Kapitel 24

Wieder erwache ich in diesem Raum, diesmal ohne jegliche Geräte. Zudem spüre ich auch meine Arme wieder. Ich versuche mich aufzurichten und es klappt super.

Kein bisschen fühle ich mich schwach. Mit einem Blick begutachtete ich meinen Arm, doch dort ist nur eine kleine Narbe zurückgeblieben. Wie lange war ich ohnmächtig gewesen?

"Hallo?", rief ich und hoffte, dass mich jemand hörte. Sofort kam Helen herein. "Oh, schön, du bist wach",lächelte sie mich an."Sieht so aus. Wie lange war ich weg?"

So schnell konnte eine Schusswunde ja nicht heilen oder? " Eine Woche", antwortete sie mir und holte eine Tasche, die in der Ecke des Raumes lag und bis jetzt unbemerkt von mir geblieben war.

"Eine Woche?", fragte ich ungläubig nach. So eine Wunde brauchte doch länger zum Heilen. "Ja, du hast ein starkes Immunsystem. Außerdem hilft Trobin auch bei der Heilung von Wunden, und das sehr gut."

Fasziniert starrte ich auf meinen Arm. Eine Woche hatte die Wunde also gebraucht um zu Heilen, das war ziemlich kurz. "Oh und das war nur ein Streifschuss. Hier ist Kleidung für dich."

Sie reichte mir einen Stapel Klamotten aus der Tasche und hielt ihn mir hin. Ich stand aus dem Bett auf und zog mich um. Mir machte es nichts aus mich vor Helen umzuziehen, da wir inzwischen sehr gute Freunde geworden waren.

"Und ich war wirklich eine Woche weg?" Irgendwie konnte ich nicht so ganz glauben, dass es eine Woche war. "Ja, eine volle Woche. Keinen Tag mehr oder weniger."

Oh verdammt, das Training müsste doch wieder angefangen haben. "Scheiße, hat Training schon angefangen?", wollte ich wissen, während ich meinen Pulli über den Kopf zog.

"Nein, Nathan hat sich den Knöchel verstaucht, aber ist jetzt wieder gesund." Ich nickte. Es war schade, dass er sich verletzt hatte, aber gut für mich, weil ich ja somit nichts verpasste und ich musste bei allem dabei sein, ich wollte besser werden.

"Allerdings fängt es in einer Stunde an. Also solltest du dich bei duschen beeilen." Ungläubig sah ich sie an. "Ich darf schon mitmachen?" Sie zuckte mit den Schultern.

"Warum nicht? Ist doch alles verheilt Trobin ist sehr gut, musst du wissen. Besser als alle andere. Leider kommt es nicht gegen den Virus an." Sie sah ein wenig enttäuscht aus, aber sonst veränderte sich ihre Mimik kaum.

Zusammen verließen wir das Zimmer und kamen in einen weißen Gang. "Warum ist hier alles so sauber?" Im Gegensatz zu den ganzen anderen Gängen roch dieser Gang steril und nach Desinfektionsmittel.

"Das hier ist der Krankentrakt. Hier muss es sauber und steril sein", erklärte sie mir. Das ergab Sinn und so fragte ich nicht weiter nach. Sie führte mich um verschiedene Kurven und ich stellte fest, dass dieser Trakt verdammt groß war.

"Warum ist der hier so groß?", wollte ich wissen. "Wegen dem Virus. Oft werden Rebellen hier behandelt. Die Medizin reicht lange nicht für alle. Zuerst werden die jüngeren, kampffähigen geheilt für einen Monat und zuletzt die älteren. So müssen oft welche behandelt werden."

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte und schwieg einfach. Irgendwie erleichterte es mich, als wir wieder draußen waren und in mehr oder weniger gewohnter Umgebung.

Hier konnte ich mich auch zurecht finden, doch Helens Gesellschaft war sehr angenehm. "Keira, du bist von den Toten auferstanden", begrüßte mich Mino, der gerade aus einem der Zimmer trat.

