Schule
„Wo ist Lennox denn schon wieder?"
Lennox stöhnte genervt. Es mag ja oft nützlich sein, übersehen zu werden, doch in der Schule war es einfach nur lästig. Besonders, wenn die Lehrer seinen Vater anriefen und er dachte, Lennox hätte geschwänzt. Aber mittlerweile konnte er auf sich aufmerksam machen. Er war sichtbar, wenn er es wollte.
„Ich bin hier."
Da Lennox für die anderen „aus dem Nichts" kam, schraken sie vor ihm zurück. Der Lehrer, Herr Gondraf, stotterte überrascht:
„Oh, äh, gut. Äh, dann lasst uns mal anfangen. Ach ja, genau, der Ausflug. Wir haben eure Stimmen ausgewertet, sowie die der Lehrer, wo es denn hingehen soll. Dabei muss ich sagen, dass die Stimmen meiner geehrten Kollegen sich sehr von den euren unterscheiden. Jetzt mal ehrlich, was habt ihr denn gegen das Museum?"
„Was hat denn nun gewonnen?"
Die Schüler blickten Herrn Gondraf fragend an, denn sie alle stellten sich die eine Frage, die Sorena in die Klasse gerufen hatte. Lennox war es eigentlich scheißegal, was sie unternahmen. Solange es nicht das Schwimmbad war. Er könnte sich natürlich etwas ausdenken, um nicht mitkommen zu müssen, aber sein Vater würde den Grund erfahren und das nicht billigen, da er nicht an Lennox' Allergie auf das kalte Wasser glaubte. Andererseits hatte sein Vater ihm auch warmes Wasser gegeben, nachdem er Lennox aus der Kammer gelassen hatte. Würde er ihm glauben? Aber darüber musste er sich jetzt keine Gedanken machen, es standen immerhin 14 Ziele zur Auswahl. Wie wahrscheinlich war es da bitte, dass genau dieses gewählt wurde?
„Mit der Mehrheit der Stimmen hat gewonnen... das Schwimmbad!"
Die Schüler fingen an zu jubeln und Lennox erstarrte. Das sollte wohl ein schlechter Scherz sein!
„Echt jetzt?!"
Jetzt starrten ihn alle an. Alle waren verstummt. Alle waren erschrocken. Jeder Schüler im Raum fragte sich wohl, wieso er dermaßen reagierte.
„Was wollt ihr denn da?"
Der Lehrer fand als erstes seine Stimme wieder:
„Lennox, was soll das? Wir haben fair abgestimmt und das Schwimmbad hat nun mal gewonnen."
„Ich komme nicht mit."
Jetzt wurde Herr Gondraf langsam wütend.
„Du kommst mit! Der Ausflug gehört immernoch zur Schulzeit und geschwänzt hast du ja wohl schon genug."
„Ich scheiß auf Ihren bescheuerten Ausflug!"
Lennox sprang auf. Als er dann den Blick des Lehrers sah, diesen unterwerfenden Blick, der sagte „Du hast mir zu gehorchen, denn ich bin hier der Boss!", machte ihn so rasend, dass er sich nicht mehr zurückhalten konnte. Erst als seine Faust den Kiefer seines Lehrers traf, wurde ihm bewusst, was er tat. Herr Gondraf taumelte zurück, Blut lief aus seiner Nase. Er starrte Lennox erschrocken an. Dann wütend. Dann richtig wütend, als würde ein Inferno des Zorns in ihm brennen.
„Jetzt reicht es mir! Du kommst jetzt mit zum Direktor! Mach dich mal lieber auf ein ausführliches Gespräch mit ihm und deinem Vater gefasst!"
Oh nein. Wenn er Lennox' Vater anrief, würde dieser seinen ganzen Zorn an seinem Sohn auslassen. Und es würde ihn nicht kümmern, ob jemand zusah. Doch der Lehrer ließ sich nicht abbringen. Er verließ den Raum. Ein paar Minuten später kam er zurück.
„Dein Vater ist auf dem Weg. Ich glaube er hat grade noch geschlafen, jedenfalls hat sich seine Stimme so angehört."
Er ist einfach schon wieder besoffen, deshalb klingt seine Stimme so, dachte Lennox verbittert. Aber er blieb still. Was sollte er auch schon sagen? Also folgte er dem Lehrer einfach zum Büro des Direktors.
Als sie den Raum betraten, setzte Lennox sich auf einen der Stühle gegenüber des Direktors. Ein paar Momente später kam sein Vater hinein.
„Was hast du jetzt schon wieder angestellt?"
Das Gesicht seines Vaters war rot vor Zorn und wie Lennox bereits vermutet hatte, war er sturzbetrunken. Als er die blutige Nase von Herr Gondraf sah, ging er auf Lennox zu, der wusste, dass sein Vater ihn schlagen wollte. Doch bevor es dazu kam, fing der Direktor an zu sprechen, den Blick auf ein Dokument in seinen Händen gerichtet, welches er nun beiseite legte.
