chapter 9 - in the dark
»I can feel you running underneath my skin
Wanna break through, but something isn't right within
Holding me back, leaving me so broken, bruised and pitiful
Question my ability to find myself again
And I say no
I'm just gonna sing louder«
𝙜𝙝𝙤𝙨𝙩 𝘣𝘺 𝙣𝙤𝙧𝙢𝙖𝙣𝙙𝙞𝙚
SIE HÄTTEN ES wissen müssen. Sie hätten es alle von Anfang an wissen müssen. Und auf Yoongis Anweisung zu hören, wäre wahrscheinlich auch nicht schlecht gewesen. Immerhin wäre dann zumindest Juniper, als Fokuspunkt von Sooman-pa, in Sicherheit gewesen. Doch nun saß sie hier – wenn auch dieses Mal ungefesselt – auf der Couch neben Jimin und Jeongguk, mit vier fremden Männern um sich herum, die allesamt Waffen auf sie drei gerichtet hatten. Nur einer von ihnen nicht. Jener, der Juniper von hinten gepackt und gesprochen hatte. Der offensichtliche Anführer, der sich durch ein erschreckend gutaussehendes, schnittiges Gesicht mit braungefärbten Haaren und eine beachtliche Größe auszeichnete. Und natürlich durch die Tatsache, dass er und Jimin sich ganz offensichtlich zu kennen schienen.
Inzwischen hatte sich der Verdacht, der schon sehr früh in Juniper aufgekommen war, gefestigt. Nach all dem, was Jin ihr erzählt und sie obendrauf noch bei Yoongis und Jimins Gespräch belauscht hatte, stand es nahezu außer Frage, dass es sich bei dem Typen um den Exfreund handeln musste, der den rothaarigen Kkangpae genau an den Platz gebracht hatte, an dem er heute war. Eltern- und bruderlos, in den Reihen eines verfeindeten Clans. Die Worte, die Yoongi in Seoul an ihn gerichtet hatte, hatten eindeutig verlauten lassen, dass Jimin nicht nur aus reiner Dankbarkeit bei ihm geblieben war – die Rache für seine Familie schien ihm am Herzen zu liegen. Jackson nun wieder vor sich zu sehen, als Führer der Truppe, die ganz offensichtlich nach ihnen – oder zumindest den Spuren von Hyuna – gesucht hatte, musste ein erneuter heftiger Schlag ins Gesicht gewesen sein. Yoongi hatte kurz vor ihrem Aufbruch versucht, es ihm mit Blicken mitzuteilen. Nun ergab alles viel mehr Sinn.
»Wenn du hier bist, um zurückzufordern, was wir eurem Drecksverein weggenommen haben, dann sag ich dir lieber gleich, dass das nur über meine Leiche funktioniert«, spuckte Jimin dem Hünen förmlich ins Gesicht, wobei ein unangenehmer Kloß in Junipers Hals entstand. Jimin als Leiche, geopfert für ihre Freiheit, war nun wirklich das letzte, was sie wollte.
»Na na, wer wird denn hier gleich so aggressiv«, schnalzte der Kerl namens Jackson mit der Zunge und ließ sich keineswegs aus der Ruhe bringen. Stattdessen musterte er sie alle aufmerksam, ja, fast schon unverhohlen neugierig.
Juniper versuchte unterdessen vehement, ihr Zittern zu unterdrücken. Dass Jimin und Jeongguk mit ihr zusammen gefangen genommen worden waren, machte die Situation nicht gerade erträglicher. Ihre einzige Hoffnung befand sich irgendwo da draußen. Yoongi, wenn er nicht weiterhin von Wonho aufgehalten wurde. Und Taehyung und Hobi...wobei letzterer wahrscheinlich keine große Hilfe darstellen würde. Machte insgesamt zweieinhalb Personen gegen vier bewaffnete – keine gute Bilanz.
»Ich habe gehört, du warst mit von der Partie auf eurer kleinen Party in New York«, sprach Jackson weiter und trat dabei mit auf dem Rücken verschränkten Armen näher an Jimin heran. »War ganz schön leichtsinnig, findest du nicht auch? Wusstest du, dass dein Kopf innerhalb des Clans ein hübsches Sümmchen geben würde? Lee Sooman hat dafür gesorgt, dass dein Name dem Tod geweiht wird.«
»Und dann bist auch noch ausgerechnet du derjenige, der mich findet«, schnaubte Jimin verächtlich. »Wissen sie denn auch von dir, hm? Oder war's dir zu peinlich, die Wahrheit in Umlauf zu bringen?«
Jackson lächelte ungerührt auf ihn herab, wobei eine so seltsam unschuldige Gelassenheit seine Züge zierte, dass man fast schon alleine vom Zusehen aggressiv wurde. »Ich habe keine Probleme damit, über meine Sexualität zu sprechen, Jimin. Ich mache sie aber auch nicht zum Epizentrum meines Lebens, so wie du mich zu deinem gemacht hast. Ich habe dich davor gewarnt, mir zu nahe zu kommen. Es war dir egal.«
Jimin öffnete den Mund, schloss ihn dann jedoch wieder. Die aufgestauten Gefühle fraßen sich allmählich in seine Gesichtszüge und sprühten wie entzündliche Funken aus seinen Augen. Juniper wandte den Kopf ab, weil sie den Anblick nicht ertragen konnte. Als sie stattdessen Jeongguk sah, wie er stier geradeaus auf den Boden starrte, fuhr ihr ein erneuter Stich ins Herz. Was er wohl gerade dachte? Ob es ihn so sehr schockte, wer Jimins Ex war, wie Yoongi es vermutet hatte?
»Oh Jimin«, seufzte Jackson, als er keine Reaktion erhielt, und machte dabei eine fast schon beiläufige Handbewegung. Sofort ging einer seiner Lakaien auf die Couch zu, packte mit der waffenlosen Hand Jimins Arm und zog ihn auf die Beine. Dieser ließ sich mit bedingter Widerwilligkeit vor seinem Exfreund platzieren.
Jackson nahm sich alle Zeit der Welt, musterte den Rothaarigen genauestens, ehe er ihn sanft an den Schultern griff. Jimin zuckte zusammen, wehrte sich jedoch angesichts der vier auf ihn gerichteten Waffen nicht, als er mit dem Gesicht zur Couch gedreht wurde. So, dass er nun in derselben Position stand, in der sich Juniper zuvor in Jacksons Fängen befunden hatte.
»Weißt du, es ist eine Schande, dass wir uns in dieser Konstellation wiedersehen«, säuselte er ihm von hinten ins Ohr, die Hände nach wie vor auf seinen Schultern. »Ich hatte gehofft, du wärst kein Teil von diesem Komplott geworden...und schon gar nicht einer ihrer vordersten Männer. Zudem mit einer Hochverräterin im Gepäck.«
»Nach euren verdammten Grundsätzen bin ich das auch«, zischte Jimin zurück, den Blick eisern auf das Stückchen Wand über Junipers Kopf gerichtet. »Es braucht nicht viel, um eure wertlose Gunst zu verlieren und auf der Abschussliste zu landen.«
Jackson seufzte, löste eine Hand von Jimins Schulter und kramte etwas aus seiner Tasche hervor. Kurz darauf hatte er den Arm wieder nach vorne befördert, als wäre er kurz davor, seinen Ex in eine Umarmung von hinten zu schließen. Seine Finger schwebten vor Jimins Gesicht, mit etwas klobig Goldenem darin. Ein Schnappen und eine aufspringende Klappe ließen Juniper vermuten, dass es sich dabei um eine Taschenuhr handelte, die er ihm da gerade vor die Nase hielt.
