8 Feuertaufe, die Erste.

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❰  L I A M   ❱





Müde öffnete ich die Augen und richtete mich auf. Es roch nach Kaffee und verwirrt drehte ich mich im Bett um. Es war noch halbdunkel, doch die Lampe auf dem Nachttisch spendete genügend Licht.

„Weißt du Liam, man könnte meinen, du lebst gar nicht mehr wirklich hier", vernahm ich eine weibliche Stimme und erkannte schließlich Danielle, die neben mir auf den Laken lag. Auf dem Bauch und nackt, hielt sie eine Tasse in den Händen und nippte dran.

Gähnend strich ich mir durch die Haare und sprach: „Wie kommst du da drauf?"

Danielle leckte sich über die vollen Lippen: „In deinem Kühlschrank ist nichts mehr und auch sonst wirkt dein Loft leerer als sonst."

Das ihr all dies noch nicht vorher aufgefallen war. Ich schwang die Beine aus dem Bett und bückte mich nach meinen Boxershorts. „Ich bin umgezogen", meinte nur, ließ die Shorts dann wieder fallen und schritt ins Bad. 

Dort stellte ich die Dusche an und kramte nach Shampoo. Sofort beschlugen die Scheiben vor Dunst und ein knapper Blick in den Spiegel verriet mir, dass man mir die private Party von gestern zwar nicht ansah, ich mich aber dringend Mal wieder rasieren sollte.

„Was soll das heißen?", folgte Danielle mir und ich schlüpfte unter die Dusche. Das heiße Wasser belebte meinen Geist wieder und ich schloss genießend die Augen.

„Was wohl, ich bin hier nur noch selten", sprach ich und versuchte mich zu entspannen. Leider hatte Danielle beschlossen nach unserem Gastspiel nervig zu werden. 

Sie trat ebenfalls unter die Dusche und betrachtete mich musternd: „Komm schon, wie lange kennen wir uns jetzt? Du liebst dein Loft, wahrscheinlich das einzige, was dir irgendetwas bedeutet. Wieso solltest du also wo anders hinziehen?"

„Meine Freundin braucht mehr Platz als ich hier zur Verfügung habe", sprach ich frei heraus und griff nach dem Shampoo. In diesem Augenblick hörte ich Danielle laut lachen: „Deine Freundin? Oh, das ist doch wohl ein Scherz."

Ich wünschte es wäre so.

Statt entsetzt zu sein nahm Danielle das auf die leichte Schulter und stieß sich von der Glaswand ab: „Und wenn schon, du hältst es keine sechs Wochen mit ihr aus. Besonders viel kann sie dir ja nicht bedeuten, wenn du dich so leichtfertig von mir verführen lässt."

„Du hast es eben echt drauf", streichelte ich ihr Ego und spülte mir das Shampoo aus den Haaren. Kurz darauf spürte ich Danielles Lippen kurz auf meinen. Ihre Hände glitten über meine Brust und sie hauchte: „Dann tue ich mal etwas dafür, dass du dich auch weiterhin daran erinnerst, was du an mir hast."

Sie ging vor mir auf die Knie und Sekunden später stöhnte ich heiser auf. Ich lehnte mich gegen die kühlen Fliesen hinter mir und griff mit der rechten Hand in ihr dichtes, feuchtes Haar. 

Genießend blickte ich auf Danielle herunter und sah ihr dabei zu, wie sie meinen Schwanz zwischen ihren Lippen nahm und anfing mich völlig selbstlos zu verwöhnen. 

Ich hob wieder den Kopf und schloss die Augen. Noch immer prasselte das heiße Wasser auf uns herunter, aber das einzige, was ich spürte, war die flinke Zunge, die meine Erektion umschmeichelte und dafür sorgte, dass ich hart wurde. Danielle wusste, was sie tun musste, was mir gefiel und wie sie mich um ihren Finger wickeln konnte.

Teils gefiel mir das, teils jedoch auch nicht.

Niemand mochte es, wenn ein anderer Macht über einen hatte und ich bildete da keine Ausnahme. Als sie über meine Eichel leckte, da stieß ich automatisch die Hüfte vor und nahm keine Rücksicht auf sie. Das hatte ich bislang noch nie getan. Danielle drängte mich an der Hüfte wieder zurück und wenige Momente später kam ich in ihrem Mund.

