F O U R T Y - S E V E N| Zwei Leben


Das Gefühl zu ersticken, das Gefühl nichts als Wasser einatmen zu können, es fühlte sich an, als würden meine Lungen explodieren, als würden sie brennen und noch während ich geistig nicht mehr auf der Erde verweilte, spürte ich den Schmerz in meinem Körper, glaubte Feuer riechen zu können, Asche zu schmecken, zu verbrennen. Es glich einer Tortur, in der mein Körper ums Überleben kämpfte, jedoch so unfassbar machtlos dagegen war, ehe alles plötzlich endlich ein Ende fand. Ab irgendeinem Punkt war es nicht nur dunkel um mich herum geworden, sondern mein Körper war auch taub für alles geworden. Es glich einem friedlichen, traumlosen Schlaf, in dem ich mich befand und doch wusste ich, oder ahnte ich besser gesagt, dass es das leider nicht war. Ich erinnerte mich wage an die Autofahrt, die Brücke, den Schlag auf meinem Kopf und wie ich gefangen war, dass hier war nicht nur ein Traum, eine Ohnmacht, die Wahrscheinlichkeit, dass das hier der Tod war, sie war so verdammt groß und doch wäre es merkwürdig, denn bestand der Tod also nur aus einer großen, unendlichen Dunkelheit? Es wäre traurig irgendwie und doch wurde meine grauenvolle Vermutung zunichte gemacht, als ich plötzlich wieder alles fühlen konnte. Plötzlich spürte ich wieder den Schmerz an meinem Kopf, die Schwere in meinen Lungen, mit dem einzigen Unterschied, dass ich wieder atmen konnte, dass da kein Wasser mehr wäre, das anstatt Luft sich einen Weg in mich hinein suchte und benebelt schaffte ich es der Dunkelheit zu entfliehen, gegen ein helles Licht anzublinzeln, wo ich bemerkte, dass ich mich in einem Krankenhauszimmer befand.

„Du bist wach, wie schön." Verwirrt sah ich bei den Worten zu Dana, sah wie diese in einem schwarzen Umhang gehüllt direkt neben meinem Bett stand, doch bevor ich irgendwas hätte machen oder sagen können, wirklich realisieren können, was hier eigentlich los war, berührte sie schon meinen Kopf und in dem Moment glaubte ich eine Barriere in meinem Kopf würde platzen. Eine Welle an Schmerzen erschütterte meinen ganzen Körper, ließ mich so laut schreien, dass ich glaubte meine eigenen Ohren müssten von dem Geräusch platzen, doch es war unmöglich aufzuhören. Ihre Berührung ließ eine Welle an Erinnerungen, Gefühlen, Ereignissen über mich hinweg rollen, es tat einfach nur höllisch weh, glich einem Schmerz, als würde man von Innen heraus zerrissen werden und ich war so dankbar nach nur einer kurzen Zeit davon wieder ohnmächtig geworden zu sein, auch wenn der Schmerz selbst in der Dunkelheit weiter ging.

Ich sah einfach alles wieder vor mir. Ich sah wieder genau, wie Damon aus dem Krieg zurückkehrte, ich sah, wie Katherine bei uns ankam, wie eng ich mit dieser befreundet war und wie sehr meine Brüder sie liebten, doch das was mich am allermeisten aus der Bahn warf, war nicht das, denn daran hatte ich mich vorher schon wieder fast völlig erinnern können, auch wenn es mit allen Details nun noch klarer war, es war eher der Tag, an dem ich alleine durch den Wald gelaufen und beinahe vergewaltigt worden wäre, ehe kein anderer als ein gewisser Kol Mikaelson mich rettete. Schockiert erinnerte ich mich so wieder an ihn, wie wichtig er mir geworden war, wie er mir über den Tod meiner Brüder hinweggeholfen hatte, ehe ich das erste Mal die Wahrheit über Vampire herausgefunden hatte. Ich fühlte alles wieder, was ich damals gefühlt hatte, die ganze Liebe ihm gegenüber, wie bereit ich dazu gewesen war bis ans Ende meiner Tage bei ihm zu bleiben, wie sehr ich ihn verehrte, die Angst, die ich gehabt hatte, als ich wusste, was er war, die Angst, als er mich gezwungen durch den Wald jagte, und das Glück, als er mir den Antrag machte. Ich sah den Tag wieder vor meinen Augen aufblühen, wie ich mich von ihm verabschiedet hatte, wie ich mich als das glücklichste Mädchen auf der Erde bezeichnet hatte. So ahnungslos, so naiv war ich nach oben in mein Zimmer geschritten, als ich da unten schon jemanden schreien gehört hatte. Besorgt hatte ich nachsehen wollen, was los war, was da vor sich ging, doch meine Türe war wie verriegelt gewesen, als ich den Rauch anfing zu riechen. Er war so schnell überall gewesen, genauso waren es die Flammen. In kürzester Zeit hatten sie mein ganzes Zimmer eingenommen gehabt.

