduscht und das hatte so gutgetan, dass er sich sogar andere Kleidung als seinen Pyjama angezogen hatte und als er sowieso schon angezogen gewesen war, hatte er beschlossen, dass er genauso gut gleich hinausgehen konnte.
Über dem Anwesen der Malfoys lag aus Sicherheitsgründen ein Apparierschutz, also musste er sich mehr oder weniger aus seinem eigenen zu Hause schleichen, einen Mantel mit einer Kapuze, die sein Gesicht verdeckte über die verräterisch blonden Haare gezogen.
So fand er seinen Weg in die Winkelgasse in einen Teil von dieser, der früher eher wenig besucht worden war, aber seit einiger Zeit schon mauserte sich dieses Viertel zu einem Pflichtprogramm, wenn man in der Einkaufsstraße war.
Dabei waren noch immer nur zwei wirklich gut besuchte Läden dort: Weasleys Zauberhafte Zauberscherzeund die Vollmond-Bäckerei.
Draco war häufig in dieser Straße gewesen – selbst während der Dunkle Lord an der Macht gewesen war.
Weasleys Zauberhafte Zauberscherze hatte lange geöffnet gehabt und war einer der wenigen Läden in der Winkelgasse gewesen, die weiterhin bunt und immer fröhlich geblieben waren. Es hatte Draco ein wenig an seine Kindheit erinnert und wie begeistert er von allem gewesen war, als er das erste Mal seine Schulsache eingekauft hatte.
Es war erfrischend gewesen, einfach nur durch das Schaufenster nach innen zu blicken – als wäre es der einzige Ort in einer dunklen Welt, an dem Draco hatte atmen können.
Natürlich war er noch nie drin gewesen – bis heute noch nicht. Er hatte sich einzelne Produkte von anderen kaufen lassen, aber er selbst hatte den Laden nie betreten.
Auch an diesem Tag ging Draco einfach nur mit einem schnellen Blick durchs Schaufenster vorbei und zur Vollmond-Bäckerei.
Er hatte sie schon lange besuchen wollen – hatte sehen wollen, was seine Cousine Agnes damit gemacht hatte. Er hatte bisher nur Gutes davon gehört – selbst von Leuten, die Agnes nicht wirklich leiden konnten, hauptsächlich, weil sie natürlich ein Werwolf war.
Als er eintrat, standen schon ein paar Leute an und warteten geduldig darauf, dass sie bedient wurden. An der Theke stand nicht Agnes, sondern ein Mann mit dunklerer Haut und schwarzen Haaren, etwas zu lang für Dracos Geschmack – nicht lang genug, um sie zusammen zu binden, wie es Lucius Malfoy getan hatte, aber zu lang, um noch als „kurz" durchzugehen.
Der Mann trug ein weißes Hemd und dazu noch eine dunkelblaue Schürze in den Farben des Ladens, also war er vermutlich ein Mitarbeiter. Der Betrieb war also schon groß genug für Mitarbeiter und Angestellte.
Vorsichtig schlug Draco die Kapuze zurück, um sich besser umsehen zu können, während er sich ebenfalls in die Schlange stellte. Zuerst fiel es niemanden auf. Dann warf der Mann vor ihm zufällig einen Blick zurück und erkannte ihn sofort, erkennbar an dem hasserfüllten Blick und den Schritt, den er von Draco wegmachte.
Wenigstens hatte er nicht zu schreien begonnen.
Zwei Frauen etwas weiter vorne erkannten ihn ebenfalls und tuschelten leise miteinander, während sie ihm immer wieder misstrauische Blicke zuwarfen. Vielleicht waren sie sich nicht sicher, ob er es wirklich war – mit seinen eingefallenen Wangen und den dunklen Ringen unter den Augen hätte er wahrscheinlich genauso gut einfach nur ein dahergelaufener, dreckiger, obdachloser Typ von der Straße sein können – so fühlte Draco sich jedenfalls.
Je länger er anstand, desto schlimmer wurde es und Draco bereute schon, jemals das Haus verlassen zu haben. Gerade, als er beschloss, wieder nach Hause zu gehen, war er an der Reihe.
