4.Kapitel

Lucys POV
Gedankenverloren sah ich aus dem Fenster des Zuges und ließ meinen Blick über die vorbeifliegende Landschaft schweifen. Gerad saß zusammengekauert in der Ecke des Wagons in einer Sofaecke und schaukelte mit abwesendem Blick vor und zurück. Er erschien mir wie ein Verrückter. Kein besonders schöner Anblick, aber zumindest hatte er aufgehört alle 2 Sekunden aufs Klo zu rennen, ohne zu wissen, ob er kotzen oder pinkeln ging. Vermutlich hatte er beides gleichzeitig getan.
Ich seufzte leise und sah dann zu Gerad. „Brauchst du was?"
Er antwortete nicht, starrte einfach weiter vor sich hin.
Ich seufzte nochmal.
Plötzlich ging die Wagontür auf und ein circa 18-Jahre-alter Typ stand in der Tür und strahlte uns an. Er hat dunkelbraune Haare mit rötlichem Schimmer und dunkelbraune, fast schwarze Augen. Er war mit einer Größe von über 190cm extrem groß und hatte eine beeindruckende, fast einschüchternde Ausstrahlung, obwohl er einen offenen und freundlichen Eindruck machte.
Ich erkannte ihn sofort. Es wäre auch echt peinlich gewesen wenn nicht. Das war Alan Santarsiero, der die 24. Hungerspiele mit 15 Jahren gewonnen hatte, und damit der erste und einzige Sieger aus Distrikt 11 geworden war.
„Hallo, Gerad und Luciana. Freut mich euch kennenzulernen! Ich bin Alan, euer Mentor!", erklärte er gut gelaunt.
Ich lächelte höflich aber zurückhaltend und stand auf, um ihm meine Hand zu geben.
Im gleichen Moment sprang Gerad auf und rannte würgend aus dem Wagon. Nicht schon wieder.
Ich wusste nicht, ob ich genervt oder besorgt sein sollte.
Alan warf mir einen verwirrten Blick zu. „Mag er keine Zugfahrten?"
„Ähm... nein... unter anderem.", meinte ich seufzend. „Er kommt wohl eher nicht mit der Wahl klar. Freut mich übrigens auch dich kennenzulernen. Nenn mich bitte einfach Lucy."
Alan nickte. „Super, dass du so gut drauf bist! Wenigstens einer, der die Zugfahrt ins Kapitol unterhaltsamer gestaltet!"

Olivias POV
Endlich.
Ich saß in dem Abteil und sah Adrian hinterher.
Endlich.
Er musste endlich mal auf's Klo.
Hoffentlich ertrank er darin und kam nie wieder.
Kaum 2 Minuten nachdem er gegangen war, kam eine hübsche Brünette ins Abteil gestürmt.
Ich runzelte die Stirn und sah sie neugierig an, als sie sich offensichtlich nach jemandem umsah.
Doch anscheinend fand sie die gesuchte Person nicht, denn sie wandte sich mir zu und verzog das Gesicht, als hätte sie Schmerzen. „Da hier nirgends Blut ist, nehme ich an, dass Adrian noch lebt. Verdammt."
Oh. Diese Frau wurde mir gleich sympathischer.
„Ich bete gerade, dass er im Klo ertrinkt.", erwiderte ich grinsend.
Ein teuflisches Grinsen huschte über ihr Gesicht. „Wir könnten nachhelfen."
Wir mussten beide lachen.
Schwungvoll lief sie auf mich zu und setzte sich neben mich. „Ich bin Brianna, eure Mentorin und Adrian-Hater Nummer 1. Freut mich, dass du ihn genauso siehst wie ich, Olivia."
Ich lächelte und schüttelte ihre Hand. „Freut mich auch."
„Und jetzt." Brianna grinste schief. „Lass uns einen Plan erstellen, wie du ihn in der Arena möglichst schnell los wirst."

Caras POV
Schweigend saß ich neben James im Zug. Unsere Betreuerin Yanina hatte uns zwar hergebracht, aber danach war sie spurlos verschwunden.
James wandte sich mir zu. „Ich glaube, wir haben gute Mentoren erwischt. Wir haben vielleicht nicht so viele wie Distrikt 1, 2 und 4, aber unsere scheinen ziemlich clever zu sein."
Ich sah auf und fühlte mich ein wenig schlecht. Um ehrlich zu sein, hatte ich nämlich keine Ahnung, wer bei uns schon die Hungerspiele gewonnen hatte.
James schien das zu merken. „Veronika Catwell und Fynn Clarkson. Ich habe aber gehört, dass Fynn sich voll und ganz aus der Mentorensache raushält. Veronika ist 36 Jahre alt, sie hat die neunten Hungerspiele gewonnen. Fynn ist 25 Jahre alt und hat die 18. Hungerspiele gewonnen.", erklärte er mir.
„Das ist richtig.", bestätigte eine Stimme von der Wagontür her.
Mein Blick erfasste eine hübsche schwarzhaarige Frau mit braunen Augen. Sie wirkte energiegeladen und aufmerksam. So... lebensfroh.
Und das obwohl sie die Hungerspiele miterlebt hatte.
Automatisch verglich ich sie mit mir. Mit meinen halblangen braunen Haaren und den sturmgrauen Augen war ich ihr genaues Gegenteil. Ich vermittelte stets einen ruhigen Eindruck.
Die Frau strahlte uns an. „Ich bin Veronika, eure Mentorin!", stellte sie sich vor. „Und ihr seid James und Cara! Wie schön, ihr wirkt so ruhig und gelassen! Was für eine Erleichterung! In den letzten Jahren sind fast nur Idioten gezogen worden, die in der Arena Angst hatten zu blinzeln! Ach, das wird ein tolle Zeit bis zu den Hungerspielen mit euch! Und einer von euch wird mir danach im Kapitol Gesellschaft leisten!", meinte sie euphorisch.
Wenn sie wüsste, dass ich in meinem Kopf schon alle möglichen Tode gestorben bin. Ich würde da definitiv nicht rauskommen und ihr ‚Gesellschaft leisten'!