Ich erinnerte mich an die Schreie meines Vaters wieder, an meine eigenen Schreie, wie die Luft immer dünner wurde, wie ich hustend auf die Knie schließlich gesunken war, nicht einmal mehr die Kraft gehabt hatte zu heulen, ehe es irgendwann unmöglich geworden war zu atmen, da nichts als Asche in meinem Mund gewesen war, ehe meine Sicht immer mehr verschwommen und ich schließlich ohnmächtig geworden war. Panisch riss ich meine Augen auf, als ich aus diesem Strudel an Erinnerungen wieder erwachte, mich so verwirrt fühlte, kurz die Welten nicht mehr auseinander halten konnte, doch da war einfach so vieles. Da war all das, was wirklich geschehen war, vermischt mit den Lügen der letzten Wochen. Irritiert sah ich mich in dem leeren Zimmer um, hatte nicht mehr das Gefühl kaum Luft zu kriegen und auch mein Kopf fühlte sich wieder ganz in Ordnung an, weswegen ich beschloss hier keine weitere Sekunde mehr zu bleiben, ich wollte nur noch weg, wollte Antworten, doch so einfach war es leider nicht, denn kaum riss ich die ganzen Schläuche von mir und setzte mich aufrecht hin, verschwamm meine Sicht und ich sah kurz nicht mehr dieses Zimmer vor mir, sondern sah dieses Zimmer in Form der Arztzimmer aus meiner damaligen Zeit wieder.

„Was zum...", hauchte ich verdattert, stand vom Bett auf und lief zitternd weiter, während meine Sicht wieder normal wurde, nur leider hielt das nicht sehr lange. Immer wieder sah ich plötzlich andere Dinge aus dem Jahre 1864 wieder hier und es machte mir Angst. Panisch flüchtete ich deswegen fast schon durch das Krankenhaus, schubste jeden Weg, der versuchte mich zu stoppen und hielt mir schmerzvoll den Kopf bei all den wirren Bildern vor mir, wollte doch nur nach Hause, doch was war mein Zuhause? Es war sicher nicht diese gruselige Villa, es war in meinen Augen nach wie vor dieses wunderschöne, weiße Haus von früher und genau dort wollte ich einfach nur noch hin, weswegen ich, kaum war ich im Freien, dorthin los eilte, die Tatsache ignorierte nur dünne Krankenhauskleidung zu tragen, keine Schuhe anzuhaben. Ich wollte einfach nur weg von hier, wollte nach Hause, wollte diese wirren Bilder zum Stoppen bringen und den Ort erreichen, wo alles ein Anfang und auch ein Ende gefunden hatte. Das war das Haus gewesen, in dem ich zur Welt gekommen war, in dem ich Katherine kennen lernte, wo ich kurz davor Kol anscheinend begegnet war, er mir einen Antrag gemacht und in dem ich gestorben war und doch war ich nun hier. Es kam mir vor, als hätte ich zwei Leben in mir, als wären die Erinnerungen an zwei Leben völlig durcheinander in mir und ich schluchzte schmerzvoll vor Schmerzen auf, rannte in den Wald hinein, stolperte durch die beängstigende Dunkelheit. Ich glaubte in der Ferne meine eigenen Schreie wieder zu hören, als Kol mich jagte, glaubte die Stimme meiner Angreifer zu hören, vor denen Kol mich bewahrt hatte. Ich sah nur wieder Katherine und Stefan Fangen spielen, mich mit Kol eng umschlungen tanzen und doch tauchten auch neue Bilder auf. So hörte ich die Stimmen von Bonnie und Jeremy, sah Matt wieder an der Bar stehen, hörte den Knall, als das Auto über die Brückenabsperrung krachte, bis ich endlich nach einer Ewigkeit vor den Ruinen des Hauses ankam.

