Recovery Begins OS


Tage hatten sich zu Wochen umgewandelt, mittlerweile verflogen die Monate wie im Winde und ich war noch immer hier. Obwohl der Alltag sich in meine Gewohnheitgeschlichen hatte, wurde ich das Gefühl des fremden Körpers einfach nicht los. Ich empfand kein Vertrauen in dem Gefäß, jenen ich ausfüllte, obwohl ich dochso lange schon damit leben musste. Meine Vermutung schloss sich darauf, dass es noch immer an der Unwissenheit über meine wahre Identität lag. Wer könnte sichauch schon an solcherlei Umstände gewöhnen, wenn man im Unterbewusstsein ganz genau wusste, dass da draußen der Gegenpart herumwandelte, ebenfalls auf der Suche nach Erlös?

Während die anfänglichen Schwierigkeiten, bestehend aus Kontrollverlusten, Verständigungsproblemen und der offensichtlichen Tatsache, sich ohne Erinnerung in einem fremden Körper mit einem anderen Geschlecht vertraut zu machen, gab es für mich so gut wie keinen Kontakt zu den Anderen, die hier im Dorm lebten. Zum jetzigen Stand konnte ich dies allerdings zurücknehmen. Die Gewohnheit des Körpers hatte es mir leichter gemacht, Koreanisch zu lernen, denn etwas anderes war mir auch gar nicht übriggeblieben. Doch dies war immer noch leichter zu überstehen, als andere Dinge, die zum Alltag gehörten: Das Leben eines Idols.
Wenn wir uns nicht gerade damit befasst hatten, wie man dieses Problem, mit jenem ich mich herumschlagen musste, gelöst bekommt, musste ich mir erst einmal Wissen aneignen, was es hieß ein Idol zu sein, wie der Lebensumstand in Südkorea war und welche Anforderungen und Erwartungen auf mich zukamen. Denn nebst der Suche nach der Wahrheit blieb es wichtig, das Leben des eigentlichen Eigentümers weiterzuführen. Und es hatte sich schnell herausgestellt, dass ich ganz klar ein völlig anderes Leben führte. Nur eins ließ sich mit meinem eigentlichen Ich synchronisieren: Die Musik. Sie zog mich magisch an, hatte sofort eine Verbindung mit mir hergestellt, was uns deutlich gemacht hatte, dass ich vermutlich großen Bezug zur Musik besaß.

Doch das Überdenken der Zeit hier war nicht der Grund, der mich tief in der Nacht aus dem Schlaf gerissen hatte. Ich öffnete meine Augen in purer Dunkelheit und spürte die Nähe des Anderen an meiner Seite. Ein Arm lag um meine Taille herum, während sein warmer Atem mich im Nacken kitzelte. Das ich nicht sofort reagierte lag nicht etwa daran, dass ich darüber nachdenken musste, wer sich an meinen Körper geschmiegt hatte, den ich mir ungewollt auslieh, sondern weil ich mein Bewusstsein erst einmal aus seiner Ruhephase herausholen musste, um mich überhaupt umdrehen zu können. Trotz des fehlenden Lichts im Zimmer erfasste ich die Konturen seines Gesichts und nach einigem Blinzeln konnte ich aufgrund der erkennbaren Umrisse auch das Lächeln sehen, jenes seine Lippen zierte, wie sein Blick auf mir ruhte, während unsere Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt waren.
„Jimin", gab ich mit müder Stimme von mir. „Was tust du hier?" Der Griff um meine Taille wurde fester und er zog mich ein Stück weiter an sich heran, was mich kurz nach Luft schnappen ließ. Seine Nähe war mir zwar nicht unangenehm, eher im Gegenteil, doch mit jedem Körperkontakt, der zwischen uns bestand, musste ich immer wieder daran denken, dass ich mich nicht in meinem eigenen Körper befand, sondern gefangen war in dem seines Hyung. Es war falsch.

„Ist das nicht offensichtlich?", hauchte er mir entgegen und ich seufzte leicht. „Konntest wieder nicht schlafen, hm?" Ich brauchte keine Antwort von ihm, denn er nutzte diese Ausrede immer, um mir nah sein zu können. Seiner Meinung nach brauchte er mich bei sich, sonst fühlte es sich für ihn kalt an. Doch ich war mir noch immer unsicher, ob sein Empfinden wirklich auf mich bezogen war, oder ob er einfach nur seinen Hyung vermisste und aufgrund der falschen Umstände, unpassende Gefühle entwickelte.
„Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du es bereuen wirst? Ich will nicht, dass du ihm später nicht mehr unter die Augen treten kannst..."
Schuldgefühle schwangen im Klang meiner Stimme mit, die ja eigentlich gar nicht meine war, sondern dem fremden Körper gehörte, an den ich mich nicht gewöhnen wollte. Ich schob seinen Arm von mir weg und rutschte etwas zurück, um mich aufzusetzen. Ein leidender Seufzer entwich mir, während ich mir durch die Haare fuhr, jene auf Bitten des Managers erst kürzlich durch frische Nachfärbung wieder einen kräftigen Blauton hatten. Ich hatte anfangs zwar krampfhaft versucht, mich nicht allzu sehr mit diesem Körper zu befassen, um keine Details im Kopf behalten zu müssen, aber das Leben eines Idols machte es unmöglich. Natürlich konnte ich verstehen, wieso der Besitzer so viele Fans hatte. Er war attraktiv, ohne Zweifel. Doch man entwickelte nun einmal ein ganz eigenes Verständnis dafür, wenn man in diesem Zustand leben musste. Da blieb keine Zeit für Schwärmereien, weshalb ich mir auch angewohnt hatte, keine Äußerungen mehr zu machen.

