Ausflug

POV Grace

Es war Nacht geworden. Die Mädchen lagen in ihren Betten dick in Decken eingehüllt und schliefen wie die Toten. Die Uhr auf Grace Nachttisch zeigte elf Uhr Fünfundreißig. Grace lag als einzige noch wach im Bett und wälzte sich unruhig von der einen Seite zur anderen. Wieder einmal suchten ihre komischen Träume sie heim und hinderten sie jetzt beim schlafen. Irgendwann hatte sie genug davon und schälte sich aus dem Bett.

Sie ging zum Kleiderschrank und holte sich Wintersachen heraus. Grace wusste, dass es keine gute Idee war rauszugehen, aber drin bleiben konnte sie auch nicht. Sie entschied sich schließlich rauszugehen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Mit einem blauen Pullover- inklusive Unterhemd, einer schwarzen Winterjacke, Jeans, Socken und ein Paar Stiefel im Arm schlich sie ins Badezimmer und zog sich um. Bevor Grace aus dem Zimmer ging streifte sie sich noch eine warme Mütze über den Kopf.

Kein Licht brannte auf den Fluren zum Gemeinschaftsraum. Grace schaffte es auch ohne separates Licht in der Dunkelheit zu sehen und ging Richtung Gemeinschaftsraum, sprich Richtung Ausgang.

Sie bemühte sich die Tür möglichst lautlos aufzumachen, doch das gelang ihr nicht wirklich.
Die Tür gab ein gedehntes Quietschen und Grace hörte, wie sich schwere Schritte ihr näherten. Es muss ein Junge sein, huschte es Grace durch den Kopf und versuchte schnell durch die Tür zu schlüpfen, aber überlegte es sich schlagartig anders. Als sie sich umdrehte sah sie Licht und die Schritte wurden lauter.
Er kam näher.

Sie öffnete das Fenster ein paar Meter vor ihr und kletterte geschwind raus.Eiskalter Wind streichelte ihr Gesicht. Der Schnee knirschte unter ihren Schritten.
Sie hörte ein Heulen, welches aus dem Wald kam, der zum Gelände des Haus der Schöpfer gehörte.

Sie ging durch das Dickicht der Bäume und strich die Äste beiseite, um weiter rein zu gehen. Äste knackten unter ihren Füßen und sie kam dem Heulen immer näher.
Als sie bei einer Lichtung angekommen war konnte sie ihren Augen nicht trauen.
Vor ihr saß ein Wolfsrudel, welches dasselbe schwarze Fell und die eisblauen Augen hatte, wie ihre Vertraute. Die Wölfe sahen ihrer Vertrauten zum verwechseln ähnlich.
Es waren zwölf Wölfe, welche in einer Art Halbkreis nebeneinander saßen, nur einer saß etwas versetzt weiter vorne, als die anderen. Die Wölfe starrten ihr entgegen. Grace bewegte sich kein Millimeter.

Ihr Körper war wie steif gefroren. Sie wusste das, wenn sie angreifen keine Chance hatte zu entkommen.

Der Alpha-Wolf trat ein paar Schritte vor und ging in ihre Richtung. Grace' Nackenhaare sträubten sich und machte sich bereit zu rennen, aber etwas hielt sie auf oder besser Jemand. „Beweg dich nicht!", befahl ihr diese Person. Als hätte sie vor sich nur ein Millimeter zu rühren, dachte Grace spöttisch. Sie drehte den Kopf nach dem Besitzer der Stimme um.
Es war Valentine, der ihr befohlen hatte sich nicht zu bewegen.

Er kam mit großen Schritten näher und Grace sah wie sich der Alpha-Wolf vor ihr anspannte. Paar Herzschläge später preschte der Wolf vor und zwar so schnell, dass Grace nicht einmal so schnell blinzeln konnte, um diese Szene mit ihren Augen zu verfolgen. Der schwarze Wolf kam genau vor ihr zum stehen und befand sich jetzt genau vor ihr, aber griff sie nicht an. Er stand einfach vor ihr. Einfach so.

