Kapitel 6

Als ich ihn fragen wollte, was er hier tat, drückte sich Lorenzo an ihm vorbei. Er kam geradewegs auf mich zu und nahm mein Gesicht in seine Hände. „Bist du irgendwo stark verletzt?", fragte er und hob meinen Kopf hinauf, sodass er sich meinen Hals ansehen konnte. Ich schüttelte jedoch nur meinen Kopf und sah von Lorenzo zu dem Mann, bevor ich zu Clara hinüber sah. „Bring den raus und hol Jorge und Luca her. Die können uns bestimmt weiter helfen. Ruf das Jugendamt an und geh mir nicht weiter auf die Nerven", sagte ich und sah, wie er mich mit einer hochgezogenen Augenbraue ansah. „Der Schock sitzt wohl tief oder Lia? Nehm dir bitte eine Pause oder hilf mir mit meiner Patientin in Zimmer 8", sagte er nun, weshalb ich ihn ansah, doch an ihm vorbei lief. Ich lief auf Clara zu, welche noch immer verängstigt in der Ecke stand. „Also süße, gleich wird die Polizei kommen und dann musst du mit ihnen darüber reden. Das Krankenhaus wird dafür sorgen, dass du den Kerl nie mehr sehen musst, verstanden?", fragte ich und sah, wie sie mich nickend ansah. „Danke", flüsterte sie, was mich lächeln ließ. „Ich hab dir und deinen Mut zu danken Clara. Es war mutig uns die Wahrheit zu sagen", sprach ich leise und sah sie dabei ziemlich stolz an. Der Mann hat sie nicht gut behandelt und nur ausgenutzt, dass erkennt man jetzt. Das Problem dabei ist nur, dass er das nicht darf. So ein junges Mädchen für Bedürfnisse auszunutzen ist inakzeptabel und wird bestimmt mit einer hohen Strafe enden.

„Kommst du?", fragte Lorenzo nun, weshalb ich mich zu ihm umdrehte. Ich nickte ihm zu, während ich sah wie Lilly und Elias zusammen mit einem Rollstuhl herein kamen. „Also ich hab gehört, heute gibt es eine Massage, Maniküre und ganz viel süßes", sagte Lilly und fuhr den Rollstuhl zu uns. „Wenn es für dich in Ordnung ist, bringen wir dich auf ein Zimmer und dort werden wir solange bleiben, bis die Polizei die vernommen hat und wir sicher gehen können, dass du in kein Waisenheim kommst", sprach Elias, weshalb ich beide dankbar ansah. „Nimm das Angebot an Clara, dass wirst du im Leben nicht zweimal erhalten", meinte ich und sah sie nicken. „Ok", flüsterte sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Ich sah nun lächelnd zu Lorenzo, welcher mich intensiv musterte. Gott, wieso machte er sich immer so Gedanken?

Der Mann war wieder irgendwo, während ich mit Lorenzo zusammen das Zimmer verließ. Er führte mich etwas zur Seite, sodass wir dem ganzen Tobel auswichen. Ich sah ihn nun wieder einmal mit einer hochgezogenen Augenbraue an, denn er sah nicht gerade erfreut aus. „Wir wissen beide, dass mein Vater nach dir fragen wird. Ich will ihn nicht anlügen müssen Lia. Sag mir doch bitte einfach nur eines. Was geht in deinem Kopf gerade vor und wie fühlst du dich, denn ich verstehe dich nicht kleines. Du hast so eine harte Schale und trotzdem einen weichen Kern. Ich will dir einfach nur helfen und dir bei stehen in Ordnung?", fragte er nun, weshalb ich seufzte und nickte. „Natürlich ist es für mich ein Schock, aber was willst du hören? Gott, es wird sich so dumm anhören", sagte ich und sah leicht Kopf schüttelnd zu dem Mann, welcher von den Wächtern in einen separaten Raum geführt wird. Zwei Finger legten sich unter mein Kinn und zogen meinen Kopf zurück, sodass ich ihn ansehen musste. „Egal ob es sich logisch oder nicht anhört, sag es mir einfach", bat er mich, was mich wieder nicken ließ. „Ich hatte keine Angst, wirklich nicht. Sollte er mir weh tun, was dann? Wir sind in einer Notaufnahme, umgeben von Ärzten. Du bist in der Nähe und ich weiß, dass du alles dafür tun würdest, dass es mir gut geht. Ich hatte eher Angst um Clara. Was ist, wenn er uns beiden etwas getan hätte? Wem würdest du zuerst helfen, wenn ich dich darum bete, ihr zu helfen. So dumm wie es sich anhört, aber ich hatte wirklich keine Angst. Ich fühlte mich hier sicher und egal, ob er mir das an den Hals hielt. Mir würde nichts passieren, ihm schon oder?", fragte ich und sah, wie er meinen Gesten und ausdrucken einfach nur stumm folgte. Ob er mich verstand oder nicht, dass wusste ich jedoch nicht. „Du hattest keine Angst?", fragte er wieder, weshalb ich nickte. „Du bist hier, ein paar Zimmer weiter. Es würden ungefähr 5 Sekunden sein, die ich ohne ärztliche Behandlung wäre. Warum sollte ich dann Angst haben?", entgegnete ich nur. Seine braunen Augen verengten sich etwas und er sah aus, als ob er einen Geist gesehen hätte.

Er sah mich einfach noch kurz an, bevor er seinen Kopf leicht schüttelte. „Du bist wirklich unglaublich Lia. Aber wir müssen dich etwas ablenken oder? Ich hab eine kleine Patientin im Zimmer 8, welche eine tiefe Schnittwunde hat. Ich hätte dich sowieso um Hilfe gebeten, also, hilfst du mir?", fragte er, weshalb ich nickte und ihn fragend ansah. „Wie heißt sie und wie alt ist sie?", erfragte ich, als wir zu dem Zimmer liefen. „Sie ist 4 Jahre alt und heißt Lydia Rodriguez", antwortete er, was meine Augen weiten ließ und mein Herz zum stocken brachte...

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