Gedächtnisverlust
"Thomas! Was soll das?" Tom blickte erstaunt von seiner Zeitung auf, als Redd mit einem verärgerten Gesichtsausdruck im Türrahmen der Küche stand. Es konnte nie was gutes bedeuten, wenn Redd ihn bei vollem Namen nannte, das wusste er bereits.
Der Fuchs hielt eine leere Tasse in der Pfote. "Du hast es schon wieder getan!"
"Was meinst du?", wollte der Tanuki wissen. "Du lässt ständig deine Kaffeetassen im Wohnzimmer liegen", beschwerte sein Mann sich.
"Ich muss immer alles wegräumen, das nervt!" Tom blinzelte perplex, überrascht über Redds plötzliches gereiztes Verhalten, was bei ihm eigentlich ungewohnt war. "Ich verstehe nicht, warum du dich darüber so sehr aufregst", sagte Tom ruhig.
Redd schmiss die Tasse in die Spüle, ohne darauf Acht zu geben. "Weil du in letzter Zeit alles überall rumliegen lässt!", erklärte der Fuchs. "So oft passiert mir das doch gar nicht", verteidigte der Tanuki sich. "Ich hab's nunmal vergessen."
Redd schnippte unwirsch mit dem Schwanz. "Bullshit! Du hast einfach keine Lust aufzuräumen!"
Wieso ist der denn so wütend?
"Du hörst dich wie meine Mutter an", bemerkte Tom belustigt. Doch sein Mann fand das ganz und gar nicht witzig.
"Ich mein's ernst", zischte er. "Kümmere dich selbst um deinen Scheiß." Der Tanuki zuckte mit den Ohren. "Nun reg dich endlich ab, Mann! Bist du heute mit dem falschen Fuß aufgestanden?" Der Fuchs schnaubte missbillig. "Ich hab keinen Bock mehr, mich um das ganze Haus zu kümmern. Mach auch mal was!"
Tom fuhr zu ihm herum. Seine Gelassenheit schlug in Verärgerung um. "Was glaubst du eigentlich, was ich den ganzen Tag mache, hm?!" Er wartete nicht auf eine Antwort. "Ich arbeite mich tot, während du auf der Couch pennst!"
Redds Schwanz sträubte sich entrüstet. "Glaubst du! Ich sorge dafür, dass in diesem Haus Ordnung herrscht! Meine Arbeit ist dementsprechend viel anstrengender! Du musst nichts anderes tun, als zu sitzen und in den Laptop zu starren."
Tom sprang knurrend vom Stuhl auf. "Wie war das?!", fauchte er. "Du hast doch keine Ahnung!"
"Hört auf zu streiten!" Beide stellten ihr Knurren abrupt ein, als Timmy und Tommy plötzlich in der Küche standen.
Die Jungs starrten die älteren mit großen, ängstlichen Augen an. "Ihr dürft euch nicht streiten...", murmelte Timmy betrübt. "Bitte..." Toms Fell legte sich wieder. Ein schlechtes Gewissen überkam ihn. "Wir...wir streiten doch gar nicht", sagte er sanft.
"Wir haben nur...diskutiert..." Redd schnaubte verächtlich und schüttelte kaum merklich den Kopf. "Diskutiert", wiederholte er leise. "Na klar." Tom warf ihm einen warnenden Blick zu. "Wirklich...?", fragte Tommy unsicher.
"Das hat sich aber sehr wütend angehört."
"Ihr müsst euch keine Sorgen machen", versicherte der Tanuki seinen Neffen. "Es ist alles in Ordnung." Die Zwillinge wechselten besorgte Blicke, ehe sie sich wieder zurückzogen.
Als Tom sich sicher war, dass die Jungs außer Hörweite waren, wandte er sich mit einem wutverzerrtem Gesicht an seinen Mann. "Das hast du ja toll gemacht", knurrte er. "Die Kinder sollten unseren Streit nicht mithören!"
Redd wich mit angelegten Ohren zurück, als er das angrifflustige Funkeln in Toms Augen erblickte. "Ist doch nicht meine Schuld!"
"Ach nein? Wer hat damit überhaupt angefangen?!"
"Ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen!", erwiderte der Fuchs. "Du bist der, der jedes Mal die Beherrschung verliert!"
"Tu ich das?!", zischte Tom. "Willst du mich sehen, wenn ich wirklich wütend bin?!"
Der Tanuki näherte sich ihm. Redd wurde unbehaglich zumute, sein Schwanz zuckte unruhig hin und her. "Siehst du, wie jähzornig du bist?"
"Halt doch die Klappe!", schrie Tom und stieß seine Pfote gegen Redds Brust.
