chapter 11 - livin' on a prayer
»Once I rose above the noise and confusion
Just to get a glimpse beyond this illusion
I was soaring ever higher
But I flew too high«
𝙘𝙖𝙧𝙧𝙮 𝙤𝙣 𝙬𝙖𝙮𝙬𝙖𝙧𝙙 𝙨𝙤𝙣 𝘣𝘺 𝙠𝙖𝙣𝙨𝙖𝙨
MIT JINS ANKUNFT war das unangenehme Schweigen für den Rest des Abends endgültig gebrochen gewesen. Allerdings war in Juniper auch sehr schnell die Überzeugung erblüht, dass ihre Anwesenheit – wenn's hochkam – gerademal alle halbe Stunde überprüft wurde. Ihr war es lediglich gestattet gewesen, am Rande mitzubekommen, woraus der Plan für die Reise nach Japan bestand. Mit etwas mehr Whiskey in ihrem Glas, den man ihr wohl wie einem Baby den Schnuller zum konsequenten Stillschweigen überlassen hatte.
Jin hatte ihr die gleiche Reisetasche mitgebracht, die man ihr schon für Bangkok überlassen hatte. Jimin war wohl so nett gewesen und hatte ihr, mal wieder, alles zusammengesucht. Dies hatte sich in einer netten kleinen Notiz zwischen der Unterwäsche mitsamt eines anzüglichen Zwinkersmileys und Gute-Reise-Wünschen, gekennzeichnet durch seine Unterschrift, geäußert.
Alles in allem hatte sich Juniper sehr schnell dazu entschieden, darum zu bitten, dass man ihr ihren Schlafplatz zeigte. Es war ihr nicht wohl in der Gesellschaft des Clanleaders und dessen engster Lakai gewesen, während diese nur über hochkomplizierte, ihr meist durch fehlenden Kontext völlig unverständliche Planungen redeten. Irgendetwas mit einer Kontaktperson. Yoongi hatte Jin auf Junipers Bitte hin mit einem kurzen Nicken aufgefordert, ihrem Wunsch nachzukommen. Natürlich...warum sollte er sich auch selbst um solche Banalitäten kümmern?
Ihre Nacht im wahrscheinlich nicht einzigen Gästezimmer des Lofts war still und unruhig gewesen. Das Gebäude war zu hoch, als dass noch irgendwelche Stadtgeräusche zu ihr gedrungen wären...auch wenn sie sich diese irgendwie herbeigewünscht hatte. Dazu war das Bett zu groß gewesen, das Zimmer zu anonym und die Gedanken an all das Kommende zu erdrückend. Als Jin sie am Morgen aus den Federn gepfiffen hatte, war Juniper eigentlich schon lange wieder wach gewesen. Müde von den Gedanken, die sie die ganze Nacht gequält hatten.
Inzwischen hatten sie den Flug nach Tokyo lange hinter sich gebracht und befanden sich im Hotel, das wer auch immer für sie gebucht hatte. Ihrem seltsamen Empfang in der Lobby nach, schien das Etablissement tatsächlich ein paar Verbindungen in die Gangster-Welt zu besitzen. Die Angestellten schienen bei Yoongis Anblick sofort gewusst zu haben, mit wem sie es zu tun hatten. Die Unruhe in ihren Augen und die unnötig vielen Verbeugungen hatten definitiv für sich gesprochen.
Gerade sah sich Juniper der Fensterscheibe ihrer sehr wohnlichen Suite im zwölften Stock gegenüber. Nur jene lärmundurchlässige, von Feinstaub und Regen leicht verkrustete Glasschicht trennte sie gerade von Tokyos nächtlichem Puls und seiner Lichtervielfalt auf Shibuyas Straßen. Das Hotel war wesentlich wohnlicher und moderner als das, das sie in Bangkok beherbergt hatte, leider aber auch ganz in der Nähe vom blühenden Nachtleben des Dōgenzaka-Hügels.
Hier machte Jimins Spruch „sich unters Volk zu mischen" zum ersten Mal wirklich Sinn. Wo könnte man es auch besser tun als in einem von Tokyos belebtesten Vierteln, das unter anderem für eine Kreuzung bekannt war, die abendlich pro Ampelphase gut 15.000 Menschen überquerten?
Juniper seufzte und zog die Beine an. Der Sessel, in dem sie saß, war nur mäßig komfortabel, aber Jin hatte sich bereits auf einem der dieses Mal ein Glück getrennten Betten niedergelassen und irgendwie fühlte sie sich unwohl bei der Vorstellung, sich einfach auf das andere zu legen. Viel lieber saß sie hier und starrte in melancholischem Selbstmitleid suhlend aus dem Fenster. Yoongi war schon vor einer guten Weile verschwunden, um was auch immer für Erledigungen zu tätigen. Jin hatte er wahrscheinlich nur zurückgelassen, um sie im Auge zu behalten.
»Stehst du auf Sushi? Wir könnten uns welches bestellen. Hätte irgendwie Bock drauf.«
Überrascht drehte sie den Kopf zu dem um einige Jährchen älteren Kkangpae um, der in seinem Rollkragenpullover und dem Buch in seinen Händen auf dem Bett mehr so aussah wie die Traumvorstellung einer jeden Frau, die sich einen Typen mit Geld, Intellekt UND einem schönen Gesicht wünschte.
»Ehm...klar...Ich bin nicht wählerisch.«
Jin nahm sie über die dünnen Weißgoldränder seiner feinrahmigen Brille hinweg ins Visier und klappte dabei sein Buch zu. Zunächst sah es so aus, als würde er direkt zum Handy greifen und den nächstbesten Sushi-Laden ausfindig machen, doch sein Blick blieb weiter auf eine sehr nachdenkliche Weise an Juniper geheftet.
»Was geht in deinem hübschen Köpfchen vor, hm?«
Juniper spürte, wie ihr die Röte in die Wangen kroch. Jin hatte ihr noch nie in irgendeiner Weise ein Kompliment gemacht. Auch wenn dieses hier vorwiegend im Scherz gemeint war, so bildete es doch eine seltsame Basis. Als würde er ein Gespräch zwischen sowas wie Freunden beginnen...
»Nichts, ich...«, wollte Juniper schon den sicheren Weg einschlagen, ehe ihr schmerzlichst klar wurde, dass ihr bei diesen Leuten Lügen noch nie viel gebracht hatte. »...Ach, keine Ahnung...Ich schätze, ich weiß nicht so recht, was ich darüber denken soll, eventuell bald...meine Mutter zu treffen...«
Jins Augenbrauen wanderten nach oben, während seine Brille nur noch tiefer seine Nase hinabrutschte. »Eventuell?! Denkst du etwa, wir nehmen so eine Reise leichtfertig auf uns?«
»Nein, ich...ich meine nur...nach der Sache in Bangkok...du weißt schon...Was ist, wenn Sooman-pa...«
»...schneller war?« Jin schnaubte verächtlich auf. »Kleine, ich kann dich beruhigen. Ein paar unserer Außendienstler haben's geschafft, diesen Drecksack Wang mitsamt seinen Männern und Wonho am Flughafen abzufangen. Beziehungsweise haben sie es zumindest geschafft, Wonho dingfest zu machen, bevor dieser Bekanntschaft mit diversen Foltergerätschaften von Sooman-pa gemacht hat. Und glaub mir...davon haben sie hier in Südkorea eine ganze Menge.«
»Das heißt...Sooman-pa weiß nicht, wo meine Mutter ist?«
»Wenn sie es wüssten, wäre Wonho nicht mehr ganz so quicklebendig gewesen, als unsere Leute ihn geschnappt haben.«
Unwillkürlich fiel ein kleiner Stein von Junipers Herz, über dessen Existenz sie sich bis eben gar nicht so recht bewusst gewesen war. Diese Nachrichten...waren beruhigend. Sie hatte absolut keinen Nerv für ein Bangkok 2.0.
