Die Bibliothek (2)

Liebes Tagebuch,

Es ist eine Sache, sich auf der YzM einen Feind zu machen, aber eine ganz andere, wenn man sich einen ganzen Rudel zum Feind macht.
Als ich sah, wie die drei Jungs sie bedrängten und in die Enge trieben, musste ich einfach etwas unternehmen. Ich konnte nicht einfach tatenlos zu sehen.
Nun ja. Die gute Nachricht, ich bin nicht tot. Die schlechte, mich haben jetzt die Wölfe von Henry im Visier, womit ich wahrscheinlich gefährdeter bin als das Häschen. Davor habe ich versucht, es Mirray zu sagen, aber es kam etwas dazwischen. Es kommt immer etwas dazwischen.
Ich muss dir eigentlich noch so viel erzählen, aber Tenshi kommt gleich rüber.

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Leila

Chita setzte sich an einen der Computer und schaltete ihn mit einem einzigen Klick auf der Tastatur an.

„Kann man mit ihnen ins Internet gehen?", fragte ich, während ich mich neben sie setzte. Sie nickte. „Schon aber du wirst dort nichts über uns finden. Was denkst du, warum Menschen die Wahrheit über die YzM nicht kennen?"

„Weil ihr es unter euch lässt.", spekulierte ich, obwohl das eigentlich so ziemlich offensichtlich war.

„Genau. Außerdem können normale Menschen Dinge, die sie nicht verstehen, auch nicht sehen. Sie leben quasi in einer völlig anderen Welt. Oder hast du Tristans Ohren gesehen, als du ihm zum ersten Mal begegnet bist?" Sie sah mich so an, als kannte sie die Antwort bevor ich sie kannte.

Ich runzelte die Stirn und musste tatsächlich überlegen, weil mir dieser Moment nun wie ein surrealer Traum vorkam. Tobias' weiße Haare erschienen mir in meinen Erinnerungen. Aber hatte ich nicht auch die Ohren an ihm gesehen? War es nicht das gewesen, dass mich ursprünglich so verwirrt hatte?

„Nein.", sagte ich einfach mal vorsichtig, weil es mir logischer erschien.

„Siehst du?" Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck öffnete sie eine Suchleiste mit der Überschrift Bücherbestand der YzM.

„Also. Du willst eins mit der ungekürzten Geschichte der Tiergeister von Fuji, oder?" Ich nickte und versuchte nicht das Gesicht zu verziehen.

Hoffentlich würde das Buch nicht all zu dick werden.

„Gebombt."

Knapp vier Minuten später legte Chita einen gewaltigen Brocken von einem Buch vor mir auf den Tisch ab. Es war alt und staubig, sah jedoch nicht ganz unwertvoll aus.

Ich verfluchte mein Karma dafür, dass er es mir wieder gegeben hat.

„Gab es keine, die weniger als fünf Kilo wiegen?" „Nein." Chits holte Luft und streckte sich etwas. „Es ist, als hätte jemand alle Bücher ausgeliehen, die damit zu tun haben. Das war das einzige."

Sie setzte sich auf den Tisch und schlug es auf. „Es ist quasi ein Buch für alles, was mit der YzM zu tun hat, inklusive Schülerverzeichnis und Stammbäumen, die man bis ins Mittelalter, wo der Stein ins Rollen kam, zurück verfolgen kann. Sehr interessant eigentlich. Es sei denn, man ist ein Nachfahre. Dann ist es sehr langweilig. Aber du kommst doch sicher damit klar, nicht wahr?"

Ich hob die Brauen und blätterte etwas umher. Das Buch war wirklich ziemlich alt. Ich wär mir nicht sicher, ob man es sich überhaupt ausleihen dufte.

„Bist du dir sicher, dass wir das einfach mitnehmen können?" Das Kätzchen nickte. „Natürlich."