»Siehst du das, Jimin?«, hauchte er ihm ins Ohr. »Tick tack...Zeit ist das wertvollste Mittel dieser Welt. Wir alle besitzen nur begrenzt viel davon, können nur welche verlieren und nie welche dazuverdienen. Du solltest es am besten wissen. Wir verschwenden unsere Zeit nicht mit denen, die ihre Chancen verpatzt haben. Wer einmal die falsche Seite wählt, der würde es wieder tun.«
Jimins Augen waren wie erstarrt auf das Ziffernblatt gerichtet. Als würde er in dem tickenden Zeiger, der ihnen allen auf der Couch vorenthalten wurde, seine eigene Zeit ablaufen sehen. Man konnte ihn förmlich in den Spiegelungen seiner geweiteten Pupillen rotieren sehen. Doch noch ehe er sich vollends im gleichmäßigen Ticken verlieren konnte, klappte Jackson die Uhr auch schon wieder zu und löste die unangenehme Umarmung auf, in die er seinen Ex verwickelt hatte.
In diesem Moment wäre Juniper am liebsten von der Couch aufgesprungen und hätte Jimin wieder zu Jeongguk und sich gezogen. Es tat unfassbar weh, ihn so wehrlos wie eine Puppe in den Fängen dieses Kerls zu sehen, der allem Anschein nach den Grund dafür darstellte, dass seine ganze Familie hatte sterben müssen. Es waren Jins Worte gewesen, dass er Jimins Gefühle damals erwidert hätte...doch Juniper konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie das jemals der Fall hatte sein können. Jackson wirkte ganz und gar so, als würde ihn rein gar nichts von damals auch nur ansatzweise tangieren. Als wäre der Tod von Jimins Eltern und seinem Bruder tatsächlich etwas, das man aufgrund der Umstände einfach als Kollateralschaden annehmen musste.
»Genau deswegen solltest du dir besser Gedanken machen, Wang«, knurrte Jeongguk, der damit sofort die Hälfte aller Waffen auf sich konzentriert hatte. »Die bequeme Seite ist nicht gleich die richtige Seite. Aber Leute wie du werden das niemals checken, solange sie sich nur mit der Tatsache zufriedengeben können, auf der in ihren Augen mächtigeren Seite zu stehen.«
Jacksons dunkle Augen huschten zu dem Kkangpae auf der Couch, dessen dunkle Locken ihm wild über die Stirn fielen. Kurz betrachtete er ihn in aller Ruhe, ehe sich ein mildes Lächeln auf sein Gesicht schlich. Juniper biss sich auf die Zunge, um irgendwie gegen den zermürbenden Ärger anzukämpfen, der ihr so langsam wirklich die Tränen in die Augen trieb.
»Ich denke, wir ziehen diesen kleinen Austausch ein wenig zu sehr in die Länge«, erwiderte er nach einigen Sekunden fast schon müde und wandte sich wieder an Jimin vor sich. Eine der Wachen packte diesen am Arm und drehte ihn grob, so dass der Anführer und er sich wieder Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden.
»Du hast den Grund für unser Erscheinen ja bereits richtig gedeutet, Jimin. Wir sind, genauso wie ihr, auf der Suche nach Kim Hyunas Aufenthaltsort. Ihr hättet euch vielleicht etwas bedeckter bei eurem Spaziergang über die Khao San Road halten sollen – Sooman-pa hat seine Augen und Ohren überall. Da ihr nach wie vor auf der Suche seid und euer amerikanisches Anhängsel nicht an der Leine habt, gehe ich schwer davon aus, dass ihr keine nützlichen Informationen von ihr erhalten habt. Oder zumindest nur so nützlich, dass ihr nun hier, in Wonhos nettem...Etablissement gelandet seid. Auch, wenn es ihr vielleicht ähnlich sähe...ich gehe schwer davon aus, dass wir, würden wir hier alles absuchen, keine Kim Hyuna finden würden. Was sagt uns das?«
Juniper konnte Jimins Gesichtsausdruck nur erahnen. Sie vermutete schwer, dass er kurz davor sein musste, seinem Ex ins Gesicht zu spucken. Die beiden befanden sich exakt genau auf einer Höhe.
»Keine Ahnung«, gab Jimin verächtlich zurück. »Was sagt uns das denn?«
Jackson gab ein schnaubendes Lachen von sich, öffnete den Mund...doch kam nie dazu, eine Antwort auszusprechen. Die Tür war mit einem ohrenbetäubenden Knall aufgeflogen und als Juniper den Kopf herumriss, wusste sie wirklich nicht, ob sie nun noch besorgter oder erleichtert sein sollte. Einige der Wachmänner rauschten in den Raum, mit einem wütenden Wonho in ihrer Mitte. Dieser hatte seinen aufgebrachten Blick sofort auf Jackson gerichtet, welcher jenen nur mäßig überrascht erwiderte.
»Was wird das hier für ein Zirkus?«, polterte der Barbesitzer. »Wer seid ihr und wer hat euch gestattet –«
Weiter kam auch er nicht, denn Jackson hatte mit einem kleinen, fast schon gelangweilten Nicken die Party eröffnet. Juniper hatte gar nicht so schnell schalten können, da hatten sich von der Seite auch schon zwei Arme um sie geschlungen und nach unten auf den Boden gerissen, ehe ein trommelfellzerfetzender Kugelhagel den Raum erfüllte.
Es war als würde sie von einer auf die andere Sekunde in eine Schockstarre verfallen. Schritte trampelten über den Holzboden, auf dem sie lag und fügten den Schreien und Schüssen noch einen schmerzhaften Bass bei, den sie am ganzen Körper spürte. Nur mit Mühe konnte sie den Kopf etwas heben, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Wo sollte sie hin? Und wo waren Jeongguk und Jimin?!
Sie kam nicht dazu, auch nur einen der beiden aus ihrer Position aus auszumachen, als ein neuer, alles übertönender Krach den Raum einnahm. Tragisch, dass die tanzenden Gäste bei der überlauten Musik wahrscheinlich nicht einmal etwas davon mitbekamen, was hier hinter verschlossenen Türen abging. Juniper spürte, wie Dreck auf sie niederprasselte und gleich darauf Staub ihre Sicht vernebelte. Dem Poltern nach waren weitere Männer zu Boden gegangen und nun mischte sich auch heftiges Husten unter die allgemein aufgewühlte Geräuschkulisse.
Juniper wusste, dass es nichts bringen würde, hier weiter wie ein nutzloser Sack herumzuliegen. Entweder sie suchte nach Jimin und Jeongguk oder bewegte zumindest ihren eigenen Arsch aus der Gefahrenzone. Doch noch ehe sie auch nur den Ansatz einer Bewegung machen konnte, hatten sich erneut Arme um sie geschlungen – dieses Mal, um sie wieder in die Höhe zu reißen.
Augenblicklich schoss Junipers Herzfrequenz in die Höhe. Letztendlich konnte es sich bei der Person hinter ihr um jeden handeln – auch einen der Männer von Sooman-pa, der vielleicht keine Zeit verlieren würde, um ihr endgültig die Kehle aufzuschlitzen. Doch dann wanderte ihre Augen nach unten...und sie erkannte durch den herumwirbelnden Staub einen von dunklen Rosen umgebenen asiatischen Drachen, der sich in schwarzer Tinte um einen der um sie geschlungenen, alabasterfarbenen Arme wandte.
Sie wurde rückwärts mitgeschleift, in geduckter Haltung, bis Yoongi sich und sie erfolgreich im Schatten der aus den Angeln geflogenen Tür platziert hatte. Erst jetzt konnte Juniper sehen, dass er den Rahmen mitsamt einem Stück der Wand gesprengt haben musste. Ein riesiges Loch schimmerte durch die eingestaubte Luft und ein großes Stück des Bodens fehlte.
