Kapitel 32

Der restliche Tag verlief ruhig, wie jeder andere Montag. Es war aber dieses Mal keine erholsame Ruhe, da ich merkte, dass das Video doch noch in Adams Kopf umherschwirrte. Adams Blick hatte sich verändert. Ich sah und spürte eine Liebe noch immer, aber etwas war anders. Nur konnte ich es nicht ganz fassen. Ich telefonierte den ganzen Nachmittag und vereinbarte Termine über Termine. Colleen verabschiedete sich irgendwann gegen 17 Uhr und ich arbeitete wie Adam still weiter. Irgendwann fiel ein Schatten über mich. Ich blickte auf und schaute in Adams leuchtend blauen Augen.

„Lass uns Schluss machen für heute. Wir gehen nach Hause, bestellen uns noch was zu Essen und dann knutschen wir noch etwas rum. Ist das ein Plan?", fragte er augenzwinkernd. Es schien ihm besser zu gehen, aber dennoch erkannte ich, dass sein Augenzwinkern nicht ganz so sorgenfrei war, wie er mir weismachen wollte.

Lachend schüttelte ich den Kopf. „Mister Black versuchen Sie mich gerade von meiner Arbeit abzuhalten?"

„Durchaus möglich Miss Young. Also was sagen Sie, haben wir einen Deal?"

„Ich muss noch ein paar Mails schreiben. Die müssen heute raus, damit sie morgen gelesen werden. Fahr schon mal vor und bestell mir was mit. Ich komme in einer Stunde nach."

„Gib mir die Hälfte der Mails, dann können wir in einer halben Stunde gehen."

„Du musst das nicht machen. Dafür werde ich doch bezahlt schon vergessen?"

„Leite sie mir weiter", rief Adam über die Schulter, während er wieder zurück in sein Büro ging. Kopfschüttelnd, aber über beide Ohren grinsend, tat ich wie mir geheißen.

Doch auch, wenn wir unsere Späße machten, die gedrückte und gewissermaßen gezwungen glückliche Atmosphäre zog sich durch die ganze Woche. Da Timothy noch keinen Hinweis darauf hatte, wo die Daten gespeichert sein sollten, machten wir alle ganz normal mit der Arbeit weiter. Adam und ich verbrachten sehr viel Zeit zusammen. Ob mit den anderen oder nur allein, war egal. Wir beide hingen ziemlich aneinander. Ich hatte Bedenken, dass ich ihm irgendwann langweilen oder auf die Nerven gehen würde, aber als ich Adam das gesagt hatte, bekam ich nur einen bösen Blick und danach einen langen Kuss, während er immer wieder hauchte, dass ich ihn weder langweilen noch nerven würde. Der seltsame Ausdruck in Adams Augen verschwand mit fortlaufender Zeit immer mehr. Und das beruhigte ich mich ungemein.

An einem Abend kamen Adams Eltern vorbei und freuten sich sehr, als sie erfuhren, dass ich nun nicht mehr nur Adams Assistentin war. Sie wünschten uns alles Gute und wir verbrachten zu viert einen sehr angenehmen Abend. Auch Doreen hatte zwischendurch von uns erfahren und sich gefreut mich irgendwann einmal Schwägerin nennen zu können. Nick schien auch mehr als begeistert gewesen zu sein, als er erfahren hatte, dass ich auch bei Adam schlafen würde.

Adam hatte Nick vor einigen Stunden abgeholt und sie hatten einen Onkel-Neffe-Tag verbracht. Am Abend waren sie zu Adam in die Wohnung gekommen, in der ich gewartet du für uns alle gekocht hatte.

„April du musst in meinem Zimmer schlafen. Dann können wir eine Pyjamaparty machen", rief Nick begeistert aus. Adam, Nick und ich saßen auf dem Sofa und schauten uns einen Kinderfilm von Disney an. Nick, der auf meinem Schoß saß, drehte den Kopf zu mir und warf mir einen Hundeblick zu.