„Willkommen!", begrüßte der Mann an der Theke ihn heiter mit einem ausländischen Akzent, „Was kann ich Ihnen geben, Sir?"
Er war vermutlich kein Engländer – das erkannte Draco nicht nur an seinem Akzent, sondern an der Tatsache, dass er ihn nicht erkannte. Der Angestellte reagierte in keiner Weise abstoßend oder hasserfüllt – oder er ließ es sich einfach nicht anmerken. Draco traute Agnes zu, dass sie von ihren Angestellten aber auch absolute Professionalität erwartete – das würde Draco jedenfalls von seinen Mitarbeitern erwarten, hätte er welche. Und Agnes war Familie – so unähnlich waren sie sich letztendlich doch nicht.
Auf jeden Fall war es erfrischend, mit einem einfachen, höflichen Sir angesprochen zu werden. Draco fühlte sich wieder ein bisschen menschlicher.
„Ich...", seine Stimme war ganz kratzig vom seltenen Gebrauch dieser. Manchmal war er tagelang absolut ruhig und sagte kein Wort. „Ist Agnes zufällig hier?"
Der Angestellte – sein Namensschild sagte Draco, dass sein Name Ganan war – hatte nicht einmal die Möglichkeit, ihm zu antworten, als Agnes schon aus einer Tür hinter der Theke den Kopf herausstreckte. Vermutlich hatte sie ihn gehört oder gerochen oder sonst irgendetwas. Agnes war wohl seltsam in dieser Hinsicht.
Sie musterte ihn verwirrt und einen Moment lang fragte Draco sich, ob er überhaupt willkommen war.
Ja, sie hatte ein gutes Wort vor Gericht für ihn eingelegt und war vermutlich dafür verantwortlich, dass er nicht in Askaban war, aber davor hatte sie ihn und seine Familie bedroht... und sie hatten sich nie wirklich gut verstanden...
Wahrscheinlich war es ein Fehler gewesen, her zu kommen.
„Ganan", sagte Agnes, ohne Draco zu begrüßen oder zu fragen, was er hier machte, „wir brauchen eine große Kanne Tee, Milch und Zucker. Dazu Kuchen! Draco, welche Kuchen willst du? Geht aufs Haus."
Es war zu viel auf einmal gewesen, Draco brauchte einen Moment, um Agnes' Worte zu verstehen. Aber sie drängte ihn nicht, sondern wartete darauf, dass er ihre Worte verstand.
Draco fragte sich, ob es für sie auch eine Zeit gegeben hatte, in der sie so überrascht von freundlichen Worten gewesen war, dass sie diese immer zuerst hinterfragen hat müssen. Bei Agnes' Leben wäre das bestimmt kein Wunder...
„Ich... ich brauche keinen Kuchen", wollte Draco ablehnen.
Agnes ging um die Theke herum und stellte sich neben Draco – nicht direkt neben ihn, sondern mit ordentlich Abstand zwischen ihnen.
„Natürlich brauchst du Kuchen!", rief Agnes aus, „Und du wirst Kuchen essen. Komm schon – welchen willst du? Du bist weniger der Schokoladen-Typ, oder? Vielleicht lieber einen Früchtekuchen? Apfelkuchen? Ich habe hier einen Feigenkuchen? Ah! Feigenkuchen also!"
Draco hatte kein Wort gesagt und eigentlich darauf geachtet, keine Reaktion zu zeigen – wohl mit wenig Erfolg.
Ganan goss heißes Wasser in eine Kanne und stellte diese zusammen mit einem Teeservice für zwei auf ein Tablett. Dazu stellte er auch noch ein Stück Schokoladenkuchen und ein Stück von diesem mit Feigen, den Agnes vorgeschlagen hatte, aber Agnes führte Draco zu dieser kleinen Café-Ecke. Sie berührte ihn nicht, achtete wohl extra darauf, aber die Geste zählte und Draco ließ es tatsächlich zu, dass sie sich zusammen an einen der Tische setzten und Ganan brachte ihnen den Tee mit dem Kuchen, bevor er zu seiner Arbeit zurückkehrte.
