10 Feuertaufe, die Zweite.

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Wir müssen verliebt wirken!"

Ich sah von meiner Spielkonsole auf und wandte mich um. Durch die offenen Räume konnte man in das Esszimmer sehen. Es war Montagabend und die lange Tafel war gut gedeckt, der Geruch von Essen kam aus der angrenzenden Küche und der Partyservice war bereits wieder abgedüst.

Nicht eine Sekunde hatte ich daran geglaubt, dass Sophia selbst kochen würde, ich fragte mich sogar, ob sie es überhaupt konnte. 

Sophia lehnte im Türbogen und hielt ein Glas Rotwein in der Hand. Sie sah heute nicht ganz so perfektionistisch und konservativ aus,wie sonst. Jeans und ein schwarzes Shirt war alles, was sie trug. Zum ersten Mal sah ich ihr Haar offen und verdammt – Harry hatte recht. Sie hatte wirklich eine anziehende Mähne. Lang, dicht und leicht zerzaust. So als hätte jemand vor kurzem seine Hände drin vergraben.

Würde ich nicht wissen, dass sie schon den gesamten Nachmittag hier war, hätte ich vermutet, sie hätte einen netten, kleinen Fick mit meinem Vater gehabt.

„Deine Freundinnen wissen also von nichts", schlussfolgerte ich, denn diese Vermutung hatte mir zumindest dieses Milchgesicht, Tara,Tanja... nein... Tailor... oder so ähnlich, schon bestätigt.

Sophia nippte an ihrem Wein: „So soll es auch bleiben und ich nehme nicht an, dass Harold Styles ebenfalls eingeweiht ist."

„Nein", gab ich zu. „Sei Harry und Niall einfach unauffällig gegenüber."

Ihre Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln: „Oh, ich glaube der Unauffälligkeitszug ist abgefahren. Was hat Chirlane McCray noch gesagt? Du datest sonst Frauen, die so viele Gehirnzellen haben, wie ein verschimmeltes Cupcake."

„Sie meinte Sahnetörtchen", verbesserte ich sie wie ein Klugscheißer. „Du könntest versuchen dich dumm zu stellen."

„Ich könnte aber auch dafür sorgen, dass deine Freunde denken, du stehst unter meinem Pantoffel", konterte Sophia galant. Nun schaltete ich die Konsole aus: „Du würdest verdammte Schwierigkeiten kriegen, sobald die Tür hinter deinen Freundinnen zufällt."

„Jetzt habe ich aber Angst", hörte ich sie murmeln, dann griff sie nach der Fernbedienung und suchte entspannte Musik heraus.

„Provoziere mich nicht, Sweets", brummte ich und kramte nach meinem Handy. „Gib mir ein geheucheltes Backegesicht", verlangte ich, doch demonstrativ wandte sich Sophia ab und zeigte mir ihre Rückseite. 

Sie ging in die Küche und stellte das Glas ab, um die leeren Platten aus dem Schrank zu holen, die sie gleich mit asiatischen Essen belegen wollte. Die Ramen-Suppe köchelte vor sich hin und ich vermisste sofort einen simplen Burger mit fettigen Fritten.

Ohne mich groß zu kümmern, trat ich hinter sie, legte den Arm um ihre Hüfte und zog sie mit den Rücken an meinen Oberkörper. Sie versteifte sich sofort, ihre Nägel gruben sich in meinen Arm, der sie fest hielt.

„Ich brauche ein Foto", sprach ich emotionslos und öffnete die passende App, ich ignorierte den Schmerz, den ihre Nägel mir zufügten. „Für den ganzen Kram, den ich dir gekauft habe, kannst du mir ruhig ein bisschen entgegen kommen."

Sophia war noch immer steif wie ein Stock. „Ich habe nicht drum gebeten, dass du mich mit Tiffanys Kollektion zudeckst."

Ich zog sie noch näher zu mir und der zarte Duft ihres Parfüms stieg mir in die Nase. Sie roch gut, nicht aufdringlich, sondern warm und angenehm. Ich ärgerte mich darüber, dass es mir gefiel.

Dann passierte das Seltsame. Sophia atmete konzentriert ein und aus, nur langsam lösten sich ihre Nägel von meinem Arm. Es war, als müsste sie irgendeine Art von Kontrolle wieder finden.

„Versuch entspannt und dämlich verknallt auszusehen", sprach ich und wartete. Es dauerte, bis Sophia dem nachkam und mir kam es vor, als hätte sie Angst vor mir, oder zumindest vor Nähe. Das war gut zu wissen, für den Fall, dass sie mir mal auf die Nerven gehen würde und ich sie in die Ecke drängen wollte.