»Mach dir keine Sorgen um Sooman-pa«, sprach Jin in überraschend gutmütigem Tonfall weiter, als hätte er auf eine fast schon väterliche Weise ihre Gedanken gelesen. »Die und die Yakuza sind nicht besonders gut aufeinander zu sprechen. Dieses Pack vermeidet es tunlichst, nach Japan zu reisen...in jedem Fall.«
»Die Yakuza? Krass, ich dachte immer...«
»Du dachtest, die existiert nur in Hollywood-Blockbustern? Sei nicht so naiv, es ist nichts weiter als die japanische Mafia. Eigentlich auch nicht unsere besten Freunde, wenn man bedenkt, dass quasi alle großen koreanischen Clans aus der japanischen Kolonialzeit hervorgingen. Als ursprüngliche Freiheitskämpfer gegen die Besetzer. Jahrelang hat ein Untergrundkrieg geherrscht, doch inzwischen könnte man sagen, alle sind...nun ja...ein bisschen erwachsener geworden. Viele Yakuza-Gruppierungen und Kkangpae unterhalten vorteilhafte Handelsbeziehungen, was mitunter der Tatsache zu verdanken ist, dass über die Jahre so viele ausgewanderte Koreaner beigetreten sind. Aber inzwischen ist die Yakuza auch einfach nicht mehr das, was sie einmal war. Haben wohl ein Rekordtief an Mitgliedern. Sooman-pa dachte damals noch unter Lee Sooman, dass sie sich das zunutze machen und nach Japan expandieren könnten. Größenwahnsinniges Pack, das sag ich dir. Ihr geplanter Anschlag ging jedenfalls ein wenig nach hinten los, aber auch nur deswegen, weil wir ein paar befreundeten Mobs damals ein paar entscheidende Informationen gegeben haben.«
Juniper konnte nicht anders, als mit großen Augen an Jins Lippen zu hängen. Der gutaussehende Kkangpae besaß ein Talent dafür, mit seinen Erzählungen zu fesseln. Und irgendwie wollte die junge Frau nicht, dass er so schnell wieder damit aufhörte.
»Magst du mir vielleicht erzählen...wie Bangtan-pa entstanden ist?«
Jins Stirn zog sich urplötzlich in tiefe Falten und er setzte sich ein wenig aufrechter hin. »Oh...ehm...ich weiß nicht so recht, ob ich –«
»Jin. Ich habe euch meine Hilfe zugesprochen, obwohl mein bisheriges Leben dank dieses ganzen Mists den Bach runterging. Ich...ich bin irgendwie auch ein Teil von all dem...Denkst du nicht, ich habe wenigstens verdient, zu erfahren, was damals geschehen ist?«
Er biss sich unschlüssig auf die wohlgeformten plumpen Lippen, ehe er ein gedehntes Seufzen von sich gab. Der Blick, den er Juniper darauf schenkte, erinnerte plötzlich mehr an den eines Großvaters, der drauf und dran war, aus dem 2. Weltkrieg zu erzählen.
»Wie du ja bereits weißt...Yoongi und ich waren Teil von Sihyuk-pa. Dem mächtigsten Clan im Südenosten des Landes. Min Dongwon, Yoongis Vater, hat allerdings nie Wert auf Expansion gelegt. Viel mehr war es ihm wichtig, ein gesundes System innerhalb seiner Stadt Daegu aufrechtzuerhalten und gute Geschäftsbeziehungen zu den anderen Clans zu pflegen. Er war ein guter Leader, doch dadurch auch ein sehr strenger Vater. Aber er hat seine Kinder geliebt. Yoongi und seinen kleinen Bruder Geumjae. Ich kenne Yoongi seit ich denken kann, da meine Familie ebenfalls eng in die Clanangelegenheiten verstrickt war. Genauso wie Taehyungs Familie.«
»Warte, warte...Taehyung ist auch...?«
»Ja, Taehyung ist ebenso ein Nachkomme des Ur-Clans. Wir hatten damals nicht so viel miteinander zu tun, aufgrund des Altersunterschieds...Taehyung war auch erst vier Jahre alt, als das Sooman-Attentat geschah. Es war 1999 und sie haben es nicht umsonst Weihnachtsmassaker getauft...Die Oberschicht von Sihyuk-pa schmiss ihre alljährliche Party an Heiligabend, nur dass diese für die meisten Gäste als Opfer eines Kugelhagels endete. Die Überlebenden haben es geschafft, die meisten Kinder aus der Gefahrenzone zu bringen. Taehyung wurde von einem Freund seines Dads mitgenommen und in einem Waisenhaus verfrachtet. Ich hatte das große Glück, dass meine Eltern und ich irgendwie komplett heil aus der Sache gekommen sind und innerhalb kürzester Zeit aufs Land fliehen konnten...Yoongis Familie und er hatten da, wie du dir wahrscheinlich schon denken kannst, nicht so viel Glück.«
Jin atmete tief durch, ehe er sich aus seiner Position aufrappelte und sich in ihre Richtung an die Bettkante setzte – die Ellenbogen auf den Knien abgestützt, die Hände gefaltet und den tief mitgenommenen Blick direkt auf Juniper gerichtet.
»Hör zu...was ich dir jetzt erzähle...ist wirklich nichts, was du beim Kaffeekränzchen vor einem der anderen auspacken solltest. Jeder im inneren Kreis kennt die Geschichte...aber keiner spricht je darüber. Vor allem nicht in Yoongis Anwesenheit. Also behalte das für dich, klar?«
Juniper merkte ein paar Sekunden zu spät, dass Jin eine Bestätigung von ihr erwartete und nickte dann sogar ein wenig zu energisch mit dem Kopf.
»Gut...die Sache war die. Yoongi hat nicht gesehen, wie sie seine Familie niedergeschossen haben. Sooman-pas Leute haben ihn als kleinen Jungen, gerade mal sechs Jahre alt, völlig verängstigt aufgrund des Lärms, im Spielzimmer gefunden. Sie haben ihn mitgenommen und ihm erzählt, er würde seine Eltern bald wiedersehen. Als Kind glaubt man sowas, natürlich. Und weißt du, was sie dann getan haben?«
Juniper schüttelte unmerklich den Kopf, obwohl Jin wahrscheinlich keine echte Reaktion von ihr erwartet hatte. Der Kkangpae schloss kurz seine Augen und als er sie wieder öffnete, waren sie starr auf den Boden gerichtet. Wehmut und Trauer glänzten in ihnen.