Jedoch war der Schlag fester, als ihm lieb war. Der Fuchs taumelte nach hinten, verlor das Gleichgewicht und knallte mit dem Hinterkopf gegen die Tischkante. Ächzend fiel er zu Boden und rührte sich nicht mehr.
Tom keuchte entsetzt auf und kniete sich zu seinem Mann hinab. "Redd! Oh Gott!" Er rüttelte den Jüngeren sanft, versuchte, ihn wieder wach zu bekommen. Scheiße, was hab ich getan?! Vorsichtig hob er seinen Mann auf, trug ihn aus der Küche und brachte ihn ins Schlafzimmer.
Dort legte er den bewusstlosen Fuchs ins Bett. Tom hob leicht Redds Kopf an und überprüfte, ob eine Wunde, oder Blut zu sehen war. Doch glücklicherweise war ihm kein allzu großen Schaden wiederfahren.
Hoffentlich hat er keine Gehirnerschütterung erlitten. Der Sturz war ziemlich gewaltig.
Der Tanuki seufzte schwer.
Das ist nur passiert, weil ich meine Wut nie im Griff habe! Verdammt, warum kann ich mich nicht einmal zusammenreißen?
Seine Ohren richteten sich auf, als Redd ein gequältes Stöhnen von sich gab. "Ah...mein Kopf", murmelte er. "Oh Redd, es tut mir so Leid!", flüsterte Tom und schlang seine Arme um ihn. "Ich wollte nicht-"
Der Fuchs entriss sich mit einem Ruck aus der Umarmung. Tom biss verbittert die Zähne zusammen. Er ist wütend. Kein Wunder...
"Re-Redd... Ich-" Der Tanuki hielt inne. Redd wirkte alles andere, als aggressiv. Sein Gesicht zeigte nur Verwirrung und sogar Angst.
"Wer...wer bist du...?", fragte er leise. Sein Blick schweifte nervös im Zimmer umher. "U-und...wo bin ich hier?!" Tom verschlug es die Sprache, er brauchte ein paar Sekunden, bis er sich wieder gefangen hatte. "Hör auf damit", sagte er dann ernst. "Was soll denn das?"
Redd sah ihn ratlos an. "Kannst du mir erklären, was hier los ist?!"
"Was redest du da?!", knurrte Tom, wurde aber selbst etwas nervös. "Ich kann verstehen, dass du nun verärgert bist, aber deswegen musst du dich nicht so idiotisch aufspielen!"
Der Fuchs schwieg. In seinem Blick lag Verwirrung. "Es tut mir Leid, okay?", fuhr der Tanuki verzweifelt fort. "Lass uns diesen Streit einfach vergessen, ja?"
"Was...was denn für ein Streit?", fragte Redd und neigte den Kopf leicht zur Seite.
"Ich verstehe gar nichts mehr!"
"Lass das jetzt! Das ist nicht witzig!" Ein unangenehmes Ziehen meldete sich in Toms Magen. Was ist nur los mit ihm? Hat er etwa...sein Gedächtnis verloren?! Aber das kann nicht möglich sein, oder...?
Tom musterte ihn genau, versuchte irgendein Zeichen in seinem Gesicht zu finden, das bewies, dass er log. Doch Redd starrte nur irritert zurück. Da lag kein schelmisches Funkeln in seinen Augen, ein amüsiertes Zucken mit den Ohren, oder gar ein leichtes Schmunzeln.
"Was ist denn...?", wollte Redd wissen. Ein kalter Schauder kroch Toms Rücken hinab. "Du lügst also nicht...?", vergewisserte er sich. Der Fuchs zog die Stirn kraus. "Nein, wieso sollte ich denn lügen? Ich kenn dich doch nicht einmal!"
Seine Stimme war schrill vor Panik. "Ich weiß ja nichtmal, wer ich bin! Was geht hier nur vor sich?!" Tom hatte das Gefühl, als hätte ihn jemand einen Schlag in die Magengrub versetzt. Wie betäubt starrte er seinen Mann an.
"Ich glaube, du hast eine Amnesie...", murmelte er heiser. "Eine Amnesie...?", wiederholte Redd. "Heißt das-"
"...du hast dein Gedächtnis verloren, ja...", beendete der Ältere den Satz.
Er fuhr seine Pfoten über sein Gesicht. "Oh Gott...", seufzte er. "Was machen wir denn jetzt?" Der Fuchs zuckte unwissend mit den Schultern. "Ich hab keine Ahnung..."
"Kannst du dich wirklich an nichts erinnern?"
"Gar nichts!"
"Nicht mal an deinen Namen?!"
"Nein! Wie heiß ich denn?"
"Redd!", antwortete Tom, dem schon ganz bange war. "Redd Tsunekichi. Komm schon, du kannst doch deinen eigenen Namen nicht vergessen!"
