Lauren Hale
POV Grace
Grace lag mit dem Rücken im weißen Schnee im Wald. Sie betrachtete den sternklaren Nachthimmel. Um sie herum lagen gefrorene Blätter und Äste. Nachtschatten hatte sich neben ihr zusammen gerollt, den Kopf auf ihrer Brust platziert. Grace kraulte ihre Vertraute hinter den Ohren und schien das scheinbar zu genießen, denn sie winselte leise vor sich hin und bewegte die Ohren.
„Was für eine schöne Nacht. Oder Nachtschatten?", fragte sie in Gedanken ganz wo anders. Nachtschatten gab ein zustimmendes Winseln von sich und döste ein. Grace verdrehte die Augen deswegen, aber döste dann selber ein und fiel ins Land der Träume:
Sie befand sich auf einer großen weiten Wiese, neben ihr rauschte ein ruhiger Fluss mit kleinen Strömungen und kleinen roten Fischen darin, die immer mal wieder die Oberfläche durchbrachen und wieder hinein sprangen. Die Sonne schien und in der Nähe blühten wunderschöne Lilien, von weiß bis weinrot und orange. Teilweise waren sie gesprenkelt, aber dennoch wunderschön. Grace ließ die Hände über die Blüten gleiten und bemerkte dann, dass sie andere Klamotten an hatte.
Anstelle von Wintermantel und Stiefel trug sie ein schwarzgrünes Sommerkleid, welches ihr bis zur Mitte ihrer Oberschenkel reichte und breite Träger besaß. Ihre Füße waren nackt und ihr Haar war zu einem lockerem Fischgrätenzopf geflochten worin auch kleine weinrote Blümchen steckten. Sie spazierte weiter durch das Gras, welches ihre Fußknöchel streichelte bis hin zu einer felsigen Lichtung.
Als sie den Abhang hinunter sah erfasste sie eine Welle des Schreckens und Angst. Es war eine blutige Schlacht zu sehen. „So wird es enden, wenn man den Dingen freien Lauf lässt.", sagte eine Mädchenstimme. Grace drehte sich zu dem Mädchen um, welches neben ihr stand. Sie war ungefähr so alt wie sie und hatte braune lockige Haare mit grünen Augen.
„Wer bist du?", fragte Grace unverblümt. „Das weißt du nicht? Wir sind uns schon mal begegnet.", fragte das Mädchen. Grace schüttelte den Kopf. „Lauren Hale, ich war mal Valentine's feste Freundin.", sagte sie mit verträumter Stimmlage. " Hat er dir dass nicht erzählt?" Grace schüttelte wieder den Kopf. Lauren seufzte und strich sich eine ihrer hellen Locken aus dem Gesicht. „Was hat es mit dem Krieg auf sich, Lauren?", fragte Grace.
„Falsch getroffene Entscheidungen, Hass, Liebe, Verrat und Macht.", antwortete Lauren. „Wo sind wir uns schon mal begegnet und weißt du was wir sind?", drängte Grace Lauren zum reden. „Wir sind uns mal in einem Traum von Valentine begegnet, wie du Zugang dazu hattest weiß ich allerdings nicht und nein. Ich kann dir nicht sagen, weil ich es selbst nicht weiß, denn dass musst du selber herausfinden, sonst wird es noch schlimmer als das." Und deutete auf das Abspiel der blutigen Schlacht unter dem Abhang. „Was muss ich tun, um das zu verhindern?"
„Dich selbst finden und die richtige Entscheidung treffen. Und jetzt wach auf."Lauren schnipste mit den Fingern.
Und sie wachte auf. Nur lag sie nicht mehr auf dem zugeschneiten Waldboden, sondern in ihrem Zimmer, auf ihrem Bett in der Bettdecke gehüllt im Haus der Schöpfer. „Gut, dass du wach bist.", hörte sie jemanden sagen, deren Stimme sie vorerst nicht einordnen konnte. Als Grace sich umsah, sah sie Rosalie mit einer Tasse heißen Kakao auf sich zu kommen. Rosalie lächelte und setzte sich zu ihr aufs Bett und reichte Grace die dampfende Tasse Kakao, die Grace behutsam in die Hand nahm, darauf bedacht sich nicht zu verbrennen und womöglich den Kakao auf dem Bett zu verschütten.