„Es ist weg", hauchte ich erschüttert, wusste gar nicht, was ich erwartet hatte und doch war der Anblick von den Trümmern so schmerzvoll, so erschütternd. Heulend sank ich auf die Knie, wollte den Schmerz enden lassen, wollte das alles enden lassen. Hier war so vieles geschehen, so viele schöne und schreckliche Dinge und doch war nichts mehr davon übrig. Es waren nur noch Reste des Ortes da, in dem mein Leben ein Ende gefunden hatte. Es war so unfassbar kalt um mich herum, meine Füße schmerzten, mein Kopf fing wieder zu pochen an und ich konnte diese ganzen wirren Dinge in mir kaum mehr im Griff halten, glaubte verrückt zu werden, bis ich da eine Stimme hörte, die so nahe war, dass sie sicher keine Illusion sein konnte.

„Emma Schatz?" Verwirrt drehte ich mich zu Kol um, der einige Meter von mir entfernt da stand, in dieser modernen Kleidung gekleidet und mit einem Blick auf mich gerichtet, als glaubte er ich würde gleich zusammenbrechen müssen, „Emma Liebste, kann ich näher kommen?" Abwehrend hob er die Hände in die Luft und ich verstand nicht so wirklich, was das alles hier sollte, sah ihn einfach nur irritiert an, ehe mir alles klar wurde. Hier vor mir stand nicht einfach mein Freund Kol Mikaelson. Vor mir stand die Liebe meines Lebens, mein Verlobter, meine verschollene Liebe und er hatte mich all die letzten Wochen angelogen.

„Kol", hauchte ich, fühlte alles wieder, glaubte ihn nur noch mehr zu lieben, als zuvor und doch war ich so verletzt und so überwältigt und so durcheinander.

„Ich bringe dich zurück ins Krankenhaus, ok? Du bist fast gestorben, Prinzessin und du musst jetzt zurück, du..."
„Du hast mich angelogen", unterbrach ich ihn, sah wie er verwirrt zu sein schien, „Als ich dich fragte, ob du eine Ahnung von meiner Vergangenheit hast, du hast mich angelogen... wieso hast du das getan?"

„Emma..."
„I-Ich verstehe das alles nicht, wieso hast du nicht einfach die Wahrheit gesagt, wieso... oh Kol", stammelte ich hilflos, versuchte wieder aufzustehen, was mir taumelnd sogar irgendwie gelang.

„Emma, was ist los?", fragte Kol mehr als nur besorgt, sah mich an, als sorgte er sich um meinen Verstand, während mir nur weitere Tränen kamen und ich einfach nur noch zu ihm wollte.

„Ich erinnere mich wieder, an einfach alles, Kol", erklärte ich mich deswegen, sah wie er kurz sprachlos zu sein schien, völlig überrascht, während ich leise aufschluchzte.

„Du erinnerst dich?", fragte er mit einer brüchigen Stimme, schien den Tränen nahe zu sein und hektisch nickte ich, als ich schon meine Arme nach ihm ausstreckte und er nicht mehr wartete. Augenblicklich überbrückte er den Abstand zwischen uns, schloss mich in seine Arme, wo ich laut aufschluchzte, mein Gesicht an seiner Brust vergrub und jetzt wusste, wo mein zu Hause war, es war hier, bei ihm, nicht in der Villa, nicht in diesen Ruinen, ich war da zu Hause, wo er war.

„Wieso hast du das vor mir geheim gehalten?", fragte ich völlig aufgelöst, dachte gar nicht daran ihn los zu lassen, während er selbst aufschluchzte, mir drohte fast schon sämtliche Knochen zu brechen in der Umarmung, doch gerade war mir das herzlich egal. Auch wenn ich seit Wochen wieder wach war, so fühlte es sich an, als wäre ich gerade eben erst wieder da, als wäre ich gestern noch in diesem Haus hier gestorben.

„Es tut mir so leid, Emma. Ich wollte es dir sagen, aber... du warst so verwirrt, so schockiert wegen der Vampirsache, ich wollte dich nicht zu sehr verschrecken und deine Brüder..."
„Ihr alle habt es gewusst gehabt", hauchte ich und sah mit glänzenden Augen zu ihm auf, wo er mir augenblicklich übers Gesicht strich, so viel Liebe in seinen Augen zu erkennen war, vermischt mit den ganzen Schuldgefühlen, die er hatte.