„Ahm, ja klar kann ich bei dir schlafen, aber morgen muss ich arbeiten, also wird das keine lange Pyjamaparty." Ich versuchte ernsthaft traurig auszusehen.

Nick runzelte kurz die Stirn, nickte dann aber und wandte sich wieder dem Fernseher zu. Plötzlich spürte ich Adams Atem an meinem Hals, als er flüsterte: „Und wo genau soll ich schlafen?" Ich bekam eine Gänsehaut, versuchte das aber zu überspielen, indem ich gleichgültig mich den Schultern zuckte.

„In deinem Bett. Zu dritt wird das ziemlich eng, schätze ich."

„Liebling, wie genau soll ich ohne dich in diesem Bett schlafen?"

„Genauso wie du es getan hast, bevor du mich in deine Höhle geschliffen hast." Adam schnaubte nur, aber ich konnte aus dem Augenwinkel seine Erheiterung sehen.

Es war schon paradox, wie gut die Wochen verlaufen waren, wenn man bedachte, dass Robert irgendwas plante, was mich in große Schwierigkeiten bringen könnte. Aber wann immer ich bei Adam war, schien dieses Problem wie weggeblasen zu sein. Ich hatte mich noch nie so zu einem Menschen hingezogen gefühlt, wie es bei Adam der Fall war. So geborgen und sicher. Es waren vollkommen neue Gefühle für mich. Ich wusste, dass ich Adam vertrauen konnte und dieses Wissen gab mir ungemein viel Kraft und Mut weiter nach vorne zu schauen und Robert nicht die Überhand meiner Gedankenwelt zu geben.

Am Montagmorgen betraten Nick, Adam und ich um halb acht das Büro. Es war kälter geworden. Was aber auch kein Wunder war in Anbetracht der Tatsache, dass in sechs Tagen Weihnachten war. Da in Kalifornien aber selbst im Winter Plusgrade herrschten, konnte man hier nur vergebens auf den Schnee warten. Richtig in Weihnachtsstimmung schienen wir aber alle nicht zu sein. Nick, Doreen und Adams Eltern natürlich ausgeschlossen, weil sie alle nicht wussten, welche Probleme ich hatte.

Im Eingangsbereich schien uns keiner großartig viel Aufmerksamkeit zu schenken, weil alle in ihre eigenen hektischen Gedanken vertieft waren. Aber mir wurde wieder bewusst, dass ich mich irgendwie in meinen Boss verliebt hatte. Würde man mich nicht als billige Büroschlampe abstempeln? Ich hatte nicht viel Kontakt zu meinen Kollegen gesucht und wollte das auch gar nicht, denn Adam, Patrick, Nick und auch ihre Freunde waren mir wichtiger. Sie schien es aber nicht zu stören, dass ich seine Angestellte war. Und was Anna und Colleen zu sagen hatten, war mir auch ziemlich egal. Dennoch hoffte ich, nie solch ein Gespräch führen zu müssen. Das konnte nur schlecht enden.

Ich saß gerade mit Adam im Büro und wir aßen unser Mittagessen, dass wir uns haben liefern lassen, als es klopfte und Timothy ins Zimmer kam.

„Hey Tim, alles klar?", fragte ich.

Timothy setzt sich. „Ich habe ein Problem."

„Welches?", fragte Adam. Er hatte schon aufgegessen und lehnte sich auf dem Sofa zurück. „Ich komme in das System von Olsen Motors rein, das ich nicht schwer, aber dieses System zu durchsuchen und herauszufinden, wo sich Robert Olsens Ordner befindet, ist innerhalb von 2 Wochen unmöglich."

„Das habe ich befürchtet. Die einzige Schwachstelle in dem Plan, die wir nicht mit einkalkulieren konnten." Adam runzelte die Stirn. Er schien keine Antwort zu haben. Mir war das Essen vergangen und ich stellte den Rest auf den Tisch ab.

