9.
Das Leben ist unerträglich. Vor allem wenn man, wie ich, jeden Tag Sport machen muss und das drei Stunden lang!
Inzwischen ist schon eine Woche vergangen und mein Muskelkater bringt mich um. Jeden Morgen versucht Miranda mich vergeblich zu wecken. Jedes Mal holt sie Hilfe, denn entweder liege ich noch im Tiefschlaf im Bett, oder ich habe einfach keinen Bock auf diese Stunden.
Drei Stunden und fünfmal in der Woche ist einfach übertrieben! Zum Glück haben wir Sonntag. Kathleen hat uns darüber informiert, dass Donnerstag und Sonntag keine Übungen zu machen sind.
Es ist wirklich eine Qual, zu wissen das ich keine zwei Tage hinter einander frei habe und gleich am nächsten Tag Übungen machen muss. Es regt auf und ist Kräfte raubend.
Gähnend strecke ich meine Glieder und höre schon das gewöhnte Knacksen, welches meine Knochen von sich geben. Meine Finger lasse ich ebenfalls knacken.
Es ist zu einer nötigen Angewohnheit geworden, die man unter als den Stress hier wirklich braucht. Es ist wie Rauchen. Nur ein Tick gesünder.
Ich liege noch eine Weile im Bett, ehe es mir doch zu eintönig wird und ich mich aufrichte. Vorsichtig platziere ich meine nackten Füße auf den kalten Boden. Mich durchfährt ein Kälteschauer, gefolgt von einer unangenehmen Gänsehaut.
Ich trotte zur Tür und reiße sie auf. Niemand steht vor der Tür. Nicht einmal in der Nähe der Tür.
Grinsend schließe ich meine Tür wieder und laufe den Gang auf Zehnspitzen entlang.
Auch wenn ich hier schon ein paar Wochen eingeliefert bin, ich kenne mich hier so aus wie eine Maus im Labyrinth.
Neugierig spähe ich für ein paar Millisekunden in jeden Gang hinein, an dem ich vorbeikomme.
Als ich einen Etagenplan an der Wand sehe schleicht sich ein Grinsen auf mein Gesicht.
Aufmerksam scanne ich den Plan nach Zimmer 23k. Eléonore hat mir erzählt, dass sie in diesem Zimmer untergebracht wurde.
Eigentlich haben alle erzählt wo ihre Zimmer sind. Seltsamerweise liegen wir alle auf der Etage 23.
Dieses Krankenhaus ist gewaltig! Fast schon wie ein sehr breiter Wolkenkratzer, mit vierundfünfzig Etagen.
Steven meinte, es wäre das größte Krankenhaus weit und breit und steht auf der Liste der besten Krankenhäuser. Keine Ahnung woher er das aufgetrieben hatte, aber wenn kümmert es?
23h, 23i, 23j.. 23k!
Einfach aus Höflichkeit klopfe ich nochmal an, bevor ich die Tür aufreiße. Auf dem weißen Bett liegt Eléonore und sieht Fernsehen.
Grinsend winkt sie mich zu sich: ,,Hey Saphira! Komm! Es laufen gerade die Nachrichten."
Bitte keine Nachrichten.. davon habe ich schon genug. Es tut mir glaube ich nicht besonders gut, wenn ich durch das Fernsehen dabei zusehen muss, wie sich die Menschheit gegenseitig zerstört.. nee. Ich glaube echt das ist ungesund.
Seufzend wende ich meinen Blick zum Fernseher. Meine Kinnlade fällt einen gefühlten Meter abwärts.
Bilder von Ruinen und zerstörten Häuser werden gezeigt, während im Hintergrund die Nachrichtenfrau redet:
,,Gestern Nacht wurde New York dem Erdboden gleichgemacht. Fünf Bomben sollen hier ihr Ziel gefunden haben. Ob die Bomben von den Rebellen oder der Regierung aus kamen bleibt bestritten."
,,Was soll denn da noch bestritten sein," rege ich mich auf und sehe Eléonore direkt in die Augen, ,,welcher noch sauber tickende Mensch würde auf sein eigenes Volk Bomben abwerfen? Das war doch ganz klar die Regierung!"
,,So einfach ist das nicht, Saphira," Eléonore seufzt und setzt sich etwas auf, ,,würde die Regierung zugeben, dass sie das war, würde der völlige Krieg ausbrechen und sie wäre alles andere mehr als glaubwürdig."
,,Dann hätten sie es nicht machen sollen!"
In meinen Händen zerknülle ich Eléonores Decke vor Wut. Wenn ich nur daran denke, was diese Diskussion mit der Regierung ausgelöst hat, fährt es mir kalt den Rücken runter.
,,Saphira. Reg dich nicht so auf." Eléonore legt mir tröstend die Hand auf die Schulter, welche ich sofort wieder wegschlage.
,,Nicht aufregen? Denk daran, was die Regierung uns angetan hat.", schreie ich aufgebracht.
,,Was hat sie denn uns angetan?", fragt Eléonore verwirrt.
Ach stimmt ja. Eigentlich war nur ich wegen dem bevorstehenden.. jetzt bestehenden Krieg im Flugzeug.
,,Ehm.. Eléonore.. eine Frage. Warum warst du im Flugzeug?"
Eléonores Blick wird glasig. ,,Ich will darüber jetzt nicht reden.", weicht sie mir aus.
Ich möchte aber auch nicht weiter nachfragen. Es geht mich weder an, noch möchte ich Eléonore wieder diese schreckliche Flugzeugerinnerung hervorrufen lassen.
Erschrocken stelle ich fest, dass Eléonore eine Träne die Wange runterrauscht. Tröstend nehme ich sie in den Arm, während ich leise Schluchzer vernehme.
Sie tut mir Leid. Ich weiß vielleicht nicht was passiert ist, aber anscheint muss es für sie besonders schlimm gewesen sein, dass sie deswegen auch noch anfängt zu weinen.
Von Anfang an stand sie vor mir als starke Person, die für andere da war. Nie hat sie den Flugzeugabsturz auch nur im kleinsten erwähnt. Ehrlich gesagt dachte ich, sie erwähnt ihn nicht, um uns zu verletzen. Aber wenn ich sie gerade so weinen sehe, ist mir klar, dass sie sich selber nicht verletzen wollte.
,,Was meinst du, passiert wenn es so weitergeht mit dem Krieg.", schluchzt Eléonore und entfernt sich wieder von mir, ehe sie mich durch ihren rot unterlaufenden Augen ernst ansieht.
,,Ich weiß es nicht Eléonore.", seufze ich und starre auf ihre Bettdecke, die unordentlich am Fußende des Bettes liegt und quasi danach schreit, ordentlich zusammengelegt zu werden.
,,Ich auch nicht."
,,Ich hab keine wirkliche Familie mehr. Nur noch meine Tante und meine Cousine. Und die beiden kann ich nicht wirklich leiden.. Ich weiß nicht was ich machen sollte, wenn ich hier irgendwann rauskommen sollte.", seufze ich verzweifelt, während Eléonore verstehend nickt.
,,Mir geht es ähnlich. Aber ich glaube, wir könnten ja eine Familie sein, wie Schwestern.", lächelt sie zaghaft.
Sie weiß selber, dass das nur ein verzweifelter Versuch war, um in die Zukunft noch Licht reinzubringen.
,,Wie Schwestern.", lächle ich und umarme sie.
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