„Ich will ja jetzt nicht zu englisch wirken, aber ich habe schon immer gefunden, dass mit Tee alles viel weniger schlimm aussieht", sagte Agnes, während sie ihnen Tee eingoss und in ihre Tasse noch einen Schuss Milch und ein wenig Zucker gab, „Es ist einfach ein Stückchen Zivilisation, egal, wo man ihn trinkt, findest du nicht?"
„Hast du den Tee vergiftet?", fragte Draco misstrauisch – ihm war dieses Verhalten ihm gegenüber nicht geheuer.
Agnes aber sah ihn an, als hätte er vorgeschlagen, einem Baby den Kopf abzubeißen. „Das würde ich niemals tun! So tief sinke nicht einmal ich!"
„Warum dann das Ganze?", fragte Draco müde, „Was ist dein Plan? Wo ist der Haken?"
Agnes musterte ihn einen Moment lang so, wie Draco es eigentlich nur von Professor Albus Dumbledore kannte. Bei diesem Gedanken wurde ihm übel und er gab eilig etwas Milch und Zucker in seinen eigenen Tee und nahm einen Schluck, obwohl dieser noch heiß war, um das Gefühl zu unterdrücken.
„Ich versuche es jetzt freundlich auszudrücken, Draco", sagte Agnes sanft, „du siehst absolut schrecklich aus."
Draco sah seine Cousine unbeeindruckt an. „Das war freundlich?"
„Hättest du lieber gehört, dass du absolut beschissen aussiehst?", fragte Agnes, „Ich sage dir nur die Wahrheit. Wenn du dich dann besser fühlst: Ich habe schon schlimmer als du ausgesehen."
„Wird das jetzt auch noch ein Kräftemessen zwischen uns?", schnaubte Draco, „Wer von uns beiden hat sein Leben weniger im Griff?"
„Vor einem Jahr oder so hätte ich vermutlich gewonnen", überlegte Agnes, „aber jetzt hast du mich eindeutig überholt – herzlichen Glückwunsch."
„Ich kann mich vor Aufregung kaum halten."
„Verzage nicht", lachte Agnes und nahm einen Schluck Tee, „Du sprichst hier mit einer der amtierenden Meister in Sein-Leben-Wieder-In-Griff-Bekommen!"
„Davon gibt es mehrere?", fragte Draco leicht amüsiert, aber die Augenbrauen hatte er leicht verstört gehoben, ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht.
„Ich bin überrascht, dass du offenbar niemanden kennst", schnaubte Agnes spöttisch, „Einen kennst du: Sirius!"
„Du weißt, dass ich ihn noch nie persönlich kennengelernt habe?", fragte Draco.
„Was ist mit Konstantin Gregorovich?", schlug Agnes vor, „Natürlich hat er sich selbst disqualifiziert, als er die Kontrolle über sein Leben verloren hat, was zu seinem Tod geführt hat... aber davor hat er regelmäßig die Kontrolle komplett verloren und sich einfach wieder gefangen... einfach so."
„Ist das deine Botschaft an mich?", fragte Draco, „Sei wie Konstantin Gregorovich?"
„Merlin! Nein!", rief Agnes aus, „Alles, außer das! Er möge in Frieden ruhen, aber wir brauchen sicherlich keine Wiederholung davon. Hoffen wir nur, dass die nächste Generation mit Gregorovich-Blut mehr nach Liza kommt..."
„Was soll ich sonst machen?", fragte Draco müde und rieb sich die Augen, „Ich bin... wirklich müde. Nicht körperlich – jedenfalls nicht nur. Es ist einfach alles so... schwer. Ich weiß einfach nicht, wie –" Draco stockte und öffnete und schloss den Mund, als würde er noch etwas sagen wollen, aber die Worte wollten einfach nicht kommen.
„Wie du in der Früh überhaupt noch aufstehen sollst?", riet Agnes leise, „Wie du weitermachen sollst?"
Draco zögerte einen Moment. Und nickte dann.
Agnes lachte trocken auf. „Ich... ich kann dir das nicht beantworten, um ehrlich zu sein. Da kannst nur du dir helfen", gestand sie, „ich habe das gespürt – ich weiß ungefähr, wie du dich fühlst..."
„Irgendwie sagen das immer alle", schnaubte Draco, „niemand weiß es wirklich."
