Kapitel 30


Scarlett

Ich hatte aufgehört zu atmen. Heilige Maria, ich saß schon wieder auf seinem Schoß, versuchte, furchtlos zu sein und ihm zu zeigen, dass ich eine Frau war. Kein kleines Mädchen, keine kleine Hexe, sondern eine Frau, eine mutige Frau. Ja, das wollte ich ihm beweisen, weshalb ich meine Unsicherheit und Ängste beiseiteschob. Ich sog Luft in meine Lungen und atmete seinen von Meer und Schweiß gebadeten Duft ein. Und dennoch roch er gut. Alles an ihm ließ mich Lust spüren. Ich wollte ihn spüren, jetzt, hier. »Talay.« sagte ich seinen Namen mit einem erregten Ton. »Ich werde mir das merken. Wenn ich die Krone tragen sollte, werde ich dich mit ihr auf dem Kopf reiten.« meine Stimme wurde immer lustvoller, während ich mich vorbeugte und ihn küsste.

»Aye, Kleines«, schnurrte er und legte seine Hände auf meinen Hintern. Sein Blick legte sich derweil auf meine Brüste. »Ich werde dich erinnern. Als schöner, letzter Anblick, bevor ich am Galgen baumle.«

»Ich werde dich nicht hinrichten lassen, wie oft noch?« fragte ich, zog verspielt an seinen Haaren so, dass sein Kopf sich nach hinten legte und er mir wieder in die Augen sehen musste.

»Ich will, dass du lebst, zukünftiger Piratenkönig.«

Bei allem was mir heilig war, was tat ich hier?! Von wo kam bitte dieser ganze Mut?

Er kniff wegen des Griffes leicht die Augen zusammen. »Vorsicht, meine Hexe. Ein Löwe bleibt auch im Käfig noch ein Löwe.«

Ich ließ sofort seine Haare los und sah zur Seite. »I...ich wollte doch nur...ach egal...« stotterte ich und nahm Abstand. Meine Hände zwischen uns gelegt, sah ich etwas enttäuscht auf den Sand. Ich versuchte es wirklich, aber das war ich einfach nicht. Ich war nervös, unsicher und eine totale Anfängerin, wenn es um Männer ging. War das etwa mein verzweifelter Versuch mich interessanter für ihn zu machen? Ihn dazu zu bringen, mich auch zu lieben? Ich war wirklich erbärmlich.

Talay sah mich an und las meine Unsicherheit. Grinsend hob er mein Kinn an und raunte fordernd an meinen Lippen: »Lass uns essen, lass uns trinken, und dann lass mich dich endlich in den Sand legen und meinen Kopf zwischen deine Beine legen, um dich sauber zu lecken und dann zu nehmen.«

Meine Augen weiteten sich und gleichzeitig kribbelte es zwischen meinen Beinen. Wie hypnotisiert, nickte ich und lächelte. »Okay.«

Ich war noch nie zwei Mal hintereinander betrunken gewesen, aber ich wollte auch kein Schwächling sein. Also aßen wir Kokosnüsse und tranken den Rum. Ich verstand zwar immer noch nicht, wie man dieses Gesöff gerne trinken konnte, meckerte aber nicht herum und trank einen Becher nachdem anderen. Zum ersten Mal redeten Talay und ich ungezwungen über verschiedene Dinge. Es waren keine wichtigen Themen, sondern einfache Abenteuergeschichten. Ich war unglaublich fasziniert von ihm. Er war schon auf so vielen Kontinenten gewesen und hatte fremde Länder gesehen und kennengelernt. Ja, ich war neidisch. Denn, während er mir darüber erzählte, lächelte er immer wieder und wirkte wie der freiste Mensch der Welt. Als er begann von seinen Lieblingskämpfen zu erzählen, kam eins zum anderen und wir standen uns auf einmal gegenüber. Beide hatten wir einen Stock in der Hand und ich ging in Kampfposition, genau, wie Talay es erklärte.

Er grinste mich breit an und der Schatten des Feuers, tanzte auf seinem nackten Oberkörper.