Sofort nahm er mich in den Arm. "War das nicht ein Mädchenzimmer?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. Er zuckte nur mit den Schultern und lachte.

"Ich steht halt nicht auf Jungs." Spielerisch wunschelte ich ihm durch die Haare. Abwehrend hob er die Hände und hielt dadurch meine Handgelenke fest. "So, genug rumgealbert. Keira muss mal wieder dusche."

Scherzend rümpfte Mino die Nase und verschwand. Ich hingegen trat in mein Zimmer und verschwand im Bad. Nach einer ausgiebigen Dusche mit viel Shampoo und Duschgel, verließ ich das Badezimmer und traf auf die wartende Helen.

"Pünktlichkeit ist nicht so deins oder?", lachte sie und stand auf. "Im Gegensatz zu dir lag ich eine Woche im Koma oder so und habe nicht geduscht, du weißt nicht wie angenehm eine Dusche dann ist."

Lachend schüttelte sie den Kopf und wir gingen in Richtung der Trainingshalle. Viele standen bereits dort und auch Nathan war anwesend. "Oh, wie ich sehe kommen, Miss Kain und Miss Dawson auch mal."

Tadelnd sah er uns an, doch ein Lächeln konnte er sich nicht verkneifen. " 'Tschuldigung, Keira stank und musste duschen", grinste Helen und ich boxte ihr in die Rippen.

"Nun gut, dann seid ihr entschuldigt." Ich und Helen traten nun zu den anderen, die mir teilweise Blicke zuwarfen. Als Antwort streckte ich jedem die Zunge raus.

Irgendwann ließ dann das auch nach und Nathan konnte beginnen. "Gut, ihr alle hier habt es in die zweite Ebene des körperlichen Trainings geschafft. Die erste Ebene war nur das Grundlagentraining. Ein paar Methoden jemanden zu Boden zu werfen und das Erlenen von Schießen. Dieses Jahr werdet ihr weiter ausgebildet. Ihr erlernt den Umgang mit einem Messer, sowohl im Wurf al auch im Nahkampf. Dazu werdet ihr lernen, wie man mit bloßen Händen tötet."

Mit bloßen Händen töten? Wie sollte ich das denn schaffen? Und vor allem, war ich dazu in der Lage? Also psychisch? Das andere war leicht, doch war ich wirklich bereit dazu, zu töten?

Das andere waren Techniken, mit denen man die Leute nicht unbedingt töten musste, doch das was jetzt kam, war voller ernst. Fragen um Fragen, doch nur im Ernstfall würde ich es herausgefunden, doch ich hoffte, dass dieser Moment nie eintreten würde.

"Da ich sehen will, wie weit ihr seid, unabhängig von der Bewertung von Miss Brown, werdet ihr einfach das tun, was ihr sonst auch immer im Training getan habt. Beginnen wir mit dem Schießen."

Wir gingen rüber zu den Zielscheiben und er teilte Waffen aus. Als ich dran war, gab ich mir so viel Mühe wie möglich. Meine Arme waren gestreckt und ich visierte das Herz an.

Mein Schuss ging nur knapp daneben und dennoch frustrierte mich das Ergebnis. Nachdem alle durch waren, wies Nathan uns an, alleine weiter zu üben. Wütend und frustriert visierte ich wieder die Puppe an und schoss drauf los.

Erneut traf ich nicht das Herz. "Du musst mehr an deiner Präzision arbeiten." Hinter mir hörte ich Nathan reden. "Und wie?", fragte ich genervt. Ich war nicht in der Stimmung für Belehrungen.

"Halt deine Arme nochmal so wie vorhin." Wie gesagt, streckte ich die Arme von mir. Nathan trat neben mich und richtete meine Haltung. "Du solltest nicht so verkrampft sein, dadurch beginnst du, wenn auch kaum merklich, zu zittern. Jetzt visier dein Ziel an und schieß."

