Freiwild


POV Grace

Valentine, Hayley und Grace gingen tiefer in den Wald hinein und entfernten sich immer mehr vom Haus der Schöpfer. Die Bäume warfen große Schatten auf den Waldboden, worauf etwas Schnee lag. Der Mond schien hell und leuchtete den Jugendlichen zur Hälfte ihren Weg durch den dunklen Wald. „Ich hasse es, wenn es dunkel ist.", maulte Hayley den ganzen Weg lang. „So schlimm ist es nicht, Hayley.", sagte Valentine und rieb seiner Schwester mit behandschuhten Händen über den Nacken.

Grace erinnerte es irgendwie an Jason und sie, als sie beide noch Kinder waren. Jason hatte sie immer so getröstet, wenn sie traurig war. Grace lächelte über die beiden Geschwister und steuerte eine dicke Eiche an, die viel Schutz zu bieten schien.

„Wir rasten hier, Morgen ziehen wir weiter." Grace zog ihren Rucksack von den Schultern und ließ ihn auf den Wurzeln der dicken Eiche fallen und hockte sich danach und zog eine Zeltplane mit Gestänge, Heringen und Hammer hervor. Valentine staunte nicht schlecht. „Du bist ja noch organisierter als ich. Und meine Schwester meint ich wäre der hochorganisierte Mensch der ganzen Welt.", staunte er und Hayley knuffte ihn deswegen in die Seite.

„Ich bin eben gerne auf alles vorbereitet.", zuckte Grace die Schultern und machte sich dran das Zelt aufzubauen. Nebenbei bemerkte sie, dass die Geschwister sie ungläubig anstarren. „Wollt ihr jetzt helfen oder in der Kälte schlafen und dabei erfrieren?", fragte sie spöttisch. Die beiden schüttelten schnell den Kopf und halfen dem Mädchen mit dem Zelt.

Fertig aufgebaut ließen sich die drei drinnen nieder und jeder verkroch sich in einen Schlafsack, um sich von der Kälte von draußen zu schützen. Die Öllampe, die Hayley im Rucksack hatte taugte nicht viel. Nur zu etwas Licht, damit sie nicht im Dunkeln lagen und sich gegenseitig sehen konnten. „Jemand sollte Wache halten, falls Dämonen in der Nähe sind.", brach Valentine die Stille im Zelt und spielte mit seinem Messer, das er in der Hand hatte herum. „Du hast recht, ich halte die erste Wache.", stimmte Grace ihm zu und wälzte sich aus ihrem roten Schlafsack und schnappte sich ihren Bogen und den Köcher mit den Onyx-Pfeilen, den ihr Tante Allison geschenkt hatte und wollte aus dem Zelt gehen.

Doch sie wurde von Valentine abgehalten, der sie an den Schultern packte und zurück zog. „Du bist zu ausgelaugt, wegen dem Zauber vorhin. Leg dich schlafen, damit du morgen wieder fit bist zum weiterziehen. Ich halte heute Nacht Wache, ohne Widerrede.", sagte Valentine bestimmt und seine Tonlage duldete keine Widerrede. Grace nickte. „Weck eine von uns, wenn du müde wirst. Wir wecken dann den nächsten." „Okay."

Und damit trat Valentine die erste Nachtwache an und ging aus dem Zelt. Grace legte sich dann wieder in ihren Schlafsack, der gegenüber von Hayley lag. Sie schlummerte schon leicht, denn sie bekam nicht mehr richtig die Augen auf. „Was ist zwischen dir und meinem Bruder?", murmelte sie im Halbschlaf. „Was soll zwischen deinem Bruder und mir sein?", fragte Grace stattdessen. „Ihr verhaltet euch irgendwie merkwürdig. Was ist passiert?"

„Nichts ist passiert.", versuchte Grace Hayleys Frage abzuschütteln. „Lügnerin, im Lügen bist du echt scheiße. Weißt du? Also raus mit der Sprache.", verlangte Hayley zu wissen. Grace seufzte ergeben und hörte auf ihre Freundin anzulügen und erzählte ihr von der Nacht, als Valentine seinen Alptraum hatte und alles danach. Bis zum Ende.

„Ganz schön merkwürdig. Ihr beide.", sagte Hayley bloß und gähnte hinter vorgehaltender Hand. „Das ist alles, was du dazu sagst?", fragte Grace verdutzt. Hayley nickte schlaftrunken. „Ihr seid beide so verschieden, aber doch so gleich. Schlaf jetzt, wir haben morgen einen langen Tag vor uns. Gute Nacht, Grace." Und damit drehte ihr die schwarzhaarige den Rücken zu und schnarchte leise.

„Gute Nacht, Hayley.", wünschte Grace ihr und drehte sich ebenfalls um und lauschte dem leisen Schnarchen von Hayley im Hintergrund. Mit einem Grinsen schlief Grace ein und fiel diese Mal nicht in verwirrende Träume, wie beim letzten Mal.

POV Valentine

Valentine saß auf einer dicken Wurzel der Eiche und spielte mit seinem Messer, welches er schon sein ganzes Leben lang besaß. Es war eine ruhige Nacht. Die Sterne funkelten am Himmel und das Licht des Vollmodes drang durch die dichten Baumkronen und beleuchtete einzige Winkel. Im Hintergrund hörte er wie Grace und seine Schwester miteinander reden, aber er hörte nur Bruchstücke aus dem Gespräch. „... Was soll zwischen mir und deinem Bruder sein?" und „... Ihr beide seid so verschieden, aber doch so gleich."

