{{46}} Scarlett
Ich sah Talay an und hörte unterdessen dem Lord zu, der seine ganzen Verbrechen aufzählte. Es waren viele, sehr viele.
Bei der heiligen Maria, ob das was ich tat richtig war, konnte ich noch nicht sagen. Abgesehen von meinem Onkel, wusste niemand von meinem Plan. Ich hätte diesen gerne schon früher durchgezogen, aber erst einmal stand meine Krönung an.
Als ich mit meinem Onkel vor Tagen ins Schloss zurückkehrte, hatte Vater versucht zu rebellieren. Ohne Erfolg. Mein Onkel hatte zu viel Macht mit der königlichen Armee und somit hatte Vater, trotz seinem Status, keine Chance. Vor einem Gericht wurden ihm seine Sünden vorgezeigt. Selbst der heilige Papst war angereist. Er hatte meine Mutter sehr gern gehabt und damit auch mich. Als ich ihm kurz vor meiner Krönung mitteilte, wen ich zu meinem Mann und damit zum Herrscher Englands machen wollte, war er erst entsetzt. Als ich ihm daraufhin von meinen Gefühlen erzählte und was Talay mein Leben gerettet hatte, verstand er meine Entscheidung. Natürlich spielten auch andere Fakten eine Rolle. Wenn wir es gut verpacken würden, würde das Volk ihn akzeptieren. Daran musste ich einfach festhalten. Und das tat ich, während der Krönung und auch, als ich meinen Vater ins Exil schickte. Meinen Bruder erfüllte ich den Wunsch, seine Ausbildung abzuschließen und dann studieren zu gehen. Laut ihm, hatte er kein Interesse am Herrschen und war sogar froh, dass ich zurückgekehrt war.
Demnach gewährte ich ihm diese Freiheit und wurde Königin von England. Nun saß ich hier und setzte meinen gut durchdachten Plan um.
»Demnach wäre erhängen eine gerechte Strafe für diesen Piraten.« beendete der Lord seine Ausführung.
Ich blieb still, sah weiterhin Talay an und beobachtete ihn.
Er dagegen sah die Lords an und grinste: »Erwarten die Herrschaften von mir eine Rechtfertigung?« Talay schnaubte. »Aye, all diese Dinge habe ich getan und«, er sah zurück zu mir, die er unentwegt angesehen hatte, »noch unzählige weitere.« Dann sah er wieder die Männer an. »Für keines werde ich mich entschuldigen, und sicher nicht vor Euch Heuchlern. Wenn ich jemandem ein Wort der Entschuldigung gebe, dann der Königin. Doch selbst sie wird mich dazu nicht bringen. Es sei denn, sie ist ein artiges Mädchen und geht ein letztes Mal vor mir auf die Knie.«
Sofort nachdem er diese Worte gesagt hatte, brach Tumult aus. Während die Lords um sich brüllten und empört waren, wie er es wagen konnte so etwas zu sagen, zuckten meine Mundwinkel. Er war wahrlich unverbesserlich.
Oh Herr steh mir bei.
»Eure Hoheit! Wir sollten ihn sofort zum Galgen bringen! Es bedarf bei so einem Verhalten keine weiteren Worte!« forderte ein Lord.
Ich hob die Braue.
»Ich sehe es genauso! Prinzes....Königliche Hoheit. Er hat nichts weiter als den Tod verdienst!« kam es vom nächsten und mehrere bejahten.
Ich seufzte.
»Ich kann seine Taten nicht rechtfertigen. Ihr habt recht, er sollte für das, was er getan hat, sterben. Doch-« setzte ich an und sah jeden einzelnen an. »-wer macht aus diesen Kindern solche skrupellosen Männer und Frauen? Genau, wir, die wir geschworen haben, alle im Volk zu schützen. Das tun wir jedoch nicht. Die Slums Englands ist der größte Beweis. Während ich an der Seite von diesem Piraten war, habe ich die Menschen gesehen, die Tag ein und Tag aus ums Überleben kämpften. Es wundert mich nicht, dass aus ihnen Piraten und Verbrecher werden.« erklärte ich und sah wieder Talay an.