»Hättest du je mehr als ein Messer zum Schneiden des Fleisches in der Hand?«, fragte er in verspielt neckendem Ton. »Eins, das nicht vergoldet ist? Oder haben deine Diener am Hof dir dein Essen geschnitten und dich gefüttert?«

Ich schmunzelte. »Ja, mein Fleisch wurde geschnitten, jedoch gegessen, habe ich selbstständig.« Ich zielte mit dem Stock auf ihn. »Und natürlich habe ich noch nie ein Messer in der Hand gehabt, aber Moha hatte mir auch schon vorgeschlagen, mir das beizubringen.« Ich kicherte und fragte: »Weißt du warum?«

»Oh, hat sie das, ja?« mein Gegenüber legte den Kopf schief und senkte seinen Stock. »Ich habe da so eine Vermutung, aber sprich, meine kleine Hexe.«

»Um dir deinen Hintern zu versohlen.« kicherte ich angetrunken und taumelte etwas. Als ich wieder standhaft dastand, nahm ich meine Kampfhaltung ein und grinste Talay verspielt an. »Zeig mir, wie ich dir den Hintern versohlen kann.«

Er lachte auf und verschränkte zuversichtlich mit dem Stock die Hände hinter dem Rücken, statt in Kampfposition zu gehen. »Aye, meine Kleine. Aber dafür müsstest du zumindest geradestehen können.«

»Ich kann geradestehen.« motzte ich und stellte mich hin. Ich wankte nur leicht. »Siehst du. Ganz gerade.«

Ein dunkles Kichern entkam ihm. »Regel Nummer eins, und diese gilt besonders für dich, versuch es zu vermeiden zu kämpfen. Ruf mich, Moha oder den Küchenjungen, dann wir alle haben bessere Chancen als du. Nummer zwei«, er nickte auf den Stock in meiner Hand, »Die Klinge gehört in den Körper«

»Verstehe ich nicht. Wie meinst du das?« fragte ich verwirrt. Nummer eins beließ ich unkommentiert, da ich auch allein zurechtkommen wollte. Das einzige, dass ich dazu sagte, war: »Ich wette, ich kann dich mit dem Stock einmal treffen, wenn ich will.«

»Versuch dein Glück, Scarlett.« Talay betonte meinen Namen herausfordernd. »Aber um es etwas spannender zu machen, lass uns wetten. Ich setzte jeden Einsatz darauf, dass du mich nicht mit dem Stock triffst.«

Ich schmunzelte. Ließ meine Arme an den Seiten baumeln und setzte meinen unsicheren Gesichtsausdruck auf. Langsam lief ich los und auf ihn zu. »Hältst du mich wirklich für so schwach? Weil ich eine Frau bin? Oder weil ich unerfahren bin?« fragte ich und kam ihm näher. Nichts an mir strahlte Gefahr aus. Diese Unschuld, die ich besaß, nutzte ich zu meinem Vorteil und lächelte ihn zuckersüß an. Meine Finger fuhren nach oben und ich begann die Korsage aufzuschnüren. Talay sah sichtlich verwirrt aus, als ich diese in den Sand fielen ließ. Er folgt für eine Sekunde der Korsage und diese nutzte ich. Ich rannte los und sprang ihm in die Arme, meine Beine um seine Hüfte gelegt, tippte ich ihn mit meinem Stock sanft an. »Ich hab dich.« grinste ich verspielt.

Talay hielt mich nicht fest, sondern überließ es mir, sich an ihm zu klammern. Er sah mir tief in die Augen und raunte mit stolzem Unterton: »Pirat.«

Dann legte mir eine Hand an meinen Rücken und die, die den Stock hielt, presste das Holz an meinen Hals. Sein Schmunzeln wurde breiter: »Toter Pirat.«

»Diesen kleinen Triumph könntest du mir doch lassen. Auch, wenn mir sehr wohl bewusst ist, dass ich es nur geschafft habe, weil du deine Trunkenheit nachlässig wurdest.« lachte ich.

Der Piratenlord drückte das Holz erst fester, bevor er losließ, und der Stock zu Boden fiel. »Du hast gewonnen, weil ich dich ließ, Hexe. Selbst mit meinem Kopf tief ihm Rumfass hätte ich deine Taktik durchschaut. Und wenn ich dir den Sieg nicht hätte lassen wollen«, schnurrte er und drückte mich enger an sich, »würdest du im Sand liegen. Schmollend, wie immer.«

»Dann....dann los, nenn mir etwas anderes, bei dem wir uns messen können und ich zeig dir, was ich drauf habe.« forderte ich entschlossen und ließ meinen Stock ebenfalls in den Sand fallen, um dann meine Arme um seinen Hals zu legen.

»Aye. Wie wäre etwas, wo du mir zeigen kannst, wie entschlossen du bist?« Er nickte auf die Flammen. »Eine kleine Feuerprobe, ob du stark genug bist, um an meiner Seite zu sein.«

Ich sah ihn mit großen Augen an.

Eine Probe, ob ich stark genug bin, um an seiner Seite zu sein? An seiner?!

»Meinst du als deine Frau?« fragte ich mit leuchtenden Augen.