Keuchend genoss ich die Nachwirkung des Blowjobs und öffnete schwerfällig die Augen. 

Am lieben würde ich heute einfach einmal gar nichts machen, aber am Abend würde das Essen bei Bill de Blasio, dem Bürgermeister stattfinden und ich musste mit meiner Last hin. Bill mochte ich, er war ein lockerer Kerl, doch meine Begleitung stimmte mich missmutig.

„Na du warst auch schon einmal zufriedener, wenn du gerade ein bisschen verwöhnt wurdest." Danielle drückte ihren Körper an mich und ich verzog die Lippen zu einem halbherzigen Grinsen: „Vielleicht hast du nachgelassen." 

Leicht neigte sie den Kopf und griff an mir vorbei zum Shampoo: „Nein, ich denke du bist mit deinem Kopf einfach ganz wo anders."

Ich schob mich an ihr vorbei nach draußen und angelte nach einem Handtuch. Als ich mir damit durch die Haare fuhr, sprach Danielle: „Überlege dir das nächste Mal vorher, was du deiner Freundin erzählen willst, wo du die Nacht über warst."

„Sie wird nicht fragen", antwortete ich gelassen, denn Sophia ging das nichts an. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, dass sie wusste, das ich die Nacht außerhalb verbracht hatte. Schnell fing ich an mich anzuziehen und als ich in meine Schuhe schlüpfte, rief ich: „Mach die Tür hinter dir zu, wenn du gehst."

Draußen wartete meine Daytona 675. Ich setzte mir den Motorradhelm auf und schloss die Motorradjacke. Endlich hatte ich meinen Führerschein wieder und da ich noch keine Lust gehabt hatte, mich nach einem neuen Auto umzusehen, weihte ich meine Daytona ein. 

Es tat gut wieder selbstständig zu sein, ohne Fahrer und Bodyguards an der Seite.

Trotzdem hatte ich hin und wieder durchaus das Gefühl jemand würde mir folgen. 

Bis zum Nachmittag hatte ich kein festes Ziel. Ich ließ New York hinter mir, fuhr einsame Straßen und lenkte mich ab. Seit Sophia das Penthouse eingerichtet hatte, war es seltsam, auch wenn ich zugeben musste, dass sie Geschmack hatte.

Auf dem Motorrad verflog die Zeit wie nichts und viel zu früh musste ich zurück nach New York. Vorab machte ich jedoch noch einen Abstecher zu Vito Ross, einen hochqualifizierten Privatermittler.

Der bullige Mann machte die Ermittlungen nicht mehr selbst, aber er schien genug Strippen ziehen zu können. In seinem Büro, dass stark nach Zigarre stank, präsentierte er mir die ersten Ergebnisse. Fakten, die er über Sophia Smith herausgefunden hatte.

Gelassen im Sessel sitzend blätterte ich mich durch die Akte. Jedoch war die Ausbeute eher mau. Sie kam aus England, die Liste ihrer Schulen, Universitäten hatte ich vor mir und das sie die letzten drei Jahre für Chanel gearbeitet hatte. 

Am Rand standen Notizen und ich begriff, dass mein Vater sie rausgekauft hatte. Entweder, sie war eine wirklich gute Designerin, oder-

Ich hielt inne, mir kam ein durchtriebener Gedanke und je weiter ich die Akte las, umso deutlicher wurde mir, dass sie meinen Vater schon länger kannte. 

„Schick mir die Rechnung zu und such weiter, da gibt s noch mehr, Vito." An der Tür blieb ich stehen. „Und such verstärkt nach ein bisschen Dreck, den ich nutzen kann."

„Wird gemacht"

Im Penthouse war es still. Sophia schien nicht da zu sein, dafür bemerkte ich eine Nachricht auf meinem Handy. Sophia ließ mich wissen, dass sie direkt vom Hauptgeschäft Henry & Payne zur Abendveranstaltung aufbrechen würde. Sie hatte mir den Anzug besorgt und als ich den Kleidersack an meiner Zimmertür öffnete, machte sich wieder Wut in meinem Magen breit.

