Morgendliche Gespräche

Es war acht Uhr, Samstagmorgen. Zwei Wochen nach den Weihnachtsferien. Eigentlich wollte Rose bereits mit Sky und Summer in der Bibliothek sitzen, doch Summer hatte sich nicht von ihrem Bett trennen wollen, während Sky einfach unauffindbar war.

Rose hatte in der Bibliothek gesucht und in der Großen Halle, doch sie hatte Sky nicht gefunden. Jetzt lief sie, auf der Suche nach ihrer Freundin durch die Korridore, als sie hinter einer Ecke Stimmen hörte.

Soweit sie beurteilen konnte, waren es Professor McGonagall und Professor Slughorn, die da redeten. 

"Wissen sie Horace, ich bin der Meinung, dass Dumbledore Recht hat, wenn er die Schule von Auroren schützen lässt. Sie sind einfach zu ignorant. Wir sind alle in Gefahr. Haben sie nicht gehört, was an Sylvester passiert ist?" sprach McGonagall und senkte ihre Stimme.

"An Sylvester gab es mehrere Angriffe. Auf verschiedene Häuser mehrerer Auroren, darunter dem Herrenhaus der Potters. Aber der größte Angriff war auf das Anwesen von Eugenia Jenkins, sie wissen schon, der letzten Zaubereiministerin. Die Auroren waren völlig überfordert, weil            Sie-wissen-schon-wer an so vielen Orten gleichzeitig angegriffen hat."

"Aber Minerva, niemand würde es wagen, diese ehrwürdige Schule zu attackieren. Nicht einmal Grindelwald hat das getan. Sie sehen das zu pessimistisch. Wir sind nicht in Gefahr." erwiederte Slughorn mit seiner üblichen dröhnenden Stimme.

Rose seufzte. James hatte Recht gehabt. Dieses Sylvester würde noch lange unvergessen bleiben.

"Horace, das Ministerium ist volkommen überfordert. Es wurde noch niemand gefasst und die Bevölkerung bekommt immer mehr Angst." protestierte McGonagall, während die Stimmen sich entfernten.

Rose wollte sich nur in ihrem Zimmer zuhause unter der Bettdecke zusammenrollen. Sie wollte einfach nur, dass es war wie früher, wenn irendetwas schlimmes passiert war. Dass ihr Mum oder ihr Dad zu ihr kam, sie in den Arm nahm und ihr erzählte, dass alles gut war.

Aber das passierte nicht. Sie war im Jahr 1977, in einem Korridor in Hogwarts. Mit viel Mühe schob sie die Tränen bei Seite und stürmte davon. Im Mädchenklo spritzte sie sich Wasser ins Gesicht und schaute in den Spiegel.

Sie hatte schreckliche Ringe unter den Augen und ihr Gesicht war noch blasser als sonst. Selbst ihre Sommersprossen waren blass. Ihre Haare waren stumpf und glanzlos. Diese Zeit tat ihr wirklich nicht gut.

Seufzend verließ sie die Toilette wieder und machte sich auf den Weg in die Bibliothek. Wenn Sky nicht gefunden werden wollte, dann wollte sie nicht gefunden worden.

In der Bibliothek waren nur wenige Schüler und Rose lief ganz nach hinten durch bis zum letzten Tisch vor der verbotenen Abteilung.

Doch am Tisch saß schon jemand. Es war Sky, doch sie war nicht alleine. Neben ihr saß ein Junge. Im ersten Moment hatte sie ihn für Sirius gehalten, doch dann schaute sie genauer hin. Er war blasser, schmächtiger und kleiner als sein großer Bruder. Seine Robe war schwarz grün und nicht schwarz rot und seine Augen waren, im Gegensatz zu denen seines Bruder, nicht grau, sondern blau. Es war Regulus Black.

Durch die Regalreihe, hinter der sie stand sah Rose, das Sky sich offenbar mit dem jüngsten Black dikutierte.

"Du musst das nicht tun, Reg." sagte Sky gerade mit sanfter Stimme und griff nach seiner Hand.

"Ich habe keine Wahl, Sky. Ich muss das tun." erwiederte Regulus und seine Stimme klang so verzweifelt, dass es Rose, obwohl sie ihn nicht kannte, fast das Herz brach.

"Man hat immer eine Wahl, das weißt du. Und ich bitte dich es nicht zu tun." Sky sprach leise und eindringlich und sah Regulus fest in die Augen, er jedoch wich ihrem Blick aus und sah zu Boden.

"Ich habe keine Wahl. Ich will meine Eltern stolz machen, damit sie wenigstens auf einen Sohn stolz sein können."

"Das ist nichts, worauf man stolz sein könnte," zischte Sky und Regulus richtete sich auf und zog ihr seine Hand weg. "Du verstehst das nicht! Deine Schwester hat dich nicht verlassen." fauchte er und stand auf.

