11.

Ich weiß nicht wie lange wir schon durch diesen Keller laufen. Ganz ehrlich? Er ist riesig!

Es ist auch, wie in Klischees, sehr dreckig. Selbst die Lampen fangen an wie verrückt zu flackern. Würden sie ausgehen, würde ich zu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit anfangen zu schreien.

Das wäre nämlich der perfekte Horrorfilm.

,,Meine Schuhe!", jammert Eléonore und zeigt verzweifelt auf ihre dreckigen Schuhe.

Es wundert mich, dass sie ihre eigenen Schuhe in dem Krankenhaus tragen darf. Immerhin gibt es eine strikte Kleidungsordnung für Patienten.

,,Heul nicht.", knurrt Devon genervt und sieht sich um.

,,Hallo?", knurrt Eléonore gereizt zurück.

,,Das sind nur Schuhe.", versucht nun auch Daniel sie zu beruhigen.

,,Schuhe verändern dein Leben! Frag Cinderella!", faucht Eléonore und schubst Daniel sauer gegen die Wand.

,,Jaja!" Daniel hält ergeben sie Hände in die Luft, wie Verbrecher es tun, wenn sie von der Polizei erwischt werden.

Ich bin kein so großer Schuhfan. Meiner Meinung nach ist es übertrieben, wie die meisten Mädchen, haufenweise Schuhe zu besitzen und sie dann nur einmal im Leben zu tragen.

In meinem Kleiderschrank oder Foyer unseres Hauses, wie man es nimmt, nehmen von mir nur drei paar Schuhe ihren Platz ein; Reitschuhe, Stiefel und normale Schuhe. Der Rest ist von meiner Mutter und zwei paar von meinem Vater. Aber der hat auch noch eine ganze Schuhsammlung. Als Rechtsanwalt muss man ja zu vielen Meetings und da braucht man ja immer auch saubere, neue Schuhe.

Aber jetzt zum Thema zurück: Wir stecken in dem Keller eines Krankenhauses fest.

,,Wann kommen wir denn endlich an?", seufze ich erschöpft.

,,Auch im Alphabet kommt Anstrengung vor Erfolg.", lacht Steven und schlägt mir brüderlich auf die Schulter.

,,Sehr lustig, Steven.", lache ich ironisch.

,,Wir kommen hier nicht raus.", denkt Daniel laut.

,,Man bist du ein Pessimist.", grinst Steven Daniel zu.

,,Bin ich gar nicht! Ein Pessimist ist jemand, der sich über schlechte Erfahrungen freut, weil sie ihm Recht geben.", verteidigt sich Daniel.

,,Klugscheißer-Modus aus.", fügt Devon hinzu.

Alle fangen an zu lachen, bis auf Daniel, der etwas verwirrt dreinblickt, ehe er ebenfalls anfängt zu lachen. Allerdings erst, als alle aufgehört haben zu lachen.

Als er merkt, wie wir ihn etwas seltsam ansehen, zuckt er mit den Schultern und sagt: ,,Wer zuletzt lacht, lacht am Besten."

,,Nein. Wer zuletzt lacht, hat es eh nicht begriffen.", kontert Devon augenrollend.

,,Findest dich wohl so cool, was? Nur weil du etwas gut aussiehst?", brummt Eléonore leicht aggressiv.

,,Ich finde, liebe Eléonore, das Schönste an mir bin ich.", erklärt Devon eingebildet und grinst schelmisch.

,,Eingebildeter Idiot.", knurrt Eléonore vor sich hin.

,,Hört ihr das?", fragt Devon.

,,Was?", stellen wir alle gleichzeitig die Gegenfrage.

,,Dein Ego?", lacht Daniel.

,,Nein. Hört mal.", knurrt Devon.

Im nächsten Moment beginnt ein lautes Beben und wir fallen alle zu Boden, die Lampen gehen im selben Moment aus und ein ohrenbetäubendes Donnern beginnt.

,,Was ist das?", schreie ich panikerfüllt.

Doch niemand antwortet mir. Nach bestimmt zehn Minuten hört das Donnern und Beben auf.

,,Geht's euch allen gut?", fragt jemand.

An der Stimme erkenne ich Daniels Klang.

Wir bejahen alle. Ich denke aber, niemand meint das wirklich ernst. Wir sind alle ängstlich und panisch, doch versuchen es nicht anzumerken. In so einer Situation bleibt einen ja nichts anderes, als Panik.