Aus nächster Nähe war der Wolf halb so groß wie sie, also im Maße da sie 165cm groß ist( ausgenommen der Stiefelabsätze), war der Wolf vor ihr etwa 83,5cm groß. Sie konnte schon ein paar Haare des Tieres an ihren vor Kälte tauben Fingerkuppeln fühlen. Der Wolf legte den Kopf in den Nacken und knurrte in ihre Richtung. Aber sie war nicht die Ursache dafür. „Das sind Eiswölfe hochgradig gefährlich. Wir müssen hier weg!", flüsterte Valentine ihr zu, was sie aber wegen des starken Eiswindes nicht vollständig verstand.

Valentine kam näher auf sie zu und der Eiswolf spannte sich daraufhin nur noch mehr an. Erstens: Die Wölfe hätten sie schon längst in Fetzen reißen können und Nachtschatten- ihr Vertrauter, war auch ein Eiswolf. (Rosalie hatte sie aufgeklärt.) Zweitens: Der Wolf hat erst angefangen zu knurren, als er näher kam. Drittens: Wieso war er hier? Viertens: Der Wind hat seine Aussage größtenteils mit sich gerissen.

„Nein, nur du musst hier weg. Sie sind nur wegen dir jetzt so bedrohlich.", sagte sie ihm in normaler Lautstärke, soweit dass bei dem lauten Wind möglich war.

„Du weißt nicht wie gefährlich sie sind. Sie haben schon viele Rekruten hier auf dem Gelände getötet.", klärte Valentine sie auf. „Wieso bist du dann hier, wenn es hier zu gefährlich ist?", fragte Grace schnippisch. „Ich bin dir gefolgt, als du das Gebäude durch das Fenster verlassen hast. Deswegen bin ich hier. Aber die bessere Frage wäre: Wieso bist du hier außerhalb der Speerstunde?"

„Ich habe es in meinem Zimmer nicht mehr ausgehalten und bin rausgegangen und ich wollte wissen von wo das Heulen aus dem Wald kommt.", rechtfertigte sie sich. „Jetzt weißt du es ja." „In der Tat." Grace nickte. " Eiswölfe, wie du gerade gesagt hast. Wusstest du das meine Vertraute ein Eiswolfwelpe ist?", sagte Grace lächelnd und drehte den Kopf zu ihm. Sie sah in seinen Augen, dass er es keineswegs mit Humor aufnahm.

„Ja, in der Schule ist nie viel los. Deshalb zerreißen sich alle das Maul für neuen Gesprächsstoff.", erwiderte Valentine zynisch. Grace schoss eine Idee durch den Kopf. Sie bewegte ihre Hand zu dem Wolf, der vor ihr stand und berührte das schwarze Fell, wo sich drin die Schneeflocken verfingen vorsichtig.

Der Wolf rührte sich nicht und biss ihr zum Glück nicht die Hand ab oder sonst dergleichen, aber er starrte Valentine aus gefährlich funkelnden eisblauen Augen an. Grace streichelte den Wolf weiter und fing an zu heulen, während er sich an ihre Hand schmiegte. Valentine sah gebannt zu, was sich vor ihm abspielte.

Nach einiger Zeit wandte sich der Alpha-Wolf von den beiden Schülern ab und verschwand mit seinem Rudel in den weiß geschneiten Wald. Valentine und Grace schauten dem Rudel gebannt hinterher, während die Schneeflocken ihre Kleidung durchnässten. Ihre Gesichter waren vor Kälte gerötet. Valentine ergriff ihr Handgelenk und zog sie mit sich Richtung Schule. „Was war das gerade? Wieso haben sie uns nicht zerfetzt?", verlangte er von ihr zu wissen. Grace zuckte die Achseln.

„Ich habe keine Ahnung." Valentine starrte sie kurz stechend an, bevor Grace fragte: " Wie sollen wir jetzt wieder ins Gebäude gelangen?" „Genauso, wie wir rausgekommen sind." Und öffnete das Fenster aus dem Grace vor einiger Zeit raus geklettert war. „Okay.", erwiderte sie und stieg in das Fenster ein gefolgt von Valentine, der das Fenster hinter sich wieder schloss und der Wind ausgeschlossen wurde.

Nun standen die beiden im dunklen Korridor. Die Kerze auf dem Fensterbrett war erloschen, Valentine hatte sie wahrscheinlich dort platziert, als er ihr in den Wald gefolgt war. „Geh in dein Zimmer zurück, bevor Jemand merkt, dass du weg warst." „Und was ist mit dir?", fragte Grace. „Ich mach dasselbe. In mein Zimmer im dritten Sock zurückkehren und hoffen, dass die nächsten Stufensprecher schon unterwegs sind.