„Wie würdest du denn am einfachsten an seinen Rechner kommen?"

„Naja direkt oder die IP-Adresse würde mir auch reichen. Am besten die privaten und die im Büro."

„Die im Büro können wir beschaffen", sagte Adam.

„Warte. Stopp. Das ist doch illegal", rief ich und spannte mich an. Mir gefiel nicht, was wir hier planten. Klar das Hacken war auch illegal, aber sich solche Daten zu verschaffen und andere Menschen mit ins Boot zu ziehen, außer die, die es schon wussten, machte die Sache noch gefährlicher. Sie könnten Adam auffliegen lassen.

„Liebling, alles was wir hier machen ist illegal", sagte Adam und lächelte mich aufmunternd an. „Aber das könnte richtigen Stress geben. Kann Timothy das nicht ohne die direkten Daten schaffen? Wie bekommt man eigentlich die IP-Adresse?"

Adam und Timothy schienen mich aber gar nicht mehr zu beachten und fachsimpelten schon weiter. Ich versuchte etwas von dem zu verstehen, was sie da von sich gaben, aber irgendwie kam ich kein bisschen hinterer.

Trotzdem gefiel mir nicht, dass das alles so kompliziert wurde. Ich hatte noch rein gar nichts getan, außer mir helfen zu lassen. Irgendwas musste ich tun können, um Robert stoppen zu können oder um die anderen wenigstens zu unterstützten, außer ihnen Kaffee und Tee kochen, wenn sich alle trafen, um sich zu beraten.

Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich aufschreckte, als Timothy sich erhob. „Was? Was macht ihr jetzt?" „Mach dir da mal keinen Kopf drum."

„Ich mache mir aber Gedanken! Verdammt, glaubt ihr, ich lehne mich zurück und lass euch die ganze Arbeit machen, was euch alle auch noch in Schwierigkeiten bringen könnte? Das gefällt mir alles nicht mehr. Ich dachte, du knackst das System, findest irgendwas, das mich belastet, Mike findet heraus, dass es eine Fälschung ist oder was weiß ich und Liam passt auf, dass die Medien nichts davon mitbekommen, wenn es doch zum Prozess kommen sollte, bei dem mich Hugh vertreten würde."

Adam und Timothy sahen mich perplex an. Ich hatte mich vollkommen in Rage geredet und schrie schon fast. Ich atmete hörbar aus und Adam schloss im nächsten Moment seine Arme um mich.

„Keinem wird hier etwas passieren. Vertrau mir Liebling."

Ich löste mich wieder aus Adams Umarmung. Ich wusste seinen Beruhigungsversuch zu schätzen, aber ich hatte Angst, dass Robert irgendwas gegen Adam, Timothy oder die anderen Männer verwenden könnte, dass sie richtige Probleme bekamen. Da würde ich lieber noch einen Prozess ertragen, anstatt zuzusehen, wie ich die Zukunft eines anderen zerstörte.

„Adam ich habe einfach Angst."

„Das weiß ich April, aber du musst zugeben, dass dir von Anfang an klar war, dass wir Robert nicht nur mit legalen Waffen schlagen werden. Ich werde alles daransetzen, dass dieser Mann das bekommt, was er verdient hat. Die Mittel sind mir größtenteils dafür egal."

„April, ich weiß, was ich tue", sagte Timothy beruhigend.

„Das weiß ich. Aber ich weiß nicht, ob andere Menschen zu unserem Problem werden können, wenn wir sie in irgendeiner Weise mit einbeziehen", Ich verschränke die Arme über der Brust und schaute auf den Boden.

„Ich habe genug Geld, um sie zum Schweigen zu bringen, wenn du das meinst", erinnerte mich Adam. Ich riss den Kopf hoch und starrte Adam an. Sein Geld würde es schon richten? Ich wusste nicht, ob mir das gefallen sollte. „Dein Geld...", murmelte ich zweifelnd.