Wieder tat ich, was mir gesagt wurde und zielte auf das Herz. Langsam drückte ich den Abzug und schon schoss die Kugel heraus. Sie bohrte sich mitten ins Herz und ich stellte fest, wie leicht das eigentlich war.

"Geht doch. Und jetzt weiter so."  Auch die nächsten Male traf das Projektil sein Ziel. Freudig sah ich, dass auch ich in der Lage war eine Kugel mit Präzision abzufeuern, ohne dass ich mir selber in den Fuß schoss.

"Gut und jetzt werden wir wechseln", rief Nathan und alle gingen rüber. "Gut, wir machen das Alphabetisch. Zuerst Daniel Adams gegen Leonie Brandon." Verdammt, das bedeutete ich musste gegen Toni kämpfen.

Gut, ich musste sie einfach überlisten, dann würde ich es schaffen. Aber zuerst waren Daniel und Leonie dran. Allerdings konnte ich nicht aufpassen, weil ich zu sehr darüber nachdachte, wie ich gegen Toni gewinnen sollte.

Nicht einmal wer gewann bekam ich mit. "Toni Brandon gegen Keira Dawson." Scheiße, jetzt war ich dran. Mit mulmigem Gefühl stellte ich mich auf die Matte.

Mit einem fiesen Grinsen sah Toni mich an. Oh oh, so wie sie aussieht wollte sie Rache. Doch die würde sie nicht bekommen. Irgendwie fiel mir nichts besseres ein, als sofort zu flüchten.

Doch das war keine schlechte Entscheidung, denn damit hatte sie nicht gerechnet. Ihr erste Schlag ging direkt daneben und ich schaffte es, mich unter ihrem Arm durch zu mogeln und meinen Trick anzuwenden.

Zwar schaffte ich es nicht ganz so doll wie sonst, aber es erzielte den gewünschten Effekt. Toni sank ächzend zu Boden. "Miststück", presste sie hervor, blieb aber liegen.

"Ich würde sagen, du hast gewonnen." Anerkennend sah Nathan mich an und zufrieden verließ ich die Matte. Mein Sieg war einfach nur Glück und eigentlch Feigheit.

Wäre ich mutiger gewesen und wäre stehen geblieben, hätte ich auch Verletzungen gehabt. Aber so konnte ich ihnen entgehen. Auch Helen schaffte es zu einem Sieg gegen ihre kleine Schwester.

Mino verlor gegen Louis und kroch stöhnend zu uns zurück. "Karma holt dich immer ein", erinnerte ich lachend ihn an die Sache mit dem Mädchen. "Ja, dann hoff mal das Karma dir ins Gesicht schlägt, bevor ich das tue", stöhnte er schmerzvoll und ich lachte nur noch mehr.

Als wir alle durch waren, beendete Nathan das Training. "Haben wir eigentlich noch Benimmunterricht?" Helen schüttelte den Kopf. "Im Gegensatz zu dir und Daniel hatten wir schon mehrere Ebenen. Ihr musstet die nur nicht wiederholen, weil ihr von da kommt. "

Warum wusste ich das nicht? Ich war aber froh, das ich nicht mehr diesen Unterricht hatte, weil ich ihn sowieso nicht mochte. Außerdem konnte ich bereits vieles.

"Aber wenn ein Ball ansteht werden wir speziell darauf vorbereitet", fügte sie hinzu. "Und was haben wir jetzt?", wollte ich wissen. "Jetzt, meine Liebe. Haben wir frei und du wirst zu Daniel gehen. Er hat sich so um dich gesorgt und er ist dein Freund."

Sie hatte Recht. Seufzend machte ich mich auf die Suche nach ihm. Auch wenn ich ihn liebte, war ich nicht gern in seiner Nähe. Er erinnerte mich immer an zu Hause und das war nicht gut, gar nicht gut.

Etwas in mir wollte hier bleiben, doch etwas anderes wollte zurück nach Hause, zu meinem Vater. Immer mehr zweifelte ich ob es eine richtige Entscheidung war zu fliehen.

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