Falls sie mich erwischen sage ich ihnen: ich habe einem Schüler auf den Gängen gesehen, aber er ist mir entwischt. Wahrscheinlich wieder in sein Zimmer in seinem Stockwerk zurückgekehrt." „Okay, aber du..." „Ich werde nichts von den Eiswölfen und dir da draußen erzählen.", versicherte er ihr. „Gut, gute Nacht.", sagte Grace und machte sich zurück zu ihrem Zimmer. Es war Mitternacht. „Dir auch. Wir werden später darüber reden." Dann trennten sich ihre Wege.

...

Um acht Uhr dreißig stand Grace schon fertig angezogen am Fensterbrett. Die Mädchen schliefen noch tief und fest- aber nicht mehr lange. Grace hatte schon versucht sie wachzurütteln, aber ohne Erfolg. >Also auf die harte Tour<.Sie ging in das weiß geflieste Badezimmer und drückte auf den Lichtschalter neben der Tür. Der Boden war grau gefliest genau wie der Duschbereich (auch an der Wand). Es war eine Kastendusche mit Milchglas Türen und davor lag ein weißer Teppich mit Karomustern.

In greifbarer Nähe der Handtuchhalter mit drei weißen Handtüchern am Hacken. Rechts ein paar Meter entfernt zu Tür hin befand sich eine Badewanne(davor waagerecht gesehen ein Teppich mit dem gleichen Karomustern), und darüber eine Ablage mit Dusch/Bade Produkten. Auf der anderen Seite war das Waschbecken mit einem durchgehenden Unterschrank.

Der Schrank war grau mit breiten weißen Schubladen. Er war in drei Teile aufgeteilt, für jeden jeweils ein Bereich des Schrankes von rechts nach links. In den Schubladen waren jeweils Handtücher, Bademäntel und andere Pflegeprodukte wie Shampoo und Duschzeug drin. Auf dem Waschbecken welches ebenfalls dreigeteilt war (also drei Becken in einem Stück mit eigenem Hahn), befanden sich drei Festseifen die nach Vanille dufteten in jeweils einer Edelstahlschale, die neben dem Hahn lag.

Über den Waschbecken hang ein breiter waagerechter Spiegel( der genauso länglich wie das Waschbecken), der an den Rändern leuchtete. Neben dem Waschbecken in der Ecke befand sich eine Ablage mit kleinen Handtücher rollen und Lotionen. Auf der anderen Seite, also zwischen dem Waschbecken und der Dusche stand die Toilette mit Klopapierhalter rechts daneben. Auf der linken Seite befand sich ein Mülleimer genauso weiß wie die meisten Möbel im Raum.Es war warm im Raum, nicht nur wegen der Heizung, die neben der Tür war, sondern auch weil sie kurz davor geduscht hatte und die Wärme noch im Raum stand.

Grace nahm die Becher der Mädchen, die sie fürs Zähneputzen verwendeten und füllte kaltes Wasser rein.Sie ging aus dem Bad und kippte den gesamten Inhalt der beiden Becher, jeweils ein Becher auf eine der Schlafenden aus. Nach wenigen Sekunden schreckten die beiden Mädchen hoch und sahen sich erschrocken um. Ihre Haare waren jetzt nass genauso wie ihre Gesichter. Die beiden schauten Grace mit aufgerissenen Augen an.

„Was sollte das denn bitte?! Du hättest uns sanfter wecken können!", donnerten die beiden ihre Mitbewohnerin an. „Nein, ich habe es versucht, aber ihr habt nicht darauf reagiert und irgendwie musste ich euch ja aus dem Bett holen, weil es jetzt Frühstück gibt.", verteidigte sich Grace zur Gegenwehr im neutralen Ton.

„ Es gibt FRÜHSTÜCK!", schrie Vic erschrocken und hastete aus dem Bett, nur sie verfing sich in ihrem Deckenhaufen, indem sie sich letzte Nacht eingewickelt hatte, wie in einem Kokon. Victoria verlor das Gleichgewicht und wäre beinahe gestürzt, wenn Rosalie, die sich von ihrem lieben Bett getrennt hatte, und Grace sie nicht rechtzeitig aufgefangen hätten. Die beiden hielten jeweils einen Arm von dem Mädchen umklammert und zogen sie langsam wieder auf die Füße. Victoria keuchte erschrocken.