Das war alles was er hörte bis es still im Zelt wurde und Valentine das leise Schnarchen seiner Schwester hörte. Valentine lächelte und steckte sein Messer in die Jacke und erhob sich und vertrat sich etwas die Füße, aber blieb steht's nahe am Zelt.

Plötzlich hörte er Äste knacken, aber es war nicht Valentine. Es knackte wieder. Valentine blieb stehen und lauschte dem Knacken, um herauszufinden woher es kam. Valentine holte sein Messer aus seiner Jacke und hielt es angriffsbereit in der rechten Hand. Wieder ein Knacken. Es kam näher. Blätter raschelten und weiter Äste knackten. Valentine drehte sich nach links, woher die Geräusche kamen. Er nahm die zweite Öllampe und leuchtete in diese Richtung, wo die Geräusche herkamen.

Dann zeigte sich die Ursache der Geräusche. Ein Rügener-Dämon kam aus hinter den Bäumen hervor. Er war riesig. Zwei Meter groß mit schuppiger Haut eines Reptils. Er stand auf zwei Beinen und er hatte Fassettenaugen, wie ein Insekt. Sein Gesicht war zerschunden und unförmig. Mit großen Schritten kam der Dämon auf Valentine zu und Valentine hielt den Griff seines Messers fester.

Nur ein bisschen, nur ein bisschen, dachte er und wartete auf den richtigen Augenblick, um zu zuschlagen. Und der Dämon kam näher, viel näher. Valentine stockte der Atem, als er die Kreatur wenige Meter von ihm entfernt vor ihm stehen sah. Die Augen des Dämons funkelten nur so nach Angriffslust.

Der Dämon überbrückte den Abstand zu dem Jungen und griff Valentine schlagartig an. Von einer Sekunde zur anderen. Valentine ließ die Lampe fallen, die auf den Boden zersplitterte und setzte zum Hieb mit seinem Messer an. Aber der Dämon wich leicht aus und startete einen Angriff von links. Valentine war zu überrascht von der Wendung und stolperte nach links, um der gewaltigen Klaue des Dämons auszuweichen. Es war knapp, aber wirklich nur knapp. Valentine setzte einen neuen Versuch an ihn mit der Klinge seines Messers zu erwischen, aber der Dämon wurde von etwas anderem erwischt und es war nicht sein Messer. Es war ein Pfeil. Kein normaler Pfeil, ein Pfeil aus schwarzem Onyx.

Der Pfeil steckte in der linken Schulter des Dämons und dieser brüllte wütend auf, aber ließ den Pfeil stecken. Valentine nutzte die Gelegenheit und rammte seine Klinge in die Brust des Dämons, aber sie kam nicht ganz durch. Die Klinge war zu kurz, um gänzlich in die Brust des Dämons einzudringen.

Ein weiterer Pfeil durchschnitt die Luft und landete dieses Mal in der rechten Schulter. „Nimm den Pfeil und ramm ihn in die Brust des Dämons!", rief ihm Grace aus der Ferne zu, als er sich kurz zu ihr umdrehte und sie mit Pfeil und Bogen gewappnet sah. Valentine befolgte ihre Anweisung und zog den Onyx-Pfeil aus der rechten Schulter des Dämons, dessen Vorgehen er mit einem Brüllen quittierte und rammte ihn mit voller Wucht in die gewaltige Brust des Dämons bis die Spitze aus dessen Rücken wieder raus ragte.

Giftgrüne Flüssigkeit trat aus der Wunde, die Valentine mithilfe von Grace' Pfeil verursacht hatte, bevor sich der Dämon mit einem schrillen Kreischen in Staub auflöste und vom Wind davon getragen wurde. Valentine atmete erschöpft aus und machte auf dem Absatz kehrt und ging auf das rotbraunhaarige Mädchen mit dem Bogen in der Hand zu.

„Wieso bist du wach?", fragte er. „Ich habe dir gerade das Leben gerettet, wie wäre es mit einem Danke?", fragte Grace anstatt zu antworten und legte den Kopf schräg. Sie hatte recht, wie unhöflich von ihm. „Danke.", sagte er schließlich und sah dem Mädchen in die Augen, was in der totalen Dunkelheit sich etwas schwierig rausstellte. Sie lächelte, er nahm es zumindest an, dass es so war.

„Wir sollten wieder zum Zelt und du musst dich ausruhen. Ich halte die nächste Wache." Valentine nickte, obwohl er damit nicht einverstanden war, aber er hatte keine Lust zu streiten. Zusammen gingen sie zurück zum Zelt und bemerkten, das Hayley immer noch tief und fest schlief, wie ein Murmeltier.

Als die beiden sie so sahen lächelten breit und kicherten leise. Valentine ging ins Zelt und schaute noch ein letztes Mal zu Grace hinaus, bevor er sich in seinen Schlafsack verkroch und sich langsam in den Schlaf wiegte und hoffte, dass er nicht von Alpträumen heute heimgesucht wurde. Er hatte schon genug Trubel für eine Nacht und das reichte ihm vollständig aus.

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