"Regulus! Bitte tu es nicht, bitte! Ich flehe dich an." Skys Stimme klang flehentlich, doch Regulus schwang sich seine Tasche über die Schulter und ging.

"Mach's gut Sky." sagte er über die Schulter, während Sky ihm mit Tränen in den Augen nachsah.

Rose wurde mit einem Schlag klar, über was genau Regulus und Sky gesprochen hatten. Es ging um Regulus Beitritt zu den Todessern und ihr wurde beinahe schlecht.

Sie bereute überhaupt aufgestanden zu sein. Sie hatte zwei Gespräche belauscht und beide hatten ihr den Tag versaut. Seufzend(das tat sie heute viel zu oft.) strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht und trat dann hinter dem Regal hervor.

Sky hatte ihre Arme auf ihr Buch gelegt und den Kopf auf die Arme. Sie schluchzte.

"Sky? Was ist passiert?" rief Rose aus und hoffte überzeugend zu klingen.

"Gar ni-nichts." schniefte Sky und Rose setzte sich neben sie. Sie nahm Sky in die Arme, welche die Arme um sie schlang, woraufhin Rose einen Blick auf Skys Buch erhielt. Es war ein Buch über Werwölfe. Was bei Merlin wollte Sky damit?

Sky schluchzte auf und Rose schob den Gedanken beiseite. "Los komm, lass uns in unser Quartier gehen und du erzählst mir, was passiert ist." schlug sie mit sanfter Stimme vor und Sky nickte. Gemeinsam verließen sie die Bibliothek in Richtung Gryffindorgemeinschaftsraum. Unterwegs hörte Sky auf zu weinen und unterwegs und im Gemeinschaftsraum begegneten sie zu ihrem Glück niemandem.

Im Quartier setzen sich beide aufs Sofa und Sky begann, ohne dass Rose fragte, mit brüchiger Stimme zu reden:"Weißt du, Sky und ich sind... wir sind, bevor wir in die Schule kamen zum größten Teil in der... Reinblütigen Gesellschaft aufgewachsen." sie starrte ins Feuer im Kamin und sah so verzweifelt aus, dass Rose sich beinahe ebenso schrecklich fühlte.

"Ich kenne die meisten Slytherins schon von klein an. Sirius und sein kleiner Bruder Regulus sind meine und Summers Neffen 2. Grades. Wir haben früher viel Zeit miteinander verbracht, wobei ich mich immer ein wenig besser mit Regulus verstanden habe.

Als Sirius nach Gryffindor kam, da war die ganze Familie, nein, eher die ganze Gesellschaft schockiert, weißt du? Von da an wurde Regulus unter Druck gesetzt. Immer schlimmer, so dass er fast daran zerbrochen wäre. Als er dann zwei Jahre später, da war ich dann neun Jahre alt, nach Slytherin kam, da waren seine Eltern so stolz auf ihn. Er veränderte sich in Hogwarts. Er nahm immer mehr die Eigenschaften an, welche das Haus Slytherin auszeichnete. Er entfernte sich immer mehr von Sirius und auch von Summer.

Vor zwei Jahren wurden dann Summer und ich eingeschult und kamen nach Gryffindor. Wieder war die Gesellschaft schokiert, noch mehr als unsere Eltern sich nicht wirklich darum kümmerten. Sie meideten die Gesellschaft und als Sirius in den Ferien zu den Potters gezogen ist, haben auch meine Eltern die Verbindungen zur Familie abgebrochen.

Regulus ist daran zerbrochen. Summer und Sirius tun so, als würde er nicht mehr existieren, was ihn noch mehr verletzt hat. Ich hatte weiterhin, heimlich Kontakt zu ihm und heute Morgen, in der Bibliothek...da...hat er, er hat..." sie lehnte ihren Kopf an Roses Schulter und schluchzte.

Auch Rose war zum heulen zu Mute. Sie wusste, was Regulus getan hatte, aber jetzt zu hören, wie es dazu gekommen war und den Hintergrund seiner Taten zu entdecken, war etwas völlig anderes.

Beruhigend strich Rose ihr über den Rücken und murmelte ihr beruhigend Worte zu. Genau in diesem Moment öffnete sich das Portrait zu ihrem Quartier und Rose hätte den Kopf gegen die Wand schlagen können, wie Kreacher, als er in die Siruptorte zu ihrem 11. Geburtstag Salz, statt Zucker getan hatte.

Durch das Portrait stiegen Teddy, James und Sirius. "Eigentlich hat Rose mir verboten, euch mitreinzunehmen, aber sie muss es ja nicht-" sagte Teddy gerade, als sein Blick auf sie fiel.