Dieses widerliche Gefühl von Kontrollzwang ließ sich nicht abschütteln, deshalb ignorierte ich den schwarzen Anzug von Gucci und suchte mir etwas anderes heraus. Ich wählte grau und ein schlichtes Hemd dazu. So weit kam es noch, dass meine Scheinfreundin dafür sorgte, was ich anzog.

Pünktlich meldete sich Basil an, dass er mich nun abholen würde. Nun denn, die erste Scharade konnte beginnen. Schnell ging ich mir noch mal durch die Haare, sodass sie halbwegs ordentlich waren, dann verließ ich das Penthouse.

„Guten Abend, Mr Payne", begrüßte mich Basil und ich musterte abfällig die verdammte Uniform, die er schon wieder trug.

„Ob er gut ist, wird sich noch zeigen", brummte ich und steckte eine Schachtel Zigaretten in meine Anzugjacke. „Auf zum Leichenschmaus."

Basil fuhr den Umweg zu Henry & Payne. Kurz darauf hörte ich Sophias ruhige Stimme. Sie bedankte sich bei ihm dafür, dass er ihr die Tür aufhielt, dann setzte sie sich elegant ins Innere. 

Ihr dunkles Haar war zu einem komplizierten seitlichen Knoten gesteckt, sie trug ein dunkelblaues konservatives Etuikleid und wirkte angenehm anzusehen.

Mich störte das. Konnte sie nicht einfach einen Fehler machen? Unsicher sein, nicht so furchtbar perfektionistisch? Nicht so verdammt passend für die High Society.

„Hallo", begrüßte sie mich und musterte meinen Anzug. Doch dazu sagte sie nichts. Stattdessen schaltete sie ihr Handy aus und packte es in die kleine Handtasche, die sie dabei hatte. „Gibt es etwas, worauf ich bei Mr de Blasio achten soll?"

„Sag ihm nicht, dass du Republikaner bist", sprach ich trocken. Sie lächelte: „Ich habe mit Politik nichts zu tun und so viel ich weiß, seid ihr Paynes alle streng republikanisch."

Das glaubten zumindest die meisten.

Ich ging nicht wählen und von meiner älteren Schwester wusste ich, dass sie durch und durch Demokratin war. Sie hatte meinen Vater bei Obamas erste Wahl in den Wahnsinn getrieben mit politischen demokratischen Aufklebern.

„Benimmst du dich?", fragte Sophia direkt und ich schmunzelte: „Tue ich das nicht immer?"

Sie sah nicht einmal in meine Richtung: „Nein. Du tust nie das, was man von dir erwartet."

Der Wagen hielt und ich stieg vor Sophia aus. Wie zu erwarten hatten sich einige Paparazzi eingefunden. Zwei Sicherheitsmänner hielten sie zurück und ich wandte mich um. Im Zuge meiner Schauspielerei reichte ich Sophia beim aussteigen die Hand. Sie nahm sie dankend an und dann trat sie zum ersten Mal ins Blitzlichtgewitter.

Ich wartete darauf, dass er erschrocken war, eingeschüchtert, aber statt nach rechts und links zu schauen, blickte sie nur mich an. Das Lächeln auf ihren Lippen veränderte sich. Es wirkte freundlich, nett, fast schon echt.

Doch trotzdem gab es ein einziges Detail, das mir verriet, wie sie sich wirklich fühlte.

Ihre Hand, die in meiner lag, war eiskalt.

Sie war durchaus nervös.

Und das kleine Detail gab mir einen großen Vorteil.

Ohne auf das Blitzlicht zu achten und auf die Rufe, führte ich sie zum Foyer des Hauses, in dem Bill die Abendveranstaltung abhalten würde. Erst als wir im Foyer waren, atmete Sophia tief durch.

„Wenn du jetzt schon erleichtert bist, dann solltest du vielleicht wieder nach Hause fahren", sprach ich, als wir den Fahrstuhl betraten. Sie strich sich eine lose Haarsträhne zurück und ich sah den Kampf in ihrem Gesicht, dass sie sich zur Ruhe zwang.