„Es tut mir so unendlich leid aber... jetzt bist du wieder da. Du bist wieder du, du weißt alles und...."
„Und ich habe dich so schrecklich vermisst, dass es mir gerade eben im Moment unfassbar egal ist", unterbrach ich ihn lächelnd, denn wir konnten gerne später weiter über alles reden, jetzt im Moment war ich einfach nur froh, dass er hier war, dieses Chaos in meinem Kopf anfing Ordnung zu finden und dass ich mich nicht mehr so ahnungslos fühlte, weswegen ich ihn schon zu mir herunterzog und meine Lippen mit seinen versiegelte. Ich spürte deutlich, dass Kol überrascht von meinem Handeln war, zögerte, doch schnell verflog jede Zweifel hierüber und er erwiderte den Kuss, schlang seine Arme nur noch fester um mich und lehnte sich mir entgegenkommend herunter. Eine gefühlte Ewigkeit standen wir einfach nur so eng umschlungen da, mitten im Nirgendwo, küssten uns so innig, so leidenschaftlich, dass mein Kopf einem Feuerwerk an Gefühlen glich, ich mich kaum glücklicher einschätzen konnte und doch ging mir die Luft nach und nach aus und ich merkte nur wieder, wie kaputt ich eigentlich war.

„Ich weiß, du bist schon länger wieder da, doch ich habe dich so vermisst, Prinzessin", hauchte Kol schwer atmend, als ich mich von ihm löste, unsere Gesichter nur Millimeter voneinander entfernt dabei waren.

„Ich dich auch... so sehr", erwiderte ich gequält von dem Gedanken an all die Zeit, die vergangen war. 150 Jahre waren wir getrennt gewesen und doch gab es nach wie vor Fragen, so viele Fragen über all das hier. Wieso tat Dana all das zum Beispiel? Wieso war ich nicht in diesem Feuer gestorben? Was hatte es mit diesem überhaupt auf sich? Bis gerade eben hatte ich nie gewusst gehabt, wie ich verstarb, ich hatte es nie wissen wolle, hatte den Gedanken beängstigend gefunden gehabt es zu wissen, auch wenn ich es vermutlich tief in mir längst gewusst hatte seit dem Moment, wo ich erfahren hatte, dass mein altes Haus bei einem Feuer zerstört worden war und spätestens seit ich angefangen hatte Asche zu husten, beim Versuch die Grenze Mystic Falls zu übertreten, hätte es mir dann endgültig klar sein müssen.

„Ich sollte dich jetzt aber wirklich zurück ins Krankenhaus bringen. Mein Blut kann dich nicht heilen und du wärst beinahe heute ertrunken und..."
„Ich will nicht ins Krankenhaus und ich will auch nicht zu meinen Brüdern! Ich will zu dir, bei dir sein", unterbrach ich ihn fast ein wenig beleidigt, wie ein kleines Kind, doch ich war mir sicher, dass Dana mich vorerst geheilt hatte von meinem beinahe Tod und meine Brüder würde ich gerade nicht ertragen, auch wenn mir da bei der Erwähnung ans Ertrinken was wieder einfiel. Geschockt sah ich deswegen zu Kol auf, der schon eine Antwort ansetzen wollte, jedoch verstummte bei meinem besorgten Blick.

„Was ist mit Elena? Was ist mit Matt? Wenn ich beinahe gestorben bin, was ist dann mit ihnen?"

„Keine Sorge, beiden geht es gut", besänftigte er mich sofort erleichter,t dass es nur das war, was mir Sorgen bereitete und ich schmiegte erleichtert mein Gesicht an seine Brust, denn kurz hatte ich wirklich Angst bekommen, dass sie tot oder schwer verletzt sein könnten, doch es ging beiden gut.

„Na dann bringe ich dich mal zu mir und wir reden über alles weitere morgen, einverstanden?", fragte er mich sanft und ich nickte leicht, kam mir nur noch erschöpfter von allem vor, vor allem von den ganzen neuen Erinnerungen, die höllisch schmerzten. Ich war deswegen einfach nur dankbar, dass Kol mich da hoch hob und mit seiner Geschwindigkeit weg brachte.


Aloha :) Jetzt weiß Emma endlich Bescheid über alles und mal sehen, wie es im nächsten Kapitel dann weitergehen wird xx

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