„Deine Existenz wird bedroht", fasste Agnes zusammen, „du hast eine Zukunft vor Augen gehabt und plötzlich – von einem auf den anderen Tag – ändert sich alles. Auf einmal erfährst du von allen Seiten nur noch diesen Hass – ob real oder eingebildet, das weißt nicht einmal du, aber du weißt, dass sie einen Grund dafür haben. Wo du früher Berufsaussichten gesehen hast, sind jetzt nur noch... verblasste Erinnerungen. Zerplatzte Träume... Und du weißt nicht mehr, wem du trauen kannst, also klammerst du dich an die wenigen Gesichter, die du früher vielleicht nicht deine Freunde genannt hast, aber gerade dadurch wirken sie ehrlicher, wenn sie dir sagen, dass– dass du dich nicht so fühlen musst. Hoffnung gibt es wohl immer... es ist nur schwierig, sie zu sehen, wenn das Leben dich zu Boden drückt und dein Gesicht in einen Haufen Kieselsteine reibt."
„Du hättest Poetin werden sollen", meinte Draco spöttisch.
„Ich verbringe einfach zu viel Zeit mit Fred und George", winkte Agnes ab, „Die beiden können wirklich dramatisch werden."
Kurz war es zwischen ihnen still. Draco nahm noch einen Schluck Tee. Agnes tat es ihm gleich.
„Ich... habe von dem Werwolf-Biss erfahren, bevor es alle gewusst haben", gestand Draco, „Meine Eltern haben davon erfahren und es mir gesagt. Ich habe es aber niemanden verraten..."
„Oh", machte Agnes überrascht, „Danke."
„Es war nur so... unfassbar", gestand Draco, „Bisher war das immer etwas, das Unbekannten passiert. Irgendwelchen Leuten auf der Straße oder namenlose Menschen. Aber obwohl wir uns damals nicht wirklich gekannt haben, so bist du doch Familie gewesen und ich hab mir immer gedacht: Wenn das deiner Cousine passieren kann, kann es genauso gut dir passieren. Ich habe davor nicht daran geglaubt, dass das auch Reinblütern passieren kann – natürlich ist es logisch und irgendwie habe ich es so auch gewusst, aber ich habe nicht daran gedacht. Ergibt das Sinn?"
„Für mich schon", nickte Agnes, „Ich war in deiner Situation."
„Davon hast du gesprochen, oder nicht?", fragte Draco, „Du hast dich auch so gefühlt, nachdem du von Greyback gebissen worden bist!"
„Ich glaube, ich bin damals beinahe bereit gewesen, einfach alles zu beenden", bestätigte Agnes humorlos, „Heute bin ich froh, dass ich weitergemacht habe. Das ist das einzige, das ich dir wohl mitgeben kann."
„Aber wie?", seufzte Draco, „Es ist wirklich, wirklich schwer... wirklich."
Agnes zögerte einen Moment. „Willst du hier anfangen?"
Draco antwortete nicht sofort, sondern sah Agnes verwirrt an, sicher, dass er sich verhört hatte. „Bitte?"
„Hier arbeiten", wiederholte Agnes, „Willst du?"
„Warum? Inwiefern sollte das meine Probleme lösen?", schnaubte Draco und sein altes Ich kam zum Vorschein, als er beinahe schon empört darüber war, dass Agnes tatsächlich vorschlug, dass er hier für sie arbeiten würde.
„Ich könnte dich für Nachmittagsschichten einteilen – ein oder zweimal die Woche, wenn du willst", sagte Agnes ruhig und rational, „dann hättest du schon einmal an diesen Tagen einen Grund, aufzustehen. Außerdem würdest du wieder unter Leute kommen. Du würdest unter meinem Schutz stehen und die Leute mögen mich und diesen Laden, also würden sie wieder anfangen, dich mit positiven Erinnerungen zu assoziieren. Wenn du keinen guten Ruf hast, musst du ihn dir eben aufbauen – so hab ich das gemacht."
„Das ist doch lächerlich!", schnaubte Draco, „Ich kann hier doch nicht einfach arbeiten!"