„Sind die Gäste in der Gesellschaft-"

„-Freundlich?", half ich ihr aus. „Ich bitte dich, Bill ist Bürgermeister. So lange du ihm nicht auf die Nase bindest, dass du meinen Vater fickst, wird er angenehm bleiben."

Zum ersten Mal schien ich an diesem Abend Sophias ungeteilte Aufmerksamkeit zu haben: „Wie bitte?"

„Du hast mich schon verstanden", sprach ich gleichgültig. „Warum sonst würdest du diesen Bullshit mitmachen. Du hast ein Auge auf die Firma geworfen und nebenbei hältst du meinen Alten bei Laune. Der älteste Plan der Welt, aber immer noch wirkungsvoll."

Empört stieß sich Sophia von der Wand ab: „Ich schlafe nicht mit Geoff, wir sind lediglich alte Bekannte und ich schuldete ihm etwas."

„Natürlich", äußerte ich mich. Wir erreichten das richtige Stockwerk und die Tür glitt auf. Prompt fiel ich wieder in die höfliche Schiene. Ich griff nach Sophias Hand und verschränkte sie mit meiner. 

Da fiel mir zum ersten Mal auf, was für kleine Hände sie hatte und welch schmale Finger. Sie trug wieder keinen Schmuck, außer die Perlenohringe und außer den manikürten Nägeln war sie absolut schlicht.

Ohne etwas Besonderes an sich zu haben, würde Sophia auffallen.

Ich kannte Bills Zuhause und sofort lächelte ich, als Chirlane McCray, seine emanzipierte Ehefrau auf uns zu kam.

„Liam, mein Junge", rief sie überschwänglich und umarmte mich. „Ich dachte ja nach deinem kleinen Zwischenstopp bei Dior dürfte ich dir Kuchen in der Bundesstrafanstalt vorbei bringen."

„Wie du siehst ist das Glück mit den Dummen, Lane", sprach ich und ihr Blick ging sofort zu Sophia. Ich räusperte mich: „Ich hoffe, es hat euch keine Umstände gemacht, dass ich meine neue Freundin mitgebracht habe."

„Oh nein, wo denkst du hin", winkte Lane heiter ab. „Es ist das erste Mal, dass unser schlimmer Junge uns seine Freundin vorstellt. Ich bin Chirlane." Sie reichte meiner Scheinfreundin die Hand und Sophia stellte sich bescheiden vor.

„Sie ist nicht die Erste, die ich mitbringe", korrigierte ich und Chirlane rollte mit den Augen: „Ja, wie konnte ich Donna Barbiegirl auch vergessen. Selbst ein verschimmeltes Sahnetörtchen hätte mehr Gehirnzellen besessen. Komm rein Sophia, du brauchst Wein und dann zeige ich dir die Gänse, die du heute ertragen musst. Und auch für alle Ewigkeit, wenn du weiter daran festhältst unseren schlimmen Jungen hier zu treffen."

„Du solltest nett zu ihr sein und sie nicht vergraulen", rief ich ihr nach, als sie Sophia mit sich zog und ich alleine im Flur zurückblieb. Das musste Sophia alleine schaffen, bei Lane und ihrem Verhör war sie in den besten Händen. Ich schlenderte in das riesige Wohnzimmer und machte eine Ansammlung an Leuten aus.

Bill begrüßte mich herzlich und ich gesellte mich zu einem kleinen Kreis an Männern, die ich bereits kannte. Zwei Anwälte, einem Event-Manager und den neuen Star-Footballspieler der Giants hießen mich willkommen und man reichte mir einen Whisky.

Die Gespräche drehten sich um Golf, Tennis und ein paar neue Autos. Ich hörte nicht richtig zu, lobte aber den Golfschwung von Jenkins und Polmar. Nebenbei gab ich zu den neuen BMW schon Probe gefahren zu sein. Die ganze Veranstaltung war entspannt.

So lange, bis ich sah, dass Bill auch Colin Sweeting eingeladen hatte. Ich wusste, dass diese beiden Männer schon eine Ewigkeit miteinander befreundet waren, aber Sweeting, ein reicher Geschäftsmann, stand in dem Ruf seine zweite Ehefrau ermordet zu haben. Er wurde vor Gericht schließlich freigesprochen.