Yoongi hielt weiterhin den Arm um sie geschlungen, wenn auch auf eine nicht gerade nette oder sanfte Weise. Als sie den Mund öffnen wollte, um ihn mit panischer Stimme nach Jimin und Jeongguk zu fragen, presste er ihr obendrauf die Hand darauf, um sie daran zu hindern. Sein Blick – das sah sie aus den Augenwinkeln – war dabei unablässig auf den Raum gerichtet, in dem sich nur langsam wieder die Sicht klärte. Mehrere Männer lagen regungslos am Boden...doch keiner von ihnen sah den beiden verlorenen Mitgliedern von Bangtan-pa ähnlich.
»Machst du jetzt auf Cowboy, Kleiner? Denkst du, wir sind hier im wilden Westen?«
Es war eine Stimme, die zuvor noch nicht zum Einsatz gekommen war. Höchstwahrscheinlich von einem der Männer, die Jackson mitangeschleppt hatte. Juniper konnte lediglich seine am Boden kniende Gestalt erkennen, die eindeutig jemand weiteres in den Fängen hielt. Jimin, so entdeckte sie kurz darauf, befand sich ihm wenige Meter gegenüber, an eine Wand gelehnt. Und auch er hatte jemanden im Schwitzkasten – zudem eine Waffe an dessen Schläfe gepresst. Es dauerte einige weitere Sekunden, bis Wonhos angstverzerrtes Gesicht deutlich wurde...und Juniper musste nicht lange darüber nachdenken, welche Person gerade von Jacksons Lakai einen Lauf an den Kopf gehalten bekam. Es fühlte sich so an, als hätte ihr jemand mit der Erkenntnis einen schmerzhaften Tritt in die Magengegend verpasst.
»Er ist eure einzige Chance, herauszufinden, wo Hyuna steckt«, zischte Jimin und drückte demonstrativ noch ein bisschen fester zu. Wonho gab darauf ein ersticktes Keuchen von sich.
»Und was willst du jetzt?«, schnaubte sein Kontrahent. »Dass wir tauschen? Denkst du ernsthaft, es wird so einfach?«
»Lass Jeongguk und die anderen frei, oder ich blas ihm die Birne weg.«
»Deinem Boss wird das nicht gefallen. Würde er nicht alles dafür tun, um an Hyunas kleine Geheimnisse heranzukommen?«
»Du vergisst wohl, dass wir eine andere Wertvorstellung von Familie haben, als euer dreckiges Pack!«
»Ach ja...ich vergaß. Eure größte Schwäche, mit Verlaub. Ihr werdet genau deswegen noch tragischer untergehen, als es euch lieb ist.«
»Und ihr werdet gleich eure einzige Möglichkeit verlieren, eure Rache auszuüben. Ist es euch das wirklich wert, hm?«
Es folgte eine seltsame Stille, in der nur Wonhos und Jeongguks angestrengte Keuchen zu hören waren. Juniper realisierte erst sehr spät, dass das Schweigen durch eine weitere Person hervorgerufen worden war, die sich nur langsam, geduckt und hustend ihren Weg ins Sichtfeld kämpfte.
»Lass ihn gehen«, brachte Jackson nur mühsam und mit ausgestreckter Hand in Richtung seines Lakaien hervor. »Wir brauchen Wonho.«
»Aber Boss –«
»Wir gehen den Tausch ein! Lass den anderen los, nimm Wonho und dann weg hier!«
Jackson Stimme hatte während ihres ganzen Beisammenseins nie so harsch geklungen, doch es tat augenblicklich seine Wirkung. Jeongguk wurde grob auf die Beine gerissen, während Jimin das gleiche mit Wonho tat.
»Erst Jeongguk!«, knurrte er, während er sich in einer guten Position zu dem platzierte, was von der Tür noch übrig war.
»Jimin, du weißt genau, dass ich mich an mein Wort –«
»ERST JEONGGUK!«
»Ja, ja...schon gut! Chanyeol?«
Ein Poltern ertönte, als das Sooman-pa-Mitglied Jeongguk über den Dielenboden zu Jimin schleuderte, so dass dieser dabei fast hinfiel. Der Rothaarige fing ihn mit einer erstaunlichen Leichtigkeit, ohne dabei die Hand mit der Waffe von dem paralysierten Wonho zu lassen.
»B-bitte Jimin, du kannst mich doch nicht...Du weißt genau, was die mit mir machen«, flehte er in dessen Richtung, da er nun endlich wieder seine Sprache gefunden zu haben schien. »Bitte...wir hatten doch vorhin eine Menge Spaß, oder nicht?! Komm schon! Du kannst doch nicht –«
Weiter kam er nicht, da hatte Jimin den Barbesitzer auch schon eine ganze Spur heftiger den Männern von Sooman-pa entgegengeschubst. Wonho legte es der Länge nach auf den Boden, von wo ihn Jackson und sein verbliebener Mann erst einmal aufsammeln mussten. Juniper sah aus den Augenwinkeln noch kurz, wie Jimin Jeongguk über das Loch in den Dielen half, ehe Yoongi sie ebenfalls vorwärts schob. Es dauerte keine halbe Sekunde, da hatte er sie auch schon wieder hinter sich und huschte mit ihr aus dem Schatten der ausgehängten Tür den anderen beiden hinterher. Den laut ausgesprochenen Anweisungen Jacksons nach bezüglich des Umgangs mit Wonho, schienen sie dabei tatsächlich unentdeckt zu bleiben. Ehe sich Juniper versah, hatte Yoongi sie den ganzen dunklen Flur Jimin und Jeongguk hinterhergeschleppt und plötzlich fand sie sich zurück in der lauten, von Neonlicht und künstlichem Nebel durchtränkten Atmosphäre der Go-Go-Bar wieder. Die Menschen feierten und gafften weiter auf die leicht bekleideten Tänzerinnen, als hätte zwanzig Meter entfernt von ihnen gerade nicht ein Massaker stattgefunden.
Juniper starrte die Menge an, als wäre sie eine abstruse Erscheinung. Eine Ausgeburt ihrer Fantasie. Das konnte doch vorhin nicht wirklich alles passiert sein...und hier feierten die Leute immer noch, als wäre nichts gewesen. In welchem Paralleluniversum befand sie sich? Was zur Hölle hatte sie soeben mitansehen müssen?
»Nicht einschlafen!«, riss sie Yoongi mit eindringlicher Stimme aus ihrem Delirium. »Wir müssen hier weg. Tae und Hobi warten am Ausgang der Gasse mit einem Wagen.«
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Das Bett unter ihr fühlte sich weich und wie der Abgrund zur Hölle an. Als könnte Juniper jeden Moment durch die Matratze hindurch ins Nichts fallen. Immer noch hallten der Lärm, die Schüsse, die Schreie und die Explosion in ihren Ohren – zusammen mit einem leisen, konstanten Klirren, das sie sonst nur von Nächten in Clubs kannte, die sie zu nah an den Subwoofern und Boxen verbracht hatte. Das alles machte die Stille im Hotelzimmer so unheimlich laut. So unglaublich erdrückend.
Yoongi und Jimin waren schon kurz nach ihrer Ankunft wieder verschwunden. Ihren Gesichtern nach lag die Vermutung nahe, dass der Clanführer den Rothaarigen in irgendeiner Hintergasse erdrosseln und den Leichnam darauf in einer Mülltonne entsorgen würde. Kein Wunder...Jimin hatte die Informationsquelle, die ihnen und ihnen allein den Aufenthaltsort ihrer Mutter mitgeteilt hatte, an den Feind ausgeliefert. Er hatte den eigenen Clan verraten. Wenn sie alle Pech hatten, wäre Sooman-pa durch ihre schiere Größe und wahrscheinlich auch hervorragende Mobilität schon um einiges früher bei Kim Hyuna.