Wenig später machte ich das Foto und zu meiner Überraschung sah es gut aus. Wir waren scheinbar bessere Schauspieler, als wir glaubten. Blieb zu hoffen, dass wir auch unsere Freunde an der Nase herumführen konnten.

Hastig wandte sich Sophia aus meinen Arm und dann klingelte es. Auf den Weg durch den Flur lud ich das Bild auf Instagram hoch. Dazu schrieb ich nur ein einziges Wort und steckte das Handy dann weg.

Harry war natürlich überpünktlich. Gut gelaunt begrüßte er mich und ich runzelte verwirrt die Stirn, als ich einen großen Blumenstrauß aus Sonnenblumen in seiner Hand sah: „Ach Harry, das wäre doch nicht nötig gewesen."

„Die sind nicht für dich, du Schwanzlutscher", wehrte er weniger elegant ab und schritt einfach an mir vorbei und begrüßte Sophia mit geballten Harry-Styles-Charme. Sie würde absolut keine Chance haben. Höflich dankte sie ihm und ich hörte, wie überaus leicht sie sich in ein Gespräch verwickeln ließ. Keinerlei Anspannung war mehr zu spüren.

Kurz darauf trudelten Sophias Freundinnen ein. Ta- irgendwas, dessen richtigen Namen ich beim großen „Hallo" wieder aufschnappte und notierte, wehte eine frische Dosis Freundlichkeit in das Penthouse.

Sie hatte Nachtisch dabei und ich brachte die Erdbeercremetörtchen in die Küche. Prompt fühlte ich mich fehl am Platz, denn solche Aktionen, sich mit den Freundinnen des Weibs zu treffen war nichts,was ich je getan hatte.

Ich meine, ich kümmerte mich um verdammte Erdbeercremetörtchen!

Anders als Taylor, schien Eleanor eher die wachsamere Art Freundin zu sein. Das Lächeln auf ihren Lippen war nicht echt, auch wenn ich ohne Zweifel zugeben musste, dass sie wirklich heiß war.

Und das schien sie auch zu wissen.

Alleine an der provokanten Art, wie sie sich bewegte, die Beine übereinander schlug und eine wellige Haarsträhne zwischen den Fingern drehte, machte mir deutlich, dass Eleanor definitiv anders war, als Taylor und Sophia. Harry tappte blind in ihre ausgelegte Falle, er ließ sich einwickeln und bemerkte überhaupt nicht, wie sie ihn aushorchte.

Woher und wie lange Harry und ich uns kennen würden. Was wir bis lang alles miteinander unternommen hatten und ganz besonders unsere Urlaube schienen sie zu interessieren.

„Wir waren nicht ständig zu zweit unterwegs, oft genug hatten wir Niall dabei und es blieb brav", sprach ich schließlich, als Harry von Spanien und Italien erzählte. 

Wo zum Teufel blieb Niall eigentlich! 

Bislang hatte Harry den Anstand, nur die netten Dinge zu erzählen. Der Strand, die Orte, wo wir waren, die Bootstouren und die Buchten, wo wir tauchen waren. Kein Ton über die Aktionen, die wir gebracht hatten.

„Eure Urlaube klingen langweiliger, als unsere", stellte Taylor schließlich fest, als Sophia ihr ein Glas Rotwein ein goss. „Bei uns war ständig etwas los."

„Oh ja", stimmte Sophia sarkastisch zu. „Wer könnte den Sommer vergessen, als wir uns mitten in einer Crew aus kriminellen Gangstern wiedergefunden haben."

„So kriminell waren die gar nicht", meinte Eleanor: „Immerhin sind wir dank ihnen kostenlos von Portugal nach Spanien gekommen."

„Auf dem Rücksitz irgendwelcher monströsen Harleys", empörte sich Taylor. „Wir haben nur unsere Rücksäcke mitnehmen können."

Meine Mundwinkel zuckten, denn Eleanor wedelte gelassen mit der Hand: „Hat doch gereicht, wir hatten einen spitzen Sommer."

Sophia ließ sich neben mir nieder: „Ja, trotzdem habe ich während der Fahrt nach Spanien bestimmt fünf Kilo vor Angst weggeschwitzt, weil diese Schränke sonst etwas mit uns hätten tun können."

„Ach Darling, es waren ganz liebe Kuschelbären und du musst zugeben, wir haben wirklich tolle Orte gesehen", sprach Eleanor mit einem amüsierten Lächeln. „Wir sollten das wiederholen"

„Nein!", entwich es Taylor und Sophia synchron. Sofort rollte Eleanor mit den Augen: „Und ich habe immer geglaubt, dass ihr unseren Dubai-Urlaub schlimmer fandet. Immerhin wäre Taylor dort fast verheiratet worden."

„Und wessen Schuld war das?", sprach Sophia mit angespannter Miene: „Ich habe sie nicht mit ihren blonden Haaren und den blauen Augen angepriesen."