Obwohl er ein beständiges Lächeln auf den Lippen trug, so waren seine blauen Augen eiskalt und behagten mir nicht. Die Männer gingen offen auf Sweeting zu, doch ich blieb wo ich war und automatisch sah ich mich nach Sophia um. 

Ich wusste nicht, ob ihr bewusst war, wer den Raum betreten hatte und es lag mir fern, dass sie sich mit Sweeting näher als nötig bekannt machte. Nicht das ich diesen Bastard am Ende noch im eigenen Penthouse stehen hatte.

Meine Augen fanden Sophia im großen Türbogen, sie unterhielt sich mit einer weiteren jungen Frau, die Begleitung des Event-Managers, wenn ich nicht irrte und einem Mann mit dunklen Haaren. Sofort rutschte mir das Herz in die Hose.

Harry.

Scheiße.

Mein Blick kreuzte seinen und dann sah ich, wie mein Kumpel sich entschuldigte und auf mich gelassen zu schlenderte: „Liam, alter Knabe, rate mal, wem ich eben begegnet bin."

„Meiner neuen Freundin?", riet ich unschuldig und wir stießen mit unseren Whiskygläsern an. Harry neigte leicht den Kopf, er trug mal wieder ein bunt gemustertes Hemd, war aber ansonsten fast schon konservativ für seine Verhältnisse gekleidet. 

Er lehnte sich gegen einen Sessel und schien abzuwarten. Ich verzichtete jedoch darauf irgendetwas zu sagen und nippte an meinem Whisky.

„Wir ignorieren mal, dass wir uns vor einer Woche erst gesehen haben und du scheinbar vergessen hast mir von deiner reizenden Freundin zu erzählen", sprach Harry schließlich. Dann beugte er sich zu mir vor: „Wie zum Teufel bist du an diese Frau gekommen!"

„Ich habe sie aus Vegas und bezahle sie dafür, dass sie mir ein gutes Image verpasst indem sie sich mit mir sehen lässt", versuchte ich es humorvoll. Harrys grüne Augen sahen in meine: „Sie ist absolut nicht dein Typ. Wärst du hier mit einem Playmate aufgetaucht, dann hätte ich mir nichts dabei gedacht. Aber deine Miss Sophia ist..."

„Ein trockener Staubkrümmel?", irgendwie hatte ich es heute drauf die Sätze anderer zu Ende zu führen. Mein Kumpel zog die Brauen zusammen: „Nein, ich wollte sagen, das Gegenteil von dir. Ich frage mich nur gerade ernsthaft, wie sie deine Aufmerksamkeit erregen konnte."

Etwas nervös trank ich erneut, nur um Zeit zu gewinnen: „Und zu welchem Entschluss bist du gekommen?"

Harry nahm sich einen neuen Whisky von einem der vorbeilaufenden Kellner und machte ein gespielt nachdenkliches Gesicht: „Ist es ihr Akzent, der dich anmacht?"

„Nein", antwortete ich sofort. Wobei ich zugeben musste, dass mich ihr englischer Akzent eher aggressiv machte. Diese akkurate Höflichkeit und arrogante Art sich auszudrücken machte sie aus meiner Sicht überhaupt nicht anziehend.

„Dann ist es die Tatsache, dass sie nichts mit einem langbeinigen Model, It-Girl oder Partyhäschen gemeinsam hat, die sich sonst bei dir so blicken lassen", schloss Harry. „Manchmal wird man seinem Schema schließlich überdrüssig." Er sah zu Sophia. „Was aber nicht bedeuten soll, dass ich sie hässlich finde. Ihre großen Augen sind interessant und ich wette, sie hat unglaublich tolles Haar."

Keine Ahnung. Ich hatte es schließlich noch nie offen gesehen.

„Kennt Niall sie schon?", hakte Harry nach und ich schüttelte leicht den Kopf. Dann tat ich wohl das Dümmste überhaupt: „Sophia hat mich gestern schon gefragt, ob ich euch nicht zum Essen einladen mag, damit ich sie euch vorstellen kann."