»Sie haben ihm die Köpfe seiner Eltern und seines Bruders auf einem feinen, extra für ihn angerichteten Bankett auf Silbertabletts serviert. Einem sechs Jahre alten Kind. Nur um ihn gleich darauf in ein von bezahlten Söldnern bewachtes Gefängnis irgendwo in den Tundren Chinas zu verfrachten. Lee Sooman war wohl der Meinung, dass es noch schlimmere Bestrafungen als den Tod gäbe. Vielleicht hatte er auch vor, Yoongi zu töten, sobald er alt genug war. Alt genug, um es als halbwegs ausgeglichenen Kampf bezeichnen zu können. Wie dem auch sei...Ich sage dir, dieses Gefängnis, in das sie ihn gesteckt haben, ist allgemein bekannt dafür, eines der erbarmungslosesten und schlimmsten dieser Welt zu sein. Unter den Kkangpae kennt man es nur als ‚die Grube'...und es ist relativ publik, dass Sooman-pa die Treue der meisten Wachen dort erkauft hat. Yoongi hat acht verdammte Scheißjahre seines Lebens da unten verbracht. Und wenn du mich fragst, ist es ein Wunder, dass er das überlebt hat. Aber das ist wohl auch seinem Schutzengel zu verdanken. Es gab wohl einen Söldner, der Mitleid mit ihm hatte und ihm mit vierzehn Jahren bei der Flucht geholfen hat. Das war 2007...soweit ich weiß hat Yoongi darauf selbst als Söldner in Incheon gearbeitet. Ein paar Jobs hier und da erledigt, um über die Runden zu kommen und Nachforschungen anzustellen. Zwei Jahre später hat er dann Taehyung und mich aufgespürt. Taehyung, das schon vor Ewigkeiten aus dem Heim geflüchtete Waisenkind, das die harte Schule der Straße längst gemeistert hat und mich, in meiner abgeschotteten Gemeinde tief im Inland, wo ich die meiste Zeit damit verbracht habe, jedes Buch in der verdammten Bibliothek zu verschlingen und Fernkurse an der Uni zu belegen. Es hat ihn etwas Überzeugungsarbeit gekostet, mich von meiner Familie wegzuholen...aber letztendlich habe ich keinen Sinn darin gesehen, weiter ein Leben im Verborgenen mit Scheuklappen auf den Augen zu führen. Mir liegt nichts mehr am Herzen, als für Yoongi und Taehyung die Familie zu sein, die ihnen so schmerzhaft entrissen wurde, aber mir dagegen vergönnt geblieben ist.«
Jin zog ein bisschen die Nase hoch, doch keine Träne entwischte ihm. Stattdessen hob er den Blick und schenkte Juniper den schwachen Ansatz eines Lächelns.
»Und so kam es, dass wir 2009 Bangtan-pa gründeten. Als insgeheimes Erbe von Sihyuk-pa. Es hat eine Weile gedauert, sich in der bestehenden Hierarchie zu etablieren. Wir haben klein angefangen, mit Überfällen auf korrupte Banken unter Sooman-pa, Kleinschmuggel, Straßendealerei...Aber keinem auf dieser Welt hätte es besser gelingen können, sich so schnell einen Namen zu machen, wie Yoongi. Ich weiß nicht, was dieses Gefängnis mit ihm gemacht hat, aber er ist einfach unantastbar, wenn es um diese Art von Geschäften und das Durchschauen von Menschen geht. Liegt wahrscheinlich auch ein wenig in den Genen. Gleichzeitig...ist er leider auch der sozial inkompetenteste Stein, der mir je in meinem Leben untergekommen ist. Es gibt meines Wissens nur eine einzige Person auf diesem Planeten, die es je geschafft hat, seinen inneren Beschützerinstinkt nach außen zu kehren und das ist Jimin. Ich glaube, Yoongi sieht ihn ihm das Ebenbild seines kleinen Bruders... Geumjae...der nie älter als fünf Jahre alt geworden ist.«
Juniper starrte Jin an, völlig erschlagen von Geschichte. Das neuerlangte Wissen um Min Yoongis Vergangenheit regte undefinierbare Gefühle in ihr. Niemals hätte sie gewagt zu glauben, dass eine Person derartig Heftiges im zarten Alter eines Kindes durchmachen konnte und dann im Erwachsenenalter noch fähig dazu war, einen verdammten Clan zum Ruhm zu führen. Plötzlich machte alles so viel mehr Sinn. Was konnte einen Mann noch schocken oder erschüttern, der so viel durchgemacht hatte?
Trotzdem fühlte es sich auf so viele Weisen falsch an, Mitleid für Yoongi zu empfinden...Nicht nur, weil sie genau wusste, dass er es nicht wollen würde. Nach wie vor hallten ihr die Worte ihres Gesprächs in Bangkok durch den Kopf. Das Wissen um die vielen Morde, die er begangen hatte. Dass er es selbst nicht einmal leugnete, ein Monster zu sein.
»Ist...dieses Gefängnis der Grund, weshalb er sich Shadow genannt hat?«, hakte Juniper mit brüchiger Stimme nach.
Jin nickte nachdrücklich. »Der, der in den Schatten wandelt, bis er selbst zu einem wird...Die Grube ist auch die Basis für unser Clantattoo geworden.«
Er schob seinen Ärmel zur Seite und legte die Sicht frei auf eben jenes Zeichen, das Juniper bereits an drei von Bangtan-pas Mitgliedern gesehen hatte. Während bei Jimin und Jeongguk die Linien sehr filigran ausgesehen hatten, waren sie bei Jin etwas verlaufener. Logisch, wenn er es schon einige Jahre länger besaß. Trotzdem war es bei weitem nicht so vernarbt wie das, das Yoongi am Handgelenk trug.
»Yoongi hat seine ersten Tattoos in der Grube bekommen und sich teilweise auch welche selbst gestochen. Das hier war eines davon. Sein Blick aus dem Loch in der Mitte des Gefängnisses hat ihn dazu inspiriert. Es war wie die Erinnerung daran, dass die Außenwelt existiert. Das Licht am Ende des Tunnels. Später hat er es dann auf uns übertragen. Das war die Zeit, in der er sich endgültig dem Tätowierhandwerk verschrieben hat.«
Jin gab ein leises Seufzen von sich, als würde ihn die Erinnerung an jene Zeit sogar ein wenig nostalgisch stimmen. Juniper konnte dieses Gefühl leider nicht teilen.
»Wieso mussten so viele Menschen sterben, Jin? Wieso...hat er so viele umbringen müssen, wenn ihr doch...«
Juniper schluckte. War sie wirklich schon an dem Punkt, anzunehmen, dass Bangtan-pa nicht ein verachtenswertes Pack aus Kriminellen war? Dass sie...im Kern eigentlich dem guten Zwecke dienten?