„Vorsicht, ist heiß. Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Mach das bloß nie wieder." Sorge war in der Stimme von Rosalie zu hören.
„Wie bin ich hierhergekommen? Ich war doch im Wald.", fragte Grace verwirrt. „Castiel hat dich rein getragen, als er dich im Wald gefunden hatte, vollkommen unterkühlt. Zum Glück wurdest du nicht von irgendwelchen Kreaturen gefressen. Vic ist gerade etwas zu essen holen, es tut uns wirklich leid, dass wir dich gemieden haben, echt. Wir waren keine guten Freunde für dich.", entschuldigte sich Rosalie und in dem Augenblick kam Victoria herein mit einer Schüssel dampfender Hühnersuppe in den Händen, gefolgt von einer blonden Perserkatze, die einen grummelnden Gesichtsausdruck hatte und ihrer Vertrauten Nachtschatten, die das Fellknäul von Perserkatze herzlich ignorierte.
„Victoria hat jetzt auch einen Vertrauten. Er heißt Grummel. Meiner Meinung nach passend, wegen diesem Gesichtsausdruck.", sagte Rose schmunzelnd und zeigte auf das Gesicht des Perserkaters, welcher grummelnd dreinblickte.
„Seit wann?", fragte Grace, als Vic ihr die Suppe reichte. Grace hatte inzwischen den Kakao auf ihrem Nachtschrank abgestellt und löffelte die Suppe. Victoria saß jetzt neben Rosalie und kraulte Grummel im Nacken. „ Seit zwei Tagen. Er kam einfach durch das Zimmerfenster gesprungen.", antwortete Vic freudig und drückte ihrem Kater einen Kuss auf den Kopf und wandte sich wieder ihrer Freundin zu. „Was hast du eigentlich die letzten Wochen so getrieben? Wir haben nämlich nicht sehr viel davon mitbekommen."
„Nicht viel. Für die Schule gelernt, trainiert und meine Zeit mit meiner Vertrauten verbracht.", antwortete Grace. Die Sache mit Castiel ließ sie bewusst aus. „Mehr nicht?", fragte Vic wissend. Sie beäugte Grace misstrauisch. Grace schüttelte den Kopf und Victoria beließ es dabei. „Wie spät ist es?"
„Zwei Uhr nachts. Du warst ganze zwei Stunden im Wald und du bist in dieser Eiseskälte eingeschlafen. Castiel sah wirklich besorgt aus, als er mit dir in den Armen hier reingekommen ist. Ihr scheint euch gut zu verstehen.", sagte Rose. „Ich war zwei Stunden weg?!" Grace war geschockt. Sie dachte sie wäre nur eine halbe Stunde weggedöst. Mindestens. Die Mädchen nickten.
„Es gab auch einen Angriff auf die Vampir-Abteilung in der Lounge vor, glaube ich vor sieben Stunden. Angeblich waren es mutierte Rekruten, die die Mitarbeiter dort angegriffen und getötet hatten. Wie die Rekruten mutiert sind oder wann wissen sie nicht, aber sie hinterließen eine Botschaft", erzählte Rose geknickt. „ Kuss der Rose erhebe Anspruch."
Ihr flossen die Tränen aus den Augen, die sie aber eilig wegwischte. Grace traute sich eigentlich nicht zu fragen, aber überwindete sich doch dazu.
„War einer der Rekruten, jemand den du kanntest?", fragte sie vorsichtig. „Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst.", schob sie noch hinterher. Rosalie schluchzte stark und Victoria und Grace legten die Arme um sie. Rosalie nickte. „Mein fester Freund, Adrian Marshall war unter diesen Kreaturen. Er war einer der Rekruten im Bund des Raben, also einer der besten in seinem Jahrgang.
Es war Ende des Abschlussjahres, des fünften und letzten Jahres im Haus der Schöpfer. Er hatte erst vor einer Woche dort angefangen und jetzt ist er einer dieser Kreaturen, also so gut wie tot.", schluchzte sie gebrochen und wischte weitere Tränen aus ihrem Gesicht, die ihr über die Wangen rollten. Aber es kamen immer mehr Tränen. Grace und Vic verstanden ihre Trauer und ließen ihre Freundin, bei ihnen Trost finden und umarmten sie fester und hielten sie fest, bis Roses Tränen schließlich versiegten.