Jetzt sah mich Harry an, als käme ich vom Mars. „Wer zum Geier bist du?"

Möglichst gelassen rollte ich mit den Augen und wehrte ab: „Es ist eine ganz einfache Frage. Was spricht schon gegen ein Essen?"

„Nichts", gab Harry zu. „Nur das du dich lieber an deinen eigenen Eiern aufgehangen hättest, als Niall und mir offiziell und ganz förmlich eine deiner Kurzzeitfreundinnen vorzustellen."

Dann ließ ich mal lieber unerwähnt, dass Sophia nicht nur Kurzzeitig Teil meines Lebens sein würde.

„Du meinst es ernst", knallte Harry plötzlich schockiert heraus und ich hatte Mühe gleichgültig zu bleiben. Er schüttelte den Kopf: „Ich kann das nicht fassen! Das kannst du doch nicht ernst meinen. Liam, wie-"

Lane rettete mich, da sie alle Gäste ins Esszimmer bat, da sie nun die Gerichte auftragen lassen wollte. Ich setzte mich sofort in Bewegung.

Die Sitzordnung war bereits festgelegt und ich war froh, dass Sweeting entfernt von Sophia und mir saß. Leider hatte Harry nicht so viel Glück. Die Gastgeber nahmen je am Fußende der Tafel platz und sorgten sofort für eine angenehme Stimmung. 

Lane und Bill hatten Talent dafür unterschiedliche Charaktere an Ort und Stelle zu vereinen und zu unterhalten. Alleine durch seine offene Art hatte Bill seinen Wahlkampf finanziert, ohne auch nur einen eigenen Dollar ausgeben zu müssen.

Essen wurde serviert. Ein ganz akzeptabler Braten, unzählige Kleinigkeiten und am Ende beschäftigte ich mich damit, nur schweigend zu zuhören und mich nicht allzu sehr in den Vordergrund zu drängen. Sophia tat es mir gleich. Sie lächelte bei Anekdoten und fragte ab und an interessiert nach.

Es drehte sich um die letzten Golfspiele, ein paar peinliche Patzer von anderen und Missgeschicke, die man mit Humor vertuschte. Ich würde niemals freiwillig von meinen Fehlern erzählen. Das brachte einem nur eine Zielscheibe auf dem Rücken ein.

Erst als man das Dessert herumreichte und ich mich gerade sicher genug fühlte, um mich zu entspannen, fragte die blonde Puppe mir gegenüber: „Sophia, Sie haben uns gar nicht erzählt, wie Sie Liam kennengelernt haben."

Wer war das denn?

Sandy, Mandy... nein, Candy, das ewige Liebchen von Jenkins. So unwichtig, wie das belgische Wetter.

Langsam ließ Sophia ihren Löffel sinken und ich wartete ab. Würde sie bei unserer Abmachung bleiben?

„Unsere Väter sind miteinander befreundet seit ihrem Studium. Hin und wieder besuchte Geoff meinen Vater in London und brachte Liam mit." Sie lächelte mich selig an und kurz musste ich mich daran erinnern, dass sie all das schauspielerte. „Am Anfang fand ich ihn fürchterlich!"

Ich runzelte die Stirn: „Was?"

„Ja", bekräftigte sie. „Du bist schrecklich arrogant, ungehobelt und unhöflich, aber dann habe ich dich am Strand gesehen und was soll ich sagen, deine Angeberei auf dem Surfbrett hat mir imponiert."

Lane lachte heiter auf und auch der Rest der Gesellschaft schmunzelte. Selbst Harrys Mundwinkel zuckten. 

Sophia griff nach meiner Hand: „Aber irgendwann wurde seine kindische Art charmant. So nachdem wir in Barcelona aus einem Restaurant geworfen wurden und ich mit dem Gedanken spielte, ihm von Boot zu stoßen, damit er auf Nimmerwiedersehen in den Tiefen des Meeres verschwand."

„Deine mordlustige Ader ist einer der Gründe, weshalb es nie langweilig mit dir wird, Sweets", sprach ich und damit sie nicht noch mehr Schaden anrichtete, schloss ich: „Das Ende vom Lied, Gegensätze ziehen sich an und hier sind wir."