»Hey...Das ist ein sehr schwieriges Thema...«, schaltete sich Jin sofort mit mahnendem Unterton ein. »Vor allem für jemanden, der mit der Moral aufgewachsen ist, dass jeder kriminelle Akt dich unwiderruflich verdirbt.«
Juniper schnaubte. »So etwas Ähnliches hat mir Jimin schon gesagt...«
»Wir alle haben schreckliche Dinge getan, Juniper. Manche mehr, manche weniger. Was bei Yoongi schmerzlicherweise dazukommt, ist...« Er stockte und biss sich auf die Lippen, ehe wieder ein schwermütiges Seufzen seine Lippen verließ. »Ich...kann es dir nicht erzählen. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Und wahrscheinlich bin ich auch nicht die richtige Person dafür. Du sagtest, du hast mit Jimin bereits darüber gesprochen? Lass es dir von ihm erzählen, wenn er es für richtig hält, dass du es erfährst. Mal ganz abgesehen davon, dass Taehyung und ich ihn am längsten kennen, gibt es, wie ich bereits sagte, keine Person, die eine derartig tiefe emotionale Bindung zu Yoongi besitzt. Jimin versteht ihn besser als wir. Und Yoongi lässt es zu...wenn du verstehst, was ich meine. Es ist, als hätten die beiden eine Verbindung, an die weder Taehyung noch ich je anknüpfen könnten. Nicht, dass ich mich sonderlich daran stören würde. Yoongi soll sich denen öffnen, bei denen er es kann. Und wer könnte es ihm schon übelnehmen, dass es ihm bei einem Park Jimin gelingt? Der Kleine ist einfach...pures Gold. So...dreckig seine Hintergründe auch sein mögen. Jimin ist von Grund auf rein und es gibt keinen Tag, an dem ich nicht bedauere, was ihm alles widerfahren ist. Seine Familie war arm und sein Vater litt an Huntington, was seine Mutter dazu zwang, ihn zu pflegen. Damit war Jimin die einzige Person im Haus, die Geld beschaffen konnte...und es ist ihm nichts anderes übriggeblieben, als die Schule abzubrechen und seinen Körper zu verkaufen. Wie dem auch sei...ich bin ihm so unfassbar dankbar dafür, dass er Yoongi so in sein Herz geschlossen hat, völlig ungeachtet des Bluts, das an seinen Händen klebt.«
Juniper starrte auf ihre Finger, die sie zwischen ihren angezogenen Beinen und ihrem Bauch ineinander verhakt hatte. In ihr herrschte ein einziges Durcheinander. Vielleicht war es ja doch ein Fehler gewesen, sich Jins ohnehin lockere Zunge zunutze zu machen und ihn über dieses Thema auszufragen. Immer mehr drängte sich ihr nun das Paradoxon auf, dass sie Jimin und vielleicht auch Jeongguk – wer wusste schon, welchen Dreck dieser schon alles am Stecken hatte – die Dinge durchgehen ließ, die sie bei Yoongi als Grundbaustein ihrer Abneigung nutzte. Sie relativierte Gräueltaten anhand der schieren Menge...und das war absurd. Sie hatte letztendlich nicht den Hauch einer Ahnung und ließ sich lediglich von ihren Emotionen und Sympathien leiten. Ob ihr die endgültige Wahrheit über den Vorfall in Daegu endgültig Aufschluss geben würde, wenn sie davon denn endlich einmal wissen durfte?
»Ist dir der Appetit auf Sushi jetzt vergangen?«, zwinkerte ihr Jin zu, nachdem er ihren Blick gefangen hatte und legte dabei den Kopf etwas schief. Ein schwaches Grinsen umspielte dabei seine Lippen.
»Nein...alles gut«, erwiderte Juniper nach einem kurzen Durchatmen, dankbar für den Themenwechsel. »Lass uns bestellen. Mir egal, was.«
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Juniper hatte sich bereits davor gefürchtet, dass sie ihre Vorhaben in Tokyo auf eine reißerische Weise nach Bangkok zurückversetzen könnten und irgendwie war diese Angst gar nicht mal so unbegründet gewesen. Kabukichō zeichnete sich durch seine von Neonlichtern und -anzeigen dominierten Gassen aus, die sich wie Schluchten des Exzesses ab dem Ausgang des Bahnhof Shinjukus zwischen den Hochhäuserblöcken hindurchzogen. Zu den wenigen eklatanten Unterschieden zur Khao San Road zählte die vorherrschende hypermoderne Ästhetik des Viertels, als wäre es sich seiner Durchtriebenheit sehr wohl bewusst und obendrauf stolz darauf. Die Kabukichō Ichiban-gai bildete das Epizentrum des Geschehens, den Mittelpunkt jenes cyberhaften Rotlichtviertels, das sich direkt an einen Bahnhof mit einem der höchsten Passagieraufkommen weltweit schmiegte.
Juniper hatte nur einen kurzen Blick auf die berühmt-berüchtigte Straße werfen können. Yoongi schien nicht der Meinung, dass es eine gute Idee wäre, noch einmal in voller identitätsoffenbarender Pracht durch die Öffentlichkeit zu marschieren. Er hatte Jin dazu verdonnert, Juniper am nächsten Morgen die letzten, inzwischen grünlich-vergilbten Farbreste mit von ihm mitgebrachten Farbentferner aus den Haaren auszuwaschen, nachdem er die ganze Nacht verschwunden gewesen war. Ihr war der verstohlene Blick nicht entgangen, den Jin seinem Leader kurz nach seinem Auftauchen in den frühen Stunden zugeworfen hatte. Als würde er ihm still etwas unterstellen, das er nicht auszusprechen gewagt hatte.
Wenn sie ehrlich zu sich war, hatte Juniper sich doch das ein oder andere Mal dabei erwischt, wie sie sich gefragt hatte, wie Yoongi wohl die Nacht verbracht hatte. Mit einer Person, mit der man als Clanleader eben mal so seinen Spaß hatte, wenn man mal wieder auf der Durchreise war? Mit Freunden in zwielichtigen Bars bei einem wilden, illegalen Pokermatch? Was tat ein Mann wie er, wenn er eine ganze Nacht verschwand und sich darauf offenbar keine Sekunde am Schlafentzug zu stören schien, der sich in den dunklen Ringen unter seinen Augen verriet?
Den ganzen Tag hatte Juniper unfreiwillig über diese Frage nachgegrübelt, bis man sie mit einem unauffälligen Outfit, einer Beanie und Mundschutzmaske ausgestattet und kurz darauf aus dem Hotel hinausgedrängt hatte.
Yoongi hatte sie in einen schwarzen, stromlinienförmigen Lexus gedrängt, dessen Fahrer ihr nur einen toten, von Desinteresse triefenden Blick zugeworfen hatte. Jin war in einen anderen, ebenfalls von einem durchtrieben wirkenden, bulligen Japaner gefahrenen Wagen gestiegen, woraus Juniper konkludierte, dass sich ihre Wege ab hier nun eventuell trennen würden.
Ihre Fahrt ins an Shibuya angrenzende Shinjuku war gekennzeichnet von erdrückender Stille. Nicht einmal Musik drang durch das Innere des Lexus, lediglich die leisen Motorengeräusche des Wagens und jener Lärm, der vom blühenden Verkehr Tokyos erzeugt wurde.
Yoongi saß auf dem Beifahrersitz, weshalb Juniper von ihrer Position aus eine optimale Sicht auf ihn hatte. Er war genauso betont unauffällig gekleidet wie sie, was sich durch einen schlichten, schwarzen Mantel äußerte, der dem kühlen Wetter Anfang April gerecht wurde. Auf dem Kopf trug er einen jener Anglerhüte, die Juniper immer für ihre Unförmigkeit verachtet hatte, doch irgendwie rundete Yoongis Exemplar auf eine sehr lässige und gekonnte Weise sein Outfit ab, als wäre es das schickste Gimmick, das man sich dazu hätte aussuchen können. Dazu verdeckte der Hut sein auffällig gebleichtes Haar fast vollständig und ließ auch kaum Blick auf seine Piercings und das Gesichtstattoo.
