34.

,,Whoa. Seht euch das an!", ruft einer der Leute.

,,Was ist denn da?", antworten alle durcheinander.

,,Das Meer!", ruft er wieder, total fasziniert.

Devon geht entschlossen zu demjenigen, durch die Menge, wo schon für ihn Platz gemacht wird. Wir folgen ihm.

,,Das ist großartig!", ruft Devon.

,,Wisst ihr was das bedeutet? Das unser Zielort gar nicht mehr so weit ist! Und wisst ihr auch, wo wir gerade hingucken? An der Ostsee!"

Ein lautes Johlen und Jubeln dringt durch die Menge.

,,Ich hab eine Idee, Devon. Wie wäre es, wenn wir mal kurz abschalten und Schwimmen gehen? Wir sind tage- oder wochenlang schon unterwegs, vielleicht wäre es auch mal angebracht einen Tag Entspannung zu genießen.", schlage ich vor.

,,Kommt drauf an. Wer hätte dazu Lust?", ruft Devon in die Menge.

Zum zweiten Mal geht lautes Jubeln durch die Menge und Devon nickt: ,,Dann ein Tag Entspannung!"

Sofort stürmen die Leute auf die Ostsee zu, ziehen sich die Schuhe aus und stellen sich ins Wasser. Manche rennen sogar sprichwörtlich einfach rein und machen Albernheiten, wie dem anderen Wasser ins Gesicht spritzen.

Der Großteil der Frauen ist jedoch eher damit beschäftigt ihre Hände zu Waschen, oder ihren Körper möglichst sauber zu kriegen. Andere sind damit beschäftigt, sich einfach an den Strand zu legen und zu entspannen.

So gesehen ist dieses Bild wunderschön. Doch sieht man genauer hin, sind es nur Menschen, die zwischen Bombenresten herumtollen, wie kleine Kinder. Auf dem gesamten Strand liegt eine dünne Schicht Schutt und jeden dritten Meter ist ein Stück Metall im Boden zu finden, oder Reste, eines zerbombten Hauses.

Ich kann mir sicher vorstellen, wie hier vor ein paar Monaten noch viele Menschen waren. Frauen, Kinder, Männer. Familien. Jetzt ist es eigentlich nur noch trostlos. Doch eigentlich ist jede Gegend trostlos, wenn nichts lebendiges sich dort aufhält. Ein Wald ohne Vögel, Mäuse, Insekten, ohne alles wäre leblos und traurig. Die Lebewesen geben einer Umgebung den gewissen Reiz.

Eine Umgebung ist nur so gut, wie die Lebewesen, die sich dort aufhalten.

,,Kommst du mit schwimmen?", fragt Daniel mich.

,,Schwimmen? In den Klamotten?", lache ich ironisch.

,,Warum nicht?"

,,Wenn wir rauskommen, klebt uns alles am Körper. Das Gefühl ist widerlich.", erkläre ich ihm.

,,Ach komm schon, so schlimm ist es auch wieder nicht und wer weiß, wann du das nächste Mal Schwimmen gehen wirst.", bedenkt er.

,,Ja schon. Aber ich habe keine Lust.", bleibe ich stur bei meiner Meinung.

,,Mach es, wie du es eben Devon gesagt hast: Vielleicht wäre es auch mal ganz angebracht einen Tag Entspannung zu genießen.", erwidert Daniel.

,,Genau, Saphira. Und wenn dir deine Klamotten unangenehm sind, kannst du sie gerne ausziehen. Und wenn dir kalt ist, wenn du rauskommst, kann ich dir beim aufwärmen gerne behilflich sein.", grinst Devon machomäßig.

,,Nein, danke Devon. Eher küss ich einen Nacktmull.", erwidere ich angeekelt.

,,Pass auf, was du dir wünscht.", sagt Devon verschwörerisch.

,,Was soll das denn jetzt wieder bedeuten?"

,,Vielleicht, dass wir irgendwann einen Nacktmull sehen werden und ich dich vor die Wahl stellen werde, wen du küssen willst? Denn ich sehe um einiges besser aus, als diese rasierten, mutierten Ratten."