„Darum bin ich nicht hier." Ich hörte ihn dicht an meiner Seite, fühlte seine Lippen an meinem Ohr, als er sich ebenfalls aufgesetzt hatte, weshalb ich mich zwang, mich keinen Millimeter zu bewegen. Er war mir viel zu nah, er tat es mit Absicht. Befände ich mich in meinem richtigen Körper, würde ich mich seiner Nähe gerne hingeben und sie auch genießen, doch das hier bereitete mir nur irgendwann noch ein Magengeschwür. Mein Blick ruhte starr auf der Bettdecke, denn die Blöße würde ich ihm nicht geben, mich ihm entgegen zu neigen.
„Du bist wunderschön, Hailey."
Meine Stirn runzelte sich und die Verwirrung stand mir wohl ins Gesicht geschrieben. Ich wollte nicht so recht verstehen, was er damit meinte. Warum gab er mir diesen Namen, was sollte das?
Irritiert lehnte ich mich zurück und fixierte ihn mit meinem Blick. „Was?"
„Yoongi hyung hat sich gemeldet. Er kann sich erinnern. Und er hat uns mitgeteilt, dass dein Name Hailey Bail ist." Während ich seiner harmonischen Stimme lauschte, arbeitete es in meinem Kopf. Ich hörte Jimin zwar weiterreden, doch ich nahm es nicht mehr auf. Für mich war die Zeit stehen geblieben und ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals, machte es mir unmöglich darauf zu reagieren. Alles brach in mir zusammen. Während sich ein chaotischer Krieg aus Fragen und Gedankenspielereien in meinem Innersten entwickelte, fühlte ich mich zur selben Zeit wie leergefegt.

Es erschien unrealistisch und wirklich zugleich. Dies musste ein Traum sein, doch ich spürte die Wahrheit zu intensiv. Wenn Yoongi sich erinnern konnte, wo blieben dann meine Erinnerungen? Wieso reagierte mein Verstand nicht darauf, bei der Erwähnung des Namens zum Beispiel? Was blockierte mich, dass ich meinen Geist nicht freigeben konnte?
Ich spürte, wie sich Flüssigkeit in meinen Augen bildete und zwinkerte sie weg. Ich durfte jetzt nicht verzweifeln, schließlich gab es endlich Hoffnung auf Erlösung. Vielleicht würde es zurückkommen, wenn ich Yoongi gegenüberstand, oder wenn wir wieder unseren Besitz zurückhatten. Wie auch immer das ablaufen sollte, keiner wusste es so genau. Geschah es durch Begegnung, Augenkontakt, Berührung? Wie oft hatte ich mir darüber bereits schon den Kopf zerbrochen!?
Hailey Bail.
So war also mein Name. Endlich war ich dem Ziel näher. Und doch wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Einerseits fühlte ich Erleichterung, andererseits überrumpelte mich erneute Hilflosigkeit. Was war nur los mit mir? Wieso konnte ich daraus nichts Positives ziehen?

Eine Berührung riss mich aus meinem tranceähnlichen Zustand. Jimin hatte seine Hand an meine Wange gelegt und zog mich dicht an sich heran. Seine dunklen Augen bohrten sich in meine.
„Wie lange hast du mir schon nicht mehr zugehört?", wisperte er gegen meine Lippen und ein leichtes Schmunzeln zierte sein Gesicht.
„I-ich weiß nicht...", gab ich verwirrt zurück und blinzelte, fühlte mich noch immer zu starr, um mich davon zu lösen, erwiderte stattdessen einfach nur seinen warmen Blick.
„Ich habe gesagt, du bist wunderschön. Und dass meine ich ehrlich so. Ich weiß nicht, wie du in Wirklichkeit aussiehst, aber das ist egal. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich dich um deiner Seele und deines Charakters will? Hör auf, meine Zuneigung mit dem Körper meines Hyung zu verbinden, Hailey..." Seine Stimme war nur noch ein sanfter Hauch und es ließ mich schwach werden.
Wir standen uns schon viel zu lange so nah und in all der Zeit hatte ich mich immer dagegen gewehrt, ständig dagegen angekämpft, obwohl es mich zugleich quälte bis aufs Blut. Gerade jetzt wollte ich mich einfach nur noch fallen lassen und an keine Konsequenzen mehr denken, wäre da nicht die innere Stimme, jene sich erneut durch meinen Kopf bohrte und mich warnte, ermahnte.
Meine Augen weiteten sich, beim Bewusstsein der Nähe, dass uns kaum noch etwas voneinander trennte und ich wollte mich gerade losreißen, doch die Berührung der nächsten Sekunde ließ mich augenblicklich alles vergessen. Alles Denken war ausgelöscht, die innere Stimme erloschen. Ich spürte nur noch einzig und allein dieses Kribbeln und ihn.

Seine Lippen.

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Nachdem ich für eine BTS FF die Erstidee überschlagen und abgeändert hatte, wollte ich sie nicht vollkommen verwerfen, weil mir diese Szene hier sehr wichtig war.
So entstand der Oneshot. Szene ist nicht Teil der Fanfiction, die bald veröffentlicht wird, aber restliche Inhalte/Informationen schon :)

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