„Das war knapp. Danke." „Nichts zu danken. Wofür hat man Freunde?" Victoria lächelte ihre Mitbewohnerinnen dankbar an und ging mit Rosalie ins Bad um sich frisch zu machen.
Zehn Minuten später kamen sie aus dem Badezimmer heraus. Mit einem Handtuch umwickelt gingen sie zum Kleiderschrank und sagten Grace, dass sie schon frühstücken gehen konnte und Grace tat dies.

...

Grace ging in die Halle und setzte sich auf die Bank und belud ihren Teller. Sie nahm sich ein frischgebackenes Brötchen aus dem Korb und strich sich Kräuteraufstrich darauf. Dazu nahm sie sich eine Schüssel Rührei mit Speck vom Tisch und einen warmen Kakao aus der Kanne und fügte zwei Tütchen Zucker hinzu. Und fing an zu essen. Aus dem Augenwinkel sah sie Hayley auf sich zu kommen.

Sie begrüßte die schwarzhaarige. Diese erwiderte sie und setzte sich neben sie. Nachtschatten hatte unter dem Tisch gemütlich gemacht. Sie war über Nacht zehn Zentimeter gewachsen und ging ihr jetzt bis zu den Kniekehlen. „Die meisten meiden mich seit gestern.", sagte Grace mit belegter Stimme. „Wieso du nicht?" „Ich weiß. wie sich das anfühlt. Dieses Gefühl ist erdrückend und gibt einem das Gefühl keinen Platz in der Gesellschaft zu haben. Ich hatte meine Treue gegenüber der Lounge verwehrt und wollte etwas anderes. Und auf Grunddessen war ich genau wie du in dieser Situation. Nur bei dir ist es etwas kniffliger." Hayley stoppte kurz.

"Deine Vertraute ist ein Eiswolf und sie haben nicht grade gute Erfahrungen mit ihnen gemacht.
Im Winter genau wie jetzt vor vier Jahren, kamen sie aus den Wäldern und griffen drei Schüler aus dem zweiten Jahrgang an, während sie eine Schneeball gemacht hatten. Keiner überlebte, man sagt sich, dass die Wölfe mit dem Eissturm kommen und immer welche von uns töten und gehen, wenn der Frühling naht. Deswegen sagen uns die Professoren immer, dass wir im Winter nie rausgehen sollten außer für den Unterricht, damit wir nicht wie so viele andere von den Eiswölfen getötet werden. Sie sind für uns der bevorstehende Tot und auch für die Generationen vor uns waren sie ein Todesurteil." Hayley trank einen Schluck Orangensaft, ehe sie weitersprach.

" Aber, was ich nicht verstehe ist, wieso hat sich ein Eis-Wolf dir als Vertrauter entschieden?" „Ich weiß es nicht.", sagte Grace kopfschüttelnd. " Aber ich muss dir was erzählen und bring deinen Bruder mit. Kennst du einen ruhigen Ort, wo man ungestört reden kann?"
Hayley nickte. „Ja, wir treffen uns nachdem Frühstück im dritten Stock beim Bild der Goldaugenaffen. Sie sind, wie schon der Name sagt goldene Affen mit ebenfalls goldenen Augen.", erklärte ihr Hayley. Grace nickte und die beiden Mädchen aßen schweigend ihr Essen weiter.
Danach stand Hayley auf und ging zu ihrem Bruder, der bei Rosalie am Tisch saß.

...

Grace stand am Treffpunkt im Stockwerk des dritten Jahrgangs. Hayley und Valentine kamen kurz danach. Hayley drückte mit der Schulter gegen das Bild und offenbarte einen Geheimgang. Sie stieg zuerst in das Bild und ging durch. Grace folgte ihr und kletterte in das Bild oder besser gesagt in den Geheimgang.

Valentine ging als letzter rein und schloss die Geheimtür hinter sich. Er knipste seine kleine Taschenlampe an und beleuchtete den ganzen Gang und hüllte alles in Weiß.
Grace hielt sich den Handrücken vor die Augen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top