„Guten Tag, Herr Lando. Kommen wir direkt zur Sache. Ihr Sohn, Lennox Lando hat seinen Klassenlehrer, Herrn Gondraf geschlagen, weil ihm das Ziel vom Schulausflug nicht passte. Ein solches Verhalten können wir nicht tolerieren, insbesondere wenn man bedenkt, dass Ihr Sohn schon mehrfach den Unterricht geschwänzt hat und bereits viele Verwarnungen wegen gewalttätiger Handlung bekam. Gibt es bei ihnen vielleicht irgendwelche möglichen Ursachen für sein Verhalten? Probleme in der Familie?"
„Was soll es denn für Probleme geben? Der Junge ist einfach zu rebellisch und ungehorsam."
Lennox ballte die Hände zu Fäusten. Sein Vater hatte sich ebenfalls auf einen Stuhl gesetzt, sodass Lennox sich nur nach Links drehen musste, um ihm einen zornigen Blick zuzuwerfen.
„Äh, okay. Also, sein Umgang mit anderen muss sich jedenfalls ändern."
„Oh, keine Sorge. Ich werde Zuhause direkt mit ihm sprechen."
Lennox' ganzer Körper spannte sich an.
„Okay, Herr Lando, danke, dass Sie sich Zeit genommen haben."
Entweder war der Direktor blind, extrem dumm, oder er ignorierte es einfach, dass sein Vater betrunken war und das schon früh am Morgen. Er packte Lennox im Nacken und zerrte ihn hoch. Lennox würde ihm am liebsten eine reinhauen, doch das würde ihm nur noch mehr Ärger einbrocken. Also ließ er sich widerstandslos mitziehen. Als er einen Blick zurück warf, bemerkte er die teils fragenden, teils mitleidigen Blicke des Direktors. Sein Lehrer glotzte einfach nur zufrieden. Lennox schloss die Augen. Sobald das Büro hinter ihnen lag, presste sein Vater ihn an die Wand.
„Kannst du dich nicht ein Mal benehmen, du verdammter Bengel?"
„Was interessiert es dich denn?"
Lennox wagte dennoch einen Versuch es zu erklären:
„Ich habe nur gesagt, dass ich nicht ins Schwimmbad möchte. Du weißt genau, dass ich durch das kalte Wasser krank werden würde. Hätte ich lieber sagen sollen >Ja klar, warum nicht?< anstatt einen Ausweg zu finden? Das Schwimmbad kommt halt einfach nicht infrage und zwar nicht, weil ich nicht will, sondern weil ich nicht kann. Du weißt das und Mama..."
Weiter kam er nicht, denn bei der Erwähnung seiner Mutter hatte Lennox sofort die Faust seines Vater im Gesicht.
„Wage es nicht sie zu erwähnen! Das ist doch alles Bullshit! Dieser ganze Quatsch mit dem Wasser, das ist doch nur irgendeine scheiß Geschichte! Du suchst doch nur ne Ausrede, damit ich Mitleid mit dir habe!"
In dem Moment kam Herr Gondraf vom Büro den Gang herunter und sah sie. Lennox' Vater presste ihn noch immer gegen die Wand und man konnte sehen, wo er Lennox geschlagen hatte. Jetzt starrten er und sein Vater den Lehrer erschrocken an. Von der anderen Seite näherten sich ebenfalls Leute. Doch er ließ Lennox nicht los.
„Was zur Hölle tun Sie da? Lassen Sie ihn sofort los!"
Frau Ziner war die Einzige die sprach und der Blick seines Vaters flog sofort zu ihr.
„Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram. Das ist mein Sohn, was ich mit ihm mache geht Sie gar nichts an!"
Sein Vater spie ihr die Worte förmlich entgegen. Lennox wagte es nicht, sich zu wehren. Als sein Vater ihn jedoch nicht länger gegen die Wand drückte, sondern ihn wieder im Nacken packte, verpasste Lennox ihm einen kräftigen Hieb mit seinem Ellenbogen, direkt in den Bauch. Sein Vater fluchte und ließ von ihm ab.
„Das wirst du bereuen!"
Er trat wieder auf Lennox zu, der instinktiv in Angriffshaltung ging, doch bevor es zu einem weiteren Kampf kam, wurden sie unterbrochen:
„Stopp!", „Aufhören!" und „Was soll die Scheiße?!", wurden von irgendwo geschrien.
Lennox konnte nicht genau ausmachen, von wem es kam, jedoch war er dankbar für die Worte. Lennox Vater trat nahe an ihn heran und sagte so leise, dass nur er es hören konnte:
„Du solltest besser einen Weg finden, wie du meine Laune am Abend heben kannst, wenn du nicht draußen schlafen willst. Ich habe gehört das Wetter wird... sagen wir einfach mal unangenehm."
Mit diesen Worten drehte sein Vater sich um und verließ das Schulgebäude.
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