Als die Augen den Clanleaders ihren Blick im Rückspiegel trafen, ging Juniper schnell wieder dazu über, die vielen Menschen zu beobachten, die sich entlang der dreispurigen Yasukuni-dori Avenue und der Seitenstraße tummelten, in die sie nach einer Weile abbogen. Hier war mit einem Mal nichts mehr zu spüren von dem pulsierenden Neondschungel, die Häuserfassaden schlammig braun und die Fenster und Vorhöfe mit dicken, rostigen Gittern versehen. Nur vereinzelt outeten sich kleine Läden als jene durch ihre heruntergekommenen Schaufenster und Werbeplakate an den Scheiben. Das rege Treiben von Nachtschwärmen wirkte fast schon ein wenig paradox, doch alle schienen sie ein Ziel zu haben. Und das sollte sich bald schon auf der linken Seite der Straße offenbaren.
Dort, inmitten der verwahrlosten Umgebung, zwängte sich mehrere Zugänge zu parallel verlaufenden, extrem schmalen Gassen. Juniper konnte die japanischen Zeichen der Plastikeingangspforten nicht entziffern, war sich aber sehr schnell der Tatsache bewusst, dass es sich bei diesem Ort um einen touristischen Geheimtipp handeln musste.
Noch ehe sie weiter aus dem Fenster starren konnte, gab Yoongi ihr mit einer herrischen Handbewegung zu verstehen, dass sie aussteigen sollte. Sie tat ein wenig widerwillig wie ihr geheißen und fand sich schnell innerhalb einer Geruchsvielfalt wieder, die ihre Nase mehr als überbeanspruchte. Es mussten sehr viele Restaurants in der Nähe sein.
»Was ist das hier?«, fragte sie Yoongi leise, als dieser sich neben sie stellte, kaum war er selbst aus dem Wagen gestiegen und dieser wieder losgefahren.
»Die Golden Gai«, antwortete er ihr überraschenderweise mal nicht genervt, während sein Blick forschend die Umgebung abscannte.
»Und...Jin kommt nicht mit?«
»Er wird auch hier sein und auf Abstand bleiben. Umso unauffälliger wir hier sind, umso besser.«
Ohne sie dabei anzusehen, streckte Yoongi Juniper plötzlich den Arm hin. Völlig perplex starrte sie diesen an, nur den vagen Anflug einer Ahnung, was er von ihr wollte.
»Jetzt hak' dich schon ein«, forderte sie der Clanleader wieder etwas gereizter auf, nach wie vor die Gasse vor ihnen taxierend. »Oder muss ich dir erst erklären –«
»Schon gut«, zischte Juniper und tat mit erhöhtem Puls wie geheißen. Trotz der Tatsache, dass so viele Stoffschichten eine echte Berührung verhinderten, fühlte sie sich doch mehr als zurückversetzt auf die Tanzfläche in der Tilac Bar. Der seltsame Schauer, der ihren Körper dabei durchwanderte, machte ihr ein wenig Sorgen.
Yoongi warf einen letzten prüfenden Blick auf sie herab, ehe er voranging und sie gnadenlos dazu zwang, ihm an seinem Arm zu folgen. Ein Glück behielt er einen langsamen Schritt bei, was es Juniper einfacher machte mit ihm mitzuhalten.
Die Golden Gai entpuppte sich als eine Restaurant- und Barmeile, die sich ihre heruntergekommene Optik auf eine seltsam gekonnte Weise zu eigen machte. Kaum eins der schmal bemessenen Häuser passte an das nächste. Mal traf die marode Backsteinmauer einer Keller-Kneipe auf etwas, das wie der verzweifelte Versuch einer Nachbildung eines typischen amerikanisch-modernen Cafés aussah, mal reihte sich ein von roten Lampions behangener und mit einem Pagoden-Vordach versehener Bau dazwischen oder die dicht von Pflanzen bewucherte Fassade einer Vintage-Bar. Die Gasse hatte etwas Unbeständiges, ja, geradezu Zwielichtiges an sich, was von den vielen ausländischen Touristen, die ihren Weg kreuzten, nicht vollständig wettgemacht werden konnte. Jene, die nur beiläufige Blicke für Juniper und Yoongi übrighatten, die nichts weiter als ein spazierendes Pärchen in ihrem Urlaub in Tokyo mimten.
Die junge Frau kam nicht umhin, wieder an ihr Gespräch mit Jin am vergangenen Abend zu denken, während sie eingehakt bei Yoongi die Golden Gai entlangging. Jenes neue Wissen, das sie über ihn und Bangtan-pa besaß, übte einen seltsamen Druck auf ihre Sinne aus, als würde es ihr ständigen Schwindel bescheren, wenn sie zu tief darin abtauchte. Die Anwesenheit des Clanleaders fühlte sich schon wieder...anders an. Auch wenn Juniper beim besten Willen nicht definieren konnte, inwiefern.
Sie schreckte ein wenig zusammen, als Yoongi völlig abrupt stehen blieb und ins Innere eines Etablissements links von ihnen blickte. An der offenen, fensterlosen Metalltürk klebten Poster von Ramones, den Sex Pistols und The Clash, sowie zahllose, teilweise halb abgekratze Sticker von weiteren Punk- und Rockbands. Ein blinkendes Schild aus Neondrähten, die den Schriftzug „Let It Rock" bildeten, suggerierte noch einmal mehr, dass es sich hierbei um eine Themen-Bar handelte. Ein Blick ins Innere war durch den von rotem Licht dumpf durchdrungenen, stehenden Rauch kaum möglich, doch lachende Stimmen waren zu hören und irgendein Song spielte, der für Juniper schwer nach Kansas klang.
»Die haben Burger«, stellte Yoongi nachdenklich fest, den Blick immer noch nachdenklich auf den Eingang der Bar gerichtet. »Isst du doch, oder?«
Ich...was?!"
»Ob du Burger isst, hab ich gefragt.«
»Eh...also ja, aber –«
»Gut, komm.«
Ehe Juniper sich versah, hatte er sie ins Innere der vernebelten Bar, in der offensichtlich geraucht werden durfte, gezogen. Sie sah drinnen genauso aus wie fast all jene entlang der Golden Gai, in die sie einen Blick hatte werfen können. Ein langgezogener Raum, der zur Hälfte schon von der die gesamte Länge entlanglaufenden Theke und den Hockern mit Lederbezügen eingenommen wurde. Nur zwei ältere, Zigaretten qualmende Männer – Juniper schnappte beim Vorbeigehen ihren Südstaaten-Englisch auf und definierte sie klar als Amerikaner – besetzten zwei Plätze nahe der Tür und so kam es, dass sie am hintersten Ende der Bar durch den stehenden Rauch schon nicht einmal mehr deren Gestalten richtig ausmachen konnten.
Juniper beobachtete mit leicht aufgerissen Augen, wie sich Yoongi gelassen den Mantel abstreifte, seinen Hut vom Kopf nahm und den Mundschutz über sein Kinn schob. Erst als er drauf und dran war, sich hinzusetzen, zog er seine Brauen angesichts ihrer Starre hoch. Dass er ihr den Barhocker vorzog, wirkte mehr wie ein Befehl als eine zuvorkommende Geste.
»D-du willst hier echt was essen?«, platzte es schließlich aus Juniper heraus. Ihre Stimme war nicht gedämpft gewesen, was bei ihrer Nähe zu den lauten Boxen, aus denen tatsächlich gerade Carry on Wayward Son spielte, aber auch nicht tragisch war.