,,Nehmt euch an den Händen.", befiehlt Devon hastig, und schon spüre ich eine Hand, die sich mit meiner verschließt, während die andere auch genommen wird.

,,Hat jeder an Beiden Händen eine Hand?", fragt Devon.

,,Nein, ich nicht. Nur an einer.", teilt ihm Steven mit.

,,Dann ist ja alles gut. Du und ich haben eine Hand frei, da wir anscheint vorne und hinten sind, verstehst du? Jedenfalls müssen wir hier jetzt irgendwie rausfinden.", meint Devon.

Eine halbe Ewigkeit tasten wir uns durch den Keller. In einer Zeitlupengeschwindigkeit bewegen wir uns fort.

Immer wieder stolpert mal jemand über entweder seine eigenen, oder die Füße des Vorder- oder Hintermanns. Es ist furchtbar anstrengend so voran zu kommen.

Ich fühle mich wie eine Blindschleiche. Langsam verstehe ich, wie sich Blinde fühlen. Eine einzige Schwärze. Und das ist unerträglich. Wie ausgeliefert, wie im Gefängnis. Egal wie sehr man versucht seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen um wenigstens etwas sehen zu können, funktioniert es einfach nicht bei völliger Schwärze.

Ich bin in einem Keller. Wir sind in einem Keller, wo leider niemand daran gedacht hat, mal ein Fenster einzubauen sondern lieber diese gruseligen Horrorlampen eingebaut hat.

Wer kam eigentlich auf so eine bescheuerte Idee?

,,Ich glaube ich habe hier was!", ruft Devon und ich spüre ein ziehen von der einen Hand, die meine umschließt und mich fast schon gewaltsam zu sich zieht, wobei ich sozusagen eine Kettenreaktion auslöse und damit auch alle anderen hinterher ziehe.

'Tschuldigung.

Ruckartig wird irgendwas geöffnet und ein Lichtstrahl scheint in den Keller.

Es ist nur ein Fenster, welches seltsamerweise an der Decke ist. Ich frag mal nicht.

Devon streckt sich und nimmt den ganzen Platz ein, den das Fenster bietet.

Ein paar Sekunden verweilt er dort, ehe er wieder runterkommt. Seine Gesicht ist wie erstarrt, was man bei ihm wirklich selten beobachten kann.

,,Was ist?", fragt Daniel.

Devon zeigt stumm auf das Fenster. Daniel nimmt verwirrt Devons Platz ein und streckt sich, wie Devon zuvor, aus dem Fenster.

Wie Devon kommt er wie erstarrt wieder runter. Was ist denn los?

Entschlossen gehe ich auf das Fenster zu und strecke mich. Es ist wirklich unbequem.

Der Gestank der in der Luft liegt; heiß, rauchig, trocken, dreckig. Ich muss mir ein Husten schwer unterdrücken, ehe ich mich umsehe.

Mir stockt der Atem. Es ist alles völlig zerstört. Die Flammen verschlingen die Gebäude und der Qualm steigt von den übriggebliebenen Decken empor, während Ascheklumpen durch die Gegend schwirren. Nur das Lodern der Flammen und ein paar Schreie von Menschen sind zu hören. Selbst wenn ich es versuchen würde etwas zu erkennen, ich würde es niemals schaffen. Hier ist alles zerstört, es ist nichts so wie es einmal war.

Zögernd gehe ich aus meiner Pose und stelle mich neben Daniel und Devon, mit möglichst ausdruckslosen Gesicht und deute Steven und Eléonore ebenfalls durch das Fenster zu sehen.

Die Beiden brauchen ebenfalls eine Weile, bis sie von dem Fenster wegkommen.

,,Ich halte es für keine gute Idee, jetzt da raus zu gehen.", unterbricht Devon die Stille.

,,Und wieso nicht?", flüstere ich.

,,Wir würden sterben. Entweder wegen Hungernot, Rauchvergiftung oder Wasserentzug. Wir müssen hier noch eine Weile bleiben, bis der Qualm sich größtenteils entfernt hat. Hier muss es ja irgendwo Essen und Trinken geben. Ansonsten haben wir nicht den Hauch einer Überlebungschance.", erklärt Devon.

Alle nicken zögerlich. Wir wissen, er hat Recht.


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