Redd kniff die Augen fest zusammen, versuchte sich zu erinnern. "Redd...Redd...", murmelte er vor sich hin. Nach ein paar Sekunden blickte er wieder auf. "Der Name sagt mir überhaupt nichts!", erklärte er verzweifelt.
Tom fluchte leise. "Das kann doch nicht wahr sein..." Er blinzelte traurig. "Heißt das, du hast sogar mich vergessen...?" Seine Kehle schnürte sich zu, als Redd schwieg. "Tom Nook?", half der Tanuki ihm auf die Sprünge, hoffte dabei, dass bei diesem Namen ein Licht in ihm aufgehen würde.
Doch der Fuchs machte ein nachdenkliches Gesicht und schüttelte dann den Kopf. "Nooky...?", versuchte Tom es weiter. "Tut mir leid", sagte Redd niedergeschlagen. "Ich kann mich nicht erinnern." Doch Tom gab nicht auf. "Dein Ehemann! Ich bin dein Ehemann. Wir sind verheiratet!"
Redds Augen weiteten sich entsetzt. "Ver-verheiratet?!", wiederholte er und machte ein angewiedertes Gesicht. "Ich bin mit einem Kerl verheiratet?! Was zur Hölle geht hier ab?! Ist ja wiederlich!"
Tom zuckte erschrocken zusammen. Obwohl Redd nichts dafür konnte, dass all seine Erinnerungen gelöscht waren, schmerzten Tom diese Worte dennoch. Wiederlich...? Sein Herz verkrampfte sich, als würde es jemand zerdrücken.
Der Fuchs schien bemerkt zu haben, dass er den Tanuki verletzt hatte. "Bitte entschuldige", sagte er zerknirscht. "Ich wusste nicht... D-das ist einfach alles so seltsam!"
"Schon okay", entgegnete Tom leise. "Du...kannst schließlich nichts dafür."
Er atmete tief durch, versuchte sich wieder zu beruhigen. "Okay, fassen wir mal zusammen", begann Tom. "Du kannst dich an absolut nichts mehr erinnern? Weder an das, was vorhin passiert ist, noch an irgendein anderes Ereignis?"
Redd schüttelte den Kopf. "Es ist, als hätte jemand meine gesamten Erinnerungen gelöscht", erklärte er. "So sehr ich auch versuche, mich daran zu erinnern, es funktioniert einfach nicht!" Sein Fell sträubte sich panisch. "Das ist alles so verwirrend! Es jagt mir total Angst ein."
Tom ließ den Blick senken. "Es ist alles meine Schuld." Der Fuchs sah ihn an. "Was ist denn genau passiert?" Der Tanuki kratzte sich am Nacken. "Wir haben gestritten...", fing er zögerlich an. "Und...ich war so wütend, dass ich dich gestoßen habe. Dabei ist dein Kopf gegen die Tischkante geknallt und du wurdest bewusstlos."
Redd hatte ihm aufmerksam zugehört. Er nickte langsam. "Verstehe..." Der Fuchs schien darüber nicht wütend zu werden - worüber Tom erleichtert war. "Es tut mir so Leid", murmelte der Ältere. "Ich werde alles tun, damit du dein Gedächtnis wieder zurückbekommst!"
Er nahm Redds Pfote. "Kannst du aufstehen?"
"Ich...denke schon...", antwortete sein Mann und erhob sich vorsichtig aus dem Bett. "Wir müssen uns irgendwas einfallen lassen, wie wir deine Erinnerungen wiedererlangen", erklärte der Tanuki.
Nachdenklich tappte er im Zimmer auf und ab. "Aber wie?!" Redd beobachtete ihn schweigend und ließ entmutigt den Schwanz hängen. Was für eine verzwickte Lage! Ich habe keinen blassen Schimmer, was man in so einer Situation machen muss!
"Ähm...sind wir hier in deinem Haus?", fragte Redd. "Wohne ich in der Nähe? Vielleicht würde ich mich wieder erinnern, wenn ich bei mir Zuhause bin."
"Du hattest mal dein eigenes Haus", korrigierte Tom. "Aber jetzt wohnst du mit mir. Ich habe dir doch gesagt, dass wir verheiratet sind..."
Er konnte die Verbitterung in seiner Stimme nicht unterdrücken. Der Fuchs zuckte leicht zusammen. "A-ach ja! Das hast du erwähnt..." Er verzog leicht sein Gesicht. Dies versetzte Tom einen weiteren Stich in seiner Brust.
In diesem Moment öffnete sich die Tür einen Spalt und Timmy und Tommy spähten hinein. "Onkel Tom? Onkel Redd?" Sie zögerten unsicher. "Streitet ihr immer noch...?"