Talay hob eine Braue. »Bei Poseidon, der Tag, an dem ich einem Weib das Versprechen gebe, auf ewig an sie gebunden zu sein, ist der Tag, an dem der Ozean vertrocknet.« Er schmunzelte. »Ich meine damit eher, ob du das Zeug dazu hast, deine Naivität abzulegen und erwachsener zu werden. Ich spreche von vorübergehenden Zeiten, meine Kleine. Solange, wie wir einander nutzen. Ich um den Fluch loszuwerden, du um die Krone zu bekommen.«

Das leuchten verschwand und damit auch mein Lächeln. »Oh...Ja, verstehe.« Ich sah zu dem Feuer. »D...Dann lass uns das machen. Wie kann ich mich beweisen? Was muss ich tun?« fragte ich und konnte leider den traurigen Unterton nicht verstecken.

Er würde niemals heiraten wollen. Und er sah mich immer noch nur als Mittel zum Zweck.

Der Piratenlord trug mich Richtung Lagerfeuer und setzte uns davor ab. Dabei hob er mich von seinem Schoß. »Es ist simpel. Wir heben unsere Hand über das Feuer und sehen uns an. Der Erste, der wegsieht und den Blickkontakt löst, oder die Hand wegzieht, verliert.« Er legte den Kopf seitlich.

Was?!

Wie bescheuert war das denn?

Ich sah ins Feuer und schluckte schwer.

Ich schaff das! Ich muss mich beweisen, damit er mich vielleicht doch noch als seine Frau akzeptiert.

Entschlossen nickte ich. »Na schön. Dann lass uns beginnen.« Ich knetete meine Hände und war nervös, aber ich würde durchhalten, auch wenn ich weinen sollte und ich würde weinen.

Talay grinste und zeigte Zähne. Dann hob er seine Hand und zählte. »Eins ... Zwei ... Drei ... Los!«

Ich streckte meine Hand aus und legte diese übers Feuer.

Ich sah Talay an und versuchte mir nichts anmerken zu lassen, aber heilige Maria, es war heiß.

Der verrückte richtete den Blick ungebrochen auf mich und sah mir entgegen. In seinen Augen spiegelten sich die Flammen und so auch in meinen. Es vergingen einige Herzschläge und seine Mundwinkel zuckten nach unten. Anscheinend war es auch für ihn zu heiß. »Gib auf, meine Kleine.«

Ich packte mit der anderen Hand meine Hand über dem Feuer, damit ich sie nicht wegzog. Ich schaffte es nicht mehr zu reden, daher schüttelte ich nur den Kopf. Doch es war einfach zu heiß und genau wie ich geahnt hatte, stiegen mir die Tränen in die Augen.

Es tat weh.

So weh.

Ich versteifte mich immer mehr, weitere Sekunden vergingen, bis.....

Ich es einfach nicht mehr aushielt. Weinend, zog ich die Hand weg und sah auf die gerötete Handfläche.

Ich hielt meine Hand immer noch mit der anderen fest und schluchzte. Einmal wegen dem Schmerz und einmal, weil ich ein Schwächling war und verloren hatte. Er würde mich niemals an seiner Seite akzeptieren.

Den Blick auf mich gerichtet, nahm er meine Hand und half mir auf. Er führte mich zum Wasserfass und tunkte meine verletzte Hand vorsichtig hinein. »Nun, ich hätte dich vorwarnen sollen. Ich bin ungeschlagen in diesem Kampf des Willens«, flüsterte Talay und nahm die Hand wieder heraus. Er küsste die verbrannte Fläche mehrmals sacht und sah mich dann an. »Aber für eine verwöhnte Prinzessin, hast du dich gut geschlagen.«

Ich sah zu ihm hoch und einzelnen Tränen rollten noch meine Wangen hinab. »Aber...war ich gut genug, um an deiner.....Seite bleiben zu können?« fragte ich enttäuscht von mir selbst. Dass er diese Fläche küsste, ließ trotz Enttäuschung mein Herz flattern. Und da fragte er noch, wie es sein konnte, dass ich mich in ihn verliebte. So ein Einfaltspinsel.

Er kam mir näher und stellte sich direkt vor mich. Meine Hand blieb in seiner und er betrachtete mich mit gesenktem Kopf. »Du bist längst an meiner Seite. Siehst du das denn nicht?«

Ich erwiderte seinen Blick, sah zwischen seinen Augen hin und her.

Nun, vielleicht war auch ich der Einfaltspinsel.

Ein kleines schüchternes Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. »Doch....ich glaube, ich sehe es langsam.«

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