Juniper hatte am Rande mitbekommen, dass der Flug nicht vorverlegt werden hatte können, weswegen sie nun also doch noch den Rest der Nacht und den bald einbrechenden Morgen in diesem verdammten Hotel verbringen mussten. Der einzige, der sich ebenfalls mit ihr im Zimmer befand, war Hoseok, der sich in einem der Sitzsessel zusammengerollt und bereits eingenickt war. Taehyung und Jeongguk hielten wohl Wache. Zumindest hatten sie irgendwas in die Richtung vor sich hingegrummelt, als sie kurz nach ihrer Ankunft ebenfalls das Zimmer wieder verlassen hatten.
Es kostete Juniper eine ungeheure Mühe, sich vom Bett zu erheben und durch den dunklen Raum bis ins Badezimmer zu schleppen. Das grelle Licht stach ihr in die Augen, als sie es anschaltete und präsentierte ihr im von Wasserflecken besudelten Spiegel ihr fahles Gesicht. Ihr Make-Up war ein wenig verschmiert und ihre türkisene Haarfarbe ließ ihre Haut nur noch leichenartiger wirken. Schnell senkte sie den Blick, um sich nicht länger mit ihrem furchtbaren Aussehen konfrontieren zu müssen. Stattdessen zog sie den Ärmel des frisch angezogenen Pullovers nach oben, um sich endlich einmal wieder um das Wechseln ihres Verbands zu kümmern. Leider keine ganz so einfache Angelegenheit, wenn man einhändig, völlig ausgelaugt, deprimiert und ohnehin kurz vor einem Nervenzusammenbruch war.
»Hey, du musst das nicht machen.«
Die honigsüße, sanfte Stimme im Türrahmen ließ Juniper heftig zusammenzucken und herumfahren – auch wenn ihr sofort bewusst war, dass es sich bei der Person um Jimin handelte. Wieso hatte sie schon wieder nichts von der Eingangstüre mitbekommen? War sie wirklich so in Gedanken versunken gewesen?
»Setz dich hin«, forderte der Kkangpae sie auf und schob sie dabei in Richtung der Toilette, auf dessen zugeklappten Deckel sie sich willenlos niederließ. Kommentarlos hielt sie ihm ihren Arm hin und er machte sich sofort und mit geübten, vorsichtigen Griffen daran, den alten Verband zu lösen. Zum ersten Mal erhaschte Juniper dabei einen Blick auf ein ihr bereits bekanntes Zeichen an seinem Handgelenk. Es war ihr zuvor nie aufgefallen, doch jetzt stach es ihr geradezu ins Auge. Ein Tattoo einer Halbmondsichel, die von einem Kreis mit Sonnenstrahlen vervollständigt wurde. Sie hatte das gleiche bereits an Yoongis Handgelenk gesehen, nur dass es bei ihm wesentlich älter ausgesehen hatte. Jimins war relativ frisch und die Linien viel feingliedriger. Wahrscheinlich, so vermutete sie, handelte es sich hierbei um das Gangtattoo von Bangtan-pa.
Juniper konnte nur einen kurzen Blick auf die Wunden werfen, nachdem alles freigelegt worden war und Jimin gerade die frischen Erste-Hilfe-Utensilien zusammensuchte. Mehr brachte sie nicht übers Herz. Die Schnitte waren inzwischen übel verkrustet und nach wie vor angeschwollen. Es stand außer Frage, dass davon keine auffälligen Narben bleiben würden.
»Tut mir leid, dass du dir schon wieder so etwas mitansehen musstest«, sagte Jimin nach einer Weile in einem halben Seufzen, während er gerade Jod auf den Wunden verteilte. »Ich...ich hatte echt nicht gedacht, dass wir hier solche Probleme bekommen würden. Eigentlich dachte ich wirklich, du wärst sicherer, wenn du mit uns nach Bangkok kommst. Und dann –«
Er brach ab und schluckte. Natürlich spielte er auf die Sache mit Wonho und den Drogen an, doch konnte er den Barbesitzer nicht ohne den neuen, bitteren Beigeschmack erwähnen. Jener befand sich nun in Gefangenschaft von Sooman-pa. Und sie wussten obendrauf, dass er die Information zu Kim Hyunas Aufenthaltsort besaß.
»Ist Sha–...ist Yoongi wegen der...ganzen Sache arg wütend?«, fragte Juniper leise. Sie wollte nicht, dass auf Jimins Kopf eine Zielscheibe platziert wurde, nur weil er ihr aller Leben gerettet hat. Dass es hierbei um ihre Mutter gegangen war hin oder her. Juniper hatte sie noch nie in ihrem Leben getroffen und besaß nicht den Ansatz eines Bezugs zu dieser Person, von deren Existenz sie auf viel zu schmerzliche Weise hatte erfahren müssen. Natürlich wollte sie nicht, dass Kim Hyuna von Sooman-pa geschnappt und umgebracht wurde. Aber genauso gut konnte sie Jimins Handeln in der Situation verstehen, in der sie sich nun eben alle vor wenigen Stunden noch befunden hatten.
»Ha! Wütend ist gar kein Ausdruck«, schnaubte Jimin. »Also versteh mich nicht falsch...Yoongi ist kein Mensch, der Wutanfälle hat. Er äußert es viel schlimmer – in Enttäuschung, Abwehr, Ignoranz...Aber ich denke, ich konnte ihm verständlich machen, dass die Sache gar nicht...so schlimm ist, wie er vielleicht denkt.«
Juniper hob verwundert den Kopf. „Wie meinst du das?"
„Nun...Das ist eine lange Geschichte...Ich denke nicht, dass gerade der richtige Zeitpunkt ist, um sie zu erzählen."
„Das hast du bei der Daegu-Sache auch gesagt."
Jimin lächelte wehmütig in sich hinein, während er damit begann, den frischen Verband um ihren Arm zu wickeln. »Es sind schwierige Dinge, über die man nicht einfach so zwischen Tür und Angel sprechen kann, June. Ich denke nicht, dass gerade der richtige Zeitpunkt ist, um dich...damit zu konfrontieren. Mit keinem von beiden. Bitte nimm dir das nicht zu sehr zu Herzen. Du weißt hoffentlich, dass ich dir trotzdem vertraue, oder?« Er beugte sich ein wenig nach vorne, um ihren Blick besser fangen zu können. »Ich kann dir auf jeden Fall versprechen, dass du dir keine Sorgen wegen deiner Mutter zu machen brauchst. Wir haben die Sache besser unter Kontrolle, als es vielleicht nach diesem ganzen Trubel wirken mag.«
»O-okay...wenn du meinst?«
Juniper zwang sich zu einem zaghaften Lächeln, was mehr oder weniger in die Hose ging. Ihr war einfach so absolut nicht danach zumute, je wieder ihre Mundwinkel anzuheben. Geschweige denn irgendetwas anderes Sinnvolles zu tun, außer zu schlafen und erst wieder in einem anderen Leben aufzuwachen.
»Was ist...mit den anderen? Sind sie...böse wegen der Sache mit diesem Jackson?«
Erst, als Jimin überrascht den Kopf hob, realisierte Juniper, was sie da eigentlich gerade gesagt hatte. Theoretisch hätte sie gar nicht wissen können, dass Jimin die seine Beziehung zu Jackson geheim gehalten hatte. Allerdings hatte sie damals jenes Gespräch zwischen Jimin und Yoongi mitangehört...und dies soeben gedankenlos ausgeplaudert.
»T-tut mir leid, ich...ich hab damals...was mitbekommen und...«
Juniper senkte betreten den Kopf. Unter normalen Umständen wäre sie mit so etwas wesentlich souveräner umgegangen, doch nun brachte es sie den Tränen nahe.
»Du...hast Yoongi und mich reden gehört?«, fragte Jimin in erstaunlich friedfertigem Ton. Sie nickte betreten und entlockte ihm damit ein leises Seufzen.