„Klingt definitiv nach einem Urlaub, bei dem ich gerne dabei gewesen wäre", warf ich ein, doch bevor man mich wütend daraufhinweisen konnte, dass Urlaub anders aussah, klingelte es.

„Ich mach schon", sprach ich und sprang auf. 

Endlich, Niall. 

Ich hatte ihn nun fast zwei Wochen nicht gesehen und auch nur zweimal knapp mit ihm geschrieben, nämlich als es um die Einladung zum Essen ging. Ich stieß die Tür auf und sah auf meinen besten Freund, wobei ich aktuell nicht sagen konnte, ob er es wirklich noch war.

Im ersten Moment stutze ich, denn Niall sah erschreckend müde aus. Das blonde Haar war ohne viel Aufwand nur sporadisch in Form gebracht und er trug einen großen grauen Pullover und dazu Jeans. Ich hatte ihn schon ewig nicht mehr abseits von Anzug und geheuchelter Eleganz gesehen. In den Händen hielt er eine Flasche Wein.

„Hey", machte ich den Anfang und ließ ihn rein. „Alles okay mit dir?"

„Immer", antwortete Niall nur knapp, er hörte die Gespräche aus dem Esszimmer. Ich fühlte mich prompt unbehaglich. Bevor er mich jedoch stehen lassen konnte, fragte ich: „Kriegst du das hin?"

Er drehte sich um: „Nett sein und als würde ich glauben, das Theater hier würde aus... Freiwilligkeit stattfinden? Gibt schwierigere Dinge."

Damit schritt er aus den Flur und keine Sekunde zu früh, denn Sophia begrüßte ihn schon freundlich. Ich beobachtete, wie Niall lächelte, ihr den Wein reichte und die beiden sich sofort grün zu sein schienen. Seltsam, denn mir schlug ihrerseits immer eine höfliche Kälte entgegen. Aber scheinbar wusste auch Sophia, was man von ihr erwartete.

Kaum hatte Niall sich hingesetzt und Sophia den Wein weggestellt, da sprach sie: „Jetzt, wo wir dich hier haben, Niall, du bist ja angeblich die bessere Seite von Liam."

„Hey, ich bin die beste Seite die du kriegen kannst!", rief ich, aber ich wurde ignoriert, denn sowohl Taylor, als auch Eleanor lehnten sich vor, um Niall näher ansehen zu können.

„Also, Niall, magst du uns die Wahrheit über eure Männerurlaube erzählen, nachdem Harry uns weismachen wollte, dass sie furchtbar langweilig und öde waren?", begann Eleanor und Sophia wandte sich an Harry: „Tut mir leid, aber als du anfingst über die Buchten und Strände zu schwärmen, da habe ich aufgehört dir zu glauben."

„Wir waren nicht wirklich viel am Strand, außer zum schlafen", knickte Niall auch sofort ein und egal was Harry und ich taten, wir flogen auf. Während des Essens sah ich Taylor mehrmals heftig in ihre Servierte prusten, als  Niall erzählte, dass wir von Buchten und Kultur so viel gesehen hatten, das man sich auf den Alkoholkonsum und die Partymeile beschränken musste. Er ließ die rauschenden Parties auffliegen, auf denen wir überhaupt nicht geladen gewesen waren und sämtliche große und kleine Verbrechen.

„Wir sind nur von so Bodybuilder rausgeworfen worden, weil Liam die Verlobte des Gastgebers nageln musste", gab Niall unbekümmert preis und ich fluchte: „Ja, ist ja nicht so, als müsste ich hier bei irgendwem noch Eindruck schinden."

„Der Zug ist abgefahren", setzte mich Eleanor in Kenntnis. „Man kann dich googeln und das haben wir auch ausgiebig getan."

Sophia stöhnte neben mir, aber Taylor plapperte: „Wir wissen schon von deinem Parkversuch bei Dior, deinen Tête-à-Tête Courtney White und noch so ein paar Promi-Damen. Mein persönlicher Favorit ist die Nacht, in der im Kaufhaus bei Macy's eine Party gefeiert wurde. War einer von euch dabei?"

Harry bekannte sich schuldig.

Die Stimmung war seltsam locker, doch ich traute dem Frieden nicht. Später, nach dem Essen beobachtete ich in der Küche, wie Harry alleine mit Sophia redete, während Niall die beiden anderen Damen neben mir leicht unterhielt. Allen voran Eleanor schien arg überrascht davon zu sein, was Niall beruflich machte. Taylor schien sich dagegen aufrecht für seine Fälle zu interessieren.