»Wird wahrscheinlich es eine lange Nacht«, erwiderte Yoongi achselzuckend, als wäre das hier gerade das Banalste der Welt.
Nun...für Juniper war es das definitiv nicht. Nichts war normal daran, sich mit dem Clanleader von Bangtan-pa in irgendeine verruchte Bar in einem von Tokyos Szenevierteln zu setzen und Burger zu bestellen.
»Ich...weiß nicht, ob ich jetzt was essen kann...«
Das war eine glatte Lüge. Juniper konnte nicht essen, wenn sie chemische Drogen konsumiert hatte, aber in nüchternen Situationen zählte sie definitiv zu der Sorte Menschen, die sich bei Frust oder Nervosität gerne den Magen vollschlugen. So auch in diesem Augenblick, in welchem sie drauf und dran war, wahrscheinlich bald ihrer leiblichen Mutter gegenüberzustehen.
Yoongi, der sich bestimmt ohnehin von rein gar nichts bezüglich seiner Essgewohnheiten tangieren ließ, schenkte ihr einen halb kritischen, halb gleichgültigen Blick ehe er sich endgültig setzte und seine Augen zu einer vor ihnen liegende, in Plastik eingeschweißte Karte wandern ließ.
»Such dir was aus«, sagte er relativ schnell und schob sie Juniper hin, seine Aufmerksamkeit schon längst bei der geschäftigen Dame mit Rollings-Stones-Shirt unter ihrer Schürze, die gerade neue Getränke für die anderen beiden Gäste anrichtete.
Im Normalfall hätte sich Juniper wahrscheinlich trotzig geweigert, etwas zu essen, auch wenn sie vor Hunger fast vom Stuhl gefallen wäre, doch ihr war auch heute nicht nach Streit mit Bangtan-pas Leader. Irgendwie war die Tatsache, dass er an ihre normalen menschlichen Bedürfnisse dachte – wenn auch auf seine eigene schräge Weise – irgendwie...fast schon süß.
Ist das dein verdammter Ernst, schalt sie eine Stimme in ihrem Kopf. Wage es ja nie wieder, dieses Wort in Verbindung mit ihm zu benutzen. Du bist krank, June!
»Den Cheeseburger«, gab sie ihm schließlich knapp zu verstehen, ehe ihre Augen noch einmal zögerlich auf die Karte fielen. »...und ein Guinness.«
Yoongi sah sie für einen kurzen Moment an und Juniper dachte schon, er würde sich noch eines widersprechenden Kommentars entledigen, doch dem war nicht so. In solidem Japanisch sprach er mit der Barkeeperin, welche seine monoton vorgetragene Bestellung mit einem freundlichen Lächeln aufnahm, völlig ungeachtet seines Tattoos oder seiner Piercings. Es dauerte keine Minute, da hatte Juniper auch schon ihr Bier und Yoongi ein Glas mit Whiskey in den Händen.
»Warum ausgerechnet hier?«, wagte sie es dann endlich zu fragen, als gerade irgendein AC/DC-Song zu spielen begann.
Yoongi, der minutenlang völlig in Gedanken versunken auf die Fülle an bunten Alkoholflaschen im Barschrank gestarrt hatte, hob müde den Blick. »Touristenmagnet. Und harmlos. Man hat seine Ruhe vor...den falschen Augenpaaren.«
»Jin meinte, wir müssten uns hier keine –«
»Jin ist eine Tratschtante und gehört meiner Meinung nach manchmal für sein loses Maul drei Tage nackt auf die Spitze des Mount Everests.«
Juniper schluckte unwillkürlich. Wusste er von ihren Gesprächen gestern? Um ehrlich zu sein, war sie nicht scharf darauf, es zu erfahren.
»Ich...hatte mich...« Sie räusperte sich und deutete unwillkürlich um sie beide herum. »...deswegen nur gewundert, weil es so...so...«
»...so amerikanisch ist?« Yoongi gab ein joviales Schnauben von sich und ließ seinen Blick träge über die mit vergilbten Bandpostern zugekleisterte Wand wandern. »Man muss den guten alten Amis und den Briten doch lassen, dass sie hervorragende Musik hervorgebracht haben. Früher zumindest. Vor den Smartphones. So eine Zeit hat existiert, weißt du?«
»Ich bin 98er-Jahrgang!«, gab Juniper etwas bissig zurück. »Ich weiß sehr wohl, was eine Kindheit ohne Handy bedeutet. Und falls es dir nicht aufgefallen ist...Ich kam auch die letzten drei Wochen gut ohne eins klar.«
Eine glatte Lüge. Sie vermisste ihr iPhone mindestens zweihundertdreißig Mal am Tag. Ganz besonders dann, wenn sie alleine war und sie sich der gähnenden Langeweile und ihren zermürbenden, ja, inzwischen fast schon depressiven Gedanken stellen musste.
»Ist das so?«, fragte Yoongi rhetorisch, während ein selbstgefälliges Grinsen seine Lippen umspielte. »Nun, trotzdem wirst du keine Ahnung von den Vorzügen der Schallplatte haben...oder wer zur Hölle Bill Haley ist.«
»Rock Around the Clock. Frag mich nicht nach dem genauen Jahr, aber es erschien Anfang der Fünfziger und zählt zu den größten Meilensteilen in der Geschichte der Rock-Musik.«
Das letzte Mal, dass Yoongi auf diese Weise sein Pokerface hatte fallen lassen, war in Bangkok auf der Tanzfläche mit ihr gewesen. Dieses Mal war es ehrliche Überraschung die sein Gesicht zierte. Jedoch verengten sich seine Augen sehr schnell misstrauisch, während er das Whiskeyglas näher an seinen Mund führte.
»Lieblingskünstler?«
»Wie bitte?!«
»Wer deine Lieblingskünstler sind, du taube Nuss.«
Juniper zog ein wenig arrogant die Nase hoch. »Definitiv Queen. Dazu ganz klar Bowie, The Clash, Def Leppard, Bon Jovi...Um ehrlich zu sein, hör ich zwar auch echt viel von dem ganz alten Zeug, aber das mehr sporadisch. Nimm's mir nicht übel, aber nichts kickt bei mir mehr wie die Siebziger und Achtziger.«
Yoongi schnalzte mit der Zunge und nickte dazu auf ansatzweise beeindruckte Weise. »Wow...Einen Musikgeschmack hätte ich dir gar nicht angerechnet. Ich habe mich wohl getäuscht.«
Juniper konnte nicht verhindern, dass sich ein unkontrollierbares schiefes Grinsen in ihren Mundwinkeln festsetzte. »Und...was ist mit dir? Also deine Lieblingsmusik.«
Es kam nicht dazu, dass der Clanleader ihr auch nur den Hauch einer Antwort geben konnte, denn in diesem Moment platzierte die Barkeeperin die zwei Teller mit den bestellten Burgern vor ihnen. Sie machten von der Optik nicht besonders viel her, doch rochen sie für Juniper herrlich nach Zuhause. Scheiße, sie hätte nie gedacht, dass sie ihren gottverdammten Job in diesem Diner jemals vermissen würde. Jedenfalls sorgten der leckere Duft in Verbindung mit Yoongis halbwegs nettem Kompliment dafür, dass ihr die Aussicht darauf, sich gleich beim niemals ansehnlichen Burgeressen vor ihm zu blamieren, gar nicht mehr so tragisch vorkam. Auch wenn die Tatsache, dass er sie bei ihrem ersten Bissen regungslos und prüfend beobachtete, doch schon etwas seltsam war.