»Nun...war vielleicht besser so...Hätte ich es nur mal den anderen früher gesagt. Sie wussten, dass da mal was war mit irgendjemand von Sooman-pa...allerdings nicht, dass es sich dabei um Jackson Wang handelt. Er hatte schon unter Lee Sooman einen der höchsten Ränge inne und wahrscheinlich war das auch einer der Gründe, dass sie ihn nicht einfach umgelegt haben, als das mit mir rauskam.«
»Ist es...schlimm für die anderen? Ich meine...wie haben sie reagiert?«
Jimin schnaubte leise. »Nun...ich glaube, sie haben es ganz passabel aufgenommen. Hoseok ist das ohnehin komplett egal...Taehyung hat mir gesagt, dass es schon okay wäre und wir zuhause gerne in Ruhe drüber reden können, wenn ich das möchte...Er ist ein wirklich guter Freund, weißt du? Was Jeongguk allerdings angeht...Ich glaube, er geht mir aus dem Weg.«
Juniper öffnete den Mund, nur um ihn dann wieder zu schließen. Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Letztendlich hatte sie keine Ahnung, was in Jeongguks Kopf vor sich ging...
Jimin beendete sein Werk schweigend und legte seine Hand auf ihren Rücken, als sie gemeinsam ins Hauptzimmer zurückkehrten. Hoseok schlummerte nach wie vor friedlich in seinem Sessel und sah nicht so aus, als ob ihn in naher Zukunft irgendwas wecken könnte.
»Du solltest auch versuchen, etwas zu schlafen«, sagte Jimin nachdrücklich, nachdem er sich mit Juniper zusammen auf dem Bett niedergelassen hatte. »Ich kann auch hierbleiben und aufpassen, wenn du möchtest.«
Ein kleiner Funken Wärme glimmte in ihrer Brust auf. Wie konnte es sein, dass ihr einzige Rettungsanker in dieser ganzen Misere dieser rothaarige Kriminelle war? Und wie war es möglich, dass eben dieser...so ein gutes und wohlwollendes Herz besaß? Jin hatte recht gehabt...Jimin war einfach zu gut für diese ganze Welt.
»Ich denke nicht, dass ich das kann«, erwiderte sie leise, obwohl ihr dabei fast die Augen zufielen. Doch es war die Wahrheit. Müdigkeit alleine würde ihr keinen Schlaf bringen, wenn sie nach wie vor keine Ruhe fand. Und nach dem, was sie nur wenige Stunden zuvor in der Tilac Bar erlebt und gesehen hatte, war damit in naher Zukunft nicht wirklich zu rechnen.
Doch dann tat Jimin etwas, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Er rücke weiter auf das Bett und zog sie dabei mit sich – direkt in seine Arme. Junipers Herz machte einen kleinen Satz, als ihr bewusst wurde, wie lange sie schon nicht mehr solch eine Nähe von jemandem erfahren hatte. Ehrliche, tröstliche Nähe.
»Versuch's bitte«, murmelte Jimin und platzierte ein Kissen so, dass sie ihren Kopf bequem auf seiner Schulter ablegen konnte. »Du musst mal zur Ruhe kommen, sonst geht's dir nur schlechter und schlechter.«
»Dann erzähl mir was zum Einschlafen.«
Juniper wusste nicht, wie ihr diese Aufforderung überhaupt über die Lippen gekommen war. Im Normalfall hätte sie sich wohl nicht getraut, Jimin um eine Geschichte zu bitten. Doch zu ihrer Überraschung hörte man das Lächeln aus seiner Stimme heraus, als er darauf antwortete.
»Was möchtest du denn hören?«
»Hmm«, überlegte sie träge und schloss dabei zum ersten Mal ihre Augen. »Erzähl mir davon, wie du Jeongguk kennengelernt hast.«
Jimin gluckste leise. »Hat er dir nicht sicher schon erzählt, wie er zum Clan gekommen ist?«
»Ja, aber ich möchte wissen, wie du ihn kennengelernt hast.«
Eine kleine Stille folgte. Juniper spürte am Heben seiner Brust, dass er tief durchatmete. Und dann begann er mit seiner sanften, mit einem Hauch von Nostalgie durchtränkten Stimme zu sprechen.
»Es war letztes Jahr, als er zu uns gestoßen ist. Nachdem Yoongi ihn von dieser Cyber-Gang rekrutiert hat. Er war anfangs noch lange nicht so vorlaut, wie er es heute ist. Man könnte fast schon sagen, dass er wie...ein streunender, verschreckter Welpe ausgesehen hat, als er ins Hauptquartier gebracht wurde. Ich habe ihn zum ersten Mal gesehen, als er auf dem Innenhof aus dem Auto gestiegen ist. Er war so aufgeregt, dass er ausversehen den Gurt beim Zuschlagen der Tür eingeklemmt hat...und ich schwöre dir, er hätte fast angefangen zu weinen, als er Yoongis Blick danach gefangen hat. Immerhin hat er ihn mit seinem Bentley hergebracht und wenn dieser Kerl eine Sache liebt, dann seinen verdammten Continental. Jedenfalls ging Jeongguk dann ein paar Schritte vom Wagen weg...und ich weiß noch genau, wie die Sonne an diesem Morgen durch seine Haare geschienen hat. Und seine Augen waren so groß wie Golfbälle, als er sich umgesehen hat...bis sein Blick letztendlich an mir hängen geblieben ist. Ich glaube, ich wusste es schon von diesem Moment an irgendwie. Und es hat sich nur mehr und mehr bestätigt, als ich zu der Person wurde, die ihn zusammen mit Taehyung in alles einführen sollte. Mit jedem Tag, an dem er mehr zu dem widerspenstigen Großmaul wurde, das er heute eben ist.«
Juniper konnte nicht anders, als mit geschlossenen Augen ein wenig in sich hineinzulächeln, ehe ihr ein Gedanke kam, der die ganze Sache wieder ein wenig betrübte. »Weißt du denn...ob da seinerseits überhaupt eine Chance für euch bestehen würde?«
Wieder folgte ein Schweigen, während dem nur Hoseoks leises Schnaufen und die fernen Geräusche von Bangkoks Nachtverkehr die Stille untermalten. Juniper spürte, wie die Ablenkung ihr guttat. Auch, wenn die Antwort, die Jimin auf ihre Frage geben könnte, ihr ein wenig Angst bereitete. Es war nicht die Angst, die sie in den Hinterzimmern der Bar verspürt hatte. Oder in Seoul in dem im Fluss versinkenden Wagen. Oder – um ganz zum Anfang zurückzukehren – jene, die sie in den Fängen von Sooman-pa vereinnahmt hatte, als sie noch in New York gewesen war. Eher...eine empathische Angst.
»Ich denke«, sagte Jimin nach einer Weile mit von Wehmut durchtränkter Stimme, »dass ich es sehr wahrscheinlich nie erfahren werde. In unserer Welt ist kein Platz...für eine Beziehung wie diese. Das mit Jackson hat mir das mehr als genug bewiesen. Und ich glaube auch nicht, dass Jeongguk...«
Er beendete den Satz nicht, doch natürlich war es klar, was ihm auf der Zunge gelegen war. Vielleicht stand Jeongguk einfach nicht auf Typen...
»Du hättest ihn sehen sollen, als wir...in diesen Fluss gesunken sind«, nuschelte Juniper und wagte es dabei sogar, ihren an den Körper angezogenen Arm ganz vorsichtig auf Jimins Bauch abzulegen. »Er hätte den Wagen nicht ohne dich verlassen. Ich hatte das Gefühl...er wäre lieber selbst mitertrunken, als auch nur eine Sekunde von deiner Seite zu weichen.«
Zu ihrer Überraschung spürte sie nach einer erneuten, mehrminütigen Stille wie der Kkangpae seine Finger ganz langsam zwischen ihre schob und ihre Hand ein wenig drückte. Es war alles, was sie als Antwort auf ihre Worte erhielt, ehe sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel.