"Nein, nein!", erwiderte Tom rasch. "Aber wir haben gerade ein großes Problem..."
"Ein Problem?", wiederholte Tommy. "Was denn für eins?" Die kleinen Tanukis traten in das Zimmer ein. Redd betrachtete die beiden mit einem entzückten Lächeln. "Ihr seid aber niedlich! Sind das deine Kinder?", fragte er an Tom gewandt.
"Sie sind meine Neffen", sagte der Tanuki. "Aber...auch irgendwie unsere Kinder." Die Zwillinge blickten irritiert zwischen Älteren hin und her. "Äh...was ist hier los?"
"...hier los?"
Tom erklärte den Jungs die Situation. Nachdem er seine kurze Geschichte beendet hat, keuchten die zwei Tanukis entsetzt auf. "Onkel Redd hat seine Erinnerungen verloren?!"
"Er hat alles vergessen?!"
"Warum hast du ihn auch gestoßen, Onkel Tom?!", knurrte Tommy empört. "Ja! Das hättest du nicht tun dürfen!", stimmte Timmy zu. Tom legte schuldbewusst die Ohren an. "Ich weiß, ich weiß! Ich bereue es ja auch!"
Die Jungs wandten sich mit traurigen Gesichtern an Redd. "Du hast sogar uns vergessen, Onkel Redd?" Der Fuchs kniete sich zu den beiden hinab und tätschelte liebevoll ihre Köpfe. "Es tut mir Leid. Ich würde mich ja so gerne an euch erinnern!"
Er betrachtete die Tanukis lange, doch er schien sie nicht wiederzuerkennen. "Onkel Tom, du musst was dagegen tun!", befahl Timmy verzweifelt. "Ja, wir wollen unseren Onkel zurück!", ergänzte Tommy und umarmte Redd fest.
Tom blinzelte mitfühlend. Er dachte scharf nach. Es muss doch irgendwas geben, was seine Erinnerungen wecken könnte. Etwas, was ihm sehr viel bedeutet...
Plötzlich ging ein Licht in ihm auf. "Ich hab ne Idee!", rief er aus und packte sogleich Redds Handgelenk.
"Komm mit!" Er zog ihn aus dem Zimmer. "W-wo gehen wir hin?", fragte der Fuchs verwirrt. "Wart's ab!", antwortete der Tanuki und führte ihn in einen kleinen Raum. Dort waren mehrere Gemälde aufgestellt, die Redd selbst gemalt hatte. Unter anderem befanden sich hier seine Malsachen und leere Leinwände.
"Hier malst du deine Kunstwerke!", erklärte Tom. Er deutete auf die Bilder. "Das hast du alles selbst kreiert." Redd starrte begeistert auf die Kunstwerke. "Wow...", hauchte er. "Ich soll das gemalt haben?"
"Ja, ja! Du bist ein Künstler! Zeichnen ist deine Leidenschaft." Redd schwieg nachdenklich. "Ein Künstler...", murmelte er. Grummelnd massierte er seine Schläfen. "Verdammt, ich kann mich einfach nicht erinnern!"
Tom unterdrückte ein enttäuschtes Seufzen. Für einen Moment hatte er geglaubt, dass ein kleiner Teil seiner Erinnerungen zurückgekehrt war. "Macht nichts", sagte der Tanuki sanft. "Streng dich nicht zu sehr an. Lass dir Zeit."
"Hast du vielleicht ne andere Idee?", fragte der Fuchs. "Wir...könnten nach Draußen gehen", schlug Tom vor. "Genau! Wenn du die Insel und das Meer siehst, wird sich bestimmt in deinem Gedächtnis etwas regen!"
"Glaubst du?", erwiderte sein Mann zweifelnd. "Einen Versuch ist es wert", meinte Tom. "So einen Ort kann man einfach nicht vergessen."
Als die beiden Draußen waren, führte der Tanuki den Fuchs durch die Insel. Redd war sichtlich fasziniert von Te Fiti, doch seine Erinnerungen kehrten trotzdem nicht zurück, auch wenn er sich so sehr anstrengte.
Tom gingen langsam die Ideen aus. "Vielleicht kann uns Lucifer helfen", murmelte er halb zu sich selbst. "Lucifer?", wiederholte Redd neugierig. Seine Ohren zuckten aufgeregt. "Dieser Name - der kommt mir irgendwie bekannt vor!"
Der Tanuki blinzelte überrascht. "Ach ja?" Er versuchte die aufkommende Eifersucht zu unterdrücken. Mich hat er komplett vergessen, aber an Lucifer erinnert er sich, oder wie?
Wie aufs Stichwort, trottete der Rothaarige, mit Charlie an der Hand auf die zwei Männer zu.