„Die Arbeit ist nicht so schwer, wie sie scheint", beruhigte Agnes ihn, „Ich bereite immer mit Tinky die Kuchen und Brote vor – ich oder Tinky backen auch meistens. Deine Aufgaben wären also hauptsächlich an der Theke bedienen oder als Kellner agieren. Reden mit Leuten, freundlich zu ihnen sein – oder zumindest nicht beleidigend, das reicht mir schon. Die Qualität meiner Produkte ist hoch genug, dass die Kunden ohne guten Service zurückkommen."
„Das ist doch dämlich." Draco sah Agnes so an, als wäre sie verrückt geworden.
„Das ist mein Angebot", verbesserte Agnes ihn, „Arbeit ist schon einmal ein guter Anfang. Und in der Zeit, in der du hier beschäftigt bist, kannst du dir überlegen, was du mit deinem Leben anfangen willst – das hat nämlich gerade erst begonnen. Willst du vielleicht Hogwarts beenden? Deine UTZ nachmachen?"
„Du meinst das wirklich ernst...", murmelte Draco ungläubig und schüttelte den Kopf, „Du bist keine Hilfe – das ist lächerlich!"
„Wie du meinst..." Agnes lächelte leicht, als wäre sie allwissend. Draco schnaubte verächtlich und um Agnes nicht mehr ansehen zu müssen, griff er nach der kleinen Kuchengabel und aß ein Stück des Feigenkuchens. Noch nie – und das war keine Übertreibung – hatte er etwas Besseres gekostet.
„Oh...", machte er überwältigt, „Wow... der ist... gut!"
„Natürlich ist er gut!", schnaubte Agnes, „Er ist von mir!"
Draco verdrehte die Augen. „Das bedeutet aber nicht, dass ich hier arbeiten werde!"
Agnes lächelte wieder. „Das sehen wir noch – das Angebot steht", versicherte sie ihm, „Ich würde dich natürlich bezahlen."
„Wir besitzen noch immer das Familienvermögen", erinnerte Draco sie.
Agnes zuckte mit den Schultern. „Ich habe erlebt, dass es erfrischend sein kann, sein eigenes Geld zu verdienen. Überlege es dir einfach, lass es dir durch den Kopf gehen."
Draco sagte nichts mehr dazu, sondern aß nur seinen Kuchen, trank den Tee und verabschiedete sich dann von Agnes.
Als er nach Hause ging, setzte er die Kapuze des Mantels nicht mehr auf, aber er war auch zu sehr in Gedanken versunken, um das Tuscheln und die Blicke der anderen Leute zu bemerken.
Natürlich nahm Draco das Angebot an.
Genau eine Woche später fand er sich wieder in der Bäckerei und wurde offiziell Ganan Kumari vorgestellt.
„Freut mich, Pretty-Boy", grinste Ganan und schüttelte Dracos Hand, „Ich bin Ganan. Natürlich wollte ich mich letzte Woche schon bei dir vorstellen, aber da war der Moment wohl unpassend, um dich zu fragen, ob wir vielleicht einmal etwas trinken gehen wollen?"
Draco öffnete perplex den Mund und wurde sogar etwas rot. Sein Blick huschte hilfesuchend zu Agnes, die aber so tat, als würde sie nichts bemerken und irgendetwas an der Theke machte.
Draco zog seine Hand weg und hob stolz den Kopf. „Es ist jetzt auch noch angebracht! Ich bin nicht –" Er brachte das Wort nicht heraus.
Ganan lächelte nur leicht. „Natürlich... verstehe", er nickte und verbeugte sich leicht, „Mein Fehler. Normalerweise ist mein gay-dar eindeutig besser. Hab mich wohl getäuscht."
Er zwinkerte Draco noch einmal zu und wandte sich dann wieder seiner Arbeit zu.
Draco blickte ihm hinterher und fasste sich wieder – die Röte aus seinem Gesicht brachte er aber nicht so leicht weg.
Es würde nur einmal in der Woche sein – das hatte er mit Agnes ausgemacht. Einmal in der Woche, wo er Ganan vermutlich nicht einmal sehen musste! Das würde er aushalten. Das war absolut kein Problem.
Und Draco Malfoy war ja auch ganz eindeutig und ohne jeden Zweifel ganz sicher nicht schwul.
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