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In den folgenden Tagen sollte Juniper zu spüren bekommen, was für einen Tribut die bisherigen Geschehnisse wirklich bei ihr forderten. Die Rückkehr nach Seoul war an ihr vorbeigezogen wie ein schlechter Schwarzweiß-Film und das, obwohl die südkoreanische Hauptstadt sie mit strahlendem Sonnenschein und mit in saftigem Grün erblühenden Bäumen rund um die alte Textilfabrik begrüßt hatte. Dass Juniper die meiste Zeit ohnehin unterirdisch in den wohnlichen Räumen des Hauptquartiers war, half ihrer Stimmung dabei herzlich wenig auf die Sprünge. Immer wieder flogen ihre Gedanken zurück zu den inzwischen viel zu zahlreichen Nahtoderfahrungen...den Menschen, die ihr Leben keine paar Meter neben ihr verloren hatten. War sie sich jemals so bewusst über die Anwesenheit des Todes gewesen? Sie konnte es sich nicht vorstellen.
Über die Pläne des Clans erfuhr sie in dieser Zeit herzlich wenig. Sie wusste, dass Yoongi, Hoseok und Taehyung des Öfteren mal verschwanden, um wichtige Dinge zu erledigen, doch keiner sprach in ihrer Anwesenheit wirklich darüber, was genau sie taten. Von letzterem erfuhr Juniper nur einmal auf eine vage Nachfrage, dass die »Ortsangabe«, die sie von Wonho erhalten hatten, wohl doch nicht so klar und akkurat war, wie sie sich das zunächst gedacht hatte. Erst bei näherem Überlegen wurde ihr bewusst, dass es mit einem Begriff wie zum Beispiel »Chicago« oder »Budapest« nicht wirklich viel Aufschluss über den genauen Standort einer Person gab – wenn es sich dabei auch um eine sehr gute Information und Eingrenzung des Suchgebiets handelte.
Um noch einmal zu Wonho zurückzukommen: Juniper merkte in den Tagen tatsächlich, dass Yoongi – wenn er sich denn mal blicken ließ – nach wie vor nicht besonders gut auf Jimin zu sprechen zu sein schien. Er wirkte nie wirklich geistig anwesend und immer vertieft in irgendwelche komplizierten Gedankenspiele, die er ausschließlich leise und unter Ausschluss aller anderen mit Jin und Taehyung zu besprechen vorzog. Juniper versuchte immer, einen genaueren Blick auf ihn zu erhaschen, wenn sie ihn mal sah. Hauptsächlich weil sie nach bestimmten Anzeichen suchte...Spuren, die sein unfreiwilliger Rückfall in Bangkok möglicherweise verursacht haben könnte...doch es kam nie dazu, dass sie ihn so genau unter die Lupe nehmen konnte.
Das Einzige, was Juniper davon abhielt, bezüglich der fehlenden Fortschritte im Plan langsam unruhig zu werden, war Jimins Gelassenheit. Er ließ keine Gelegenheit aus, um das zu wiederholen, was er ihr schon im Badezimmer in Bangkok gesagt hatte: Alles war unter Kontrolle. Sie brauchte sich keine Sorgen zu machen.
An sich war Jimin jede freie Minute, die er besaß, in Junipers Nähe. Irgendwas an seinem Verhalten, seinen wachsamen Blicken, ließ sie vermuten, dass er eine Ahnung davon hatte, wie es in ihr gerade aussah. Dass sie gerade einen heftigen inneren Kampf mit ihrem Verstand und ihren Gefühlen austrug. Auch Jeongguk gesellte sich ab und an zu ihr, wobei sie aber bei ihm nicht wusste, ob er es nur auf Jimins Aufforderung hin oder freiwillig tat. Konversationen mit ihm waren nach wie vor eine Mischung aus Spott, Sarkasmus und wilden Erzählungen aus seiner bisherigen Ganglaufbahn, während denen er gerne vergaß, dass er Juniper eigentlich von oben herab behandeln wollte.
Insgesamt war sie für jede Ablenkung dankbar, die sie davon anhielt, dauerhaft in ihren zermürbenden Gedanken zu versinken. Sie hatte es inzwischen sogar aufgegeben, sich abends in den Schlaf zu weinen. Darüber zu philosophieren, was ihr Vater wohl gerade machte und vor allem dachte, was mit ihr geschehen war. Alles, was sie nun beherrschte, war ein beständiges Unwohlsein, eine nicht enden wollende Unruhe und eine Leere, die manchmal alles um sie herum zu verschlucken drohte. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als ihr altes Leben zurück. Und sie schwor sich immer und immer wieder, dass sie es dieses Mal mehr wertschätzen würde, falls sich denn irgendein Gott wirklich ihrem Anliegen annahm.
Die vermeintliche Erlösung sollte Juniper genau eine Woche nach ihrer Rückkehr nach Seoul vergönnt werden. Sie hatte sich gerade nach einer mäßigen Beteiligung am Mittagessen – gebratenem Kimchi-Reis von Jin – auf eine der Couches verzogen, um den Rest des Tages bewegungslos vor sich hinzuvegetieren, als wie aus dem Nichts Jeongguk neben ihr auftauchte und sich schwerfällig auf die Polster fallen ließ.
»Na? Heute wieder eine Runde Essenskoma-Schmollen angesagt?«, spottete er und warf ihr dabei einen musternden Seitenblick zu, während er die Arme hinter dem Nacken verschränkte. Dabei wurde das Sonne-Mond-Tattoo sichtbar, das Juniper schon bei Yoongi und Jimin am Handgelenk gesehen hatte. Und ihr Verdacht verhärtete sich, dass es sich um das eindeutige Erkennungszeichen des Clans handelte.
»Gibt ja nichts Besseres zu tun«, schoss sie müde zurück. Eigentlich hatte sie gerade gar keine Kraft, ein gespielt bösartiges Wortgefecht mit Jeongguk auszutragen. Zu ihrer Überraschung wurde sein Blick beim Klang ihrer Stimme fast augenblicklich ein wenig weicher. Fast schon freundlich, für seine Verhältnisse.
»Ich hätte 'nen Vorschlag für dich. Da du uns hier allem Anschein nach so langsam eingehst wie eine Zwiebel, würde ich dich mitnehmen zum Black Dreams. Ich lass mein Tattoo fertigstechen und wenn du dich hier schon zu Tode langweilst, kannst du das auch gleich dort tun, wo du wenigstens beobachten kannst wie ich cooler und krasser werde.«
Juniper entfuhr ein unwillkürliches Schnauben, während sich in ihrem Innern eine ungewöhnliche Wärme ausbreitete. Ja, man konnte es fast schon den Anflug eines Herzflatterns nennen. Um ehrlich zu sein, klang dieser Vorschlag mehr als verlockend. Endlich mal wieder raus aus diesem Loch. Dann jedoch kamen ihr wieder die Gefahren in den Sinn, die auf den Straßen Seouls auf sie lauern könnten. Und die Tatsache, dass die Idee von Jeongguk kam, ließ eindeutig nicht darauf schließen, dass auch nur einer der anderen Clanmitglieder es gutheißen würde, wenn sie tatsächlich mit ihm ging.