"Yo, was geht?!", rief er. "Heeey, Jungs!", grüßte Charlie fröhlich. Redd neigte den Kopf leicht zur Seite. "Wer sind die?"
"Lucifer und Charlie", antwortete Tom. Der Fuchs starrte wie gebannt auf den Jungen, als er vor ihm stehen blieb.
"Gu...guten Tag!", begrüßte er das junge Paar und verneigte sich knapp. Lucifer und Charlie wechselten verblüffte Blicke. "Hat er gerade...?", begann der Rothaarige, "...'Guten Tag' gesagt...?", beendete die Pinkhaarige den Satz.
Der Junge grinste belustigt. "Ich wünsche Ihnen auch einen angenehmen Tag, mein Herr!", witzelte er und zog einen imaginären Hut. Charlie kicherte, bei dem albernen Benehmen ihres Freundes.
"Okay, jetzt mal ehrlich. Was soll diese Höflichkeitsfloskel?", wollte Lucifer wissen. "Entweder du hast dir den Kopf gestoßen, oder Tom hat irgendwas mit dir angestellt." Er betrachtete den Tanuki argwöhnisch, der wiederum unverblümt entgegnete: "Deine erste Vermutung ist gar nicht mal so falsch."
Er nahm einen tiefen Atemzug. "Lasst es mich euch erklären."
Somit wiederholte Tom die Geschichte ein weiteres Mal und als er fertig war, brach Lucifer in Gelächter aus. "Echt jetzt? Ein Amnesie?! Ich dachte sowas gibt's nur in Filmen!"
Charlie verpasste ihm einen sanften Stoß. "Das ist nicht witzig, Mann!", schimpfte sie. "Der arme Redd!" Sie betrachtete den Fuchs mitfühlend. "Deine ganzen Erinnerungen sind einfach...weg? Das ist ja schrecklich!"
Redd nickte. "Es ist wirklich frustrierend..." Lucifer musterte ihn misstrauisch. "Und du verarscht uns auch nicht?"
"Nein, natürlich nicht!", erwiderte er empört. "Was hätte ich davon?!"
Der Rothaarige schwieg eine Weile, bis er dann vorschlug: "Vielleicht müssen wir Redds Birne nochmal gegen etwas hartes donnern." Der Fuchs wich erschrocken zurück. "Ich...denke nicht, dass das so eine gute Idee ist..."
"Da stimme ich zu", sagte Charlie. "Was, wenn Redd seine jetzigen Erinnerungen dann wieder verliert? Dann würden wir wieder ganz am Anfang stehen."
"Das wissen wir nicht, wenn wir es nicht versuchen."
"Aber es ist zu riskant!" Das Mädchen warf ihrem Freund einen feurigen Blick zu. "Redd könnte unter anderem eine Gehirnerschütterung erleiden", ergänzte Tom. "Wir wissen doch, wie grob du sein kannst, Lucifer..."
Lucifer grinste unschuldig, während Redd bei dieser Bemerkung verängstigt die Ohren anlegte. "Das ist also ausgeschlossen. Sonst noch irgendwelche Ideen?", fragte der Tanuki in die Runde. Doch alle blieben stumm.
"Das Einzige, was ihr tun könnt...", fing Charlie nach ein paar Sekunden an, "...ist abzuwarten. Vielleicht ist es das Beste, wenn wir Redd einfach Zeit lassen. Es bringt nichts, seine Erinnerungen mit Gewalt zurückzuholen."
Tom nickte abwesend. "Das ist wohl das Einzige, was übrig bleibt." Lucifer klopfte beiden auf die Schulter. "Keine Sorge, Jungs", sagte er optimistisch. "Redd kommt auf jeden Fall wieder zu uns zurück. Da bin ich mir sicher!"
Enttäuscht traten Tom und Redd wieder in ihr Haus ein und blieben verloren im Flur stehen. Tom war der Erste, der die Stille brach. "Ach, Schatz. Was machen wir nur mit dir?" Bedrückt schmiegte er sich an den Fuchs und ließ sich von seiner Wärme trösten.
Jedoch hielt dies nicht lange an, denn Redd wich mit gesträubtem Fell zurück. "Tut mir Leid", murmelte er verkrampft und sah weg. "Ich weiß, dass wir...verheiratet sind, aber...das fühlt sich einfach seltsam an..."
Tom ließ gekränkt den Blick senken und merkte, wie sich in seinem Körper ein dumpfer Schmerz ausbreitete. "Schon gut...", flüsterte er stockend. Und wenn das für immer so bleiben wird? Kalte Angst kroch Toms Rücken hinab.