...
Eine Woche später. Schon eine Woche war seit dem Angriff auf die Lounge vergangen. Solange fand auch kein Unterricht statt, stattdessen zogen sich alle in ihre Zimmer zurück und trauerten über den Verlust von den mutierten Rekruten. Die Gänge waren leer, ebenso die Gemeinschaftsräume der Jahrgangsstufen. Grace lag mit Victoria und Rosalie in einem Knäul auf ihrem Bett, ihre junge Eiswölfin Nachtschatten und Victorias Perserkater Grummel lagen jeweils in einen der Schlafkörbe im Zimmer und schliefen seelenruhig, genauso wie Victoria und Rosalie. Einzig und allein Grace war hellwach.
Sie schielte auf den digital Wecker: Acht Uhr zwanzig, stöhnte sie und griff über Rose' Kopf hinweg, die neben ihr auf Kopfhöhe lag, nach ihren Handy, darauf bedacht sich nicht zu viel zu bewegen, da Victorias Kopf auf ihrem Bauch ruhte.
Schließlich erreichte sie ihr Handy und sah zwei verpasste Anrufe von Valentine und Hayley auf ihrem Speerbildschirm anzeigen, die übrigens eine Schildkröte mit Regenkappe im Regen zeigte. Sie gab ihr Passwort ein und sah auch eine Nachricht darauf, die von Valentine stammte.
Sie seufzte und schälte sich aus dem Freundinnen-Knäul und ging ins Bad für eine heiße Dusche und zog sich das weiße Oberteil und Shorts aus, welches ihre Freundinnen ihr angezogen hatten, als ihre Winterklamotten völlig durchnässt waren. Sie ließ über ihr Handy Musik laufen und ging unter die dampfende heiße Dusche und ließ das Wasser über ihren nackten Körper perlen und shampoonierte sich die rotbraunen Haare mit Pfirsich-Shampoo und ihren Körper mit Duschgel.
...
Nach erholsamen zehn Minuten duschen, wickelte sich Grace eines, der am Haken hängenden weißen Handtuchs, neben der Dusche ihren Körper ein und trocknete sich die Haare so weit, dass sie nicht mehr tropften und putzte sich danach die Zähne.
...
Paar Minuten später zog sie sich ein weißes Hemd, eine dunkle Jeans, ihr dunkelblaues Uniformjackett mit dem Eulensymbol auf der Brust und Turnschuhen. Die Haare zwiebelte sie sich in einen lässigen Dutt, wo ihr ein paar kleine Locken um ihr Gesicht herum spielten. Mit ihrem Handy in der Hand ging sie auf die beiden schlafenden Mädchen zu und weckte sie sanft auf. Dieses Mal wachten sie sofort auf, mehr oder weniger jedenfalls. Sie grummelten erst, aber machten sich dann fertig und zusammen gingen die drei zum sehnsüchtigen Frühstück.
Grace und Victoria gingen zu ihrem Tisch des zweiten Jahrgangs und Rosalie zu dem des dritten Jahrgangs, nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten. Die beiden Zweitjahrgänger beluden sich ihre Teller mit Pfannkuchen und Kirsch-Vanille Soße und nahmen sich jeweils eine Tasse Kakao mit Zuckertütchen dazu. Heute stand Mythen und Magie auf dem Stundeplan. Grace freute sich schon sehr auf diese Stunde, in dem Augenblick der Freude kam Hayley schweratmend auf sie zugerannt. Ihre Wangen waren gerötet und ihr rabenschwarzes Haar war wild durcheinander. „Komm sofort mit!", röchelte sie und zog die Schülerin mit sich in Richtung Hintergebäude.
Durch Gänge, Mauern und Türen zog Hayley Grace mit sich her, wie eine Verrückte auf der Flucht. Nur das Hayley in keinster Weise verrückt war oder es zumindest nie bemerkt hatte. Im Eiltempo rannten sie über die weite schneebedeckte Wiese und durch den eisigen Sturmwind.Dort angekommen konnte Grace gar nicht fassen, was sie dort sah. Oder besser gesagt wen sie dort sah.
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