Er kniff die Augen leicht zusammen, noch immer ein Lächeln auf den Lippen, wegen des Aufruhrs. Man sah ihm an, dass er noch viele weitere Worte sagen wollte, die die Lords sicher zum implodieren gebracht hätten, doch er neigte nur leicht den Kopf. »Aye, meine Hexe. Für eine kleine, verwöhnte Prinzessin, bist du dieser Tage sehr weise.«
Mal schauen, wie lange er noch so lächelt.
Als eine der Lords aufstand und auf Talay zeigte, musste ich meinen Blick abwenden. Verwundert sah ich den Lord an, der anfing zu schreien: »Der Teufel soll euch holen, ihr elender Pirat! Sie ist die Königin von England und nicht eure kleine Hexe! Abschaum wie ihr es seid, habt nicht einmal das Recht zu leben!« er zog sein eigenes Schwert und stampfte auf Talay zu. »Ich bring euch höchstpersönlich um!« brüllte er weiter. Ich blickte meinen Onkel an, der sofort verstand und dazwischen ging. Die Klinge stoppte Millimeter vor seinem Hals. »General! Was fällt euch ein, euch zwischen mich und einem gerechten Urteil zu stelle?«
Bevor mein Onkel antworten konnte, erhob ich mich. Die anderen Lords machten es mir gleich und standen ebenfalls auf. Alle Augen verwirrt und auf mich gerichtet. »Ich habe mich bereits vor Wochen entschieden, my Lords.« begann ich und sah die Männer an. Ihre Gesichtsausdrücke wurden nur verwirrter.
»Der Pirat, Hawk, einer der sieben Piratenfürsten wird NICHT zum Tode verurteilt.«
Mein Pirat hob eine Braue, als neuer Tumult und dann ungläubige Stille herrschte. Als eine Weile keiner etwas sagte, nutzte er die Gelegenheit. Er sah den Lord an, der ihn eben noch köpfen wollte. »Aye, sie ist eine Königin, doch nicht meine. Meine Loyalität gilt einzig der See. Zudem«, sein Blick huschte langsam und genüsslich zu mir, »nenne ich sie gerne eine Königin. Aber wenn das passiert, liegt sie unter mir und zergeht vor Lust. Und jetzt sag mir, Kleines. Wenn ich nicht hängen soll, warum dann dieses lächerliche Spektakel?«
Ich schmunzelte.
»Talay.« begann ich und aller Aufmerksamkeit lag auf mir. »Ich, Scarlett Mary Tudor, Königin von England erhebe Anspruch auf den Piratenfürst Hawk.« meine Finger waren vor meinem Körper ineinander verschränkt, während ich alle ansah und zum Schluss Talay in die Augen blickte. »Er wird mein Gemahl und der nächste König von England.«
Ich hab's gesagt! Schrie ich innerlich vor Freude, unterdessen herrschte Chaos. Die Lords flippten komplett aus. Alle brüllten umher, aber ich sah nur Talay an.
Meine Augen sagten deutlich: Ab heute gehörst du mir.
Er blickte mir entgegen. Blinzelte einmal. Sein Lächeln verschwand und er sagte nur ein einziges Wort. Und dieses betonte er sowohl mit Stolz als auch einer guten Portion Unwillen. »Pirat.«
Ich lächelte.
»Euro Hoheit, das können wir nicht akzeptieren. Er ist ein Verbrecher!«
Ich sah zu dem Lord, der mich ansprach und mein Lächeln verschwand. »Und wieso nicht? Er-« ich nickte zu Talay. »-hat mir meine Unschuld genommen. Nach dem heiligen Gesetz, darf nur der eigene Gemahl die Unschuld nehmen. Und er hat mir mein Leben gerettet. Wäre er nicht gewesen, dann würde ich jetzt nicht hier sein.« erklärte ich und ließ die ganzen Dinge aus, die er mir angetan hatte. Das gehörte der Vergangenheit an.