Madisons POV
Dean wechselte kein Wort mehr mit mir. Wahrscheinlich überlegte er sich schon mal, wie er mich am besten umbringen könnte. Ich hatte Chips gefunden und knabberte nachdenklich seit gefühlten Stunden an einem.
Plötzlich öffnete sich die Wagontür und ich versteckte schnell die Chipstüte.
Im nächsten Moment stand eine junge dunkelblonde Frau vor mir. Ihre Haare waren wildgelockt und in ihren hellbraunen Augen schien kein Fünkchen Lebensfreude mehr zu sein. Für eine Frau war sie mit ihren 180cm verdammt groß, aber sie war viel zu dürr. Überall kamen die Knochen raus, sie wirkte verhungert und schwach. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich sie nicht für eine Siegerin aus Distrikt 4, sondern für ein verarmtes Mädchen aus Distrikt 12 gehalten. Das war Diana Miller.
Sie hatte die letzten Hungerspiele, die 26. Hungerspiele mit 17 Jahren gewonnen. Damals war ich begeistert von ihr gewesen. Ich war gut mit ihr befreundet gewesen, sie war ein selbstsicherer und mutiger Mensch gewesen. Aber dann hatten wir uns zerstritten. Ich hatte mal wieder darüber geschwärmt, wie spannend die Hungerspiele waren und dass ich unbedingt selber einmal teilnehmen wollte. Daraufhin hatte Diana mich angeschrieen, dass es einfach nur krank war 24 Menschen in eine Arena zu schicken, in der 23 von ihnen sterben würden. Es war ein heftiger Streit geworden. Diana hatte nie wieder mit mir geredet. Und ein Jahr später war sie als Tribut gezogen worden. Ihr Partner? Ihr Zwillingsbruder Zayne.
Ich kannte Diana und wusste, sie würde sich töten lassen, damit er gewinnen konnte.
Doch Zayne hat das nicht zugelassen. Als am Ende nur noch er, Diana und der männliche Tribut aus Distrikt 1 übrig waren, band er Diana an einen Baum und zog los um den letzten Tribut umzubringen.
Und nachdem er das getan hatte, hat er sich mit seinem Schwert erstochen. Diana ist nie über diesen Verlust hinweg gekommen.
Aber andererseits... würde irgendwer in ihrer Situation darüber hinweg kommen?
Diana lächelte nicht, sie nickte uns nur zu. „Dean, Madison. Ich bin Diana, eure Mentorin."
Dean und ich nickten synchron.
Diana setzte sich zwischen uns. „Ich habe die Tribute für dieses Jahr gesehen." Sie machte eine kurze Pause. „Wollt ihr weiße oder schwarze Grabsteine?"

Rubys POV
Mein Blick wanderte zum Büffet.
Sind das etwa Schoko-Muffins?!
Hastig griff ich mir einen und stopfte ihn mir in den Mund. Oh mein Gott, das waren die besten Muffins meines Lebens!
In den nächsten 3 Minuten verschlang ich mehr als die Hälfte der Muffins.
Innerlich bejubelte ich meinen Stoffwechsel. Ich konnte essen so viel ich wollte und legte kein Gramm zu.
Zufrieden lehnte ich mich zurück und wischte mir mit einer Serviette den Mund ab. Den Rest der Muffins würde ich während der Fahrt noch vernichten.
Moment... Sind das etwa schokolierte Früchte?!
Gerade als ich mich auf sie stürzen wollte, hörte ich ein abfälliges Schnauben aus Krys' Richtung.
Er beobachtete mich verächtlich. „Pass auf, sonst muss ich dich durch die Arena rollen, Fresssack."
Sprachlos sah ich ihn an.
Gerade als ich mich auf ihn stürzen wollte, mischte sich eine Stimme von der Tür ein. „Vielleicht will sie aber auch einfach nicht so als Lauch enden wie du. Wo ist deine Muskelkraft? Viel zu bieten hast du ja nicht gerade. Willst du in der Arena umfallen, damit jeder denkt, dass du tot bist?"
Als ich mich umdrehte, stand dort der hübscheste Typ, den ich in meinem Leben je gesehen hatte. Er war ziemlich groß, ich schätzte ihn auf circa 180cm vielleicht auch größer. Er hatte pechschwarze Haare und dunkelblaue Augen, die an einen Nachthimmel erinnerten.
Krys war kurz sprachlos. „...Wie bitte?"
Der Typ seufzte. „Ich wette, dass du als erster Karriero getötet wirst." Er wandte sich mir zu und lächelte. „Ich bin Marc, euer Mentor. Du musst Ruby sein. Und der Vollidiot, der mit dir gezogen wurde, ist bestimmt Krys."
Ich musste grinsen, Krys schnaubte.
Zumindest 2 Menschen schienen hinter mir zu stehen: Soraya und Marc.

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