17
Harry sieht den Jungen neben sich an und schluckt schwer. Louis schaut ihn an mit einem undefinierbaren Blick und die leicht geröteten Augen wirken müde. In seinem Blick liegt so viel Traurigkeit, dass Harry ihm nicht standhalten kann.
Schluckend wendet er seinen Blick ab und sieht sich um.
"Dein Schicksal hasst dich doch nicht, Louis." sagt er leise.
Der Sänger neben ihm lacht bitter auf und trinkt einen Schluck seines Bieres. "Ach nein? Verrat mir dann mal wieso zur Hölle meine eigene Mutter mich mit 12 sitzen lässt. Allein in einem Haus. Wieso sie nicht mehr wieder kommt. Wieso ich Jahre danach noch Depressionen habe. Wieso ich, obwohl ich ein neues Leben anfangen wollte, hier sitze und mich alles einholt." sagt er kalt und Harry sieht wieder zu ihm.
"Ist es so schlimm, dass ich da bin?" fragt er flüsternd und unsicher und Louis sieht ihn etwas überrascht an. "Was?" fragt er nach, doch der Brite winkt ab. "Egal." murmelt er.
Louis seufzt tief, setzt die Flasche an und ext den restlichen Inhalt in einem Zug. Dann zieht er aus seiner Schachtel eine neue Zigarette und steckt sie sich zwischen die Lippen, was den Lockenkopf neben ihm aufseufzen lässt.
"Lou, wieso bin ich hier?" fragt er mit fester Stimme nach.
Der Doncaster stockt und sieht einen Moment zu ihm. Dann zündet er die Zigarette an, nimmt einen tiefen Zug und pustet den Rauch langsam aus. Ehe er etwas sagt, dreht er seinen Oberkörper leicht zu Harry zu und sieht in sein Gesicht. "Ich...ich fühl mich einsam. Ich brauchte jemanden bei mir." sagt er leise. Harry's Herz macht einen kleinen Hüpfer und seine Augen leuchten, doch gleich darauf zieht er die Stirn in Falten und schaut auf die Tischplatte vor sich.
"Warum gerade ich?"
Louis zieht noch einmal an der Zigarette, lässt Harry nicht aus dem Blick und seufzt. Weil ich dich liebe. Das würde er am liebsten sagen. Doch das kann er ja schlecht. Sein vom Alkohol vernebeltes Hirn lässt ihn nicht klar denken. Es wäre der Zeitpunkt schlechthin um mit der Wahrheit heraus zu rücken. Aber Louis' Gehirn spielt da nicht mit. Ohne zu überlegen sagt er die nächsten Worte, ohne darüber nachzudenken, dass Harry sich eine ganz andere Antwort erhoffen könnte.
"Zayn ging nicht an's Telefon."
Die Worte gelangen an Harry's Ohr und sie schmerzen. Wieder tut er ihm weh, unbewusst, doch das weiß Louis ja nicht. Er presst die Lippen kurz aufeinander und sieht Louis dann traurig an. "Ich sollte gehen." murmelt er und steht auf. "Warum?" fragt Louis sofort und seine Augen weiten sich kaum merklich.
"Weil du nur angerufen hast weil du besoffen und einsam bist. Versuch einfach nochmal Zayn anzurufen. Ich bin da echt nicht der richtige Ansprechpartner." sagt er fest und sieht Louis an.
Dessen Blick wird immer bestürzter und Harry wendet sich ab.
"Harry, bitte...bleib." hört er Louis sagen. Doch der Lockenkopf schüttelt nur den Kopf. "Glaub mir, ich bin nicht aus den richtigen Gründen hier." sagt er schlicht und will los laufen, als er den Schluchzer hinter sich hört und kurz stockt.
"Geh nicht, Harry." hört er die traurige Stimme und schluckt wieder. "Ruf Zayn an." sagt er bestimmt und verlässt das Lokal.
Lässt Louis hinter sich, der ihm mit Tränen in den Augen nach sieht und verzweifelt überlegt was er jetzt tun soll. In ihm breitet sich wieder diese Leere aus und sein Brustkorb verengt sich, während er sich durch die Haare fährt und seine Tränen grob weg wischt. Er denkt mit keiner Silbe daran, dass irgendjemand ihn hier erkennen könnte oder gar fotografieren könnte.
Alles was in seinem Kopf herrscht ist Angst und das Gefühl, zu ersticken. Schnell legt er Bargeld auf seinen Tisch, steht auf und verlässt hektisch die Bar, sieht sich auf der Straße um doch von Harry keine Spur. Leise fängt er an zu weinen und nimmt sein Handy mit zitternden Händen, scrollt durch die Anrufliste und wählt Zayn's Nummer. Er muss jetzt einfach ran gehen. Louis braucht jemanden. Doch anstatt des Freizeichentones erklingt Zayn's Stimme. Mailbox.
"Scheiße." flucht Louis leise, lässt das Handy sinken und sieht sich um. Schwankend steht er da und versucht seine Gefühle in den Griff zu kriegen, doch das schafft er nicht.