Das will ich nicht! Verdammt, ich muss irgendwas tun. Länger halte ich das nicht aus! Seine Ohren richteten sich auf, als er hastige Schritte hörte, die sich näherten. Timmy und Tommy stiegen die Treppe hinunter mit freudiger Erwartung, dass Redds Gedächtnis wieder auf dem aktuellen Stand war.
"Und? Wie ist es gelaufen?", fragte Timmy neugierig. "Hast du dich an was erinnert, Onkel Redd?", wollte Tommy wissen. "Nein, leider nicht", erwiderte Redd kopfschüttelnd. Die Tanukis ließen traurig ihre Schwänze hängen. "An gar nichts?"
Der Fuchs schüttelte abermals den Kopf. "Lucifer und Charlie konnten uns auch nicht helfen", fügte Tom hinzu. "Das Beste ist, wenn wir einfach abwarten. Vielleicht kommen seine Erinnerungen von selbst zurück."
"Oooder..." Timmy wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. "Wie wäre es, wenn..." Er verstummte. "Ach, nein...ist doch ne doofe Idee...", murmelte er. "Was denn?", fragte Tom und spitzte interessiert seine Ohren. "Sag schon! Ich nehme jeden Vorschlag an!"
Außer den von Lucifer...
"Najaaa...", begann sein Neffe zögerlich. "Es hört sich zwar etwas albern an, aber...vielleicht könnte ein Kuss seine Erinnerungen zurückbringen? Liebe ist doch stärker, als alles andere, richtig?"
Tommy sah seinen Bruder mit Bewunderung an. "Das ist ne tolle Idee!" Redds Körper spannte sich an. "Also...ich glaube nicht, dass das irgdendwas bewirken wird..." Tom wirbelte zu ihm herum, seine blauen Augen leuchteten eifrig.
"Was haben wir schon zu verlieren, hm?" Somit packte er den Fuchs am Kragen, zog ihn zu sich herab und küsste ihn. Die Zwillinge kicherten und quietschten belustigt. Im ersten Moment, versuchte Redd sich zu wehren, doch dann hielt er wie versteinert inne und bewegte keinen Muskel.
Tom schöpfte neue Hoffnung. Hat es gewirkt? Oh bitte! Der Tanuki ließ von ihm ab und suchte in Redds Miene ein Zeichen der Erkenntnis. "Und? Erinnerst du dich wieder?" Der Fuchs starrte verstört zurück und Toms Hoffnung löste sich allmählich auf.
"Ich muss dich leider enttäuschen", erwiderte sein Mann matt. "Es hat sich nichts geändert." Der Ältere peitschte verärgert mit dem Schwanz. "Ich hab's nicht richtig gemacht! Lass es mich nochmal versuchen!"
Er wollte Redd an den Schultern packen und einen zweiten Versuch starten, doch der Fuchs sprang rasch zurück. "Bitte, nicht nochmal! Das ist mir unangenehm." Tom ließ ihn los. "Entschuldige, ich wollte dich nicht bedrängen. Es ist nur..."
Er seufzte. "Was, wenn deine Erinnerungen nie mehr zurückkommen? Was...was wird dann aus uns...?" Sein Hals wurde eng. "Würdest du uns dann...verlassen?" Nun blickten auch seine Neffen mit großen, traurigen Augen auf.
Redd schluckte schwer. "Ich...ich weiß es nicht", antwortete er heiser. "Du bist für mich eigentlich wie ein Fremder - entschuldige, dass ich das sage...Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob das auf Dauer...mit uns funktionieren wird."
Toms Kehle schnürte sich so fest zu, dass seine Stimme versagte. Er presste seine Lippen zusammen und wandte sich von Redd ab. Keiner hielt ihn auf, oder sagte etwas, als der Tanuki wortlos in das Wohnzimmer tappte.
Er setzte sich auf das Sofa und starrte gedankenverloren auf seinen silbernen Ehering. Erinnerungen an ihren Hochzeitstag kehrten zurück und Tom musste sich zusammenreißen, um nicht in Tränen auszubrechen.
Sogar so einen besonderen Tag hat er vergessen... Und das ist alles meine Schuld! Weil ich Vollidiot ihn einfach gestoßen habe. Ich könnte mich ohrfeigen! Er ließ ein verärgertes Knurren aus und merkte in den ersten Sekunden nicht, dass Timmy das Wohnzimmern betreten hatte.
"Tommy zeigt Redd ein paar alte Fotos", erklärte der Junge. "Vielleicht hilft das ja." Tom sah nicht auf, er zuckte nur mit dem Schwanz, als Zeichen, dass er ihn gehört hatte. Jedoch hatte er nicht viel Hoffnung in Tommy's Versuch.
"Onkel Tom..." Timmy setzte sich neben den älteren Tanuki und kuschelte sich eng an ihn. "Onkel Redd wird sich doch wieder an alles erinnern...oder?" Toms Krallen bohrten sich in die Couch. "Ich...ich hoffe es."