Als er dann selbst endlich zu seinem Essen griff, fiel Juniper zum ersten Mal auf, was für ein kleines Gebiss Yoongi eigentlich besaß. Es sorgte dafür, dass sich sein Zahnfleisch etwas prominenter präsentierte, doch dies tat seinem, wenn auch nicht konventionellen, guten Aussehen keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil. Irgendwie wirkte es sogar...
Wag es ja nicht, Juniper!!!
»...Guns N' Roses, Black Sabbath...«, begann er mit noch halb vollem Mund plötzlich aufzuzählen, ehe sich seine Stimme etwas verlangsamte. Als würde er darüber nachdenken, ob sie folgende Worte wirklich verdient hatte und hören durfte. »...und ja, auch Bowie, Bon Jovi und Queen. Klare Sache.«
»Oh, Bon Jovi, Bon Jovi!«
Juniper riss den Kopf herum und sah gerade noch wie die Barkeeperin mit einem herzlichen Grinsen an ihnen vorbeieilte und begann, auf einem iPad herumzutippen. Darauf zeigte sie einen Daumen nach oben in ihre Richtung, ehe sie sich wieder abwandte. Wahrscheinlich besaß die Playlist nun ein paar weitere Songs in der Warteschlange.
»Ich geb's ja nur ungern zu, aber die Bar war eine gute Wahl«, grinste Juniper Yoongi an, der sich genervt die Finger an einer Serviette abwischte, als wäre dem Fett an seinen Händen absolut überdrüssig.
»Iss, Kind. Ich geb's ja nur ungern zu, aber wir haben heute noch was vor.«
Juniper verdrehte gespielt beleidigt die Augen, ehe sie sich wieder ihrem eigenen Essen zuwendete. Eigentlich hatte sie das Gespräch bis zu diesem Punkt wirklich genossen und war überaus abgeneigt davon, sich wieder dem eigentlichen Ziel des Abends zuzuwenden. Konnten sie nicht einfach für den Rest der Nacht hierbleiben und einfach nur reden? So tun als wäre Yoongi nicht Shadow – ein Psychopath, ein Mörder, eine für immer zerstörte Seele...Juniper war bereit, über all das hinwegzusehen, wenn es nur bedeutete, dass dieser seit Langem mal wieder halbwegs unbeschwerte Moment niemals endete.
Sie vernichteten gerade ihre letzten Bissen, als plötzlich das ikonische Intro von Livin' On A Prayer die Bar durchschallte. Yoongi gab ein leises Schnauben von sich und nahm mit geschlossenen Augen einen Schluck von seinem Whiskey. Juniper, die ihr Bier gerade geleert hatte, folgte dennoch ihrem ersten Instinkt.
»She says, we've got to hooold on...to what we've got«, stieg sie leise singend und enthusiastisch gestikulierend in den Song ein. »It doesn't make a difference if we make it or not...We've got each ooother and that's a lot for looove.«
»Ach, komm schon«, seufzte Yoongi mit einem grimmigen Blick. »Dir ist schon bewusst, dass –«
»We'll give it a shot!«
Juniper wusste nicht, welcher Teufel sie ritt. Vielleicht war es auch nur das kleine Glimmen eines Grinsens, das sie in Yoongis Mundwinkeln entdeckte, als dieser sich definitiv gespielt genervt von ihr abwandte. Jedenfalls konnte sie nichts dagegen unternehmen, das ihre Hand sich instinktiv um sein Handgelenk schlang und ihm suggerierte, miteinzustimmen.
»Woooah, we're half way theeere...Woooah, liiivin' on a prayer...«
Juniper sah es als gutes Zeichen, dass Yoongi nicht wirklich vor ihrer Berührung wegzuckte und sich mehr wie ein lethargisch-verbitterter Typ verhielt, der von seinen Freunden auf eine von ihm so verhasste Party geschleppt worden war. Doch
»Take my hand, we'll make it I swear...«, sang sie weiter mit überdramatischen Gestiken und Mimiken...und fiel fast vor Schreck vom Stuhl, als Yoongi wie in Zeitlupe ebenfalls mit zusammengepressten Augenlidern das Gesicht verzog und in einer ungewohnt hohen Tonlage in die letzte Zeile des Refrains mit ihr einstimmte.
»Woooah, liiivin' on a prayer...«
Juniper konnte nicht anders, als weiterzumachen – immerhin kannte sie den ganzen verdammten Songtext. Auch wenn sie über die zweite Strophe bei ihrer Show mehr kopfschüttelnde Blicke als Einsatz von Yoongi einsackte. Kurzzeitig stützte er seine Ellenbogen auf der Theke ab und ließ sein Gesicht in seine Handflächen sinken. Nur um sich pünktlich zum zweiten Pre-Chorus in einer dieses Mal ehrlich peinlich-berührten, aber dennoch entschlossenen Trägheit aufzurichten und wieder miteinzustimmen.
»We've got to hooold on...to what we've got...It doesn't make a difference if we make it or not...We've got each ooother and that's a lot for looove...We'll give it a shot!...Woooah, we're half way theeere...Woooah, liiivin' on a prayer...Take my hand, we'll make it I sweeear...Woooah, liiivin' on a prayer...Liiivin' on a praaayer.«
»Okay, stopp, das reicht jetzt wirklich«, zog Yoongi schließlich die Reißleine, auch wenn er es nicht ganz schaffte, das kleine, müde Lächeln komplett von seinen Lippen zu verbannen. Juniper, die sich gar nicht erst die Mühe machte, ihr Grinsen wieder loszuwerden, stellte den Ellenbogen neben ihrem inzwischen leeren Teller ab und stützte den Kopf mit ihrer Hand, während sie den Clanleader nachdenklich musterte.
»Wer hätte es gedacht...Min Yoongi kann also doch an etwas Spaß haben...«
Seinem Blick, der ihr darauf begegnete, lag etwas Unergründliches inne. Juniper wusste, dass er sich an ihr Gespräch in Bangkok erinnerte, genau wie sie. Und sie konnte nicht fassen, dass sie gerade mit eben jenem Typ, dem sie gedanklich zu jenem Zeitpunkt noch nicht einmal seinen Geburtsnamen zugestanden hatte, zu Bon Jovi gesungen hatte.
»Ich genehmige dir einen letzten Song, bevor wir uns wieder den wichtigen Dingen zuwenden«, sagte Yoongi plötzlich, während er mit einer Hand die Barkeeperin herbeiwinkte und mit der anderen dabei achtlos ein paar Yen-Scheine aus seiner Hosentasche zutage beförderte.
Juniper glaubte wirklich, dass sie träumte, als er sich ein wenig über die Theke lehnte und etwas ins Ohr der Frau sagte. Diese begann augenblicklich auf eine sehr verstohlene Weise zu grinsen und antwortete ihm kurz gebunden auf Japanisch, ehe sie zurück zu ihrem iPad schlenderte.