"-erfahren?" beendete James den Satz grinsend und schlug Teddy auf die Schulter. "Sorry, Ted, aber das wird wohl nichts, oder?" fragte Sirius ebenfalls grinsend.

"Jungs, raus! Geht meinetwegen in euren Schlafsaal, aber hier gerade nicht." verlangte Rose, mit einem eindeutigen Blick auf Sky, welchen die Jungen leider nicht deuten konnten.

"Oh Rose, stell dich nicht so an, geht ihr doch in dein Zimmer." protestierte Teddy. Bevor Rose allerdings antworten konnte, sprang Sky auf, wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und stürmte auf den Ausgang zu.

Bevor sie aus dem Portrait stürmen konnte, griff Sirius nach Arm.

"Sky? Was ist passiert?" fragte er erstaunt, als er ihre verheulten Augen sah. Sie versuchte sich loszureißen, doch natürlich war er viel stärker. Flehentlich sah sie ihn an.

"Lass mich, Sirius! Ich...ich  will jetzt alleine sein." verlangte sie und langsam ließ Sirius die Hand sinken, worauf sie sofort den Raum verließ.

Rose seufzte und vergrub das Gesicht in den Händen. "Was hat sie?" fragte James und die Jungen ließen sich auf den Sofas nieder.

"Nichts." nuschelte sie in ihre Hände. James schnaubte. "Ich trage vielleicht eine Brille, aber ich bin nicht komplett blind. Also, was ist los?"

"Frag sie doch selber." erwiederte Rose und ließ sich auf der Couch verzweifelt zur Seite fallen.

"Haben wir, aber sie will nichts sagen, also fragen wir dich." versuchte James sie härtnäckig zu überzeugen.

Resigniert seufzte Rose erneut. "Famlilienprobleme."

"Was? Hatte sie etwa Streit mit Summer?" fragte Sirius verblüfft.

Ungläubig sah Rose ihn an. "Zu Skys Familie zählt nicht nur Summer. Sondern auch James, ihre Eltern, du und..." den Rest des Satzes sprach sie nicht aus, doch Sirius hatte sie verstanden. Sein Gesichtsausdruck verschloss sich fast augenblicklich.

Rose sprang auf und stürmte ebenfalls aus dem Raum. Kopflos rannte sie durch die Gänge, bis sie an einem Wandteppich vorbeirannte und durch eine Tür stürzte. Der Raum, den sie durch ihre Tränen sah, kam ihr merkwürdig bekannt vor.

Und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Der Wandteppich, an dem sie vorbeigerannt war, war der Wandteppich, den Barnabas des Bekloppten tölpenhafter Versuch verewigt war, Trollen Ballett beizubringen. Der Raum, in welchen sie getreten war, war der Raum der Wünsche. Und er hatte sich in ihr Zimmer in West Hill, im Jahre 2020 verwandelt.

Rose warf sich auf ihr Bett und schluchzte. Sie wollte nach Hause, zu ihrer Mum und ihr alles erzählen. Sie wollte ihr sagen, was passiert war, wie einsam sie sich fühlte. Und wie hilflos.

Und dann erschienen neben ihr eine Rolle Pergment, eine Feder und ein Tintenfass. Sie setze sich auf. Zeigte der Raum ihr gerade eine Möglichkeit ihre Eltern zu kontaktieren?

Hastig, und, wie immer nach dem Weinen, mit einem Schluckauf, begann sie zu schreiben. Sie schrieb von ihrer Ankunft, dem Gespräch mit Dumbledore, den Rumtreibern, Summer und Sky, der Familie ihres Großvaters, dem Haus der Potters, Weihnachten, Lily und ihren Freundinnen, Sylvester. Und dem, was sie in der Bibliothek gehört hatte.

Es tat gut, sich alles von der Seele zu schreiben. Sie wusste nicht, wie lange sie schrieb, aber sie schrieb alles nieder. Von ihrer Verzweiflung, ihrer Hilflosigkeit und ihrer kindlichen Hoffnung, dass sie alles zum Guten ändern könnte.

Als sie die Feder weglegte, mit schmerzender Hand und sich merkwürdig leicht fühlend, wusste sie, warum manche Menschen Tagebuch schrieben.

Sie legte den Brief auf das Bett vor sich und schloss die Augen. Ich wünsche mir, dass der Brief im Jahr 2020 an jemanden gelangt, der ihn meinen Eltern gibt.

Als sie die Augen wieder öffnete, war der Brief noch da. Sie schluckte ihre aufkommende Panik herunter und formulierte den Wunsch in Gedanken erneut. Ohne Erfolg.

Der Raum war nicht in der Lage, den Brief durch die Zeit zu transportieren.

Die Leichtigkeit, welche sie gerade noch verspürt hatte, war verschwunden, stattdessen fühlte sie sich, als wäre ein Stein in ihren Magen gefallen.

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