„Wirklich... unglaublich kitschig, für deine Verhältnisse", warf Harry höhnisch ein und nippte an seinem Whisky. „Wann ist die Hochzeit?"

„Morgen", platzte es aus Sophia raus und Lane brach in Gelächter aus: „Nun denn, sieh dich vor, Liam. Dein Schätzchen verliert keine Zeit."

Toll. Ich kam mir vor, wie in einer Soap für Anfänger. 

Das sollte ich jetzt wirklich fünf Jahre durchhalten? Ganz sicher würde ich Sophia nicht zu jeder dämlichen Abendveranstaltung mitnehmen. Vielleicht konnte ich sie dazu bringen die meisten Treffen wegen Kopfschmerzen abzusagen. Dann hatte ich sie nicht immer am Hals.

Harry ließ mich nicht aus den Augen. Anhand seiner Fragen bemerkte ich, wie er Sophia aushorchte. Er sprach ihren reizenden Akzent an, was sie beruflich machte und merkte an: „Na praktischer kann die Liebe ja nicht einschlagen." 

Obwohl er wirklich charmant und höflich blieb, hatten seine Worte etwas von einem Verhör. Doch Sophia antwortete ruhig und an dem Ausdruck in ihren Augen erkannte ich, dass sie mit Harry dasselbe Spiel spielte, wie sie es mit mir im Rainbow Room getan hatte.

Alles in einem schlug sie sich wirklich vorbildlich. Ich war trotzdem ziemlich schlecht gelaunt, als wir drei Stunden später endlich Zeit fanden zu gehen. Bill wollte mich für ein Tennis-Match am nächsten Dienstag überreden, aber ich würde niemals im öffentlichen Club in weißen Klamotten einen Schläger schwingen.

Beim Abschied raunte Harry mir ins Ohr: „Du hast dir eindeutig den Kopf gestoßen. Ich biege das schon wieder für dich hin." Es klang wie ein Versprechen und ich konnte mir denken, was Harry vor hatte. Ob sich Sophia wirklich von ihm in die Ecke drängen ließ, musste ich abwarten. Jedenfalls wäre es ein amüsanter Zug, wenn er sie für mich vergraulte und so den Vertrag hinfällig machen würde.

„Auf wiedersehen, Chirlane, es war ein wirklich netter Abend", verabschiedete sich Sophia im Flur und ich drückte den Knopf für den Aufzug. Lane schüttelte ihr überschwänglich die Hand: „Mir war es ein Vergnügen, ich hoffe, ich sehe dich sehr bald wieder. Du warst eine Erfrischung zu den Hohlköpfchen, mit denen Liam uns sonst bestraft."

„Okay, ich denke sie hat verstanden, dass du meinen Frauengeschichte fragwürdig findest", sprach ich und Gott sei dank öffnete sich der Fahrstuhl. Der Abend war zu Ende und kaum waren Sophia und ich unter uns, entspannte sie ihre Schultern: „Das lief doch gar nicht mal so schlecht."

„Oh ja", antwortete ich sarkastisch. „Am beeindruckendsten fand ich die Art, wie du verschleiert hast, dass du mit meinem Vater vögelst."

Nun seufzte sie tief und strich über ihr Etuikleid. „Und selbst wenn, es geht dich nichts an, mit wem ich schlafe, oder welche Praktiken ich mag."

Praktiken?

„Sagst du zu Sex auch koitieren, oder kopulieren?", fragte ich hämisch und in diesem Augenblick überraschte mich Sophia zum ersten Mal: „Man nutzt kopulieren eher, wenn zwei Tiere sich miteinander paaren und nein, ich denke miteinander schlafen reicht völlig aus und ist eine gängige und geläufigere Form des Beischlafes."

Sie zwinkerte amüsiert bevor sie den Fahrstuhl schließlich verließ und voran ging. Meine Mundwinkel verschoben sich nach, obwohl ich das überhaupt nicht wollte. Miss England war nicht nur eine kalte, trockene Besserwisserin, sondern hatte auch noch eine seltsame Art von Humor.

Nicht unbedingt die schlechteste Art. 


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