Der Lord starrte mich an, schien sprachlos zu sein. Dafür sprach ein anderer: »Meine Königin, das Volk wird ihn niemals akzeptieren.«
Ich nickte. »Ich verstehe eure Sorge. Aber die Geschichte, die das Volk zu hören bekommt, wird die Meinungen ändern. Talay ist in einer der schlimmsten Slums aufgewachsen. Er kennt es nichts zu haben. Er wird dem Volk Hoffnung geben und mit mir gemeinsam den Menschen helfen, die nichts haben. Das Volk wird ihm erst mit Misstrauen begegnen, aber sie werden ihn lieben.« erklärte ich mit Stolz und sah Talay an. »Und der größte Fakt ist, dass dieser Mann mein Herz gestohlen hat.« Ich sah die Lords an. »Der Heilige Papst ist auf meine Bitte hin in England geblieben. Er hat dieser Eheschließung zugestimmt und wird uns höchstpersönlich trauen. Ich erwarte, dass ihr meine Entscheidung akzeptiert. Wenn nicht, könnt ihr gehen. Ich werde andere Lords finden, die sehr gerne an eurer Stelle sein möchten.«
Nach diesen Worten, wurde es endlich stiller. Deswegen sah ich auch zu den Soldaten, die verwirrt schienen. »Nimmt ihm die Handschellen ab.« sie zögerten und sahen meinen Onkel an. Dieser nickte, also beugten sie sich vor und nahmen Talay die Handschellen ab.
Der ehemalige Piratenfürst ließ mich nicht aus den Augen, als die metallischen Fesseln fielen, und als er sprach, klang er bitterböse. »Werde ich gefragt, ob ich das will? Habe ich dazu auch etwas zu sagen? Oder bin ich fortan, dein Gefangener, kleine Hexe?« Er starrte mich in Grund und Boden. Ließ mich deutlich sehen, dass er das nicht guthieß. »Du hast das geplant«, stellte er letztlich fest und richtete sich auf. Langsam, fast gemächlich, lief er auf mich, die Königin zu. Die Wachen gingen in Stellung, doch blieben sie, wo sie waren.
Talay erklomm die paar wenigen Stufen zu der Erhöhung, stellte sich direkt vor mich, die deutlich kleiner Frau und sah auf mich hinab. Er hob die Hand, packte mein Gesicht und beugte sich zu mir. »Von Anfang bis Ende.« Er packte fester zu und fletschte die Zähne. »Ich will, dass du weißt, dass ich mit deinem Hinterhalt nicht glücklich bin, ihn sehr wohl jedoch respektiere. Wenn du angemessen dazu bereit bist, Buße zu tun.« Erneut wurde sein Griff fester. »Und hierfür, Scarlett, wirst du den Rest deines Lebens büßen. Jede verdammte Nacht wirst du Wiedergutmachung dafür leiste, wozu du mich zwingst. Auf den Knien«, flüsterte er nun so leise, dass nur ich es hörte. »Auf allen vieren, über einen Tisch gebeugt, auf dem Boden und auf so viele Arten und an so vielen Orten mehr.«
»Und mit einer Krone auf dem Kopf.« erwiderte ich ebenso leise. Dann hob ich meine Hand und strich ihm sanft übers Gesicht und durch seine Haare und seine Wange entlang, auf der die Narben prangten. »Ich will DEIN sein, damit ich endlich die Worte aus deinem Mund hören kann.« erklärte ich und lächelte ihn an. »Du hast mein Herz gestohlen, meine Unschuld gestohlen. Also lebe mit den Konsequenzen. Und zu deiner Information, Moha wusste ebenfalls Bescheid. Sie ist in Sicherheit und steht mit mir in Kontakt.« Ich sah auf seine Lippen. »Vor Gott wirst du gefragt, ob du mein Gemahl sein möchtest. Du kannst es verweigern, aber ich bin mir sicher, du willst es doch gar nicht. Denn du willst mich ebenso, wie ich dich will.« meine Augen fanden seine und ich sah ihn verliebt an.
Talay knurrte ein »störrisches Weib« und presste seine Lippen hungrig auf meine. Hungrig und gleichgültig dem Geschrei, das hinter uns ausbrach, ließ er mein Gesicht los, legte er einen Arm um meine Hüfte und zog mich an sich, während die zweite Hand eine Haarnadel löste und das Kunstwerk an Frisur über meine Schultern auffächerte. Sofort vergrub er die Finger darin und schnurrte zufrieden.