Sonst würde ich mich ein Leben lang schuldig fühlen.
In dieser Nacht schlief Tom nicht wie gewohnt mit Redd in einem Bett. Der Tanuki überließ dem Fuchs das Bett und machte es sich selbst auf dem Sofa bequem. Redd würde es unangenehm finden, wenn sie gemeinsam im gleichen Bett übernachten würden.
Tom fand jedoch keinen Schlaf. Die Sorgen plagten ihn und zwangen ihn wach zu bleiben. Grummelnd wälzte er sich hin und her, versuchte seinen Kopf frei zu bekommen, doch es wollte ihm nicht gelingen.
Stunden später brach der nächste Morgen an. Tom öffnete blinzelnd seine Augen. Er hat wahrscheinlich nicht länger, als zwei oder drei Stunden geschlafen. Schwerfällig richtete er sich auf und streckte sich ausgiebig.
Seine Schläfen pochten schmerzvoll und jeder Muskel seines Körpers schrie förmlich nach Schlaf. Doch er vergaß das sofort, er musste jetzt nach Redd sehen. Vielleicht hat eine Mütze Schlaf sein Hirn wieder auf Vordermann gebracht, wer weiß...
Leise öffnete der Tanuki die Tür des Schlafzimmers und stellte fest, dass Redd noch schlief. Er setzte sich neben den Fuchs, legte seinen Kopf auf seine Brust und lauschte seinem gelichmäßigen Herzschlag.
Die Worte von gestern Abend kamen ihm wieder in den Sinn. Du bist für mich eigentlich wie ein Fremder. Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob das auf Dauer mit uns funktionieren wird. Sein Herz zog sich vor Trauer zusammen.
War das alles umsonst? Die schönen Zeiten, die wir geteilt haben...was bringen die jetzt noch, wenn nur ich mich daran erinnern kann?
Betrübt starrte Tom in die Leere und merkte dabei kaum, wie eine sanfte Pfote liebevoll seinen Kopf kraulte.
"Guten Morgen, Nooky!"
"Morgen...", erwiderte der Tanuki abwesend. Er brauchte ein paar Sekunden, bis die gesagten Worte in seinem Hirn ankamen.
Fassunglos riss er die Augen auf. Nooky?!
Ruckartig hob er den Kopf und starrte seinen Mann ungläubig an, der ihn wiederum mit einem warmen Lächeln betrachtete. "Ha...hast du mich gerade 'Nooky' genannt?!"
Redd legte den Kopf fragend zur Seite. "Äh...darf ich das etwa nicht mehr...?" Tom setzte sich auf. "Erinnerst du dich wieder an mich?!" Sein Herz raste vor Aufregung. Der Fuchs starrte ihn verwirrt an. "Hä?"
"Weißt du, wer ich bin?!"
"Natürlich weiß ich, wer du bist!"
"Wie lautete mein Name?!" Tom setzte sich auf Redds Schoß und starrte ihn eindringlich an.
"Hast du den Verstand verloren?!"
"Mein Name, Redd!", forderte der Tanuki energisch auf. "Tom Nook!" Toms Ohren richteten sich überrascht auf. "Das ist richtig..."
"Was zum-"
"Aber das war zu einfach! Sag mir etwas, was ich nur dir erzählt habe!" Redd wurde sichtlich unwohl. "Was ist heute nur los mit dir?!" "
"Sag schon! Das ist wichtig!", drängte Tom und rüttelte ihn leicht.
"Irgendwas über mich, das nur du wissen kannst!"
"Okay, okay! Äh..." Sein Mann dachte einen Augenblick nach. "Du singst unter der Dusche...und...oh, du sabberst manchmal während du schläfst!" Er kicherte.
"Aber...warum muss ich dir das denn sagen...?" Die zwei Männer starrten sich mehrere Sekunden an, bis Tom entgeistert flüsterte: "Oh mein Gott..." Sein Schwanz zitterte vor Erleichterung. "Redd, du bist zurück!"
"Zurück? Wa-" Der Tanuki küsste stürmisch Redds Gesicht ab. "Oh, mein Liebling, mein Baby, mein Schatz! Du hast mir so sehr gefehlt!"
"Wa-warte! Tom!" Der Fuchs drückte den Älteren sanft von sich weg und sah ihn völlig perplex an.
"Kannst du mir mal erklären, was hier gerade abgeht? Warum bist du denn so schräg drauf?" Toms Gesicht strahlte vor Freude. "Deine Erinnerungen sind zurückgekehrt!"
"Meine Erinnerungen...? Ich...kapier gar nichts..."