»Yoongi würde dir die Hölle heiß machen, wenn du mich zu ihm mitschleppst«, gab sie schließlich resigniert von sich. »Er war doch schon beim ersten Mal sauer, als die anderen mich mit ins Studio gebracht haben.«
Inzwischen wusste sie von Jimin, dass es sich beim Black Dreams um so etwas wie einen einfachen Zeitvertreib für den Clanleader handelte. Wenn er nicht gerade illegalen Geschäften im Namen von Bangtan-pa nachging, stach er Tattoos, statt einfach seine Freizeit für sowas wie ein Leben oder Schlaf zu nutzen. Witzigerweise konnte man nicht einmal diese Tätigkeit zu den legalen zählen. Tätowieren war im Grunde genommen verboten in Südkorea, denn es zählte laut dem Gesetz als Körperverletzung. Dennoch wurde das Ganze nicht ganz so konsequent verfolgt, wie es vielleicht ein konservativ geprägtes Land wie dieses vermuten ließ.
»Yoongi hat gerade keine Zeit, um sich um sowas zu kümmern«, entgegnete Jeongguk achselzuckend. »Slow Rabbit, einer der Residents, wird das Motiv fertigstechen. Es geht ohnehin nur noch um ein paar Schattierungen und ich würde ungerne mit einem unfertigen Tattoo sterben...also falls es in naher Zukunft zu einem Showdown mit Sooman-pa kommt und ich mich wie ein tragischer Held für meinen Clan opfern muss.«
»Oh wow«, schnaubte Juniper. »Sind ja rosige Aussichten.«
»Ach komm«, winkte Jeongguk verächtlich ab. »Inzwischen solltest du meinen Galgenhumor kennen.«
Oh ja, und wie sie das tat. Im Prinzip konnte sie ohnehin nur noch jedes zweite Wort aus seinem Mund ernstnehmen. Wenn überhaupt.
»Und diesem Typ wird es nicht einfallen, bei eurem Boss zu petzen, dass du mich mitgeschleppt hast?«, hakte sie nach, um sich zu vergewissern.
»Dohyeong ist okay. Und ganz sicher keine Petze.«
»Und was ist, wenn die anderen mitbekommen, dass wir das Quartier verlassen?«
»Werden sie nicht. Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich weiß schon, was ich tue.«
Juniper war unsicher, ob sie Jeongguk in dieser Hinsicht wirklich vertrauen sollte...doch letztendlich war ihr alles lieber, als auch nur eine Minute länger in den immer und immer wieder gleichen Räumen festzustecken. Ohne Internet, ohne Fernsehen oder zumindest etwas zum Lesen.
»Okay«, murmelte sie letztendlich und zwang sich dazu, sich ein wenig aus ihrer eingesunkenen Position aufzurichten. „Dann komm ich eben mit. Auf deine Verantwortung."
»Verantwortung?«, lachte Jeongguk auf. »Was soll das sein? Nie davon gehört.«
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Juniper hätte niemals gedacht, dass der lockenköpfige Kkangpae sich ernsthaft zu allen Regelverstößen auch noch den Lamborghini Urus krallen würde, doch offensichtlich sah er es als eine Art Bonuslevel an, sie im hochwertigsten Geländewagen zum Black Dreams zu kutschieren, den das Auto-Reservoir des Clans zu bieten hatte. Juniper selbst ließ er erst draußen einsteigen, nachdem er sie alleine den gleichen Weg hatte gehen lassen, den sie damals zur verlassenen Kantine genommen hatten.
In der Stadt herrschte eine für Juniper bis dato unbekannte Hektik, die sie wie gebannt an die getönten Scheiben des Wagens fesselte. Unzählige Menschen bevölkerten die Gehwege Seouls, sowie PKWs, Taxis und Linienbusse die Straßen. Dennoch konnte sie nicht einschätzen, ob ihre Reise nach Hongdae kürzer oder länger dauerte, als beim letzten Mal. Immerhin waren sie damals auf halber Strecke von einer Brücke gedrängt und fast umgebracht worden.
Jeongguk schien in weiser Voraussicht gar nicht erst in Erwägung zu ziehen, einen Parkplatz direkt vor dem Studio zu bekommen, was um diese geschäftige Uhrzeit wahrscheinlich ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit war. Stattdessen fuhren sie in eine nahegelegene Tiefgarage, in der der Kkangpae Juniper, kaum hatte er geparkt, mit einem schwarzen Mundschutz und einer Beanie ausstattete, unter die sie ihre Haare stopfen sollte. Ein wenig unnötig, wenn man bedachte, dass diese schon einen Großteil ihrer blauen Farbe verloren hatten, seit sie in Seoul war. Aber gut...was blieb ihr anderes übrig, als auf den ihr wesentlich überlegeneren Kerl zu hören?
»Hey, wie wär's eigentlich, du lässt dir auch was stechen?«, grinste Jeongguk, als sie gerade aus der Tiefgarage in den strahlenden Sonnenschein auf dem Gehweg getreten waren.
»Ich denke, ich möchte mein erstes Tattoo nicht mit einer Situation wie dieser verbinden, danke«, schnaubte Juniper und schob dabei die Hände in die Bauchtasche ihres Hoodies. »Außerdem habe ich ja schon 'ne tolle Verschönerung am Arm.«
Jeongguk zuckte mit den Schultern. »Wenn ich du wäre, würde ich mir da ein Full-Sleeve-Tattoo drüberstechen lassen, sobald es nur noch Narben sind. Ich bin gerade auch dabei, mir das Stechen ein bisschen selbst beizubringen. Je nachdem, wie lange du noch bei uns bleiben musst, kann ich das auch für dich übernehmen.«
Sie musste unwillkürlich ein wenig lächeln. Das Angebot war mit einem verdächtigen Unterton von ihm vorgetragen worden...als wollte er insgeheim mit aller Kraft nicht durchsickern lassen, wie sehr er eigentlich darauf brannte, sich auf ihrer Haut auszutoben.
»Mal schauen«, antwortete Juniper, um es auch im Gegenzug möglichst vage dabei zu belassen. Obwohl sie die Möglichkeit eigentlich mehr als in Betracht zog. Die reine Vorstellung war schön. Zumindest so lange, wie sie nicht darüber nachdachte, wie lange sie überhaupt noch hier in Seoul festsaß.
Sie gingen fortan schweigend den mäßig belebten Gehweg entlang, bis Jeongguk sie nach links lenkte. Sie bogen nun in die Straße ein, in der sich das Studio befand. Doch schon ein Blick genügte, um die beiden wie abrupt stehen bleiben zu lassen.
Vor dem Black Dreams war die Hölle los – und das absolut nicht im guten Sinne. Feuerwehr- und Polizeiwägen drängten rund um den Eingang herum, der durch dichten, schwarzen Rauch kaum erkennbar war. Gehetzte Rufe schallten durch die Straße und Feuerwehrmänner eilten mit Rauchmasken und Schläuchen herum, während die Polizisten mehr damit beschäftigt waren, jegliche Schaulustige von dem Einsatzort fernzuhalten. Juniper spürte, wie ihr ganzes Inneres ein paar Stockwerke nach unten absackte. Was zur Hölle war hier los?
»Fuck«, entfuhr es Jeongguk, dessen Hand sich sofort fest um ihren Arm schloss. »Wir müssen sofort...«
Er hielt inne, als er etwas entdecke. In der Gasse, nicht weit von ihnen entfernt. Jemand winkte. Und der Kkangpae schien sofort zu wissen, dass sich hierbei um keine feindliche Person handeln musste.
»Komm, bevor uns jemand sieht«, zischte er Juniper zu und zog sie hastig die paar Meter nach vorne, die sie vom dunklen Hof trennten. Sehr schnell wurde die Silhouette der Gestalt, die sich dort im Schutz der Mauern befand, deutlicher. Ein junger Mann, relativ gutaussehend...mit panisch verzerrtem Gesicht.