,,Glaubst aber nur du.", sagt Daniel augenrollend.

,,Du nimmst mir die Worte aus dem Mund.", lache ich.

,,Gehen wir jetzt Schwimmen?", fragt Daniel.

,,In Ordnung..", antworte ich mürrisch.

Unwillig schlendere ich Daniel hinterher, zum Wasser, wo er erstmals wie ein kleines Kind seine Schuhe auszieht und wie schon viele vor ihm, ins Wasser reinrennt.

,,Komm rein! Es ist recht angenehm!", ruft Daniel lachend.

Man merkt ihm richtig an, wie sehr er das genießt.

Mulmig ziehe ich meine Schuhe aus und mache mir einen so hohen Zopf wie möglich und laufe langsam ins Wasser rein.

Argh! Der Penner hat mich angelogen! Das Wasser ist gefühlte -3859° kalt. Meine Füße frieren ja schon ab, während ich gerade mal bis zur Wade im Wasser stehe.

,,Komm weiter rein!", lacht Daniel und lässt sich nach hinten ins Wasser plumpsen.

,,Wie kannst du dabei solch ein Spaß haben? Es ist arschkalt!", knurre ich.

Eine Gänsehaut nach der anderen überfährt meine Arme und meinen Rücken regelmäßig, dass bei dieser Überbelastung an Gänsehaut der Mechanismus nicht mehr funktionieren wird in der Zukunft.

,,Ein Tipp: Einfach reingehen und dich bewegen. Dann wird's von ganz von selbst ganz angenehm.", sagt Daniel, ehe er untertaucht.

Innerlich zähle ich schon zum tausendsten Mal bis drei, immer im Versprechen jetzt loszurennen. Doch ich bringe es einfach nicht hinter mich, weil das Wasser einfach viel zu kalt ist.

Als ich wieder bis drei zähle, verspreche ich mir hoch und heilig jetzt vollständig reinzugehen oder ich werde meine Hose zerschnippeln.

1, 2, 3

Mutig wie ich bin, sprinte ich mit meiner besten Geschwindigkeit ins Wasser, ehe mich der Druck jedoch aufhält und ich hinfalle.

,,Na siehst du, geht doch.", sagt Daniel hinter mir und klatscht.

,,Jetzt musst du dich einfach nur noch bewegen.", lacht Daniel.

Den Rest des Tages verbringen wir noch im Wasser, wobei wir immer wieder kurze Pausen an Land machen, um wieder zu entspannen, zu trinken und zu essen.

Als wir am Abend gegenüber voneinander sitzen, zittere ich am ganzen Leib. Das Wasser war wirklich kalt gewesen, doch jetzt, wo auch noch die Temperatur gesunken ist, ist es bestimmt noch kälter als am Nordpol.

,,Ist dir kalt?", fragt Daniel das Offensichtliche.

,,Ja-a.", hauche ich mit zitterndem Unterton.

Ehe ich mich es versehe, ist Daniel auch schon neben mir und hat einen Arm um mich gelegt und sitzt ganz nah neben mir.

Mir ist dabei schon ganz schön unwohl, da ich es nicht so leiden kann, wenn mir jemand ohne Vorwarnung so nah an die Pelle rückt. Aber ich möchte Daniel nicht verärgern und außerdem ist mir eh gerade furchtbar kalt, da kann ich seine Wärme gerade gut gebrauchen.

Etwas ängstlich sehe ich zu ihm und sehe, wie er gedankenverloren auf das Meer starrt. Verwundert, was ihn da so fasziniert, blicke ich ebenfalls auf das Meer.

Es sieht gerade wunderschön aus. In ein paar Sekunden müsste die Sonne untergehen, denn sie steht am Horizont und färbt den Himmel in wunderschöne rötliche, orange und zum Teil auch rosa Farben aus. Wenn sie so wunderschön ineinander übergehen, mit der leuchtenden Sonne im Vordergrund und dann noch mit dem Meer, dass dieses wunderschöne Bild noch einmal spiegelt, ergibt das ein wunderschönes Bild.

Ein wunderschönes Bild, in einer zerstörten Welt.


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