"Du hattest eine Amnesie", erklärte der Tanuki. Redd zuckte ratlos mit den Ohren. "Eine Anämie? Was soll das denn sein?" Tom rollte mit den Augen. "Nein, eine Amnesie! Du hattest dein Gedächtnis verloren!"
Redds Fell sträubte sich vor Schreck. "Was?!", schrie er entsetzt. "Wie ist das denn passiert?!" Tom kratzte sich nervös am Nacken. "Es ist mein Schuld", begann er leise. "Wir...wir haben gestern gestritten...und...ich habe dich gestoßen..." Er schluckte schwer.
"D-du bist mit dem Kopf gegen die Tischkante geknallt u-und wurdest sofort bewusstlos." Seine Stimme zitterte. "Als du dann wieder aufgewacht bist...konntest du dich an nichts mehr erinnern. All deine Erinnerungen waren einfach weg!"
Redd schnappte bestürzt nach Luft. "Ich konnte mich an gar nichts mehr erinnern?!"
"Nein...", antwortete Tom kopfschüttelnd. "Du hast sogar deinen Namen vergessen." Der Tanuki senkte den Blick.
"Und das war alles meine Schuld. Es tut mir so schrecklich Leid. Ich wollte nicht, dass das passiert..." Redd schwieg für eine Weile. Tom wagte es nicht, ihm in die Augen zu sehen. "Bist du jetzt wütend...?", fragte er ängstlich.
"Nein", antwortete der Jüngere schließlich. "Aber...wegen mir hast du du dein Gedächtnis verloren!", klagte der Tanuki. "Außerdem habe ich ziemlich gemeine Sachen zu dir gesagt, während des Streits..."
Redd blinzelte gelassen. "Ich kann mich nicht mehr genau an den Streit erinnern. Ich weiß nur, dass wir über irgendwas geredet haben... Alles, was darauf folgte, habe ich vergessen." Tom war irgendwie erleichtert darüber.
"Jetzt versteh ich auch warum ich da ne Beule habe", fuhr Redd fort und fasste sich an den Hinterkopf. Der Tanuki zuckte schuldbewusst zusammen. "Tut es sehr weh?"
"Geht schon." Der Fuchs lächelte mild.
Tom schlang seine Arme um ihn. "Ich bin so froh, dass ich dich nicht für immer verloren habe." Er grub sein Gesicht in Redds weiches Brustfell. "War es denn so schlimm?"
Tom sah bekümmert auf. "Du...du hast sogar mich vergessen...", flüsterte er gekränkt.
"Und...du fandest es abscheulich, dass du mit einem Mann zusammen bist."
"Was?!", jaulte Redd fassungslos. "Hab ich das etwa gesagt?!" Der Ältere nickte. "Obwohl du eigentlich nichts dafür konntest, hat es mich dennoch verletzt."
Der Fuchs drückte seinen Mann fest an sich. "Ach Nooky", wimmerte er. "Das tut mir so Leid! Du weißt doch, dass ich dich über alles liebe!" Tom lächelte. "Natürlich weiß ich das. Du brauchst dich auch nicht zu entschuldigen."
"Ich fühle mich aber so schrecklich! Wie konnte ich nur sowas gemeines zu meinem Ehemann sagen?!"
"Ist schon okay", sagte Tom besänftigend. "Ich bin einfach froh, dass du deine Erinnerungen zurück hast. Dich trifft keine Schuld."
Die beiden schmiegten sich dicht aneinander und verblieben ein paar Minuten in dieser Position. Bis plötzlich die Tür geöffnet wurde und Timmy und Tommy eintraten. "Onkel Redd? Wie geht es dir?", fragte Timmy unsicher.
Der Fuchs löste sich aus der Umarmung und grinste erfreut. "Wenn das nicht meine Jungs sind!" Er breitete die Arme aus. Die Zwillinge wechselten vielsagende Blicke. "Heißt das...", begann Tommy aufgeregt, "...du kannst dich wieder an alles erinnern?!", beendete Timmy den Satz.
"Natürlich! Der gute alte Redd ist zurück!" Die Brüder stürmten fröhlich auf ihn zu und attackierten ihn von beiden Seiten. Der Fuchs lachte. "Habt ihr mich vermisst?"
"Oh ja! Wir dachten schon, dass du für immer so bleibst." Tommy kuschelte sich eng an ihn.
"Du hast uns nen richtigen Schrecken eingejagt, Onkel Redd!", sagte Timmy und umarmte den Älteren fest. Redd streichelte ihnen über ihre Köpfe. "Ach Jungs. Wie konnte ich euch zwei nur vergessen?" Er drückte sie an sich.
Tom lächelte entzückt bei diesem Anblick. Wir sind wirklich eine wundervolle Familie.
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