„Hör auf nervös in die Küche zu gucken", riss mich Eleanor ausmeinen Gedanken. Sie lächelte zufrieden: „Dein Kumpel ist nicht Sophias Typ. Wobei, wenn wir es genauer betrachten, du bist es auch nicht."

Ich verzog das Gesicht: „Danke für das Kompliment, wirklich."

„Wenn wir das so sehen, dann ist es schon komisch", fing Niall an, mein Grab zu schaufeln. „Sophia entspricht nämlich auch nicht Liams Beuteschema."

„Sieh mal einer an", stellte Taylor amüsiert fest und ich zwang mich, nicht mehr Richtung Küche zu sehen, ich hoffte wirklich, dass Harry mir keine Schwierigkeiten brachte. Es war ein komisches Gefühl Sophia mehr zu vertrauen, als meinen besten Freund. 

„Ausnahmen bestätigen die Regeln", sprach ich schließlich nur und erntete belustigte Gesichter.

Obwohl der Abend irgendwie ganz nett war, war ich umso erleichterter, als sich um kurz vor Mitternacht endlich die ersten verabschiedeten. Harry hatte angeboten die Truppe nach Hause zu bringen und zu meiner Überraschung schien sich niemand dagegen zu sträuben.

Sobald Sophia die Tür hinter ihnen schloss, atmete ich hörbar aus. Endlich.

„Deine Freundin ist neugierig", sprach ich trocken auf Eleanor bezogen. Sophia lehnte sich gegen die geschlossene Tür: „Harry ebenfalls. Er wollte alles Mögliche wissen. Wie lange wir uns kennen, ob ich mit deiner wilden Seite zurecht komme, was ich zu den Skandalen sage."

Ich grinste schmal: „Hast du ihm erklärt, dass es dich einen feuchten Käse interessiert?"

„Nein", sie stieß sich von der Tür ab und begann im Wohnzimmer die Gläser einzusammeln: „Ich log ihm vor, dass jeder eine zweite Chance verdient hat und man manche Menschen erst kennen lernen muss, um sich selbst ein Urteil zu bilden."

In der Spüle kippte sie die Rotweinreste aus und packte die Knabbereien zurück in den Schrank, ich musterte sie vom Türbogen aus: „Und, ist das nicht so?"

Sophia ließ sich Zeit mit der Antwort, es wirkte als würde sie darüber nachdenken, aber an der Art, wie sie mehrmals den   Chipstüte neu anbrachte, erkannte ich, dass sie sich ihr Urteil eigentlich schon gebildet hatte. „Nein, manchmal verdient jemand die zweite Chance nicht."

Es klang, als würde sie dabei von jemand bestimmten sprechen. Ich fragte nicht nach, einer der ersten Fehler von vielen. Stattdessen verließ ich das Penthouse wieder, ohne ein Wort zu sagen und verbrachte die Nacht wo anders.

Mir kam es vor, als hätten Sophia und ich ebenfalls eine Art Deal, denn sie fragte nie, wo ich war. In meinem Vertrag stand drin, dass ich sie mit Respekt behandeln sollte und keine Bilder oder andere Nachrichten in der Presse landen sollten, auf denen sich vermuten ließ, dass ich ihr 'angeblich' fremd ging. 

Der Unterschied lag darin, dass man niemanden fremdgehen konnte, mit dem man nicht zusammen war.

Ich musste mich nur nicht erwischen lassen und bislang war ich geschickt genug gewesen. Niemand wusste, wo ich meine Nächte verbrachte und vor allem nicht mit wem. Danielle war seltsam anstrengend geworden und zickig. 

Sie machte dämliche Kommentare, wies darauf hin, dass ich bald wieder in mein Loft einziehen würde und horchte, was mich dazu brachte, mit einer unbekannten Engländerin zusammen zu sein und sie nach Strich und Faden zu betrügen.

Mir kam es vor, als wartete sie nur darauf, dass ich mit Sophia Schluss machte und sie selbst bat meine offizielle Begleitung zu werden. Darauf konnte sie lange warten. So groß, dass ich so lebensmüde handeln würde, war mein Verlangen nach ihr auch nicht.

Zwischendurch brauchte ich Abwechslung. Etwas mehr Verrücktheit und Experimentierfreude war ab und an angebracht und Danielle war dafür nicht bereit. Ich verschwand also hin und wieder einfach in der Nacht und staunte über mich selbst, wie schnell ich es mittlerweile schaffte diese Schatten abzuhängen, die mir inoffiziell noch am Arsch klebten.

Mein Vater hatte Dick und Doof nicht abbestellt und ich hatte ganze fünf Tage gebraucht, um das zu begreifen. Jetzt musste ich nun dafür sorgen, dass sie mir nie einen Ausflug in der falsche Nische nachweisen konnten.

Es war ein Kinderspiel.

So einfach, dass ich leichtsinnig wurde.

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