Mir ging noch einmal durch den Kopf, dass ich ihr Vertrauen konnte, sie aber manchmal eine Lügnerin war. Ehe ich es mir anders überlegen konnte, schob sie sich das Buch schon auf den Schoß und fing an, durch die Stammbäume zu blättern.

„Was machst du da?", fragte ich sie durchaus nicht uninteressiert. Sie blieb bei einem Baum stehen und fuhr mit dem Finger die Generationen nach, bis sie ganz unten rechts ankam. „Ich suche ein Bild von meiner Mutter."

Unter einem schnörkelig geschriebenem Namen befand sich eine Seitenzahl. Sie schlug wieder das habe Buch um, blätterte bis zu einer Seite mit einem Schulfoto. Es war knapp 20 Jahre alt daher nicht sonderlich scharf. Aber die Leute, etwa in unsrem Alter, sahen glücklich aus. Mein Blick glitt über alle Gesichter und ich malte mir aus, was sie wohl gewesen waren. Eine Füchsin, ein Bär, einige Wölfe, sogar einen weißen Hasen sah ich. Ein Mädchen mit blauen Augen. Sie war ziemlich hübsch.

„Da." Chita zeigte auf eine Person, die sie auch genau so gut hätte selbst sein können, nur mit längeren Haaren. „Das ist deine Mum?" Sie nickte wieder nur. „Ich dachte sie würde nur bluffen, wenn sie sagt, dass sie einmal lange Haare hatte." Darafhin zog sie ihr Handy hervor und machte ein Foto vom Bild.

„Alles klar, gehen wir. Die Mittagspause hält nicht ewig." Chita schlug das Buch grinsend wieder zu.  „Ich muss noch zu Taka."

***********************

Es dauerte ewig und kostete mich viel Anstrengung, das schwere Buch in das Versteck von Tobias zu bringen. Unter anderem auch, weil ich mich inzwischen als paranoid erwiesen hatte, was ja wohl berechtigt war.

Aber da war nichts und dieses Mal war ich mir ziemlich sicher gewesen.

Ich achtete darauf, dass das Buch auf den Schlafsack fiel, als ich es hinein warf und sprang dann schließlich hinterher. Wenn ich meine Landung hätte mit zwei Worten beschreiben müssen, dann wären es „easy" und „going" gewesen. Ich war zwar nicht so olympiareif wie Tobias aber mit ein bisschen Übung hätte ich das bestimmt hinbekommen.

Ich kniete mich hin, um das Buch aufzuheben und auf den Schreibtisch abzustellen, da zuckte mein rechtes Ohr, bevor ich überhaupt selbst etwas vernahm. Ich drehe mich um, doch da war nichts, und schob es auf meine Paranoia.

Ich schlug das Buch auf der ersten Seite auf. Gut, ich hätte nicht vor, hier zu bleiben, und würde wahrscheinlich alles tun, um in mein altes Leben wieder zurück zu kehren aber irgendetwas sagte mir, dass das nicht so einfach werden würde. Und ich war neugierig, so sehr, dass ich sicher war, irgendwann daran zu Grunde gehen zu müssen.

Mit einem Abschwung von Aufregung suchte ich im Inhaltsverzeichnis nach der Geschichte, mit der alles begann, als ich mich dabei dann auf dem Tisch stützte und mir schleunigst etwas auffiel. Ich sprang auf.

Der Laptop. Er war weg.

Ich drehte mich um und hörte schon wieder dieses Geräusch. Ich lauschte, kam dann zum Entschluss, dass es von links gekommen sein musste, hinter einem Bücherstapel. Vorsichtig ging ich einige Schritte darauf zu. Mich überraschte es selbst, wie leise ich war.

Umso näher ich kam, umso erkennbare wurde der Fuchsschwanz, der unruhig auf und ab schwang und dessen Besitzer ich kannte. Ob das nun gut oder schlecht war, sollte ich wohl noch herausfinden.

Hallo liebe Bookworms,

Es war ein langes Jahr. Mehr kann ich dazu auch nicht sagen xD

Haltet ja die Löffel steif,

eure Titan_hearts

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