„Ich weiß, dass du es nicht willst. Ich werde es dir nie aufdrängen, aber ich werde es benutzen, um dich zu beschützen. Um uns alle zu beschützen. Du musst einsehen, dass ich es verwenden muss, wenn wir Robert zur Strecke bringen wollen. Du bist mit einem reichen Mann zusammen und ich nutze den Reichtum, den ich mir erarbeitet habe."

„Ich bin nicht mit einem reichen Mann zusammen", entgegnete ich kopfschüttelnd. Adams Augen weiteten sich. Timothy merkte wohl, dass sich das folgende Gespräch nicht mehr um ihn und seine Arbeit drehen würde. Er verabschiedete sich leise und ging schnell aus dem Büro. Als sich die Tür hinter ihm schloss, schauten Adam und ich uns an. Wir hatten den Blickkontakt nicht abgebrochen. Selbst als Timothy sich verabschiedet hatte und gegangen war.

„Was meinst du damit?", fragte Adam irgendwann.

„Nicht das, was du denkst."

„Und was denke ich?" Adam hob eine Augenbraue und verschränkte seine Arme vor der Brust. Seine Stimme hatte diesen distanzierten Klang angenommen, den er in den ersten Wochen verwendet hatte, wann immer er mit mir geredet hatte.

„Ich wollte damit nicht sagen, dass ich Schluss mache. Ich wollte-"

„Nein!", sagte Adam laut. „Nein, wir beenden unsere Beziehung nicht, weil Robert sich zwischen uns stellt. Das lasse ich nicht zu." Er kam einen Schritt auf mich zu, aber ich wich gleichzeitig einen nach hinten. Adam blieb stehen und sah mich argwöhnisch an.

„Warum diese Distanz?", fragte er.

„Die hast du eben mit deiner Stimmlage geschaffen. Ich reagiere nur darauf." Ich erschrak innerlich. Was genau taten wir hier gerade? Warum war ich auf einmal so abweisend Adam gegenüber? Ich versuchte mich zu erinnern, was genau mich gestört haben könnte. Wir hatten gesagt, dass wir miteinander redeten und dann unsere Probleme klärten und es nicht aufschoben und zu einer großen Lawine werden ließen. War es, weil er gesagt hatte, dass ich mit einem reichen Mann zusammen war? Adam war für mich kein reicher Mann. Zumindest nicht in erster Linie. Ich würde sein Geld nie als Kriterium benutzen, um ihn zu beschreiben, denn Adam wäre auch ohne das Geld ein toller Mensch. Hatte mich die Aussage so gekränkt und war ich so sensibel geworden? Mir schwirrte der Kopf. Dabei wollte ich ihn doch heute fragen, ob er sich etwas zu Weihnachten wünschte.

Adam rieb sich die Stirn, als er sagte: „Ich weiß nicht, was genau eben vorgefallen ist, aber ich hoffe, dass wir das klären können." In diesem Moment ging die Tür hinter mir auf.

„Oh störe ich gerade?", fragte Patrick, der in der Tür stehengeblieben war und uns verwundert ansah. Jeder hätte die seltsame Stimmung zwischen uns bemerkt. Und so sah uns Patrick mir hochgezogenen Augenbrauen an. Bevor Adam aber etwas antworten konnte, drehte ich mich um und lächelte Patrick an.

„Nein schon gut. Es kann auch später geklärt werden. Meine Pause ist eh vorbei." Ich schnappte mir meinen halbvollen Teller vom Tisch. „April", sagte Adam leise. Ich schüttelte nur den Kopf. „Später."

Als ich an Patrick vorbeitrat, konnte ich seinen prüfenden Blick auf mir spüren. Ohne Frage würden die beiden nun ausdiskutieren, was eben vorgefallen war. Sollten sie auf ein Ergebnis kommen, hoffte ich, dass sie mich auch einweihen würden.

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