In seiner Verzweiflung läuft er einfach los in irgendeine Richtung, schluchzt hin und wieder, läuft schwankend vor sich hin und hebt den Blick nicht ein einziges Mal.
Sollte er Jenna anrufen? Oder doch noch einmal Harry?
Ruf bloß nicht Harry an. Der ist eh genervt von dir!
Louis stoppt an einer Bank und setzt sich darauf. Verzweifelt hält er sich den Kopf. Seine blöde innere Stimme hat Recht. Harry ist genervt und will ihn nicht um sich. Er ist nichts wert für ihn, er bedeutet ihm nichts.
Er liebt dich eben nicht mehr. Ihm ist es egal, ob du hier jämmerlich verreckst!
"Nein, nein.." wispert er und den Kampf den er in seinem Inneren führt, den er seit vier Jahren unbedingt gewinnen will, den scheint er nun zu verlieren. Tränen laufen unaufhörlich über seine Wangen und seine Hände zittern stark.
Schwer atmend streicht er über die Narben an seinen Unterarmen und schluchzt laut auf. Wenn er jetzt nichts dagegen unternimmt, wird er rückfällig. Er spürt es, das Verlangen danach. Er spürt wie sehr er es will, wie sehr er dagegen ankämpft. "Scheiße..." murmelt er, streicht unaufhörlich über die Narben und sucht verzweifelt einen Ausweg.
Ihm fällt nur einer ein aber Harry wird niemals an sein Telefon gehen. Allerdings, so denkt Louis, ist es ein Versuch wert.
Also nimmt er sein Handy, was ihm beinahe herunter fällt, und wählt wieder Harry's Nummer. Das Freizeichen ertönt, doch niemand nimmt ab. "Bitte, Harry..." wispert er ängstlich und plötzlich, nach gefühlten Stunden, knackt es in der Leitung.
"Louis, ich sagte ruf Zayn an." ertönt die raue, tiefe Stimme von Harry und Louis muss automatisch laut aufschluchzen bei dem Klang. "H-harry...bitte leg nicht auf." flüstert er. Seiner Stimme traut er nicht, deshalb redet er möglichst leise. Er hört ein Seufzen am anderen Ende. "Was willst du denn noch?" fragt Harry und Louis versetzt das einen Stich.
"Hilf mir bitte..." wispert er ganz leise und einen Moment ist Stille auf der anderen Leitung. "Wo bist du?"
Der Doncaster nennt ihm sofort den Ort und keine Sekunde später beendet Harry den Anruf. Wie ein Häufchen Elend kauert sich Louis zusammen, legt das Handy weg und legt die Finger wieder auf seine Narben, krallt die Fingernägel hinein und weint weiter.
Eine Weile sitzt er so da, bohrt die Nägel immer tiefer in seine Haut, an manchen Stellen beginnt bereits das Blut sich seinen Weg über seinen Arm zu bahnen, als sich eine Hand auf seine legt. Erschrocken blickt er nach oben, direkt in die grünen Augen seiner großen Liebe. Grün trifft Blau und Louis schnappt kurz nach Luft.
"Komm her." wispert Harry, setzt sich neben ihn und zieht den Kleineren an sich. Louis schlingt sofort seine Arme um den Bauch des Lockenkopfes, vergräbt den Kopf an seiner Brust und weint. Harry gibt dem Impuls nach und bettet einen Kuss auf Louis' Haar, streichelt ihn beruhigend. "Ich bin da, okay? Hör auf zu weinen." sagt er leise und sanft, was den Doncaster zum Erzittern bringt. Lange sitzen die beiden da, bis Louis' Schluchzer weniger werden, die Tränen langsam versiegen. Erschöpft krallt er sich weiter an Harry, sein Herzschlag wird ruhiger.
Einige Minuten vergehen, bis der Kleinere nach oben in das Gesicht von Harry sieht. Dieser wischt ihm sofort die letzten verbliebenen Tränen sanft weg und sieht ihn an. Der Doncaster sieht in seine Augen, verliert sich in ihnen. Konzentriert sich ausschließlich auf das Grün vor ihm. Harry löst den Blick ebenfalls nicht. Zu lange hat er gehofft, einen Moment Stille zwischen ihnen zu haben, einen Moment den er genießen kann. Und trotz dass Louis so tieftraurig ist genießt er den Moment mit ihm. Seine Nähe, seine Wärme. Es mag egoistisch klingen doch jetzt hat er ihn einfach bei sich.
"Wie wär's wenn wir nach Hause gehen..?" fragt Harry einige Augenblicke später und der Kleinere der beiden nickt zaghaft. "Kann ich..." setzt er an. "Natürlich." unterbricht Harry ihn einfach und richtet sich etwas mit dem Oberkörper auf. Louis steht langsam auf und richtet seine Kleidung etwas, ehe er Harry ansieht. "Ist es weit?"
"Nein, Lou. Ist es nicht." antwortet Harry schlicht und läuft los. Louis geht ihm hinterher und nach einigen Metern ertappt er sich dabei, wie er vorsichtig nach Harry's Hand greift. Der Größere kann sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen und so verflechten sich die Finger der beiden jungen Männer miteinander, während sie schweigend nebeneinander her gehen.
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