»Sieh es als...kleine Entschädigung...«, kam es ihm plötzlich in erstaunlich ernstem Tonfall über die Lippen, während er wieder auf die Flaschen in der Barvitrine starrte. »Du weißt schon, deinen...Verlust. Ich...habe auch sehr viel verloren.«
»Ich weiß...tut mir leid.«
Die Worte waren zittrig über Junipers Lippen gekommen und vielleicht hätte sie sich im Idealfall an einem warmen Gefühl in der Brust erfreut, als Yoongis Blick auf eine seltsam rohe, offene Weise zu ihr wanderte. Doch die Melodie, die ihr in genau jenem Moment in die Ohren flatterte, überzog ihre Haut innerhalb von Millisekunden mit einer eiskalten Gänsehaut.
»Is this the real liiife?...Is this just fantasy?...Caught in a laaandside...no escape from reeeality...«
Yoongi schien etwas zu merken. Auch wenn Juniper eigentlich nur weiter dasaß, völlig erstarrt zu einer Eisskulptur. Der Song drang in all ihre Zellen, wie Nesselgift, das bei der leisesten Berührung in den Körper des Opfers induziert wurde. Und es brannte. Verdammt, es brannte und unterkühlte sie gleichzeitig.
»Ist alles okay bei dir?«, fragte Yoongi langsam, die Augen misstrauisch auf sie geheftet, doch Juniper konnte sich nach wie vor nicht von sich aus rühren. Ihre Arme aber zitterten wie Espenlaub.
»Mamaaa, just killed a maaan...put a gun against his heeead, pulled my trigger, now he's deeead...«
Sie sah es alles wieder direkt vor sich. Youngbaes Gesicht...sein allerletztes Lachen...Tao, wie er hinter ihm auftauchte...die Waffe, die ihm Mondschein, der durch die Fenster gefallen war, majestätisch geglänzt hatte...und dann das Blut. Oh, dieses ganze gottverdammte Blut...
»Juniper.«
Yoongis Stimme klang so fern und seine Gestalt vor ihren Augen verschwamm inmitten der heißen Tränen, die sich dort sammelten. Es war alles wieder so präsent. Und sie machte sich immer noch verantwortlich dafür, dass Youngbae hatte sterben müssen. Youngbae, der einfach nur nach New York gekommen war, um etwas Spaß zu haben. Der nicht zu arrogant gewesen war, um sie in sein Loft zu lassen, von ihrem Zeug zu ziehen, mit ihr zu tanzen...
Yoongi hatte die Barkeeperin um eben jenen Song gebeten, der nun die Symphonie zum Niedergang von Junipers Leben war. Unwissentlich. Was für ein tragisches Ende für dieses doch zugegebenermaßen schöne Abendessen.
Die starken Hände, die sich um ihre Oberarme schlossen, ließen Juniper aufschrecken, doch sie trugen nicht die Panikattacke hinfort, die sie Stück für Stück immer mehr einnahm. Die ihr den Atem raubte und ihr Herz zum Rasen brachte, als wäre sie selbst kurz davor zu sterben.
Yoongi gelang es irgendwie, sie mitsamt ihren Jacken nach draußen zu drängen, ungeachtet der wahrscheinlich sehr schockiert dreinschauenden Barkeeperin und der Aufmerksamkeit der beiden Amerikaner. Die frische Luft schlug Juniper ins Gesicht wie eine Offenbarung, doch brachte sie ihren Puls nur bedingt runter. Ehe sie sich versah, hatte der Clanleader ihren Rücken an eine Backsteinmauer innerhalb einer winzigen, schwer einsehbaren Seitengasse gepinnt, die so schmal war, dass er dabei dicht an sie gedrängt stehen musste.
»Was ist los?«, fragte er sie eindringlich, doch der Griff seiner Hände war nicht grob. Ganz im Gegenteil...
»D-der Song«, brachte Juniper erstickt hervor, die Wangen inzwischen nass von den Tränen, die ihr dann doch entwischt waren. »E-er lief als...als Tao...als er...«
Yoongi schienen diese paar Worte zu genügen, um sich einen Reim auf alles zu machen. Er presste die Lippen aufeinander und wich dabei – soweit es eben ging – von ihr zurück. Dann wanderte sein Blick nach links und rechts. Fast so als würde er nach einer Lösung suchen. Nur war Juniper nicht ganz bewusst, wofür...Scheiße, er musste sie für komplett bescheuert halten.
»Es...es geht schon wieder«, versuchte sie sich schnell aus der ihr mehr als unangenehmen Situation zu winden und wischte sich ungelenk mit den Ärmeln übers Gesicht. »Tut mir leid, ich...«
Sie stockte, als Yoongi andeutete, ihr ihre Jacke über die Schulter zu legen. Ein grimmiger Ausdruck schmückte dabei sein Gesicht, aber er schlüpfte dennoch erst in seinen eigenen Mantel, als Juniper es wieder halbwegs warm hatte. Ein Griff in seine Jackentasche beförderte schließlich ein silbernes Metalletui zutage, dessen Inhalt sich als vorgedrehte Zigaretten entpuppte. Yoongi hielt sie ihr hin.
Juniper öffnete den Mund...doch eigentlich hatte sie keine Ahnung, was sie sagen sollte. Sie konnte nicht aus ihm lesen, ob er genervt war oder ob das hier einen unbeholfenen Versuch darstellte, sie irgendwie aus ihrer misslichen Gefühlslage zu befördern.
Vorsichtig und mit nach wie vor zitternden Fingern zog sie sich eine der Zigaretten aus dem Etui, nur um gleich darauf in die glimmende Flamme eines Sturmfeuerzeugs zu schauen, das Yoongi ihr hinhielt. Er stellte sicher, dass ihre Kippe an war, ehe er sich mit einem weiteren Blick zum Eingang der Gasse ebenfalls eine ansteckte.
»Du musst jetzt...« Er hielt inne, verzog ein wenig die Lippen und starrte hinab auf seine Lederstiefel. »Wir müssen jetzt Hyojong aufsuchen. Er müsste inzwischen da sein, wo wir uns mit ihm treffen sollen.«
Seine Stimme klang ein wenig gepresst und Junipers Brust schmerzte ein wenig, als sie bemerkte, wie sich die dunkle Mauer um ihn herum wieder zusammenzusetzen schien. Hier in dieser dunklen Gasse, in der seine Haut und sein silbernes Haar so gespenstisch leuchteten. Wo er wirkte wie ein Geist, der längst nicht mehr wusste, wie menschliches Leid sich anfühlte. Vielleicht weil sein eigenes ihn damals bis zur Besinnungslosigkeit ausgebrannt hatte. Weil er schon viel zu lange nicht mehr fähig war, überhaupt etwas zu fühlen.
Was war das dann gerade in der Bar gewesen? Ein einsamer Funke? Wie jene, die aus Feuerzeugen stoben, die längst leer waren und es nie wieder schaffen würden, eine vollwertige Flamme zu erzeugen?
»I-ist okay«, presste Juniper hervor, nachdem sie einen tiefen Zug von ihrer Zigarette genommen hatte. »Lass und gleich gehen...«
⋆⋆⋆ ☽ ☼ ☾ ⋆⋆⋆
𝖆𝖚𝖙𝖍𝖔𝖗'𝖘 𝖓𝖔𝖙𝖊
well, so much happened.
have a cute yoongi eating snacks to recover from this:
(only person in this world I could watch eating for hours)
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