»Dohyeong-hyung!«, entfuhr es Jeongguk, gleich nachdem sie alle aus dem Blickfeld eines jeden Gesetzeshüters verschwunden waren. »Was zur Hölle ist hier los?!«
»Hyunsuk-pa. Das ist los!«, zischte derjenige, der wohl auch auf das Pseudonym Slow Rabbit hörte. »Ich kam gerade noch hinten raus, bevor die vorne einfach reingebrettert sind, um mit ihren Molotows 'ne Runde Völkerball zu spielen.«
»Woher weißt du, dass –«
»Meine Fresse, Gukkie, ich würde diese Hackfresse von Jiyong mit seiner Dreckslache und diesen hässlichen Textmarker-Haaren überall erkennen.«
»Dragon war persönlich dabei?!«
»Natürlich war er das, was denkst du denn? Wenn's irgendwo was kaputtzumachen gibt, ist er immer an vorderster Front. Er ist nicht wie Seunghyun. Oder Youngbae. Wobei letzterer wohl inzwischen nicht mehr zählt, hm?«
Jeongguk ließ Junipers Arm los, um sich beidhändig die Haare zu raufen, ehe er aggressiven Schrittes tiefer in die Gasse marschierte und ein Klapphandy aus der Hosentasche zog.
»Ich gehe mal schwer davon aus, dass du dem Boss noch nicht Bescheid gesagt hast?«
»Wie denn? Mein Handy kokelt da drin gerade munter vor sich hin. Zusammen mit meinem iPad, auf dem übrigens die einzige Datei deiner Skizze ist. Klasse, oder?«
Der Jüngere grunzte hochgradig genervt, das Handy schon an seinem Ohr. »Na schön...dann testen wir mal, ob man über eine Funkverbindung umgebracht werden kann.«
Ehe sich Juniper versah, war er hinter einer riesigen Mülltonne verschwunden. Wahrscheinlich, um sich die Blöße zu ersparen, den Ärger vor ihren Augen entgegenzunehmen. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie wütend Yoongi sein würde, wenn er erfuhr, dass sein Laden brannte. Wobei ihre Sorgen auch eigentlich nur Jeongguks Reaktion entsprangen...Selbst einzuschätzen vermochte sie den Gangleader nach wie vor nicht.
»Bist du nicht...die Kleine, die sie aus New York angeschleppt haben?«, riss sie Dohyeongs nachdenkliche Stimme aus ihren Gedanken.
»Ich...ähm...«
»Okay, okay...schon verstanden. War klar, dass Gukkie wieder so eine Aktion bringt...Oh man, dieser Trottel...Erst dieser Angriff und jetzt haben wir auch noch dich hier. Also nicht persönlich gemeint oder so...aber du verstehst hoffentlich, dass deine sehr wahrscheinlich unerlaubte Anwesenheit außerhalb des Quartiers nicht gerade die Kirsche auf dem Sahnehäubchen ist.«
Dohyeong kratzte sich mit einem missmutigen und zugleich entschuldigenden Blick am Kopf, wobei er seinen volltätowierten Arm offenbarte. Irgendwas an seiner Art gab Juniper ein tendenziell eher gutes Gefühl. Anders als bei den meisten anderen fremden Gestalten, die ihr über die letzten Tage im Domizil des Clans über den Weg gelaufen waren.
»Wieso...haben die denn das Studio angegriffen?«, wagte sie es schließlich zu fragen. »Dachten sie, sie würden Shadow erwischen?«
Der Tätowierer lachte hohl. »Wohl kaum. Die sind nicht so blöd wie plump. Ich schätze mal, damit wollten sie ein weiteres Zeichen setzen, dass der Waffenstillstand gekippt ist. Eine Warnung sozusagen. Zumindest unterzeichnet von Dragon...Soweit ich weiß, geht der gerne mal auf Alleingänge. Er will unseren Boss provozieren. Wie auch schon mit dem Autounfall...«
Er senkte etwas verlegen den Kopf, als wüsste er nicht recht, wie er das Ganze bezüglich Juniper am besten behandeln sollte. Alles in allem wirkte er nicht wie jemand, der sich viel mit dem kriminellen Tun des Clans abgab, auch wenn er bestens darüber informiert zu sein schien. Wahrscheinlich verbrachte er wirklich neunzig Prozent seiner Zeit einfach nur damit, Yoongis Laden am Laufen zu halten. Nun ja...bis zu diesem Zeitpunkt eben.
Juniper räusperte sich und wippte nervös auf ihren Fersen. »Glaubst du, Shadow wird darauf...reagieren?«
»Wenn ich eines über die Jahre, die ich diesen Typ kenne, gelernt habe, dann dass es nichts bringt, zu versuchen, seine Pläne vorherzusagen«, seufzte Dohyeong. »Was in seinem Kopf abgeht, das weiß nur er. Ich vertraue meistens darauf. Er ist wirklich ein Genie, was sowas angeht. Ein genialer Stratege. Und zusammen mit Elvis und V...puh, ich würde schon ganz frech behaupten, dass denen niemand das Wasser –«
Er stoppte mitten im Satz, ein Ohr in Richtung Jeongguk gespitzt. Dazu hatte sich ein seltsamer Ausdruck auf sein Gesicht gelegt.
»Hörst du das?«
Juniper drehte verdutzt den Kopf und lauschte ebenfalls. »Nein...was meinst du?«
»Genau das. Ich höre nichts.«
Die Art, wie er es aussprach, ließ sofort ein mulmiges Gefühl in Junipers Magengegend aufkeimen. Tatsächlich war es sehr still. Ungewöhnlich still. Dazu von Jeongguk keine Spur, der nun doch seit geraumer Zeit hinter den großen Mülltonnen verschwunden war.
Sie wollte gerade zu Donhyeong sagen, dass er vielleicht aufgrund einer Rede seitens Yoongi so schweigsam war, als sie mit einem Mal von einem Doppel-Déjà-Vu heimgesucht wurde. Hände schlossen von hinten um sie und ehe sie überhaupt realisieren konnte, was da gerade vor sich ging, hatte man ihr auch schon ein weißes Tuch auf Nase und Mund gedrückt. Das Letzte, was Juniper sah, war eine ganz in schwarz gekleidete Gestalt rechts von sich, die den fast gleichzeitig mit ihr zusammenbrechenden Tätowierer halbwegs auffing. Danach wurde ihr endgültig schwarz vor Augen.
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𝖆𝖚𝖙𝖍𝖔𝖗'𝖘 𝖓𝖔𝖙𝖊
Here I am, back on the track.
Es tut mir so soooo leid, dass es wieder so lange gedauert hat, aber ja...ich bringe jetzt keine Ausreden mehr XD Tatsache ist, ich musste mir meine eigene Geschichte nochmal durchlesen, um beim Weiterschreiben nicht komplett verloren zu gehen.
Ich habe meinen Urlaub genutzt, um meinen Rückstand wieder etwas aufzuholen und bete jetzt auch, dass ich wieder etwas mehr am Ball bleiben kann. Es ist leider immer so verlockend, eher an f.i.n. weiterzuschreiben, weil der Aufbau nicht so verstrickt und kompliziert ist und ich da nicht so viel Denkarbeit leisten muss XD
Wer auch immer sich Sorgen macht, ich würde diese Story abbrechen, den kann ich auf jeden Fall beruhigen. Der Plot ist von vorne bis hinten im Großen und Ganzen durchgeplant, ich häng mich nur gerne an der Feinarbeit auf :') Und ich habe mir das feste Ziel gesetzt, mit dieser Story an den Wattys 2022 teilzunehmen, also muss RENEGADES bis höchstwahrscheinlich September fertig sein XD
Ah und bitte hasst mich nicht für meine Liebe zu Cliffhängern, im nächsten Kapitel gibt es keinen so bösen, versprochen ♡
Genug geredet...In der Hoffnung, dass ich euch das nächste Chap früher bieten kann...
BIS BALD ♡
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