»Wie kann er es wagen?!«
»Dieser Halunke!«
»Er ist wahrlich der Teufel persönlich!«
Die Lords waren außer sich, aber wir hatten nur Augen für uns. »Talay, ab jetzt darfst du sowas nicht mehr tun. Nicht, wenn wir vor unserem Volk stehen und auch nicht, wenn wir vor andere Könige stehen. Auch deine Wortwahl musst du außerhalb unserer privaten Gemächer einschränken. Ich weiß, dass du ein guter König sein kannst.« Ich strahlte, denn ich war glücklich, dass er sein Schicksal an meiner Seite akzeptierte.
Mein zukünftiger Gemahl lachte heißer und zog mich enger an sich. »Du weißt, dass das nicht passiert. Du-«, setzte er an und küsste mich erneut. Energischer, um die Lords hinter ihm zu ärgern. »-wirst die Stimme dieses Landes, ich ihr Schwert. Ein scharfes Schwert, wenn man mich je sprechen lassen wird.«
Ich erwiderte den Kuss und legte meine Hände auf seine Brust. »Also ist es ein Ja? Wirst du mein Gemahl?« fragte ich und sah zwischen seinen Augen hin und her. Ein paar der Anwesenden um uns herum bekreuzigten sich und sprachen kleine Gebete. Andere wiederum regten sich einfach nur weiter auf. Aber als mein Onkel ein Machtwort sprach, wurde es endlich um uns still.
»Aye«, gab er nach einem Moment des Schweigens klein bei. »Und sei es auch nur, um dich jede nach in den Himmle zu schicken. Aber Scarlett«, fügte Talay hinzu und obwohl er mich eisern und streng musterte, musste ich den bittenden Funken in seinen Augen lesen können. »Du kannst mich nicht immer im Palast einsperren. Ich will Segeln. Ich will reisen. Ich will weiterhin ich sein.«
Mein Lächeln wurde breiter. »Wenn du das so unbedingt möchtest, kannst du das tun.« lenkte ich ein. Immerhin konnte ich unmöglich von ihm verlangen sich komplett zu ändern. Er war nun einmal so aufgewachsen. »Aber bevor ich es erlaube, hast du eine andere Aufgabe zu erfüllen.« erklärte ich, drehte ihn herum so, dass er die Lords vor uns sehen konnte.
Ich richtete mich auf und sah sie abwartend an. Mein Onkel stand ganz vorne, als sie sich alle auf ein Knie runter beugten. »Gott schütze die Königin. Gott schütze den zukünftigen König.«
Zufrieden sah ich zu Talay hoch und nannte ihm seine Aufgabe. »Schenke mir einen Erben. Damit die Sicherheit des Landes gewährleistet ist.«
Mein ehemaliger Pirat seufzte und rieb sich den Nasenrücken. »Der Teufel soll dich holen, kleine Hexe. Und wenn er dich hat, darf er dich gerne behalten.«
Ich nahm seine Hand in meine. »Was erwartest du? Du heiratest mich und segelst davon? Gehst auf Abenteuer und im schlimmsten Fall kehrst du nicht zurück. Dann würde ich ohne Erben dastehen und wäre gezwungen noch einmal zu heiraten. So läuft das nun einmal. Sehe es als Strafe an, Talay, dafür, dass du mich am Anfang so schlimm behandelt hast.« flüsterte ich ihm zu und schenkte ihm einen bösen Blick.
Nun lachte er kopfschüttelnd. »Na wenigstens macht das Produzieren eines Erben eine Menge Spaß, hm?«
Ich grinste. »Mit dir auf jeden Fall.«
Mein Plan hatte Erfolg. Talay würde mein Gemahl werden und der König von England. Auch, wenn er weiterhin zu See fahren würde, war ich glücklich. Denn ich wusste, dass er immer zurückkehren würde. Und der Kompass, würde mir immer zeigen, wo er sich auf dem Weltmeer befand.
Dennoch hoffte ich, dass er eines Tages sein Leben auf dem Meer aufgab und sich an meiner Seite zu Ruhe setzen würde. Ich wünschte mir nichts sehnlicheres mit ihm zusammen alt zu werden. Allein ihn an meiner Seite zu wissen, gab mir die stärke, über dieses Land und den Menschen zu herrschen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top